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Auszug - Umbenennung der Landrat-Albrecht-Straße  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 8
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 24.01.2013    
Zeit: 17:00 - 20:10 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/4861/12 Umbenennung der Landrat-Albrecht-Straße
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Bereich 41 - Kultur Beteiligt:Bereich 53 - Frühkindliche Bildung und Betreuung
Bearbeiter/-in: Plett, Anke  Bereich 61 - Stadtplanung
   Bereich 63 - Bauaufsicht, Denkmalpflege
   Bereich 73 - Friedhöfe
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Stadtrat MOßMANN erklärt zum Zusatzantrag der Fraktion Die Linke, dass nach § 10 der Geschäftsordnung des Rates der Hansestadt Lüneburg Änderungsanträge zu jedem Tagesordnungspunkt gestellt werden können. Bei dem heutigen Tagesordnungspunkt 8 gehe es um die Umbenennung einer genau bezeichneten Straße. Es liege kein Sachzusammenhang zu dem von der Verwaltung eingebrachten Beschlussvorschlag vor, so dass dieser Antrag nicht nach § 10 der Geschäftsordnung während der Ratssitzung eingebracht werden könne.

 

Ratsherr VON MANSBERG fordert den Rat der Hansestadt Lüneburg auf, einen einstimmigen Beschluss zu fassen, um zu verdeutlichen, dass solche Themen nicht als Parteitaktik und für gegenseitige Unterstellungen genutzt werden.

Laut der CDU-Fraktion ließe sich Geschichte nicht ausradieren und ändern, stattdessen solle eine erklärende Hinweistafel angebracht werden, wie im Kultur- und Partnerschaftsausschuss geäußert. Ein Straßenname werde aber durch jedes Straßenverzeichnis, Adressen und Absendern, Telefonbuch usw. wahrgenommen, ohne dass die Möglichkeit der Anbringung einer Hinweistafel bestehe.

Die Benennung einer Straße nach Landrat Albrecht sei ein Schlag ins Gesicht all derer, die während der Herrschaft der Nationalsozialisten ihre öffentlichen Ämter verloren haben, weil sie nicht mit den Machthabern kooperieren wollten.

Die Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen wolle nicht durch die Straßenumbenennung die Geschichte ausradieren, sondern es müsse an geeigneter Stelle wie dem Museum Lüneburg gedacht werden. Die Gruppe wolle keiner Diskussion aus dem Weg gehen, wie der VVN-BdA dem Rat der Hansestadt Lüneburg vorgeworfen habe. Erst durch die Diskussion zu den Reiterstandbildern und dem Platz an der Synagoge sei sie auf den Weg gebracht worden. Die pauschalen Unterstellungen des VVN-BdA diskreditieren alle Ratsmitglieder und dies mache ihn wütend.

Es gebe gute Gründe mit der Benennung von Straßen sorgfältig und zurückhaltend umzugehen. Straßennamen eignen sich schlecht als quasipolitisches Instrument und zum historischen Gedenken. Bei der Umbenennung einer Straße müsse besondere Sorgfalt geboten sein und die Anwohner müssen in die Diskussion miteinbezogen werden. Die Anwohner der Landrat-Albrecht-Straße haben keine großen Sympathien für die Umbenennung gezeigt, trotzdem solle die Umbenennung erfolgen. Es solle aber der Bitte der Anwohner gefolgt werden, dass die Straße einen unpolitischen Namen erhalte.

 

Ratsherr DR. SCHARF erklärt, dass es um die historische Wahrheit und die Frage gehe, wie die Hansestadt Lüneburg mit ihrer Geschichte umgehe. Geschichte werde nicht dadurch bewältigt, dass Denkmäler, Straßennamen oder Bücher beseitigt werden. Die Hansestadt Lüneburg sei dazu aufgerufen, sich mit den Zeugnissen aus der NS-Zeit zu beschäftigen und auseinanderzusetzen.

In dem totalitären Regime sei es außerordentlich schwierig und nur unter großem persönlichem Einsatz möglich gewesen, sich dem System zu widersetzen. Er berichtet von einem persönlichen Erlebnis, das Vorbeiziehen eines Judendeportationszuges. Aufgrund seiner Erfahrung sei er sehr zurückhaltend mit einem Urteil über Menschen in der damaligen Zeit und versuche ihr Handeln aus der jeweiligen Situation der damaligen Zeit zu sehen.

Ratsherr Dr. Scharf zitiert aus dem Heimatkalender der Lüneburger Heide: „1935 wurde er aus der NSDAP ausgeschlossen, weil seine Frau weiterhin Kontakt zu jüdischen Mitbürgern hielt.“, aus der Landeszeitung vom 16.08.2012 zitiert er weiter: „Vor einigen Jahren wertete die Stadt Lüneburg zu Albrechts Gunsten dessen Parteiausschluss 1935, weil seine Ehefrau sich bei einem jüdischen Zahnarzt behandeln ließ und deswegen denunziert wurde. Das wird von weiteren Zeitzeugen bestätigt.“

Er setze sich für eine Auseinandersetzung mit Zeugnissen deutscher Geschichte ein und bei kontrovers einzuschätzenden Denkmälern und Personen für ein Hinweisschild, auf dem kurz und präzise das Pro und Contra dargestellt werde. Als Beispiel führt er den Gedenkstein vor dem Hotel Hannover in der Gemeinde Neuhaus an.

 

Beigeordneter PAULY möchte den Zusatzantrag der Fraktion Die Linke begründen, was ihm aufgrund der Erklärung von Stadtrat Moßmann verwehrt werde.

 

Ratsherr VÖLKER unterstützt die Aussage von Ratsherrn von Mansberg.

Die Friedrich-Manzke-Stiftung habe den Auftrag für die Entwerfung eines Friedenpfades vergeben, d.h. es werden 7 bis 8 Denkmäler in der Hansestadt Lüneburg für eine Aufarbeitung der Geschichte aufgesucht.

Er erklärt, dass Landrat Albrecht nicht gewählt, sondern ernannt worden sei. Etwa 1943 sei er von den Parteivertretern ausdrücklich für sein Handeln im Sinne der nationalsozialistischen Philosophie belobigt worden.

Zu dem genannten Beispiel in der Gemeinde Neuhaus wendet er ein, dass ein Pastor den tief vergrabenen Stein vor dem Pfarrhaus ausgegraben habe und danach sei erst die Diskussion im Rat zustande gekommen. Anschließend habe ein Heimhistoriker die Inschrift vorgeschlagen. Somit handle es sich um keine bewusste Bewältigung der Vergangenheit.

Der Erinnerungskultur stelle sich die Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen auch im Kultur- und Partnerschaftsausschuss seit Jahren und dies werde weiterhin so bleiben, siehe am Beispiel Synagogenplatz.

 

Ratsherr KUNATH begründet, dass Die Fraktion Die Linke der Umbenennung der Landrat-Albrecht-Straße grundsätzlich zustimme, jedoch mit der neuen Namensgebung nicht einverstanden sei. Bei den Straßenbenennungen sollten Namen von Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus verwendet werden, um ein deutliches Zeichen zu setzen.

 

Ratsfrau SCHELLMANN begründet, warum sie die Aussage von Kulturreferent Landmann als sehr differenziert empfunden habe.

Sie halte den eingeschlagenen Verfahrensablauf für problematisch und fragt, warum eine Anwohnerbefragung durchgeführt werde, obwohl der Entschluss zur Umbenennung unabhängig von den Äußerungen der Anwohner feststehe. Die Mehrheit der Anwohner habe sich gegen die Umbenennung ausgesprochen, daher hätte es sich um eine Informationsveranstaltung handeln müssen, in der klar zum Ausdruck gebracht werde, warum als Politiker die Entscheidung zur Umbenennung erfolge.

Sie befürwortet den Wunsch der Anwohner, bezüglich des Straßennamens keinen Personennamen zu verwenden. Allerdings habe die Straße, obwohl es sich um eine Sackgasse handle, keinen Bezug zu einer Gasse und sollte daher nicht in „Schwalbengasse“ sondern in „Schwalbenweg“ umbenannt werden.

 

Beigeordnete LOTZE hält fest, dass Landrat Albrecht von der NSDAP in seinem Amt bestätigt worden sei, einen Eid auf Hitler geschworen habe und ein aktiver Unterstützer und Mitarbeiter des nationalsozialistischen Verbrechersystems gewesen sei. Trotzdem möchte die CDU-Fraktion, dass durch keine Straßenumbenennung an diesen Mann erinnert werde. Die Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen möchte nicht, dass es in der Zukunft diesen Straßennamen in der Hansestadt Lüneburg weiterhin gebe.

 

Ratsherr BARTELS stimmt Ratsherrn Dr. Scharf insoweit zu, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht totgeschwiegen werden dürfen. Allerdings sei das Argument, dass aus diesem Grund keine Straßenumbenennungen stattfinden sollten, für ihn unverständlich, da dies nach dem 2. Weltkrieg sehr häufig getan worden sei. Keine Gemeinde würde heute eine Straße, die nach Adolf-Hitler benannt sei, nicht umbenennen.

Eine Straße sei, wie Ratsherr von Mansberg ausgeführt habe, weder ein Mahnmal noch ein Denkmal. Daher sei es auch nicht sinnvoll, eine Straße nach einem Widerstandskämpfer zu benennen.

 

Beigeordneter POLS entgegnet der Aussage von der Beigeordneten Lotze, dass soeben eine Straße im Hanseviertel nach einem Mann benannt worden sei, der 1936 zur Wehrmacht gegangen sei und somit auch einen Eid auf Hitler geschworen habe und in der Wehrmacht bis 1945 gedient habe. Mit dieser Argumentation von Ratsfrau Lotze hätte die Straße im Hanseviertel nicht nach Alfred Trebchen benannt werden dürfen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE erinnert daran, auf wessen Antrag hin, die Straße in Landrat-Albrecht-Straße umbenannt worden sei. Der Landrat sei von den Nationalsozialisten eingesetzt worden und sei für die Heime an der Elbe zuständig gewesen, in denen Kinder von Zwangsarbeitern untergebracht gewesen seien. In dem Buch „Zwangsarbeit in der Lüneburger Heide“ und im Archiv des Landkreises finde man weitere Hinweise, was Landrat Albrecht unterlassen habe, obwohl er hätte handeln können und müssen.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg fasst mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen der CDU-Fraktion folgenden Beschluss:

 

1.      Die Landrat-Albrecht-Straße wird umbenannt, weil eine Straßenbenennung nach einem aktiven Mittäter und Unterstützer des nationalsozialistischen Systems aus heutiger Sicht nicht mehr tragbar ist.

 

2.      Die neue Bezeichnung der Straße lautet „Schwalbengasse“.

 

(401)


Abstimmungsergebnis:

 

   Ja-Stimmen:             

Nein-Stimmen:             

  Enthaltungen:             

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Zusatzantrag (180 KB)