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Vorlage - VO/6963/16  

 
 
Betreff: Die Stiftungen Hospital zum Graal, Hospital zum Großen Heiligen Geist und Hospital St. Nikolaihof als Steuerschuldner
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Sporleder, Jens
Federführend:Bereich 22 - Betriebswirtschaft und Beteiligungsverwaltung, Controlling Beteiligt:DEZERNAT III
Bearbeiter/-in: Sporleder, Jens  03 S - Stiftungsangelegenheiten
Beratungsfolge:
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Hansestadt Lüneburg Entscheidung
15.12.2016 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

Die rechtlichen Änderungen des Umsatzsteuergesetz (UStG) machen es erforderlich, dass die Stiftung Hospital zum Graal, die Stiftung Hospital zum Großen Heiligen Geist und die Stiftung Hospital St. Nikolaihof sich in umsatzsteuerrechtlichen Fragestellungen grundsätzlich orientieren. Die bisherige Regelung des § 2 Abs. 3 UStG, die eine umsatzsteuerrechtlich relevante Tätigkeit für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) im Wesentlichen nur für Betriebe gewerblicher Art (BgA) vorsieht, gilt nur noch im Jahr 2016.

 

Grundsätzlich gilt ab dem Jahr 2017 die Neuregelung, die zu einer Ausweitung der umsatzsteuerrechtlich relevanten Tätigkeiten über den BgA hinaus für jPdöR führen wird. Jede jPdöR kann beim zuständigen Finanzamt einen Antrag (sogenannte Optionserklärung) stellen, dass die bisherige Regelung noch – längstens bis Ende 2020 – gelten soll.

 

Die Aktivitäten der Stiftungen umfassen ein breites Spektrum an Dienstleistungen. Einen überwiegenden Teil machen dabei sogenannte hoheitliche Tätigkeiten wie z.B. die Vermögensverwaltung aus. Ein anderer Teil umfasst aber auch Aufgaben, die die Stiftungen im Rahmen einer wirtschaftlichen Betätigung ausüben. Für diese Tätigkeiten sind die Stiftungen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig.

 

Das Steuerrecht sieht für die jPdöR bisher weite Ausnahmeregelungen vor. So regelt § 2 Abs. 1 UStG, dass als Unternehmer (und damit Umsatzsteuerpflichtiger) derjenige gilt, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Diese weitgehende Regelung wird für jPdöR in § 2 Abs. 3 UStG dahingehend eingeschränkt, als dass die jPdöR nur im Rahmen ihrer BgA und etwaiger land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe als steuerpflichtig gilt. Damit waren das Kerngeschäft der Kommune bzw. Stiftung und nahezu jede Zusammenarbeit zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts steuerfrei.

Durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2011 (10.11.2011 – V R 41/10) wurde festgestellt, dass diese Praxis nicht mehr weiter aufrecht zu halten ist. Entsprechend EU-Mehrwertsteuerrichtlinie führt jede nachhaltige gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage zur Unternehmereigenschaft auch bei einer jPdöR. Selbst bei einem Tätigwerden auf öffentlich-rechtlicher Grundlage sind die jPdöR Unternehmer, wenn eine Nichtbesteuerung größere Wettbewerbsverzerrungen verursachen würde. Der Gesetzgeber hat das geltende Recht nun an die Rechtsprechung angepasst.

 

§ 2 Abs. 3 UStG wurde aufgehoben durch den neuen § 2b UStG ersetzt. Die Begrenzung der Steuerpflicht auf die BgA wird künftig entfallen, zudem wird die Umsatzsteuer von der Körperschaftsteuer entkoppelt.

 

Im Ergebnis werden damit die Vermögensverwaltung und Beistandsleistungen (also auch die interkommunale Zusammenarbeit) grundsätzlich als unternehmerisch und damit als umsatzsteuerpflichtig eingestuft. Jegliches privatrechtliches Handeln der jPdöR ist künftig nach § 2 Abs. 1 UStG direkt steuerbar, öffentlich-rechtliches Handeln unter der Voraussetzung von § 2b UStG (größere Wettbewerbsverzerrung) ebenso. Es darf allerdings angenommen werden, dass bei der Zusammenarbeit von jPdöR nicht von größeren Wettbewerbsverzerrungen ausgegangen wird und damit auch künftig keine Steuerpflicht besteht.

 

Viele Auslegungsfragen sind noch offen, wobei das Bundesministerium für Finanzen (BMF) derzeit an einem klarstellenden Schreiben arbeitet, das dem Vernehmen nach zum Ende des Jahres 2016 veröffentlicht wird. Ein erster Entwurf eines entsprechenden Anwendungserlasses ist nun mit Stand 28.09.2016 erschienen.

 

 

 

Betroffen sein können insbesondere die folgenden Aufgabenbereiche:

 

  • alle Tätigkeiten aufgrund privatrechtlicher Verträge mit Dritten
  • alle Tätigkeiten, die schon jetzt BgA wären, aber unter der Geringfügigkeitsgrenze von 35.000 € liegen
  • Kooperationsverträge mit Dritten gegen Entgelt oder Kostenerstattung
  • Beistandsleistungen, die nicht öffentlich-rechtlicher Natur sind, an andere jPdöR, Bund und Länder, Region, Zweckverbände oder AöR
  • Beistandsleistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, wenn größere Wettbewerbsverzerrungen möglich wären
  • Zuschusszahlungen an Dritte (z.B. Vereine), wenn der Zuschuss einen Leistungsaustausch beinhaltet

 

Nach § 27 Abs. 22 UStG gelten die Neuregelungen zum Umsatzsteuergesetz erstmals für Umsätze ab dem 1. Januar 2017. Für die Stiftungen bedeutet das, dass sich die bislang allein auf die Forstbetriebe begrenzte Umsatzsteuerpflicht der Stiftungen auf alle Aktivitäten ausweitet, in denen die Stiftungen wettbewerbsrechtlich tätig sind bzw. Beistandsleistungen erbracht werden.

 

Durch diese geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen werden die Stiftungen in deutlich höherem Umfang als Steuerschuldnerin auftreten und sich noch stärker mit steuerlichen Themen auseinander setzen müssen.

 

In einem ersten Schritt muss eine „Inventur“ aller Einzahlungen und Erträge der Stiftungen vorgenommen werden. In einem zweiten Schritt sind diese Einzahlungen und Erträge auf ihre steuerrechtliche Relevanz zu prüfen. Schlussendlich sind die entsprechenden Steueranmeldungen vorzunehmen. Während Schritt eins im Wesentlichen arbeitsaufwändig ist, fehlt es für eine korrekte Abarbeitung des Schrittes zwei noch an der Veröffentlichung eines Anwendungserlasses durch das BMF zu Auslegungsfragen.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, die Übergangsregelung in Anspruch zu nehmen. Die Stiftungen können auf die Anwendung der alten Rechtslage für alle Umsätze nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 optieren. Hierzu hat sie bis zum 31.12.2016 gegenüber dem zuständigen Finanzamt eine entsprechende Erklärung abzugeben. Eine Verlängerung der Frist ist nicht möglich. Für diesen Fall ändert sich bis längstens zum
01.01.2021 an der derzeit geübten Besteuerungspraxis nichts.

 

Für die Verwaltung würde damit der Raum geschaffen, die oben genannten Schritte sinnvoll abzuarbeiten, die Klärung durch das BMF abzuwarten und sich mit anderen jPdöR auszutauschen. Für den Fall, dass sich bei Abarbeitung der Schritte zeigen sollte, dass es sinnvoll sein kann, vor 2021 auf das neue Recht umzustellen (etwa Vorsteuerabzug), kann die Erklärung mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Option der jPödR auf ihre sämtlichen Leistungen bezieht und nicht auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen beschränkt werden kann.

 

Die Verwaltung schlägt vor, die beschriebene Option zu nutzen und bis zum 31.12.2016 eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Finanzamt Lüneburg abzugeben.

 

Die vorgesehene Beratung in den Stiftungsräten ist aufgrund des mit dem Vorsitzenden abgestimmten Ausfalls der Sitzungen nicht möglich.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a)für die Erarbeitung der Vorlage:35,00 

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b)für die Umsetzung der Maßnahmen:

c)  an Folgekosten:

d)Haushaltsrechtlich gesichert:

Ja

Nein

Teilhaushalt / Kostenstelle:

Produkt / Kostenträger:

Haushaltsjahr:

 

e)  mögliche Einnahmen:


Anlage/n:

 

 


Beschlussvorschlag:

Der Rat beschließt die Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG über den 31.12.2016 hinaus und ermächtigt den Oberbürgermeister, die hierfür nach § 27 Abs. 22 UStG erforderliche Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt Lüneburg für die Stiftung Hospital zum Graal, Stiftung Hospital zum Großen Heiligen Geist und die Stiftung Hospital St. Nikolaihof abzugeben.