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Sachverhalt:
Der Rat der Hansestadt hat die o.g. Anträge in seiner Sitzung am 18.08.2016 zur weiteren Beratung in den Schulausschuss überwiesen.
Die Fraktion DIE LINKE beantragt, für das Catering an Schulen und anderen Kinderbetreuungseinrichtungen verbindliche Vorgaben für die Erzeugung des Schulessens, die bei der Vergabe der Leistungen im Zusammenhang mit der Verpflegung von Schulen und anderen Kinderbetreuungseinrichtungen einzuhalten sind. Im Zusatzantrag werden diese Beschaffungsvorgaben konkretisiert, indem beantragt wird, den Bio-Anteil vorzuschreiben.
Dem Schulträger ist anders als im Antrag dargestellt, ein gesundes, ausgewogenes und ökologisches Mittagessen in den städtischen Schulen ein sehr wichtiges Anliegen. Ein mindestens ebenso wichtiges Anliegen ist es dem Schulträger aber, den Schulen entsprechend der gesetzlichen Grundlagen des Schulgesetzes keine unverhältnismäßigen und sogar unzulässigen Vorschriften zu machen. Die pädagogische Verantwortung für das Mittagessen liegt bei der Schule. Nach § 32 (1) NSchG ist die Schule eigenverantwortlich in „…ihrer …Organisation und Verwaltung.“ Demzufolge muss die Schule ein Höchstmaß an Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsspielraum haben. Für die fachliche Erörterung der Frage nach gesundem Mittagessen ist dabei unbedingt zu beachten, dass mit dem Antrag ein unzulässiger Eingriff in die Kompetenzen der Schule vorgenommen wird, welcher aus Sicht der Verwaltung zudem nicht erforderlich und nicht förderlich ist.
Jede Schulform muss die Möglichkeit haben, die Schulverpflegung eigenständig zu gestalten. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Einbeziehung von Eltern und Schülerinnen und Schülern. Ein vom Schulträger „übergestülptes“ Konzept basierend auf Vorgaben / Vorschriften entspricht nicht dem Grundsatz der Partizipation von Eltern, Schülerinnen und Schülern. Nach §§ 80 und 96 NSchG sind Schüler und Schülerinnen sowie Erziehungsberechtigte in „allen schulischen Fragen“ zu informieren, anzuhören und zu beteiligen. Ohne Frage gehört die Organisation des Schulessen in diesen Zuständigkeitsbereich.
Die Caterer sind von den Schulen unter Einbeziehung der schulischen Gremien sorgfältig ausgewählt worden. Die Hansestadt ist als Schulträger über den Schulvorstand involviert und bringt sich entsprechend ein. In den pädagogischen Konzepten der Ganztagsschulen wird der Stellenwert einer gesunden, ökologischen Schulverpflegung hervorgehoben.
Über die Beteiligung im Schulvorstand hinaus steuert die Hansestadt Lüneburg die Rahmenbedingungen im Pachtvertrag mit dem Caterer. Auch hier wird Bezug genommen auf die Vereinbarung, welche die Schule mit dem Caterer getroffen hat.
Die Hansestadt setzt die Vorstellungen der Schulen bereits bei der baulichen Umsetzung der Mensen um; zuletzt z.B. mit der Erweiterung der Mensa in der IGS Lüneburg. Dort konnte in einvernehmlicher Zusammenarbeit von Schule und Schulträger sowie unter Beteiligung des –dort bereits jahrelang tätigen- Caterers eine für die schulorganisatorischen Belange der IGS optimierte Situation geschaffen werden. Diese räumlichen Voraussetzungen machen vieles möglich, was auch im Zusammenhang mit dem Angebot einer gesunden Schulverpflegung steht, z.B. durch die Bereitstellung einer Salatbar.
Die Zusammenarbeit der städtischen Schulen mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) ist bei der konzeptionellen Planung der Schulverpflegung längst etabliert. Die Schulen nutzen bereits die Möglichkeit, die Speisepläne von Experten der DGE auf Qualität des Essens überprüfen zu lassen. Von den 9 Caterern verfügen derzeit 8 Caterer über das DGE-Zertifikat.
Auch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung (VNS) wird intensiv von den Schulen genutzt. Diese ist immer eingebunden, wenn sich eine Schule bzgl. der Verpflegung neu aufstellen möchte.
Die Vernetzungsstellen wurden im Rahmen des Aktionsplans „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesundere Ernährung und mehr Bewegung“ in allen Bundesländern eingerichtet. Sie verfolgen das Ziel, das Ernährungs- und Bewegungsverhalten in Deutschland bis zum Jahr 2020 nachhaltig zu verbessern. Erwachsene sollen gesünder leben, Kinder gesünder aufwachsen und von einer höheren Lebensqualität und einer gesteigerten Leistungsfähigkeit in Bildung, Beruf und Privatleben profitieren.
Gerade im Bildungsbereich in Kita und Schule, in welchem Kinder und Jugendliche immer länger verbleiben, ist es für die Gesundheitserhaltung und Gesundheitsförderung wichtig, eine gut funktionierende Verpflegung umzusetzen und diese zu optimieren. Die Vernetzungsstellen stehen hierzu als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung und geben unabhängig Orientierung und Hilfestellungen zu allen Belangen der Kita- und Schulverpflegung. Projektträger der Vernetzungsstelle ist die DGE.
Die Informations- und Beratungsstellen der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen befinden sich seit 2009 bei der Landesschulbehörde an den Standorten in Braunschweig, Lüneburg und Osnabrück. Ansprechpartnerin für die Schulen der Hansestadt ist Frau Diana Reif.
Zu den Anträgen im Einzelnen:
„Die Hansestadt Lüneburg trägt ab 2017 die Kosten für Kantinenpersonal, Frachten etc. in geeigneter Art und Weise.“
In den städtischen Schulen wird die Mittagsorganisation unterschiedlich gehandhabt. Die Schulen regeln die Organisation des Mittagstisches in ihrem pädagogischen Konzept, welches Bestandteil des Schulprofils ist. Diese Entwicklungsmöglichkeiten sollten den Schulen nicht genommen werden, da diese erst recht nach der Einführung der „Eigenverantwortlichen Schule“ im Jahre 2007 stärker noch als vorher auf eine individuelle Profilbildung achten.
So können an der Essenausgabe Mitarbeiter des Caterer, ehrenamtliche Mitarbeiter, Elterninitiativen oder der Förderverein der Schule beteiligt sein. Auch hier gehen die Schulen ihren individuellen Weg und haben nicht nur den Speiseplan, sondern auch die Organisation des Mittagessens im Rahmen ihrer Bedarfslage geregelt. Soweit erforderlich werden auch Schulen durch Personalgestellung unterstützt.
Aus der Zusammenarbeit mit den Schulen ist bekannt, dass durch die Möglichkeiten zur Eigenorganisation ein großes Maß an Zufriedenheit besteht.
„Die Bezahlung des Schulessens in den Schulen erfolgt ab 2018 grundsätzlich bargeldlos.“
Die Bezahlung des Schulessens in Lüneburg wird in unterschiedlicher Art und Weise durchgeführt. Die Schulen entscheiden eigenständig, welches System zu ihnen passt. Es gibt keinerlei Hinweise zur Unzufriedenheit oder gar Beschwerden, dass es zu Stigmatisierungen kommt.
Bei einem Großteil der Schulen erfolgt die Bezahlung über Bankeinzug. Eine Bezahlung mittels einer Guthabenkarte steht im Risiko, dass das Aufladen der Karte vergessen wird oder mangels finanzieller Mittel ein Aufladen nicht möglich ist. Dann erhielte das Schulkind kein Essen. Dies würde das Risiko von Stigmatisierungen noch erhöhen.
Auch in diesem Punkt wird auf die Unzulässigkeit verwiesen, die Schulen durch den Schulträger in der Form zu reglementieren.
„Die Beschaffungsvorgaben für das Catering an Schulen und anderen Kindertageseinrichtungen der Stadt sollen beinhalten:
Ab 2018 soll grundsätzlich den Empfehlungen der DGE hinsichtlich der Zusammensetzung des Essens entsprochen werden, z.B. bei der Empfehlung des Fleischanteils, Ab 2017 erfolgt die Vergabe ausschließlich an Caterer mit „Bio-Zertifizierung“ und es soll eine Mindestquote von 10 % Bio-Anteil vorgeschrieben sein, Ab 2018 soll eine Mindestquote von 30 % Bio-Anteil vorgeschrieben sein, Ab 2019 soll eine Mindestquote von 50 % Bio-Anteil vorgeschrieben sein, Ab 2020 sollen alle tierischen Produkte ausschließlich aus „artgerechter Tierhaltung“ verwendet werden.“
Eine Vorschrift, wie sie in diesem Antrag formuliert ist, entspricht nicht dem seit 2007 gesetzlich verankerten Grundsatz der „Eigenverantwortlichen Schule“. Eine solche Vorschrift durch den Schulträger ist kontraproduktiv. Zudem widerspricht die Vorschrift dem bereits eingangs dargestellten Verständnis von Zusammenarbeit und Partizipation aller Beteiligten in Schule. Sie ist daher nicht erforderlich.
Die Beteiligung und die Wünsche von Eltern werden außer Acht gelassen. Eltern haben ein Recht darauf, das pädagogische Konzept der Schule (zu dem auch die Schulverpflegung gehört) mitzugestalten. Darüber hinaus stellen derartige Vorschriften einen unzulässigen Eingriff in das Recht der Eltern auf Erziehung und auf Elternverantwortung (§ 1 SGB VIII) dar, indem Eltern vorgeschrieben wird, in welcher Form ihr Kind sich ernähren muss.
Eltern und Kinder sind bzw. werden sowohl in Kita als auch Schule sehr wohl für gesunde Ernährung sensibilisiert, z.B. indem das Thema im Unterricht oder in der alltäglichen Pädagogik eingebunden ist.
Nicht erst seit heute werden von den Caterern ökologische und gesundheitsbezogene Grundsätze weit über das Beantragte berücksichtigt. Die Expertise von Ernährungsexperten, die für eine gesunde, ausgewogene und altersgerechte Ernährung der Schulkinder vor allem Obst und Gemüse an erster Stelle auf dem Speiseplan sehen, werden berücksichtigt. Fisch, Vollkornprodukte, Müsli ohne Zuckerzusatz, fettarme Milch und Milchprodukte sowie Trink- und Mineralwasser und ungesüßte Tees werden für eine optimale Lebensmittelauswahl empfohlen und finden ebenfalls Berücksichtigung. Bei der Zusammenstellung des Speiseplans werden saisonale und kulturspezifische Essgewohnheiten sowie religiöse Aspekte berücksichtigt. Schülerinnen und Schülern mit Lebensmittelunverträglichkeiten muss ebenfalls die Teilnahme an den Mahlzeiten ermöglicht werden.
Es wird ein Schwerpunkt auf saisonale und regionale Erzeugnisse im Sinne einer Nachhaltigkeit gelegt. Damit gehen die Schulen und ihre Caterer weit über das Antragsbegehren mit dem Fokus auf Bio-Erzeugnisse hinaus. Durch den Bezug von saisonalen und regionalen Produkten werden lange Transportwege von Lebensmitteln vermieden, z.B. die Einfuhr von Bio-Produkten aus dem europäischen sowie außereuropäischen Ausland und es wird zudem die regionale Wirtschaft gestärkt.
In diesem Zusammenhang wird auch der „Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur Beurteilung von Umweltverträglichkeit von Lieferungen und Leistungen“ Rechnung getragen. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass „die Richtlinie jedoch bisher unzureichend umgesetzt“ wird.
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass Bio-Produkte durchaus auch von Verbrauchern kritisch betrachtet werden. Nicht alle Eltern wollen Bio-Essen für ihre Kinder. In ihrem Antrag formuliert die Fraktion DIE LINKE dazu, es sei davon auszugehen, dass ökologische Lebensmittel einen wichtigen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten. Wissenschaftlich / medizinisch fundiert oder bewiesen ist dies längst nicht. So ist der Begriff „Bio“ weiterhin nicht rechtlich geschützt, viele im Handel angebotenen „Bio-Lebensmittel“ sind nach dem Verständnis des Verbrauchers gar nicht „Bio“, da ihre Inhaltsstoffe häufig weitgehend den herkömmlichen Produkten gleichen.
Es ist hervorzuheben, dass sich die Schulen gemeinsam mit den Eltern seit vielen Jahren aus eigener Verantwortung für ein gesünderes und ausgewogenes Speiseangebot einsetzen. Individuelle Bedürfnisse von Schülern und Eltern an den Schulen werden berücksichtigt. Diese werden stets mit einbezogen.
Hinsichtlich der Preisbildung des Schulessen muss darauf verwiesen werden, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien das Mittagessen zu einem symbolischen Preis erwerben. Eine weitergehende Subventionierung des Mittagessens wird für nicht erforderlich gehalten
Sollte eine Schulgemeinschaft beschließen, konsequent Bio-Essen (= teureres Essen) anbieten zu wollen, kann dies von wirtschaftlich stärkeren Familien auch getragen werden. Der Essenpreis für Schülerinnen und Schüler, die aus dem Bildungs- und Teilhabepaket unterstützt werden, ändert sich dadurch nicht.
Sowohl im Rahmen der Schulentwicklungs- als auch der Kita-Bedarfsplanung ist ab 2018 geplant, in regelmäßigen Abständen Elternbefragungen durchzuführen. Hierbei sollen vor allem die Eltern befragt werden, deren Kinder zukünftig die Schule besuchen werden. Die Fragen beziehen sich auch auf pädagogische Inhalte sowie auf die Art und Ausgestaltung der Ganztagsschulen. Bei der Planung des Ausbaus einer Schule zur Ganztagsschule werden ebenfalls grundsätzlich die Eltern befragt. Dies ist derzeit z.B. geplant an der Grundschule Lüne (vgl.TOP 5; Vorlage 7239/17).
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) 80 a) für die Erarbeitung der Vorlage: aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: Haushaltsjahr:
e) mögliche Einnahmen: Anlage/n:
Antrag Schulverpflegung verbessern Zusatzantrag Schulverpflegung Bio-Verpflegung
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung schlägt vor, zukünftig die Frage nach der Schulverpflegung hinsichtlich Qualität, Bio-Anteil und Bereitschaft zur Übernahme von Mehrkosten in die Elternbefragung mit aufzunehmen.
Die Abfrage ist zu Beginn des kommenden Schuljahres geplant. Die Verwaltung wird über das Ergebnis dazu im Schulausschuss berichten.
Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in dieser Fassung abzulehnen.
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