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Auszug - Antrag "Abberufung von Bürgermeister Dr. Scharf" (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 17.01.2018, eingegangen am 17.01.2018)  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 12.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 01.02.2018    
Zeit: 17:00 - 20:28 Anlass: Sitzung
Raum: IGS Kreideberg Aula
Ort: Thorner Str. 14, 21339 Lüneburg
VO/7622/18 Antrag "Abberufung von Bürgermeister Dr. Scharf" (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 17.01.2018, eingegangen am 17.01.2018)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag
Verfasser:Frau Schütte
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT I
Bearbeiter/-in: Schütte, Katrin  DEZERNAT III
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter DR. SCHARF verlässt für den TOP den Bereich des Sitzungssaales, der den Ratsmitgliedern vorbehalten ist.

 

Ratsherr AMRI begründet seinen Antrag auf Abwahl des Bürgermeisters Dr. Scharf und erwarte dazu sowohl vom Rat als auch dem Oberbürgermeister eine klare Positionierung. Dies sei man den Bürgern schuldig.

Er beschuldigt Dr. Scharf die von den im Sommer 2017 als Gäste empfangenen Hinterbliebenen der Opfer aus Osaritschi getätigten Aussagen verdreht und beschönigt zu haben. Die Kernbotschaft deren Besuchs sei es nicht, wie Dr. Scharf behaupte, gewesen, dass nicht alle deutschen Soldaten Faschisten und Mörder gewesen seien. Eine solche Instrumentalisierung von Naziopfern und -verbrechen von Seiten eines Bürgermeisters sei unerträglich. Des Weiteren habe Dr. Scharf Aussagen getätigt, welche auf die Relativierung der Rolle der Wehrmacht abzielten und in abschätziger und aggressiver Form Anfeindungen gegen die Begleitpersonen der Osaritschi-Delegation, bei denen es sich um Beschäftigte der Lüneburger Universität sowie Mitglieder des VVN handelte, gerichtet. Die Rechtfertigungen für sein Verhalten seien daher viel zu spät, halbherzig und nur sehr allgemein erfolgt.

Als letztes zitiert er einen Leserbrief aus der Lüneburger Landeszeitung, welcher für ihn stellvertretend für viele Bürgerstimmen stehe, und den Rücktritt als Bürgermeister von Dr. Scharf fordere.

 

Beigeordneter BLANCK erklärt, dass aufgrund der Aussagen von Dr. Scharf in dem YouTube-Video eine Konsequenz erfolgen müsse, zu welcher er bereits früh Dr. Scharf wie auch die CDU-Fraktion öffentlich wie persönlich gedrungen habe. Eine Aufforderung an Oberbürgermeister Mädge, sich nicht mehr durch Dr. Scharf vertreten zu lassen, sei bereits vor zwei Wochen erfolgt. Da seine Glaubwürdigkeit irreparabel geschädigt sei, könne Dr. Scharf das Amt des Bürgermeisters nicht weiter ausüben.

Jedoch sei auch der Rat nicht ganz unschuldig an der aktuellen Situation. Hätte man früher und genauer auf die Einwände gegen das Denkmal gehört, und sich so intensiv und kritisch damit auseinandergesetzt, wie es nun gemacht werde, hätte es zum Zeitpunkt der Videoaufnahme nicht mehr gestanden.

 

Ratsherr VON MANSBERG erklärt, das für die SPD-Fraktion die inhaltlichen Fragen, die die Diskussion mit sich bringe, im Vordergrund stehen würden und nicht die Abwahl von Dr. Scharf. Dieser sei über sehr viele Jahre ein geschätzter und stets redlicher, engagierter und jederzeit um Verständigung bemühter Repräsentant der Hansestadt gewesen. Nichtsdestotrotz seien die Äerungen von Dr. Scharf in weiten Teilen untragbar und v.a. inhaltlich falsch sowie in ihren Intentionen irreführend. Es müsse jedoch eine Abwägung erfolgen, was durch eine Abwahl für die Gedenkkultur der Hansestadt gewonnen werden würde, und die richtigen Konsequenzen für ein Erinnerung und Gedenken an die begangenen Verbrechen gezogen werden. Bei der Positionierung zum Antrag dürfe man sich von keiner politischen Seite treiben lassen. Jeder müsse für sich selbst eine Entscheidung treffen.

Es gehe hierbei nicht um Schuld, sondern um Verantwortung und um den richtigen Umgang mit dem Thema.

 

Beigeordnete SCHELLMANN spricht sich ebenfallsr eine Abwahl des Bürgermeisters Dr. Scharf aus und erklärt, dass jeder im Rat beschädigt aus dieser Situation hervorgehen werde. Ein solch sensibles Thema dürfe nur sehr sensibel diskutiert werden und sei keines, das mit Biertischrhetorik behandelt werden dürfe.

Die Äerungen von Dr. Scharf seien keinesfalls akzeptabel, zumal er durch seine Vorstellung als Bürgermeister der Hansestadt Lüneburg seinen Worten den Anstrich einer förmlichen Verlautbarung der Hansestadt gegeben habe.

Seine Entschuldigung sei sicher richtig und wichtig und sie hätte, wenn sie spontan oder zu einem früheren Zeitpunkt gekommen wäre, vieles reparierennnen. Nun sei dies nicht mehr möglich und Konsequenzen unausweichlich.

Sie fordere Dr. Scharf daher auf, auch zum Schutz der CDU-Fraktion, freiwillig als Bürgermeister zurückzutreten. (s. Änderungen gem. Protokoll vom 15.03.2018)

 

Ratsherr MENCKE befürwortet die Diskussion über die Inhalte des Youtube-Videos, da dadurch die Möglichkeit geschaffen worden sei, Vermutungen und Verleumdungen durch klare Aussagen und Positionen zu ersetzen. Es wundere ihn jedoch, dass gerade die Fraktion Die LINKE, welche sich sonst meist gegen die Verwaltung stelle und sich auch nicht scheue den Oberbürgermeister anzuzeigen, sich nun um das Ansehen der Hansestadt sorge.

Die von der Fraktion Die LINKE thematisierte Erinnerungskultur solle und müsse immer und unabhängig von diesem Video betrieben werden. Inhaltlich habe gerade Dr. Scharf immer auf die bisherige Leitlinie für Denkmäler in der Stadt verwiesen, wonach Denkmäler stehen bleiben sollten, um sich mit der Geschichte auseinandersetzen zu können, und es erklärende Informationstafeln gäbe, die für die geschichtliche Einordnung sorgen. Wer das Video in Ruhe gesehen habe, sse daher zugeben, dass Dr. Scharf auf den Blogger hereingefallen sei. Es sei unstrittig, dass die von ihm gewählten Formulierungen dabei in einer unhöflichen Tonlage erfolgt seien, die dem Amt des Bürgermeisters nicht dienlich seien. Dafür gelte es sich auch zu entschuldigen. Er verstehe, dass einige Worte falsch zu verstehen seien, versichere aber dass keines dieser Worte von Dr. Scharf oder der CDU-Fraktion so beabsichtigt oder gemeint gewesen seien, wie es in der öffentlichen Diskussion aktuell unterstellt werde.

Die Vita von Dr. Scharf beweise, dass er ein ausgewiesener Demokrat sei, der sich seit Jahrzehnten verantwortlich für Lüneburg, das Land und die CDU-Fraktion ehrenamtlich eingesetzt habe und der sich immer für Versöhnung eingesetzt habe. Der Umgang mit ihm sei seiner Ansicht nach bedenklich und erinnere an eine Treibjagd. Er stellt daher die Frage, ob es wirklich noch um Inhalte gehe oder darum, einen verdienten Politiker zu diskreditieren und sich so selbst als Linke auf die Politik-Bühne in den Mittelpunkt zu bringen.

Die CDUFraktion lehne die Abwahl von Dr. Scharf geschlossen ab.

 

Beigeordneter RUNKEL erklärt, dass die AfD-Fraktion Herrn Dr. Scharf aus gutem Grund gewählt habe, da er sich seit vielen Jahren als Bürgermeister für die Interessen der Bürger einsetze. Die Konflikte würden auf einem Interview beruhen, welches für Stigmatisierungen genutzt werde. Er sehe einen Rücktritt, der nur in den aktuellen Vorkommnissen begründet läge, als überzogen an.

 

Ratsherr AMRI stellt klar, dass es der Fraktion Die Linke entgegen der Behauptungen sehr wohl um Inhalte gehe, auf deren Grundlage er auch argumentiert habe. Der Fraktion sei der Eindruck entstanden, dass es sich nicht um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe, sondern vielmehr um eine Einstellung, die auch schon in anderen Zusammenhängen von Dr. Scharf so vertreten worden sei. Zum Abschluss beantragt er eine geheime Abstimmung des Antrages.


Beschluss:

 

Dem Antrag des Ratsherrn Amri auf geheime Abstimmung wird mehrheitlich zugestimmt.

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich bei 17 Ja-Stimmen und 20 Gegenstimmen ab.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

   Ja-Stimmen:17

Nein-Stimmen:20

  Enthaltungen:0