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Auszug - Eigentum verpflichtet - für faire Mietverhältnisse in der Hansestadt (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 06.03.2013)  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 21.03.2013    
Zeit: 17:00 - 19:55 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/5062/13 Eigentum verpflichtet - für faire Mietverhältnisse in der Hansestadt (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 06.03.2013)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT V
Bearbeiter/-in: Kunz, Andrea  DEZERNAT VI
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordnete LOTZE begründet den Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen.

Zu zwei Veranstaltungen seien nach einigen Beschwerden aus den Wohnbereichen Am Weißen Turm und Kaltenmoor die Mieterinnen und Mietern eingeladen worden. Sie berichteten von der derzeitigen Situation, der Schimmelbildung, der defekten Fahrstühle, der durchgerosteten Balkonbrüstungen und weiteren baulichen Mängel. Des weiteren liege ein respektloser Umgang von Seiten der Vermieter bzw. der Hausverwaltungen mit den Mietern vor. Es seien Briefe und Telefonate nicht beantwortet sowie Zusagen und Termine nicht eingehalten worden.

Art. 14 des Grundgesetzes „Eigentum verpflichtet“ interessiere die Wohnungseigentümer nicht. Daher müsse der Rat der Hansestadt Lüneburg verdeutlichen, dass er Immobilienbesitzer, die ihre Häuser verkommen lassen und Mieter respektlos behandeln, nicht toleriere. Die Eigentümer sollen ihrer gesetzlichen Pflicht gegenüber den Mietern und der Hansestadt Lüneburg nachkommen. Es werden eine Eigentumsverpflichtung sowie ein vernünftiger Dialog zwischen Vermieter und Mieter gefordert. Die Hausverwaltungen müssen ansprechbar sein und ihre Aufgaben übernehmen. Die Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen möchte, dass ein Mieterbeirat eingerichtet werde und vor allen Dingen, dass die Gebäude laufend modernisiert werden. Auch möchte die Gruppe PD / Bündnis 90/Die Grünen, dass die Kontrollen verstärkt und im Sanierungsgebiet Kaltenmoor über das Projekt „Soziale Stadt“ die Sanierung der Wohngebäude verbessert werde.

Die Mieterinnen und Mieter der Wohnungen Am Weißen Turm und in Kaltenmoor bedürfen der Unterstützung des Rates der Hansestadt Lüneburg und daher appelliere sie an alle Fraktionen, diesen Antrag zu unterstützen.

 

Beigeordneter BLANCK merkt zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion an, dass der Kerngedanke des Antrages richtig sei. Jedoch sei es nicht richtig, wenn die Hansestadt Lüneburg die Kosten übernehme, die aufgrund des Unterlassens von Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen des Investors entstanden seien. Es dürfe denjenigen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, die Verantwortung nicht abgenommen werden.

Die verstärkten Kontrollen durch die Bauaufsicht sei das richtige Signal, welches der Rat der Hansestadt Lüneburg senden müsse.

 

Ratsherr BÖGERSHAUSEN teilt mit, dass er sich von dem nichtordnungsgemäßen Zustand der Wohnungen in der Graf-von-Moltke-Straße überzeugt habe. Das Ergebnis der Besichtigung mit einem Mieter habe ihn sehr empört – undichte Fenster, baufällige Balkone, mangelhafte Wärmeisolierung, Risse im Mauerwerk, nichtschließende Haustüren, zerstörte Lichtanlagen, zugige Flure und Kellerräume, zerstöre Fensterscheiben usw. Die Situation sei nicht hinnehmbar und die eklatanten Mängel müssen beseitig werden.

Wichtig sei, dass die Mieter einen Beirat bilden, der die Mängel aufliste und entschlossen gegen den Wohnungseigentümer auftreten könne.

Die Eigentümer, die auf maximalen Gewinn ausgerichtet seien, können sich die Ungeheuerlichkeiten nur leisten, da die Mieter keine Alternative im sozialen Wohnungsbau in Lüneburg haben. Daher müsse der Sozialwohnungsbau angekurbelt werden.

 

Bürgermeisterin BAUMGARTEN bedankt sich bei den Lüneburger Wohnungs- und Wohnungsbaugesellschaften sowie den privaten Vermietern, die nach Recht und Gesetz dem Standard entsprechenden Wohnraum für die Bewohner zur Verfügung stellen.

Sie schließt sich der Meinung an, dass die Eigentümer der Gebäude Am Weißen Turm und in Kaltenmoor in die Schranken gewiesen werden müssen und die Mieterinnen und Mieter unterstütz werden müssen. Jedoch könne dies nicht mit dem Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen gelingen. Es gebe keine rechtliche Vorgabe, dass ein Vermieter zu einem positiven Dialog mit den Mietern verpflichtet sei oder kompetente Ansprechpartner vor Ort sicherstellen müsse. Für die Einrichtung eines Mieterbeirates bedürfe es keines Antrages, diesen können die Mieter jederzeit selbst gründen. Nach einem BGH-Urteil vom 26.07.2004 seien die Eigentümer nicht verpflichtet, die Mieträume oder Einrichtungen an den neuesten Stand anzupassen.

Die CDU-Fraktion möchte eine Veränderung erwirken und aus der Stellungnahme der Stadtbaurätin seien die Möglichkeiten ersichtlich geworden, so dass die CDU-Fraktion den entsprechenden Änderungsantrag stelle. Die Verwaltung solle beauftragt werden, eine Modernisierungsvoruntersuchung für die Objekte durchzuführen, um die Voraussetzungen für die Anordnung eines Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot zu schaffen. Daraus ergebe sich nicht, dass die Hansestadt Lüneburg die Modernisierung durchführen müsse, sondern dass die Voraussetzungen geschaffen werden, um den Vermieter zur Modernisierung und Instandsetzung auffordern zu können. Die anfallenden Kosten für die Modernisierungsvoruntersuchungen müssen beziffert und im Haushalt veranschlagt werden.

Sie habe die Information, dass die Mieter in der Wilhelm-Leuschner-Straße eine Auflistung der Mängel erstellt und die Miete gekürzt haben. In Deutschland gebe es ein Mieterrecht, welches die Mieter vor unberechtigter Kündigung und weiteren Schäden schütze. Daher hoffe sie, dass alle Mieter von ihrem recht der Mietminderung Gebrauch gemacht haben.

 

Oberbürgermeister MÄDGE erklärt, dass der Verwaltung die Möglichkeiten der Instrumente bewusst seien und es dazu keines Änderungsantrages, der die Stellungnahme der Verwaltung wiedergebe, bedurft hätte.

Die Bewohner benötigen Hilfe und Unterstützung bei den Problemlösungen, da ihnen die rechtlichen Möglichkeiten nicht alle bekannt seien. Es werde Druck auf die Vermieter von der Kommune, über das Land bis zum Bund benötigt. Daher sollte z.B. eine Gesetzesänderung erfolgen, so dass Immobilieneigentümer nach Art. 14 GG zur Sanierung ohne Modernisierungsvoruntersuchung nach § 177 BauGB verpflichtet werden.

Er fragt, warum die Hansestadt Lüneburg die Kosten für die Modernisierungsvoruntersuchung tragen solle. Das würde bedeuten, dass die Gewinne der Eigentümer behalte und die Verluste sozialisiert werden.

Die Mieterinnen und Mieter müssen Unterstützung bei der Gründung eines Mieterbeirates und deren Aufgabenerfüllung erhalten. Sie benötigen die moralische Unterstützung des Rates der Hansestadt Lüneburg.

 

Ratsherr BARTELS merkt an, dass der Änderungsantrag der CDU-Fraktion erst zum Beginn der Beratungen des Tagesordnungspunktes verteilt worden sei. Dies lasse keine eingehendere Befassung mit dem Antrag zu. Zudem erfolge die Begründung bei Anträgen der CDU-Fraktion immer mündlich, was für die Vorbereitungen hinderlich sei.

Er möchte wissen, inwiefern der Antrag der CDU-Fraktion weiterreiche, so dass die Hansestadt Lüneburg gegen die Wohnungseigentümer eine Handhabe habe.

 

Beigeordneter PAULY unterstützt den Änderungsantrag der CDU-Fraktion und die Aussage von Bürgermeisterin Baumgarten, da der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen Fragen aufwerfe und Aufforderungen an die Eigentümer stelle statt Lösungen zu geben. Der Antrag der CDU-Fraktion, der den Auftrag zu einer Modernisierungsvoruntersuchung gebe und damit die Voraussetzungen für ein Modernisierungsgebot schaffe, gehe über eine bloße Aufforderung hinaus.

Er zitiert § 177 Abs. 4 BauGB: Der Eigentümer hat die Kosten der von der Gemeinde angeordneten Maßnahmen insoweit zu tragen, als er sie durch eigene oder fremde Mittel decken und die sich daraus ergebenden Kapitalkosten sowie die zusätzlich entstehenden Bewirtschaftungskosten aus Erträgen der baulichen Anlage aufbringen kann.“ Dies bedeute, dass der Eigentümer die Kosten für die Modernisierungsvoruntersuchung tragen müsse, wenn durch die Mieten Beträge erzielt werden, die zur Deckung der Sanierung ausreichen.

 

Ratsherr MINKS verdeutlicht, dass er mit mehreren Mietern die Situation in den Wohnungen und Gebäuden besprochen habe.

Der Rat der Hansestadt Lüneburg könne den Mietern helfen, sich zu organisieren und ihnen seine Unterstützung demonstrieren. Die einzelnen Mieter haben nicht den Mut zur Gegenwehr, sie benötigen Unterstützung bei der Organisation, um gemeinschaftlich etwas gegen den Eigentümer unternehmen zu können.

Über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion, der teilweise vom Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen und teilweise von der Stellungnahme der Baudezernentin abgeschrieben und erst zu Beginn der Beratung des Tagesordnungspunktes verteilt worden sei, bringt er seine Empörung zum Ausdruck.

 

Ratsherr SRUGIS empört sich über die Kurzfristigkeit des detaillierten Änderungsantrages der CDU-Fraktion, so dass die anderen Fraktionen keine Möglichkeit zur Vorbereitung hatten.

Er zitiert aus den Ergebnissen einer Kommission Nordrhein-Westfalens: „Während klassische, zumeist mittelständische, privatrechtlich professionelle Anbieter auf Werterhaltende Investitionsstrategien setzen, verfolgen neue Finanzinvestoren das Ziel einer größtmöglichen Eigenkapitalverzinsung mit einem zeitlich begrenzten Horizont ihrer Beteiligung.“

Die Eigentümer nehmen eine bewusste Schädigung der Mieter, aber auch des Stadtbildes in Kauf. Daher müsse sich der Rat der Hansestadt Lüneburg zugunsten der Stadt aussprechen. Weiter müsse vom Bund eine entsprechende Gesetzgebung geschaffen werden, damit Vermieter zur Beseitigung von Schäden in Wohngebäuden mit einem hohen Sanierungsbedarf verpflichtet werden.

Er wendet gegen die Aussage von Bürgermeisterin Baumgarten ein, dass es nicht nur rechtliche sondern auch moralische Verpflichtungen gebe.

 

Ratsfrau SCHELLMANN hält fest, dass die Hansestadt Lüneburg durch Beratung, durch einen Zusammenschluss etc. Mieter, die keine Handhabe gegen ihren Vermieter haben, unterstützen müsse. Der Aufbau von Druck gegen die Vermieter, die Beratung und Unterstützung der Mieter sei der erste wichtige Schritt.

Stadtbaurätin Gundermann habe in ihrer Stellungnahme rechtliche Möglichkeiten aufgezeigt, deren Umsetzung jedoch von der Hansestadt Lüneburg zu tragen seien. Daher müsse dies der letzte Schritt sein.

Aufgrund der veränderten Situation bei der Wohnungsvermietung durch die Globalisierung müsse die Gesetzgebung handeln und Rahmenbedingungen vorgeben.

 

Bürgermeister MEIHSIES erklärt, dass durch den Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen der politische Druck in der Öffentlichkeit erhöht werde. In der Vorbereitung zu ihrem Antrag habe die Gruppe verschiedene Instrumente diskutiert und bewusst den § 177 BauGB zunächst außer Acht gelassen.

Der Antrag der Gruppe sei ehrlich, da zunächst der Dialog gesucht werden müsse und keine Versprechungen erfolgen, die die Hansestadt Lüneburg nicht einhalten könne. Erst nach gescheiterten Dialogversuchen können rechtliche Schritte über § 177 BauGB eingeleitet werden.

 

Ratsherr DR. SCHARF begründet, dass der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen zu allgemein gehalten sei.

Es sei richtig gewesen, dass Kontakt mit den Mieterinnen und Mietern aufgenommen worden sei, da sie moralische Unterstützung benötigen. Die Eigentumsverpflichtung sei in Art. 14 GG geregelt, aber ein sehr vager Begriff. Er unterstreicht, dass die im Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen genannten Forderungen wünschenswert seien, aber im Mietrecht keine Verpflichtung für den Vermieter geregelt sei.

Forderungen gegen den Vermieter können sich nur aus dem Baugesetzbuch nach einer Modernisierungsvoruntersuchung ergeben. Jedoch habe danach die Kommune die nicht zumutbaren Kosten zu tragen. Fraglich sei der Begriff des Zumutbaren und er sehe hier ein großes Risiko.

 

Ratsherr WEBERSINN gibt zu, dass die CDU-Fraktion in ihrem Änderungsantrag die Stellungnahme und den Ratschlag der Stadtbaurätin aufgegriffen habe.

Für ihn sei unverständlich, warum in den Gebäuden Am Weißen Turm und in Kaltenmoor nicht mit baulichen Maßnahmen geholfen werden könne, so wie es in der Frommestraße geschehen sei.

Ein Dialog mit den Investoren werde nur möglich sein, wenn die deutschen Konten, auf die die Mieteinnahmen fließen, blockiert und davon die Modernisierungsmaßnahmen bezahlt werden. Daher sie die Einleitung der Modernisierungsvoruntersuchung zwingend erforderlich, um anschließend die Pfändung der Konten für die Umsetzung der Modernisierungen vorzunehmen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE macht darauf aufmerksam, dass in den benannten Gebäuden zirka 5.000 Mieterinnen und Mieter betroffen seien. 60 Prozent der Mieten werden von der ARGE und anderen getragen. Die Mietbedingungen werden nicht durch die ARGE kontrolliert und es werden keine Mietkürzungen vorgenommen. Die Hansestadt Lüneburg müsse die Bewohner durch Mieterbeiräte und Rechtberatung unterstützen.

Die Einleitung der Modernisierungsvoruntersuchung könne nicht der richtige Weg sein, da die Hansestadt Lüneburg die Kosten tragen müsse. Es sei bekannt, dass die Modernisierungskosten die Mieteinnahmen übersteigen.

Daher müsse der Mieter gestärkt werden, um seine Rechte mit Hilfe eines Rechtsanwaltes durchzusetzen. Die Instandsetzung des Fahrstuhls sei Aufgabe des Rates der Hansestadt Lüneburg, der er für die Teilhabe der Einwohner am öffentlichen Leben zuständig sei.

 

Beigeordneter PAULY erläutert, dass zunächst die Schritte, die der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen beinhalte, erfolgen sollten, jedoch die Einleitung einer Modernisierungsvoruntersuchung als nächste Maßnahme im Auge behalten werden müsse.

Die Kosten der Modernisierungsvoruntersuchung, die die Hansestadt Lüneburg zu tragen habe, könne aber eine Einsparung von zukünftigen Kosten z.B. aufgrund von Unbewohnbarkeit der Wohnungen erwirken.

Als Vergleich sei das Beispiel der Frommestraße zu nennen, bei der die Hansestadt Lüneburg die finanziellen Mittel bereitgestellt habe, um die Bewohner vor der Obdachlosigkeit zu bewahren.

 

Oberbürgermeister MÄDGE zeigt auf, dass ein Vergleich zwischen den Gebäuden Am Weißen Turm und in Kaltenmoor zur Frommestraße nicht möglich sei, da in der Frommestraße 30 Bewohner betroffen gewesen seien und jetzt 1.600 Wohnungen mit durchschnittlich 3 Bewohnern betroffen sei.

Er macht darauf aufmerksam, dass, sollte die Modernisierungsvoruntersuchung eine Unwirtschaftlichkeit ergeben, die Hansestadt Lüneburg die Kosten für die Modernisierung von mehreren zehn Millionen Euro zu tragen habe.

 

Ratsherr SRUGIS erklärt, dass die Anträge zusammen in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung überwiesen werden können, um sie dort eingehend weiter zu beraten.

 

Ratsfrau EBELING weist auf die Sachlichkeit der Anträge hin und könne nicht nachvollziehen, warum die Mitglieder der CDU-Fraktion für ihre Antragsstellungen persönlich angegriffen werden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen wird zusammen mit dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion einstimmig in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung überwiesen.

 

(VI)