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Auszug - Gründung des kommunalen Energieversorgers "Stadtwerke Lüneburg" zur Versorgung der Hansestadt Lüneburg mit klimafreundlicher Energie (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 07.06.2010)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 6.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 30.09.2010    
Zeit: 17:05 - 19:55 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3709/10 Gründung des kommunalen Energieversorgers "Stadtwerke Lüneburg" zur Versorgung der Hansestadt Lüneburg mit klimafreundlicher Energie (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 07.06.2010)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT II
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr Riechey beantragt die Überweisung dieses Themas in den zuständigen Fachausschuss. Dieser Antrag wird mehrheitlich abgelehnt.

 

Ratsherr RIECHEY stellt klar, dass durch die heutige Grundsatzentscheidung zur Gründung eigener Stadtwerke über einen wichtigen Teil der hiesigen Daseinsvorsorge entschieden werden könne.

Die Frage sei, ob dem Beispiel vieler Kommunen mit eigenen Stadtwerken gefolgt werde, oder man sich weiter in die Abhängigkeit der Großkonzerne begeben möchte.

Der Antrag der Fraktion Die Linke ermögliche eine direkte Umsetzung, die Stadtwerke Barmstedt hätten bereits ein Gutachten hierzu erstellt und sich als Dienstleister angeboten. Falsch sei die immer wieder vorgeschobene Behauptung, dass man die Konzessionsrechte für die Verteilernetze bräuchte, die am 04.12.2008 durch Ratsbeschluss nicht zurückgekauft wurden. Die Gründung der eigenen Stadtwerke würde keine Unsummen verschlingen, sondern lediglich 270.000 Euro seien zur Sicherung der Anfangsliquidität notwendig. Diese Summe würde im 1. Geschäftsjahr wieder refinanziert. Im 2. Geschäftsjahr seien bereits Gewinne aufgrund der übertragenen Kunden der Stadtwerke Barmstedt in 6-stelliger Summe zu prognostizieren. Damit würde man demokratisch kontrollierte Strom- und Gaspreise aus ökologisch erzeugter Energie schaffen.

In den letzten 8 Jahren seien die Energiepreise um 46 % angestiegen und die Gewinne der großen Energiekonzerne explodiert. Auch der Deutsche Städtetag empfehle eine Rekommunalisierung. Er weist darauf hin, dass umliegende Kommunen diesen Schritt bereits gegangen seien, die Hamburg Energie vor 2 Jahren gestartet ist und mittlerweile Millionensummen in erneuerbare Energien investiert. Es sei sehr bedauerlich, dass die Hansestadt Lüneburg das einzige Oberzentrum in der nördlichen Region sei, das keine eigenen Stadtwerke besitze.

 

Beigeordneter Srugis verweist auf die Ziele der Hansestadt Lüneburg, Energie einzusparen, Energie effizient zu erzeugen und langfristig Energie aus 100 % erneuerbaren Energien zu beziehen. Bei Gründung eigener Stadtwerke müssten diese dann eine Versorgungssicherheit garantieren, die Umweltverträglichkeit gewährleisten und Strom preiswert bereitstellen, sowie für den städtischen Haushalt ein wirtschaftlich attraktives und zugleich risikoarmes Unternehmen sein. Der heute vorliegende Antrag sei irreführend, da es sich bei diesen Stadtwerken nur um Einkauf und Vertrieb von Strom und Gas handle und keine eigene Produktion oder Netzhoheit beinhalte.

Mit diesem Antrag zur Gründung von Stadtwerken zu diesem Zeitpunkt und in dieser Form komme man dem erklärten Vorgabeziel nicht näher. Es handele sich hierbei um keine Investition, die für den Bürger einen Vorteil bringen würde. Es herrschten extreme Liquiditätsrisiken, durch die Liberalisierung des Marktes sei kein Abnahmezwang vorhanden und die Preis- und Marktrisiken seien nicht verlässlich zu kalkulieren. In der aktuellen Presse werde derzeit über andere Stadtwerke und deren Fehlspekulationen berichtet. Stattdessen solle die Hansestadt Lüneburg weiterhin und deutlich stärker alternative Energieformen fördern und durch vorbildliche Maßnahmen, wie Energieeinsparung bei Gebäuden oder der KFZ-Flotte, vorangehen.

 

Ratsherr Kuhn fragt, ob die Hansestadt Lüneburg ihre Energiepolitik selbst bestimmen und Gewinne erwirtschaften wolle und welche Risiken bei der Gründung von Stadtwerken bestünden.

Um den Kunden günstige Konditionen anbieten zu können, müsse man sich 2 Jahre im Voraus Strom an der Strombörse sichern und hierfür in Vorkasse treten. Dies sei ebenfalls im Gasbereich üblich. Dieser Zeitraum sei finanziell zu überbrücken, so dass höchstwahrscheinlich Kredite aufgenommen werden müssten. Um weitere Kunden zu gewinnen, müsste man eine intensive Werbekampagne schalten oder sehr attraktive Preise anbieten.

Bei einem Kundenstamm von ca. 10.000 Haushalten und einer Strom- und Gasrechnung von 1500 Euro pro Jahr würde dies eine Einnahme von 15,5 Millionen Euro für die Stadtwerke Lüneburg bedeuten. Würde in diesem Zeitraum jedoch der Strompreis um nur 100 Euro nach unten korrigiert, würde ein Verlust in Höhe von 1 Million Euro zu Buche schlagen. Hinzu kämen Verluste durch Stromausfälle oder säumige Zahler.

Die Frage sei auch, wie viele Mitarbeiter die Stadtwerke beschäftigen müssten, welche Räumlichkeiten sie anmiete und welche Technikausstattung sie benötige. Bei allen vorgenannten Risiken, der Sicherheit, die der Verbleib beim derzeitigen Stromlieferer E.ON biete, und unter Beachtung des örtlichen Engagements dieser Firma, sei von der Gründung eigener Stadtwerke abzusehen.

 

Ratsherr Soldan stellt die Frage in den Raum ab wann die Stadtwerke erfolgreich arbeiten würden, wie viele Kunden man dafür benötige und wann die Neukunden zu den Stadtwerken Lüneburg wechseln würden. Eine Recherche hätte ergeben, dass es für den Bereich Ökostrom für Lüneburg mindestens 160 Anbieter gäbe, so dass die Stadtwerke Lüneburg es relativ schwer hätten, einen günstigen Preis anzubieten und die Kunden meist nach den Preisen beurteilen.

Er weist sehr ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den hier geforderten Stadtwerken lediglich um ein Handelsunternehmen für Strom und Gas handle und selbst wenn in ferner Zukunft der Erwerb der Vertriebsnetze angedacht sei, müsste man diese Unternehmen voneinander trennen.

 

Beigeordneter Blanck betont vorweg, dass die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen eigene Lüneburger Stadtwerke befürwortet. Jedoch würde im vorliegenden Konzept lediglich der Name „Stadtwerke Lüneburg“ an die Stadtwerke Barmstedt verkauft.

Seit Längerem erarbeite die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen ein umfassendes Konzept für Lüneburg, welches unter anderem auch die Gründung von Stadtwerken beinhalte. Dies sei auch der Grund für das Gutachten der Stadtwerke Barmstedt, mit denen man sich bereits zusammengesetzt und weitere Untersuchungen eingefordert hatte.

Wenn man dieses Gutachten nun detailliert beurteilt, müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass dies keine wirklichen Stadtwerke seien, wie auch in Punkt 5 des Konzeptes ausgeführt. Würde man den geforderten Weg der Fraktion Die Linke mitgehen, würde man die einmalige Option aus der Hand geben, zu späterer Zeit eventuell Verteilernetze hinzuzukaufen oder echte Stadtwerke mit eigener Produktion usw. zu gründen.

 

Ratsherr Neubauer verdeutlicht, dass durch die Gründung von Stadtwerken Lüneburg auch die E.ON Avacon getroffen würde, die unter anderem auch mit der Zusammenarbeit der Luna GmbH 100 % Ökostrom produziere. Man müsse den Bürgern auch klar machen, dass die Hansestadt Lüneburg Miteigentümer der E.ON Avacon ist, die bisherige jährliche Gewinnausschüttung dann ebenfalls wegfalle und die damit finanzierten Projekte in finanzielle Schieflage geraten würden. Wolle man diese Gewinnausschüttung kompensieren, müssten die Strompreise der Lüneburger Stadtwerke so erhöht werden, dass mindestens eine Gewinnausschüttung pro Jahr in Höhe von 4 Millionen Euro erreicht würde.

 

Oberbürgermeister Mädge erinnert, dass von der LÜWO-Bau europaweit der Gasbezug ausgeschrieben wurde und auf Platz 1 die E.ON Avacon den Zuschlag erhalten hatte, die Stadtwerke Barmstedt auf Platz 6 lagen. Hierbei müsse man wissen, dass die Stadtwerke Barmstedt ihren Strom zu 42 % aus Atomenergie bezieht, E.ON Avacon zu 32 %. Mit dem hier vorgeschlagenen Modell würde die Risikoabdeckung für den Einkauf in Millionenhöhe auf die Hansestadt Lüneburg verschoben.

Darüber hinaus sei die Verwaltung an EU-Ausschreibungsregeln gebunden, die in dieser Größenordnung Inhouse-Geschäfte verbietet.

Mit den 270.000 Euro Anschubfinanzierung könne man gerade einmal die notwendigen Sach- und Personalkosten leisten. Er verweist auf die Hamburg-Energie, die in der Millionenstadt Hamburg lediglich 15.000 Kunden im Bereich Ökostrom vorweisen könne und eine 100%ige Tochterfirma der Hamburger Wasserwerke ist, um das Risiko nicht über den Hamburger Haushalt abwickeln zu müssen.

Außerdem fordere die Kommunalaufsicht für solche wirtschaftlichen Betätigungen mehrere Gutachten über Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit.

Er schlägt daher vor, auf bessere Rahmenbedingungen für die Gründung eigener Stadtwerke zu warten und zu einem späteren, geeigneteren Zeitpunkt zu einem besseren Preis die Versorgungsnetze zurück zu kaufen. Derzeit sei das wirtschaftliche Risiko für die Hansestadt Lüneburg zu groß.

 

Ratsherr Riechey betont noch einmal, dass der Sinn der Kooperation sei, günstigere Preise im Einkauf zu erzielen. Dieses sei nicht auf die Stadtwerke Barmstedt beschränkt, sondern solle auch auf andere öffentliche Partner ausgeweitet und mit den eigenen Gesellschaften verzahnt werden.

Er erinnert, dass der Rat vor 2 Jahren selbst den Rückkauf des Netzes verhindert habe. Mit dem hier vorgelegten Konzept sollten zunächst einmal die Stadtwerke Lüneburg gegründet werden, die mit dem Handel von Strom und Gas beginnen und dann durch die Erzielung der Überschüsse nach und nach, stufenweise den Aufbau der Produktion von regenerativen Energien bestreiten könnten.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU, der Fraktion Bündnis90/Die Grünen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke ab.