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Auszug - Auswirkungen der Einsparungen der Landesregierung auf die Stadt Lüneburg (Anfrage der Gruppe SPD / FDP vom 31.08.04)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 6.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 25.11.2004    
Zeit: 17:00 - 20:25 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1186/04 Auswirkungen der Einsparungen der Landesregierung auf die Stadt Lüneburg (Anfrage der Gruppe SPD / FDP vom 31.08.04)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage der Gruppe SPD / FDP
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Fachbereich 2 - Finanzen
Bearbeiter/-in: Plett, Anke  Alter Bereich 22 - Kämmerei, Steuern u. Betriebswirtschaft
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Stadtkämmerer SAUER führt aus, der rechnerische Anteil, der bei einer Kürzung der Finanzausgleichsmittel um 150 Mio. € auf die Stadt Lüneburg entfallen würde, betrage rd. 987 T€. Deshalb seien bei der Ansatzbildung im Haushalt bereits Mindereinnahmen i.H.v. 1 Mio. € berücksichtigt worden. Landesweit sei mit weiteren Einsparungen i.H.v. 157 Mio. € in 2006, 164 Mio. € in 2007 und 171 Mio. € in 2008 zu rechnen. Die Auswirkungen auf die Stadt Lüneburg seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu ermitteln, da sich die Entwicklung der Einwohnerzahl und damit der Steuerkraft der Stadt im Vergleich zum Landesdurchschnitt nicht prognostizieren lasse. Man könne aber in etwa für den gesamten Zeitraum mit einer Gesamtbelastung von 4,1 Mio. € rechnen. Hinsichtlich der Genehmigungspraxis der Bezirksregierung sei die Vorgabe zwar ein ausgeglichener Haushalt, dies sei aber seit geraumer Zeit nicht mehr möglich. Daher sehe die Bezirksregierung die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt als eingeschränkt an und fordere Konsolidierungskonzepte. Diese seien in den letzten Jahren von der Bezirksregierung positiv gewürdigt worden, obwohl ein Haushaltsausgleich bisher nicht erreicht werden konnte. Stadtkämmerer SAUER erläutert die verschiedenen Faktoren der Haushaltsgenehmigung durch die Bezirksregierung. Diese Praxis habe für die Stadt bislang noch keine Liquiditätsengpässe bewirkt. Zur Städtebauförderung gewähre der Bund nur Finanzhilfen, wenn Land und Kommune in gleicher Höhe gegenfinanzieren. Da das Land im Jahr 2005 keine Mittel zur Verfügung stelle, werde auch die Finanzhilfe des Bundes nicht gezahlt, es sei denn, die Stadt würde auch den Landesanteil selbst übernehmen. Aus Sicht der Bezirksregierung halte er ein solches Vorgehen der Stadt aber nicht für genehmigungsfähig. Für das Sanierungsgebiet Soziale Stadt Kaltenmoor liege das Antragsvolumen bei 1,05 Mio. €. Die daraus resultierenden Fördermittel und -maßnahmen würden sich um ein Jahr verschieben und insofern auch die Bewilligungen und Abforderungsscheiben im Laufe der Jahre. Zum Sanierungsgebiet Wasserviertel gebe es für 2004 und 2005 keine Mittel. Die Stadt werde dazu im Jahr 2006 einen neuen Antrag stellen.

 

Stadtdirektor KOCH ergänzt, mit welchen Einschnitten im sozialen und kulturellen Bereich zu rechnen sein wird. Die Aussagen hätten zum Teil allerdings spekulativen Charakter, da man sich in vielen Bereichen noch organisatorisch in einer Umbruchphase befinde. Die Vorschriften aus den Sozialgesetzbüchern seien durch die Beschlüsse der Landesregierung nicht beeinflussbar. Ob und zu welchen Konditionen die Stadt vom Landkreis oder der Agentur für Arbeit künftig zur Aufgabenerfüllung eingebunden werde, sei in der Verhandlungsphase. Der Wegfall des Landesblindengeldes müsse durch erhöhte Zahlungen aus der Sozialhilfe aufgefangen werden. Die daraus resultierende Mehrbelastung für Stadt und Landkreis sei noch nicht bezifferbar. Im Bereich der Jugendförderung plane das Land Niedersachsen bis zum Jahr 2006 die Zusammenführung der bisher von ihm geförderten verschiedenen Programme in einem Pro-Aktiv-Centrum (PACE), an dem sich auch Stadt und Landkreis leider weiterhin finanziell beteiligen müssten, obwohl es sich originär um eine landespolitisch motivierte Aufgabe handele. Auch hier sei die Größenordnung der zusätzlichen Mehrbelastung noch nicht bezifferbar. Weitaus spürbarere Einschnitte werde es im kulturellen Bereich geben, auch diese seien aber noch nicht genau zu beziffern. Für das Theater Lüneburg drohe wahrscheinlich eine Kürzung des Zuschussbudgets um 10%, das entspreche rd. 260.000 €. Die Stadt versuche derzeit in Verhandlungen, den Kürzungsbetrag zu verringern. Stadtdirektor KOCH geht auf weitere betroffene Bereiche ein, u.a. die Musikschulförderung und die Zuschüsse zur freien Kulturszene. Die Auswirkungen auf den Bereich der Erwachsenenbildung seien insgesamt noch überhaupt nicht absehbar, da die Durchführungsverordnungen des Landes noch fehlten, doch sei auch für die vhs mit spürbaren Einschnitten zu rechnen.

 

Beigeordneter SRUGIS dankt für die Beantwortung der Anfragen. Allen sei klar, dass sich Bund, Länder und Kommunen in einer schwierigen Finanzsituation befänden und er erkenne durchaus an, dass die Landesregierung sich um einen Ausgleich bemühe. Sparen müsse man jedoch mit Augenmaß und zum richtigen Zeitpunkt betreiben. Ökonomisch sei es in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage nicht unbedingt klug. Die Einsparungen des Einen seien die Mindereinnahmen des Anderen und das kurbele nicht unbedingt die Konjunktur an. Es könne nicht sein, dass die Haushalte der Kommunen als Reservekasse des Landes herhalten müssten. Wer diese eindeutige Belastungsverschiebung mittrage, habe das Recht verwirkt, die Verschuldung der Kommunen anzuprangern. Und trotz der massiven Kürzung der Zuweisungen würden weiter zusätzliche Aufgaben auf die Kommunen abgewälzt. Es stehe im Übrigen zu befürchten, dass als Folge der Mittelkürzungen gewachsene kulturelle Strukturen zerstört oder z.B. Sanierungsprojekte, die jetzt aufgeschoben werden müssten, am Ende viel kostspieliger würden.

 

Ratsherr MEIHSIES zieht aus der Beantwortung das Fazit, dass durch den massiven Sparkurs des Landes alle Konsolidierungsbemühungen der Stadt Lüneburg der letzten Jahre zunichte gemacht würden. Er frage sich, auf welcher Grundlage das Land künftig die Haushalte der Kommunen genehmigen wolle, wenn es ihnen mit seiner Sparpolitik quasi den Boden unter den Füßen wegziehe. Mit den massiven Kürzungen im sozialen Bereich und bei den freiwilligen Leistungen zerstöre man auf lange Sicht nachhaltig das Gemeinwesen, wenn die kleinen Vereine und Initiativen nicht mehr gefördert werden könnten. Es wäre ehrlicher, den Kommunen mehr Spielraum bei der Verwendung der Mittel zu lassen und ihre Konsolidierungsbemühungen nicht zunichte zu machen. Der von der CDU in den Landtag eingebrachte Gesetzentwurf zum Konnexitätsprinzip müsse dringend überarbeitet werden, so werde er die notwendige 2/3-Mehrheit sicher nicht erhalten, denn man erwarte eine tatsächliche Entlastung der Kommunen.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN verweist auf die Verantwortung der SPD für die Finanzmisere des Landes, die in den Jahren ihrer Amtszeit in Niedersachsen entstanden sei. Die Verschuldung des Landes sei inzwischen doppelt so hoch wie im Jahr 1990. Der Schuldenzuwachs in den 13 Jahren SPD-Regierung habe 23 Milliarden € betragen. Zwischen der Finanzplanung der alten Landesregierung und der Realität habe eine Finanzierungslücke von 2,5 Milliarden € geklafft. Das sollte man den Menschen in Niedersachsen und Lüneburg in diesem Zusammenhang auch nicht verschweigen. Es sei nicht seriös, mit den hier gestellten Anfragen den Anschein erwecken zu wollen, mit der Finanzmisere des Landes und den daraus resultierenden dringend notwendigen Sparmaßnahmen überhaupt nichts zu tun zu haben. Beigeordneter ALTHUSMANN zählt mehrere Maßnahmen der damaligen SPD-Landesregierung und der SPD-Bundesregierung auf, durch die ungeniert die kommunalen Kassen in Niedersachsen mit über 2 Milliarden € belastet worden seien. Die CDU werde aber dafür sorgen, dass die niedersächsischen Kommunen für die einzusparenden 150 Mio. € eine entsprechende Kompensation erhalten. Er nennt einige Maßnahmen, mit denen das erfolgen werde. Notwendigerweise werde von der CDU-Regierung jetzt endlich eine seriöse Finanzpolitik eingeschlagen und nicht mehr bei den Bürgern der Eindruck erweckt, man habe genug Geld, um es mit dem Füllhorn zu verteilen.

 

Ratsherr REINECKE findet es fruchtlos, sich hier gegenseitig die Verantwortung für die Finanzmisere auf Landesebene in die Schuhe zu schieben. Wichtiger wären konstruktive Überlegungen, wie man für Lüneburg eventuell mehr Mittel einfordern bzw. mit den gekürzten Mitteln auskommen könne. Er sehe z.B. die Verschiebung der Sanierung des Wasserviertels um ein Jahr nicht als besonders dramatisch an, da sie auch von der Stadt Mittel gefordert hätte, die zur Zeit nicht vorhanden seien. Man müsse sich in diesen Zeiten auf die unbedingten Grundbedürfnisse der Stadt besinnen und diese bedienen.

 

Beigeordneter DÖRBAUM erklärt, mit der Anfrage sollte nicht das Ziel verfolgt werden, über die Sparmaßnahmen auf Landesebene zu diskutieren, sondern lediglich, sich für die laufenden Haushaltsberatungen über deren mögliche Auswirkungen auf die Stadt Lüneburg zu informieren und zu überlegen, wie man damit umgehen könne. Er appelliert eindringlich an die Landtagsabgeordneten im Rat, sich beim Land dafür einzusetzen, dass die Bundesmittel für die Förderung verschiedener Maßnahmen und Aufgaben direkt an die Kommunen weitergeleitet werden, damit sie auch künftig ihre Aufgaben zum Wohle des Bürgers wahrnehmen können.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN ist empört über die Entwicklung der vorangegangenen Diskussion mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Es sollte inzwischen allen klar sein, dass Sparmaßnahmen unabdingbar notwendig seien und man umdenken müsse. Die Drittmittelfinanzierung sei für die Kommunen zwar einerseits eine gute Sache, auf der anderen Seite aber auch eine Verführung, Gelder auszugeben, die einfach nicht mehr vorhanden seien. Dessen sollte man sich bewusst sein.

 

Oberbürgermeister MÄDGE sieht es nicht als Sparen an, wenn man den Kommunen Mittel entzieht, die diese sich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger, z.B. über die Erhöhung der Grundsteuer wieder hereinholen müssen, um ihre Aufgaben überhaupt noch erfüllen zu können. Aus seiner Sicht sei auch die Städtebauförderung notwendig und unabhängig von der Finanzlage nicht aufschiebbar, da hierbei ein eingesetzter öffentlicher € etwa 8 € an Umsatz in der Wirtschaft und umfangreiche private Investitionen nach sich ziehe. Er sei nicht gegen das Sparen, es würde aber das gesamte Staatsgebilde gefährden, wenn jeder nur auf Kosten der Anderen sparen würde. Es sei auch nicht redlich von der Landesregierung, die längst fällige Rücknahme der Gewerbesteuerumlage, die einseitig zu Lasten der Kommunen als ein Mittel zur Finanzierung der Deutschen Einheit eingeführt worden war, jetzt bei den Mittelkürzungen als eine Entlastung der Kommunen gegenzurechnen. Das gleiche treffe für Hartz IV zu, durch das eigentlich eine Entlastung der kommunalen Haushalte eintreten sollte. Die Kommunen würden in der letzten Zeit ständig einseitig belastet, aber nicht entsprechend refinanziert, weil sie am kürzeren Hebel säßen.

 

Der Rat der Stadt Lüneburg nimmt Kenntnis

 

Der Rat der Stadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

(II, 2)