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Auszug - Resolution "Kommunales Wahlrecht für Alle" (Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 07.08.2009)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 6.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 01.10.2009    
Zeit: 17:00 - 19:40 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3359/09 Resolution "Kommunales Wahlrecht für Alle" (Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 07.08.2009)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsfrau MAHLKE-VOß weist darauf hin, dass Deutschland mit 6,75 Mio. Ausländern Einwanderungsland bleibe und eine Wahl ein wesentliches Instrument sei, um Interessen geltend zu machen. Bei Bundestags- sowie Wahlen auf Landesebene ist eine deutsche Staatsbürgerschaft Voraussetzung. Bei Kommunalwahlen dürfen zusätzlich ca. 2,3 Mio. EU-Staatler mitwählen. Die so genannten Angehörigen von Drittstaaten, immerhin 4,5 Mio., ca. 5 % der Bevölkerung, sind jedoch vom demokratischen Recht einer Wahl und somit der gleichberechtigten Teilnahme einer politischen Willensbildung ausgeschlossen. Außerdem sehe sie Legitimationsprobleme der Regierung, wenn große Teile der Bevölkerung nicht wahlberechtigt seien. Zum 31.08.2009 lebten in Lüneburg 3.700 Ausländer, davon 2.700 ohne deutschen Pass. Auch im Hinblick auf den Integrationsbeirat reichen die derzeitigen Beteiligungsmöglichkeiten dieser Gruppe bei Weitem nicht aus.

 

Sie verweist auf eine Vielzahl von Kommunen, die eine solche Resolution für ein „kommunales Wahlrecht für Alle“ bereits beschlossen haben. Gerade auf kommunaler Ebene sei der Selbstverwaltungsgedanke von erheblichem Wert und ein Wahlrecht für Ausländer würde u. a. auch die Integration dieser verbessern. Der Abschluss einer solchen Resolution durch den Rat der Hansestadt Lüneburg wäre ein deutliches Signal an die ausländischen Mitbürger dieser Stadt.

 

Erster Stadtrat KOCH legt Wert darauf, dass die Verwaltung in ihrer Stellungnahme keine einseitige Position bezogen, sondern unter sorgfältiger Abwägung von Pro und Kontra die Gesamtthematik lediglich beleuchtet habe. Außerdem seien unter den angesprochenen rd. 3.000 Ausländern 1.000 so genannte EU-Ausländer, die bei Kommunalwahlen wahlberechtigt seien.

 

Ratsherr RIECHEY tut kund, dass er den Ansatz der Resolution unterstütze, die sich aus der Initiative „Demokratie braucht ihre Stimme – Wahlrecht für Alle“ ergeben habe. Außerdem sehe er keine weitere Rechtfertigung für die Unterscheidung zwischen EU- und Nicht-EU-Ausländern. Die Einführung eines Wahlrechts für Alle sei der erste Schritt einer Gleichstellung aller dauerhaft hier lebenden Menschen und ein wesentliches Element gesellschaftlicher Integration, welches in mehr als der Hälfte der OECD-Länder Standard sei. Außerdem weist er auf eine Bundestagsinitiative der Fraktion DIE LINKE hin, die jedoch von der ehemaligen großen Koalition abgelehnt wurde, obwohl bereits das Bundesverfassungsgericht den Begriff „Volk“ erweitert auslege. Er erinnert an ein Alternativkonzept zur Schaffung eines Integrationsbeirats. Dort ging es um die Stärkung des Elements einer Wahl, welches dann mehrheitlich abgelehnt wurde. Die Fraktion DIE LINKE trete dafür ein, ein Wahlrecht für Alle auch auf Landesebene einzuführen und perspektivisch ebenfalls auf alle anderen Wahlen auszudehnen.

 

Ratsherr LUTHS betont, dass es sich bei dieser Thematik um kein originäres Thema in der Zuständigkeit des Stadtrates handele. Außerdem sei nach Artikel 20 des Grundgesetzes „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ aus gutem Grund auf die deutschen Staatsbürger beschränkt. Das Ziel einer gelungenen Integration sollte aber die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft sein und dann damit das Wahlrecht. Er spricht sich dafür aus, diese Thematik detailliert im Integrationsbeirat zu beraten, jedoch stets mit dem Wissen, dass dieses Thema beim Bundesgesetzgeber angesiedelt sei.

 

Beigeordneter SRUGIS erläutert anhand von 2 Restaurantbetreibern in Lüneburg die Ungleichbehandlung, die sich im Wahlrecht niederschlage. So könne ein Restaurantbetreiber aus Vietnam an keiner Kommunalwahl teilnehmen, sein Kollege aus Italien jedoch schon. Wer seinen Lebensmittelpunkt in einer deutschen Gemeinde habe, müsse das aktive sowie das passive Wahlrecht bekommen. Alle Parteien sehen die Integration als eine der wichtigsten sozialen und gesellschaftlichen Aufgabe an. Zu dieser Integration zählt insbesondere Teilnahme, ganz besonders auch die Teilnahme an Wahlen. Gerade auf kommunaler Ebene gehe es vorwiegend um Sachthemen wie z. B. KiTas, Schulen, Straßen und Plätze, was alle Einwohner unabhängig von der Staatsangehörigkeit betreffe. Er verweist auf ähnliche Regelungen in anderen Ländern Europas, wo nicht EU-Ausländern die Teilnahme an Wahlen eingeräumt werde und diese nicht vor elementaren Dingen der Gemeinde ausgeschlossen werden. Er schlägt vor, zunächst den parlamentarischen Arbeitsbeginn des Bundestages abzuwarten, bevor eine Resolution der Hansestadt Lüneburg nach Berlin gegeben werde. Außerdem spricht er sich für eine Verweisung in den Integrationsbeirat, in dem breiter und intensiver diskutiert werden könne, aus. Zu dieser Thematik solle außerdem die Landesintegrationsbeauftragte eingeladen werden.

 

Ratsherr SOLDAN erinnert, dass das Vorhaben eines kommunalen Wahlrechts für Nicht-EU-Ausländer bereits 1998 im rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbart war, jedoch nicht umgesetzt wurde. Mit großer Mehrheit habe dann im Mai dieses Jahres der Bundestag eine solche Initiative abgelehnt. Es stellen sich zu dieser Thematik folgende Fragen: „Ist das Wahlrecht mit dem Grundgesetz vereinbar? Soll das Wahlrecht Voraussetzung oder Ergebnis einer bürgerlichen Integration sein? Soll es ohne Einschränkung oder Bedingungen wirken?“

 

Er zitiert aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1990, in der dieses das Volk als Staatsvolk definiere und Artikel 20 des Grundgesetzes durch Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz nicht veränderbar sei. Somit sei die Änderung dieser Vorschriften mit einem sehr hohen verfassungsrechtlichen Risiko behaftet. Außerdem geschehe durch die vorherrschenden Regelungen zum Wahlrecht keine Diskriminierung von EU-Ausländern, da es für diese Ungleichbehandlung einen verfassungsmäßig legitimierten Grund gäbe.

 

Weiterhin führt er aus, dass es durch so genannte Gegenseitigkeitserklärungen der EU-Staaten eine Art Sonderstellung für EU-Bürger gebe, so dass diese im jeweiligen EU-Land wählen könnten. Diese Vereinbarungen bestehen mit Nicht-EU-Staaten nicht. Außerdem müsse das Wahlrecht als Folge einer erfolgreichen Integration stehen und nicht schon bereits am Beginn einer Integration. Außerdem haben Zahlen aus den Nachbarländern gezeigt, dass ein Wahlrecht von Nicht-EU-Staatlern nicht zwingend zu einer höheren Wahlbeteiligung führe. Schon allein aus verfassungsrechtlichen Gründen könne einer solchen Resolution nicht zugestimmt werden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg verweist diesen Antrag mehrheitlich bei 1 Enthaltung des Ratsherrn Soldan in den Integrationsbeirat für Hansestadt und Landkreis Lüneburg.

 

(V, 05, 01)