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Beratungsinhalt: Herr Westphal trägt zum rechtlichen Rahmen der Abwasserbeseitigung in Lüneburg und in den angeschlossenen Randgemeinden vor. Die Präsentation ist als Anlage beigefügt.
Im Anschluss an den Vortrag beantworten Herr Westphal und Herr Strehse Fragen der Ausschussmitglieder.
Herr Wurm möchte wissen, wie viele Ordnungswidrigkeiten wegen falscher Einleitung von Abwasser verfolgt wurden und wo die Grenzwerte aufgelistet sind. Herr Westphal führt aus, dass relativ wenige Ordnungswidrigkeiten eingeleitet wurden, da hier rechtlich die so genannte 4 aus 5-Regel greift. Die festgelegten Grenzwerte gelten als eingehalten, wenn die Ergebnisse der letzten 5 durchgeführten amtlichen Überprüfungen in 4 Fällen den maßgeblichen Wert nicht überschreiten und kein Ergebnis diesen Wert um mehr als 100 % übersteigt. Man sei bestrebt, im Dialog mit den betroffenen Unternehmen, das Problem zu lösen. Die Grenzwerte sind in der Abwasserverordnung und im Anhang zur Abwasserbeseitigungssatzung zu finden.
Herr Mitschke führt aus, dass heute zwar der systematische und rechtliche Aufbau der Abwasserbeseitigung dargestellt wurde; seiner Meinung nach stehe aber das Abwassersystem vor einem Kollaps. Mikroplastik und Medikamentenrückstände befinden sich im Abwasser und werden nicht heraus eliminiert. Man dürfe nicht hinnehmen, dass diese Stoffe weiterhin in die Umwelt gelangen. Er möchte daher einen Appell aus dem Ausschuss senden. Er vermisse am Vortrag Aussagen zur 4. Reinigungsstufe. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Untersuchungen von Prof. Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg.
Herr Westphal entgegnet, dass es dafür noch keinen rechtlichen Rahmen gebe. Grenzwerte für bestimmte Stoffe seien noch nicht vorhanden. Er bekräftigt, dass es sinnvoller sei, diese Stoffe am Entstehungsort und nicht am „End of the pipe“ herauszufiltern. Herr Strehse ergänzt, dass Prof. Kümmerer an einer globalen wissenschaftlichen Betrachtung arbeitet, die sich nicht auf spezielle Lüneburger Probleme beziehe, sondern eben eine allgemeine Betrachtung vornehme. Im Ruhrgebiet habe man im Rhein viel ernstere Probleme als in Lüneburg. Bisher gebe es vereinzelte Pilotprojekte, in denen versucht wird, bestimmte Stoffe herauszufiltern. Er sei aber überzeugt, dass hier die Industrie, insbesondere die Pharmaindustrie, gefordert sei. Diese Kosten dürften nicht am Gebührenzahler hängen bleiben.
Ratsherr von Nordheim führt aus, dass Nitrate und Phosphate, die als Düngemittel eingesetzt wurden, sich im Klärschlamm befinden und jetzt in die Verbrennung gegeben werden. Er fragt nach, ob es Perspektiven gebe, um diese wertvollen Bestandteile wieder verfügbar zu machen.
Herr Strehse erklärt, dass die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung nur bis 2029 zugelassen ist. Derzeit gibt es nicht genügend Verbrennungskapazitäten. Bis zum Jahr 2021 müsse ein Konzept zum Phosphorrecycling erstellt werden. Phosphor soll in Form von Phosphorsäure zurückgewonnen werden. Er stehe in Kontakt mit Hamburg-Wasser, um ab 2029 die Klärschlämme dorthin zur Verbrennung und zur Phosphorrückgewinnung zu geben.
Ratsherr Mencke fragt, ob das Lüneburger Kanalsystem noch den heutigen Anforderungen mit den anfallenden Stoffen gewachsen sei.
Herr Strehse führt aus, dass Lüneburg neben Hamburg eines der ältesten Kanalsysteme habe. Etwa 7 km Originalkanäle seien noch im Bestand, die ständig saniert und unterhalten werden. Das gesamte Kanalnetz ist durchschnittlich 50 Jahre alt. Das wirke sich auch positiv auf die Abwassergebühren aus, denn Lüneburg habe die günstigste Abwassergebühr in ganz Deutschland. Zu den anfallenden Stoffen im Abwasser erklärt er, dass manche Parameter sich im Laufe der Zeit verbessert hätten (z.B. die Menge an Phosphor).
Ratsherr Gros fragt, ob denn durch defekte Kanäle Einträge in das Grundwasser zu befürchten seien. Herr Strehse antwortet, dass jedes Jahr reparaturbedürftige Abschnitte saniert oder grunderneuert werden. Es bewege sich aber alles im Rahmen.
Auf die Frage von Ratsherrn Minks, ob es konkrete Probleme durch große Mengen von Arzneimitteln und Mikroplastik in Lüneburg gebe, antwortet Herr Strehse, dass weder Mikroplastik noch Medikamentenrückstände in der Kläranlage gemessen werden. Die wissenschaftliche Abhandlung von Prof. Kümmerer basiere auf globaler Ebene und orientiere sich an den Mengen aus dem Verkauf von Arzneimitteln. Es sei keine statistische Erfassung.
Herr Mitschke bekräftigt, dass der Ausschuss das Schutzgut Wasser im Blick behalten müsse und damit auch die 4. Reinigungsstufe der Kläranlage.
Herr Moßmann ergänzt, dass dieses bereits Thema in einer Ausschusssitzung in 2015 war (Vorlage Nr. VO/6246/15). Grundlage war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In dieser Sitzung wurde vorgetragen, dass es für viele Stoffe noch keine verifizierten Messverfahren gibt. Das Thema sei also nach wie vor aktuell und Verwaltung und AGL verfolgten stets neue wissenschaftliche Erkenntnisse und beachteten die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben. Herr Strehse stellt klar, dass die Kläranlage in fünf Verfahrensschritten das Abwasser von organischer und anorganischer Verschmutzung befreit. Die Reinigungsleistung sei statistisch repräsentativ. Für Lüneburg mit der ansässigen Industrie sei das angemessen.
Herr Wurm möchte wissen, wieviel Starkregen die Kläranlage verkraften könne. Herr Strehse erklärt, dass das Niederschlagswasser grundsätzlich nicht an den Schmutzwasserkanälen angeschlossen ist. Für die Beseitigung von Niederschlagswasser seien grundsätzlich die Grundstückseigentümer verantwortlich. Das anfallende Niederschlagswasser müsse grundsätzlich auf dem eigenen Grundstück versickert werden.
Beschluss: Der Ausschuss für Umwelt, Verbraucherschutz, Grünflächen und Forsten nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: Nein-Stimmen: Enthaltungen:
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