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Auszug - Wie können Mieter am Weißen Turm besser geschützt werden? (Anfrage der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen vom 14.07.2015)  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 8.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 23.07.2015    
Zeit: 17:00 - 20:30 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/6254/15 Wie können Mieter am Weißen Turm besser geschützt werden? (Anfrage der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen vom 14.07.2015)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT VI
Bearbeiter/-in: Kunz, Andrea   
 
Wortprotokoll
Beschluss

 

Beratungsinhalt:

 

Stadtbaurätin GUNDERMANN beantwortet die Anfrage wie folgt:

 

Zu 1)

Bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen hat die Hansestadt Lüneburg keine Handhabe, den Mieterschutz zu verbessern.

Lediglich die Landesregierung kann durch Erlass von Verordnungen den Mieterschutz verbessern. Hier bestehen zwei Möglichkeiten:

Zum einen durch den Erlass einer Umwandlungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 BauGB. Durch den Erlass einer Umwandlungsverordnung wird die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in sämtlichen Städten Niedersachsens, die Gebiete mit Milieuschutzsatzung festgelegt haben, genehmigungspflichtig. Die Anwendbarkeit einer Umwandlungsverordnung setzt voraus, dass die Grundstücke innerhalb des Geltungsbereichs einer Milieuschutzsatzung liegen. Der Erlass einer Milieuschutzsatzung erfolgt durch die Gemeinde. Schutzzweck einer Milieuschutzsatzung ist nicht der Schutz von individuellen Mieterinteressen vor Mieterhöhung. Die Milieuschutzsatzung stellt den Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen unter Genehmigungsvorbehalt, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten werden soll, dient also dem Schutz vor Luxussanierungen. Die schützenswerte Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ist durch umfassende Gutachten nachzuweisen.

Des Weiteren ist die Landesregierung ermächtigt durch Rechtsverordnung, die Frist des § 577a BGB auf bis zu 10 Jahre zu verlängern, wenn in den Kommunen "die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen" (§ 577a Abs. 2 BGB) gefährdet ist.

Grundsätzlich beträgt die Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB sonst nur drei Jahre wenn:

1. ein Mietvertrag besteht,

2. Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden und

3. die Wohnung verkauft wird.

Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die dreijährige Kündigungssperrfrist gegeben. In dieser Zeit darf der Käufer dem Mieter nicht wegen Eigenbedarfs oder wegen Hinderung an einer wirtschaftlichen Verwertung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB kündigen. Die Dreijahresfrist gilt in ganz Deutschland.

 

Von der Verordnungsermächtigung des § 577a Abs. 2 Satz 2 BGB haben zurzeit Gebrauch gemacht

Bundesland

Geltungsdauer

Einbezogene Städte und Regionen

Dauer der
Sperrfrist

Bayern

01.07.2012 bis 30.06.2022
(Wohnungsgebieteverordnung v. 15.05.2012, GVBl 2012 S. 189)

115 Gemeinden

10 Jahre

Berlin

01.10.2013 bis 30.09.2023
(VO v. 13.08.2013, GVBl 2013 S. 488)

Stadt Berlin

10 Jahre

Hamburg

01.02.2014 bis 31.01.2024
(VO v. 12.11.2013, GBl 2013 S. 455)

Stadt Hamburg

10 Jahre

Hessen

01.09.2004 bis 31.12.2014
(VO v. 18.12.2009, GVBl I S. 768)

Darmstadt, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Kelsterbach,
sselsheim, Kronberg i. Ts., Oberursel/Ts., Schwalbach a. Ts., Kelkheim, Maintal

5 Jahre

Nordrhein-Westfalen

10.02.2012 bis 31.12.2021
(KSpVO NRW v. 24.01.2012, GV NRW 2012 S. 82)

Bonn, Düsseldorf, Köln, Münster

weitere 33 Gemeinden

8 Jahre

5 Jahre

(Abbildung von Elzer/Riecke, in: Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl., 2015, 2. Kap. Rn. 126)

 

Fazit: Beide Gesetze ermächtigen jeweils nur die Länder zum Erlass einer Verordnung.

 

Zu 2)

Hierzu gibt es eine Anfrage vom Oberbürgermeister Mädge an den Niedersächsischen Städtetag.

 

Beigeordneter DÖRBAUM beantragt Aussprache.

 

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg stimmt dem Antrag auf Aussprache mehrheitlich zu.

 

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter DÖRBAUM erinnert, dass die Situation Am Weißen Turm im Jahr 2013 durch den Rat der Hansestadt Lüneburg kritisch betrachtet und festgestellt worden sei, dass für die Mieter etwas passieren müsse. Seitdem habe es viele Veränderungen wie Eigentümerwechsel und Sanierungsbeginn gegeben.

Zur Festlegung eines Sanierungsgebietes habe es Beratungen im Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung gegeben und der Weiße Turm solle darin aufgenommen werden.

Bei der momentanen Entwicklung, dass die Eigentümer vermehrt die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln, sei das Wohl der Mieter im Auge zu behalten. Grds. spreche nichts gegen eine Umwandlung. Jedoch bestehe in Niedersachsen für den Mieter nur ein Schutz von 3 Jahren. Der Rat der Hansestadt Lüneburg müsse daher verdeutlichen, dass dieser Schutz erhöht werde. Die maximale Grenze von 10 Jahren müsse nicht ausgeschöpft werden, aber eine Differenzierung wie in Nordrhein-Westphalen halte er für den richtigen Weg.

 

rgermeisterin BAUMGARTEN erklärt, dass bei einer Umwandlung von einer Miet- in eine Eigentumswohnung dem Mieter nur bei einem berechtigten Interesse aufgrund von Selbstnutzung durch den Erwerber gekündigt werden könne. Hier sei der Mieterschutz eindeutig.

Eine Verlängerung des Mieterschutzes bedeute, dass ein Zuzug ggf. unterbunden werde, da dem Eigentumserwerber die Nutzung seiner Wohnung für sich selbst erschwert werde. Daher spreche sie sich gegen eine Verlängerung der Frist aus.

 

Ratsherr PLENER weist darauf hin, dass Zuzug zunächst Wegzug voraussetze.

Dem Rat der Hansestadt Lüneburg sollte es um den Mieterschutz gehen, so dass Mieter vor Investoren geschützt werden. Der Weiße Turm sei mit staatlichen Mitteln als sozialer Wohnungsbau gefördert worden. Jetzt handle es sich um ein Spekulationsobjekt, d.h. es fließen keine Investitionen in das Objekt, sondern es werden nur die Gelder herausgezogen. Hier müsse das Interesse der Hansestadt Lüneburg zur Verhinderung bestehen.

Zudem können Mieter Tipps an die Hand gegeben werden, z.B. das nicht jede Mieterhöhung gerechtfertigt sei und hingenommen werden müsse.

 

Ratsherr PETROLL verdeutlicht, dass ein häufiger Eigentümerwechsel aufgrund der Veräerungsgewinne stattfinde. Die derzeitige Gesellschaft, die Eigentümerin des Komplexes sei, beginne bereits nach 2 Jahren zirka 200 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln.

Dies ergebe sich aus den steuerlichen Vorteilen, da nach dem Körperschaftssteuergesetz

Gewinne aus einer Veräerung steuerfrei seien. Hingegen müssen Privatpersonen den Veräerungsgewinn versteuern. D.h. die in der Bundesregierung unter SPD und ndnis 90/Die Grünen beschlossenen Steuergesetze seien Mitschuld an der schnellen Veräerung von Wohnkomplexen. Ein Mieterschutz könne hier durch eine Änderung der Steuergesetze erreicht werden.

Zudem begrüße die Fraktion Die Linke auch eine Verlängerung der Sperrfrist zugunsten der Mieter.

 

Ratsfrau SCHELLMANN pflichtet Ratsherrn Petroll bei, dass auch die Steuergesetze mitursächlichr die Situation seien.

Sie würde eine Unterscheidung machen, ob die Immobilie jemals durch stattliche Mittel gefördert worden sei oder nicht.

Bzgl. der Sperrfrist halte sie 10 Jahre für zu hoch und hier müsse Fingerspitzengefühl bewiesen werden, da die Investoren von der Hansestadt neburg motiviert worden seien. Jedoch seien Investitionen und gerade energetische Sanierungen sehr teuer, so dass es sich für Investoren kaum lohne, so dass eine Veräerung nachvollziehbar sei.

 

Ratsherr POLS stellt klar, dass schon beim Kauf der Gebäude durch die Deutsche Immobilien Invest klar gewesen sei, dass es sich um eine Heuschrecke handle, die die Wohnungen in irgendeiner Art und Weise weiterveräern werde. Hier solle es mittels Umwandlung in Eigentumswohnungen geschehen.

Zwar haben die Mieter ein Vorkaufsrecht, aber sie haben nicht das Einkommen sich eine Eigentumswohnung leisten zu können.

Gebe es eine andere Landesregierung hätte die Gruppe SPD / ndnis 90/Die Grünen heute eine Resolution mit der Aufforderung zur Gesetzesänderung vorgelegt.

 

Oberbürgermeister MÄDGE stimmt Ratsherrn Petroll zu, dass die Steuerfreiheit des Veräerungsgewinns für Heuschreckenfirmen abgeschafft werden müsse. Er bitte die Bundestagesabgeordneten darum, diesen Gedanken mit in den Bund zu tragen.

Dies sei auch eine mehrmalige Forderung des Städtetags gewesen, jedoch habe die Bundesregierung in diese Richtung nicht gehandelt.

Am Weißen Turm haben zwei deutsche Unternehmen eine kleinere Immobiliengesellschaft aus Darmstadt und ein Handwerksmeister aus Seevetal die Gebäude erworben und die Sanierung begonnen. Diese haben immer erklärt, dass sie einen Teil der Wohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln werden, um eine schnellere Sanierung der Gebäude zu gewährleisten, was sonst aufgrund des schlechten Zustandes der Häuser nicht möglich gewesen wäre.

Mit den Eigentümern können Gespräche über eine Selbstverpflichtung für eine längere Sperrfrist geführt werden. Positiv sei, dass die Gebäude saniert werden, eine Förderung aufgrund der Mittelbereitstellung r Projekte des Städtebaus möglich sei und ein Quartiersmanager eingestellt werden könne.


Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

(VI)