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Auszug - Änderung der Benutzungsordnung der Stadt Lüneburg für Schulräume, Schulturnhallen und Schulsportplätze bei schulfremder Nutzung vom 17.07.1997  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 14
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 26.08.2010    
Zeit: 17:00 - 21:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3739/10 Änderung der Benutzungsordnung der Stadt Lüneburg für Schulräume, Schulturnhallen und Schulsportplätze bei schulfremder Nutzung vom 17.07.1997
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
  Aktenzeichen:52 30 40
Federführend:Bereich 56a - Bildung Bearbeiter/-in: Papke, Axel
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordnete LOTZE betont, dass die Kernbotschaft der hier vorliegenden Benutzungsordnung sei, dass keine Extremisten in Lüneburger Schulen, Schulturnhalle oder Schulsportplätzen zugelassen würden. Dies schließt Rechtsextremisten als auch Linksextremisten ein und alle diejenigen Gruppen, die nicht auf der Grundlage der freiheitlich demokratischen Grundordnung stünden. Die Hansestadt Lüneburg möchte mit dieser Benutzungsordnung Vorsorge treffen, dass nicht die Feinde der Demokratie abends auf den Stühlen der Kinder sitzen. Die Schule ist ein wichtiger Lernort und Lebensabschnitt für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte und mit dieser Benutzungsordnung soll versichert werden, dass hier kein Raum für Extremisten gegeben werde.

 

Nachdem der Verwaltungsausschuss am 20.07.2010 diese Benutzungsordnung bereits einstimmig verabschiedet habe, habe die Diskussion aufgrund der Formulierung nochmals an Dynamik gewonnen. Am heutigen Tage solle nicht die Extremismustheorie diskutiert oder der Unterschied zwischen Extremismus und Radikalismus herausgearbeitet werden. Die Gruppe SPD/CDU im Rat der Hansestadt Lüneburg ziele mit ihrem heutigen Änderungsantrag darauf, in § 4 die Ziffer 14 wie folgt zu ändern: „…. nach allgemein anerkannter Ansicht im extremistischen Feld anzusiedeln sind….“

 

Mit dieser Formulierung würde weder Rechts- noch Linksextremismus gleichgesetzt und es finde keine Relativierung oder Verharmlosung der Gefahr, die durch Rechtsextremismus ausgeht, statt, aber man stelle sich auch nicht blind gegenüber den Gefahren durch Linksextremismus. Sie betont weiterhin, dass die Mitarbeit im Bündnis Demokratie – Netzwerk gegen Rechtsextremismus fortgesetzt werde, allerdings fordere sie dazu auf, aufgrund der Diskussionen der letzten Wochen und der teilweise diffamierenden Äußerungen zu einer sachlichen Debatte zurückzukehren und auf die gemeinsame Aufgabe zu konzentrieren, um das Bündnis, das wichtig für Lüneburg sei, breit aufzustellen.

 

Bürgermeister Dr. SCHARF betont, dass eine ausgewogene Benutzungsordnung vorliege und er sich den Sachargumenten seiner Vorrednerin vollends anschließen könne. Mit der Formulierung „extremistisch“ würden alle Gruppen erfasst, neben den links- und rechtsextremistischen Gruppen auch sonstige Gruppen im extremistischen Feld. Er weist auf die Gefahren hin, die z. B. auch von der Antifaschisten Linken ausgehen, da diese die Abschaffung des bestehenden Gesellschafts- und Wirtschaftslebens zum Ziel gesetzt haben. Mit der vorliegenden Benutzungsordnung wurde eine klare Sprachregelung gefunden und er hoffe daher heute auf eine breite Zustimmung.

 

Ratsfrau MAHLKE-VOß  begrüßt, dass nun auf den Begriff Radikalismus verzichtet werde, da dies eine legitime Kritik am Gesellschaftssystem darstelle, welche durch Artikel 5 des  Grundgesetzes geschützt sei. Sie habe außerdem erfreut zur Kenntnis genommen, dass keine sinnfreie Gleichsetzung mehr von Rechts- und Linksextremismus stattfinde. Allerdings sei der Begriff extremistisch, wie durch den Antrag der Gruppe SPD/CDU gefordert, auch nicht glücklich gewählt. Darüber hinaus sei es schlicht unmöglich an der Kleidung einer Person auf das Gedankengut schließen zu können. Nicht alle Menschen, die der Verfassung gegenüber feindlich gesinnt sind, bringen dies über Kleidung oder Symbolik zum Ausdruck. Im Entnazifizierungsparagraphen ist eine Listung von Kleidungsstücken und Symboliken für Rechtsextreme vorhanden, die für das linksextremistische Feld fehle. Somit müsse man, wenn man dem Antrag der Gruppe SPD/CDU folgen würde und den Begriff extremistisch verwende, diesen detailliert definieren, worüber allein die Fachwelt schon seit Jahren streitet und somit dem Rat der Hansestadt diese fachliche Kompetenz abzusprechen sei.

 

Sie plädiert daher, dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zu folgen, der auf die in Ziffer 14 weiter oben genannten Formulierungen schlichtweg verweise und damit weitergefasst ist als der Antrag der Fraktion DIE LINKE und detaillierter formuliert sei als der Antrag der Gruppe SPD/CDU.

 

Ratsherr RIECHEY erinnert, dass der Textentwurf dieser Benutzungsordnung auf eine Benutzungsordnung des Berliner Senates basiert. Ihm dränge sich jedoch der Verdacht auf, dass durch die vorangegangenen Diskussionen ein Forum für eine überflüssige Extremismusdebatte, die zum heutigen Zeitpunkt nicht zielführend sei, geschaffen werden solle. Er verweist auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, welche die besondere Schwere und Unvergleichbarkeit der nationalsozialistischen Willkürherrschaft festgestellt habe und somit mit keiner anderen Ideologie zu vergleichen oder gleichzusetzen sei. Er bedauert, dass zwischen den Fraktionen im Vorfelde dieser Ratssitzung keine Einigung über eine gemeinsame Sprachregelung zu finden war. Er könne durchaus dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN mittragen, hält den Vorschlag der Gruppe SPD/CDU jedoch als nicht angemessen. Er plädiert dafür, eine gemeinsame Lösung im parteiübergreifenden Konsens zu finden.

 

Ratsherr LUTHS versucht, das Missverständnis auszuräumen, dass vor Benutzung von städtischen Räumen eine Gesinnung zu prüfen sei. Er ermahnt lediglich den Zweck der Benutzungsordnung heute in den Vordergrund zu stellen, die ausschließlich eine Handhabung für die Verwaltung darstellen solle.

 

Beigeordneter DÖRBAUM erläutert, dass am 20.07.2010 eine sehr sachliche Diskussion zu dieser Thematik im Verwaltungsausschuss stattgefunden habe, in der die Fraktion DIE LINKE keinerlei Einwände erhoben hat. In dem heutigen Beschluss gehe es darum, eine weitreichende Nutzungsordnung zu erlassen, die zunächst prophylaktisch der Verwaltung eine Handhabe gebe, notfalls auch jemanden aus schulischen Räumlichkeiten zu verweisen. Er verweist auf den aktuellen Verfassungsschutzbericht und das Bundesverfassungsschutzgesetz, in dem eine detaillierte Definition von Extremismus enthalten sei. Daher plädiert er dafür, sich wie im Änderungsantrag der Gruppe auf den Begriff „Extremismus“ zu einigen.

 

Beigeordnete SCHELLMANN spricht sich dafür aus, dass bei der Verabschiedung diese Benutzungsordnung darauf zu achten sei, dass keine Sonderregelung für bestimmte Gruppen gefunden werden, sondern eine allgemeine und für alle verbindliche Formulierung, die alle möglichen Gefahren für die Demokratie berücksichtige.

 

Beigeordneter BLANCK setzt sich für eine Benutzungsordnung ein, der der Verwaltung schon im Vorfelde die Möglichkeit gibt, bestimmten Nutzern einen Zutritt zu städtischen Räumen zu verbieten. Eine ausführliche Definition dieses Personenkreises sei in Nr. 14 der Benutzungsordnung bereits enthalten und somit würde durch den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN auf die o. g. Formulierung verwiesen. Somit müsste kein zweiter Begriff eingefügt werden, da dies bereits definiert und ausführlich beschrieben sei.

 

Oberbürgermeister MÄDGE ergreift das Wort und zitiert aus Schulordnungen des Landes Berlin nach denen „Erscheinungsformen links- und rechtsradikaler Gesinnung nicht toleriert würden“. An diese Schulordnung sei ein Katalog eindeutiger Symboliken und Kleidungsstücke angefügt und als gerichtsfest bestätigt. Grund für die Änderung der Benutzungsordnung sei u. a. auch eine Sitzung des Sportbeirates vor ½ Jahr. Der MTV Lüneburg habe eine gleichlautende Regelung einstimmig angenommen und sei an die Hansestadt Lüneburg mit der Bitte herangetreten, ähnliche Regelungen für die städtischen Schulsporthallen zu erlassen. Darauf hin hat der Verwaltungsausschuss am 20.07. einstimmig der Verwaltungsvorlage zugestimmt. Die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg mache seit Jahren deutlich, wie sie mit rechts- und linksradikalem Gedankengut umgehe. Umso unverständlicher sei es für Oberbürgermeister MÄDGE, dass in den letzten Wochen übelste persönliche Angriffe per Brief und E-Mail gegen seine Verwaltung und seine Person anonym geäußert wurden. Er lehnt diese Umgangsformen und Diffamierungen grundsätzlich ab und steht weiterhin zur Formulierung, die in der Beschlussvorlage dargestellt sei. Er bietet dem Bündnis für Demokratie - Netzwerk gegen Rechtsextremismus ein Gespräch an.

 

Ratsherr RIECHEY weist auf die Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt hin aus der deutlich der Unterschied zwischen radikal und extremistisch dargelegt wurde. Umso erstaunter zeige er sich, dass die Verwaltung ihren Beschlussvorschlag nun nicht zurückziehe und einen gemeinsamen Konsens suche. Er spricht sich dafür aus, den Beschlussvorschlag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN als diplomatischsten Vorschlag zu folgen.

 

Ratsherr MEIHSIES stärkt Herrn Oberbürgermeister und der Verwaltung der Hansestadt Lüneburg den Rücken und kann die Empörung über anonyme Diffamierungen verstehen und begrüßt das Gesprächsangebot an das Bündnis für Demokratie - Netzwerk gegen Rechtsextremismus.

 

Ratsfrau MAHLKE-VOß legt auf die Feststellung Wert, dass das Bündnis für Demokratie - Netzwerk gegen Rechtsextremismus sich von jeglichen E-Mails und anonymen Diffamierungen distanziert und diese geschlossen ablehne.

 

Bürgermeister KOLLE stellt zunächst die vorliegenden Änderungsanträge zur Abstimmung:

 

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 18.08.2010 wird mehrheitlich bei 3 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen abgelehnt.

Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 23.08.2010 wird mehrheitlich bei 9 Gegenstimmen und keiner Enthaltung abgelehnt.

Der Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU wird mehrheitlich bei 9 Gegenstimmen und 1 Stimmenthaltung angenommen.


Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und bei 5 Enthaltungen aus den Reihen der Fraktion Bündnis90/Die Grünen die als Anlage zur Vorlage VO/3739/10 beigefügte überarbeitete Benutzungsordnung (mit den Änderungen aus dem Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU vom 26.08.2010) zu erlassen.

 

(56a)