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Auszug - Entwurf einer Benutzungsordnung für den nördlich des Pfarrer-Kneipp-Weges gelegenen Teil des Kurparks der Hansestadt Lüneburg (BenutzOKurpark)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 6
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 30.04.2009    
Zeit: 17:00 - 20:15 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3222/09 Entwurf einer Benutzungsordnung für den nördlich des Pfarrer-Kneipp-Weges gelegenen Teil des Kurparks der Hansestadt Lüneburg (BenutzOKurpark)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Herr Bussler
Federführend:Fachbereich 3b - Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Umwelt und Mobilität Bearbeiter/-in: Ryll, Gudrun
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsfrau KIEßLICH erinnert daran, dass Vandalismus und Körperverletzungen im Kurpark wiederholt in verschiedenen Ausschüssen thematisiert wurden. Zuletzt habe eine Anfrage der Gruppe SPD/CDU dazu geführt, dass die Verwaltung untersuchen sollte, wie die problematischen Fälle gelagert sind. Den Verstößen sollte mit einem zwischen Stadt und Polizei gemeinsam zu erarbeitenden Kooperationsmodell begegnet werden. Angedacht war ein Ordnungsdienst, der zu unregelmäßigen Zeiten Stichproben macht und Streife geht, um für die Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Diese Aufgaben könne der Ordnungsdienst im Rahmen so genannter ‚Jedermannrechte’, die auch jedem Bürger zustünden, wahrnehmen und einschreiten. Der Oberbürgermeister habe die Begleitung durch eine mobile, bzw. aufsuchende Jugend- und Sozialarbeit angeregt. Ihre Fraktion stelle die Frage, was aus diesen Plänen geworden ist.

Es stehe außer Frage, dass das Eigentum des Pächters im Kurpark geschützt werden müsse. Man könne ein Vandalismusproblem jedoch nicht durch den Erlass einer Benutzungsordnung bekämpfen, die noch nicht einmal besonders von der ohnehin vorhandenen Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung abweiche. Gerade im Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung sollten vor allem die sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Belange besonders im Vordergrund stehen. Ohne die Begleitung durch eine aufsuchende Sozialarbeit würden die Probleme nur verlagert und in andere Bereiche hineingeschleppt, wie es an vielen Stellen bereits beobachtet werden konnte. Eine vermeintliche schnelle Lösung durch den Erlass einer Benutzungsordnung und das Verschließen des Kurparks seien der falsche Ansatz für eine nachhaltige Stadtentwicklung und einen Kurpark für alle Generationen. Sie beantrage eine gesonderte Abstimmung darüber, dass die halbe Stelle für eine begleitende Jugend- und Sozialarbeit dem Kurpark zugeordnet wird.

 

Oberbürgermeister MÄDGE führt aus, dass in den Haushaltsberatungen auf Antrag der Gruppe zugesichert worden sei, sich darum zu bemühen, die Finanzierung einer halben Stelle für diese Aufgaben aus dem Budget des Fachbereiches Jugend und Soziales zu erwirtschaften. Zusagen könne er das zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht.

 

Beigeordnete SCHELLMANN stellt fest, dass es ihr keinen Spaß mache, eine solche Benutzungsordnung zu erlassen. Es sei äußerst unangenehm, Regelungen für Dinge zu erlassen, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Ihre Fraktion wolle, dass der Kurpark von allen Menschen gemeinsam derart genutzt werden kann, dass alle Interessenten nebeneinander und ohne gegenseitige Beeinträchtigung nach ihren Wünschen tätig werden können. Dies müsste eigentlich ohne eine Benutzungsordnung möglich sein. Nun gebe es aber Probleme, die nicht speziell in Lüneburg vorkommen, sondern mit denen auch andere Städte konfrontiert seien, indem Nutzungen nicht mehr unter Kontrolle seien. Gegen Vandalismusfälle, Exzesstrinken und nächtliche Ruhestörungen müsse man eine Handhabe schaffen und das gehe nur durch eine bußgeldbewehrte Parkordnung. Die vorliegende Benutzungsordnung gehe ihr allerdings etwas zu weit, sie sei aber der Meinung, dass man diese Ordnung einmal testen müsse. Die Benutzungsordnung verbiete nicht den normalen alltäglichen Gebrauch des Kurparks, ebenso werde nicht jeder sofort des Platzes verwiesen, der minimale Verstöße begehe. Exzesse aber müsse man unterbinden können.

 

Ratsherr RIECHEY hält die Benutzungsordnung für einen repressiven Griff in die ordnungspolitische Mottenkiste. Mit Benutzung habe dies nicht mehr viel zu tun, es lese sich eher als eine sehr lange und umfassende Verbotsliste. Es sollen einfach fast alle denkbaren Dinge im Kurpark verboten werden. Warum solle man im Kurpark beispielsweise nicht mehr klettern oder in einer lauen Sommernacht dort übernachten dürfen ? Unverständlicherweise solle mal wieder das Fahrradfahren im Kurpark verboten werden. Den Kompromissvorschlag seiner Fraktion, den Fahrradverkehr auf einer zentralen Trassenführung durch den Park zu bündeln und damit alle anderen Wege fahrradfrei zu halten, habe die Mehrheit abgelehnt. Glücklicherweise sollen Kleinfahrräder bis 20 Zoll Radgröße von dem Verbot ausgenommen werden, er sei sicher, dass diese nun zukünftig in Lüneburg wohl einen reißenden Absatz finden werden.

Es solle verboten werden, gefährliche Stoffe in den Kurpark mitzubringen, was künftig ein Rauchverbot im Kurpark bedeute, denn wer wolle abstreiten, dass es sich bei Nikotin mit 140.000 Rauchertoten pro Jahr in Deutschland, bzw. weltweit jährlich 5,4 Millionen Toten nicht um einen gefährlichen Stoff handelt. Ebenso solle im Kurpark kein Alkohol mehr getrunken werden dürfen. Warum aber solle ein Gläschen Wein zum Picknick im Grünen verboten werden? Es solle verboten werden, dort Waren und Leistungen aller Art anzubieten. Sportkurse im Freien würden dem als Leistungsangebot also auch zum Opfer fallen. Es sollen dort keinerlei Flyer, Zeitschriften oder andere Informationen mehr verteilt werden dürfen. Diese Grundrechtseinschränkung der Informationsfreiheit oder politischen Willensbildung sei nach Meinung seiner Fraktion nicht zu rechtfertigen. Das mit bis zu 5.000 Euro angesetzte Bußgeld für Verstöße gegen die Benutzungsordnung sei zudem völlig zu hoch gegriffen. Die Verbotsliste sei abenteuerlich, realitätsfremd, unausgereift, unbegründet und nicht ausreichend durchdacht.

Der Kurpark sei ein öffentlich zugänglicher Platz und sollte allen Lüneburgerinnen und Lüneburgern offen stehen, daher sollte er auch den vielfältigen Nutzungsinteressen Rechnung tragen. Es sei Realität, dass jeder siebte Einwohner der Stadt Student ist und Studenten den Kurpark zur Naherholung nutzen und dafür einen anderen Anspruch als beispielsweise Senioren haben. Dazu komme, dass der Kurpark auf halber Strecke zwischen dem Vamos Kultur- und Veranstaltungszentrum und der Innenstadt liege. Natürlich werde da am Wochenende so mancher den Weg durchs Grüne dem Weg entlang einer vielbefahrenen Hauptstraße vorziehen. Die Verwaltung reagiere darauf mit Öffnungszeiten. Als Begründung würden immer wieder nächtliche Ruhestörungen im Kurpark ins Feld geführt. Er wohne selbst seit knapp einem Jahr direkt am Kurpark und wurde noch nicht einmal nachts durch Kurparklärm – trotz offenem Fenster und leichtem Schlaf – aus dem Schlaf gerissen.

Ihm scheine es so, als sollte eher das Leben im Kurpark eingeschläfert werden. Was sei aus der Idee eines Mehrgenerationenparks geworden ? Hier solle kein Mehrgenerationen-, sondern ein Seniorenpark geschaffen werden. Man merke, dass eine Mehrheit der Meinungsführer im Rat eher von Bundeswehr und Polizeiapparat als von sozialen Berufen geprägt seien. In urbanen Räumen brauche der Mensch öffentliche Rückzugsmöglichkeiten.

Der Alternativvorschlag der Jugger erscheine ihm sehr vernünftig: Ein mobiler Sozialarbeiter solle im Kurpark helfen, die Probleme "bei der Wurzel zu bekämpfen", statt Polizei und Ordnungsdienst loszuschicken. Man müsse darüber nachdenken, mehr Geld in die Jugendförderung, in Sportvereine, Kultur- und Sozialarbeit zu investieren, statt Jugendzentren zu schließen. Das habe Konsequenzen, die Probleme im Kurpark zur Folge haben.

Dieser Durchgriff werde zu einem Verdrängungseffekt führen, Probleme werden sich von einem Park in den nächsten verlagern. Wolle man jetzt auch eine verschärfte Benutzungsordnung für den Liebesgrund ? Und wenn das nicht reiche, für den Clamartpark, den Kreidebergsee, und danach für alle anderen öffentlichen Räume ? Am Ende dieser Logik stünde ein flächendeckendes nächtliches Ausgeh- und Alkoholverbot in Lüneburg, das doch niemand ernsthaft wolle.

 

Beigeordneter MEIßNER blickt auf die Entwicklung des Kurparks zurück. Entgegen dem früheren strengen Verbot, den Rasen auch nur zu betreten, sei es inzwischen erlaubt, dort Ball zu spielen, sich zu sonnen oder Picknick zu machen. Das sei eine gute Entwicklung gewesen. Inzwischen reiche jedoch einigen Leuten diese Nutzung nicht mehr, es würden ganze Bierkästen mitgenommen und auch harte Getränke seien dort mittlerweile üblich geworden. Der übermäßige Alkoholgenuss bringe die aufgetretenen Probleme mit sich. Es seien nur wenige Personen, die sich so verhalten, doch diese veranlassten die Stadt dazu, die Benutzungsordnung zu erlassen. Es sei den Bürgerinnen und Bürgern im Nahbereich nicht zuzumuten, nach 23 Uhr den entstehenden Lärm zu ertragen. Jeder verlange zu Recht diese Rücksichtnahme von seinen Nachbarn, den Anwohnern wolle Herr Riechey das jedoch zumuten. Das sei aber nicht das alleinige Problem. Durch wildes Grillen nehme der Rasen Schaden, vielfach bleibe Abfall liegen – das sei die leider immer wieder vorkommende Realität. Das könne nicht auf Dauer hingenommen werden. So einschneidend die Maßnahme auch sei, das generelle Verbot, Alkohol in den Kurpark mitzubringen, sei notwendig. Anders gehe es nicht, da nicht jeder die erforderliche Vernunft aufbringe.

Fahrradfahren sei seit jeher ein Problem, weil sich dadurch ältere Menschen bedroht fühlen und Familien mit kleinen Kindern Angst vor Unfällen haben. Das seien gute Gründe, das Radfahren dort zu untersagen. Ausgenommen werden sollen künftig Räder mit einer Reifengröße bis zu 20 Zoll, was Herrn Riechey veranlasst habe, sich sogleich ein solches Rad zulegen zu wollen. Dies zeige die Einstellung von Herrn Riechey, der einfach nicht bereit sei, zu akzeptieren, dass Menschen Angst haben und aufgrund dieser Angst das Radfahren im Kurpark ablehnen.

Die Polizei habe im Ausschuss erläutert, dass für ein gezieltes Vorgehen eine rechtliche Handhabe benötigt werde. Wer behaupte, dass eine Benutzungsordnung in die ordnungspolitische Mottenkiste gehöre und übertriebene Regelungswut unterstelle, der lebe auf dem Mond. Die Verwaltung habe ausdrücklich dargelegt, dass ein Vergleich mit ähnlichen Satzungen anderer Städte zeige, dass Lüneburg mit seinen Restriktionen an der unteren Grenze liege, indem die normalen, eingangs aufgezeigten Nutzungsmöglichkeiten im Kurpark erlaubt seien und bleiben.

 

Beigeordneter LÖB entgegnet, dass der Kurpark kein Museum sei. Man könne mit einem Park, der de facto kein Kurpark mehr sei und von der Gesamtbevölkerung – jung wie alt – genutzt werde, nicht umgehen, indem man eine Gruppe heraussuche und ihr vorschreibe, dass sie sich so zu benehmen habe, wie man selbst es wünsche. Man setze Vorstellungen, wie man meine, wie sich Jugendliche verhalten sollen, einfach um in eine Benutzungsordnung und man werde erleben, dass dies zu demselben Ergebnis wie am Kalkbruchsee führe: Es werde eine Verdrängung der Jugendlichen geben und man werde an anderen Stellen in der Stadt dann wieder dieses Problem bekommen. Das Problem werde dadurch nicht gelöst, daher sei die Ansage seiner Fraktion immer gewesen, das Problem durch eine Jugend- und Sozialarbeit anzugehen. Entgegen der Aussage von Frau Schellmann wolle man nicht zuerst einen Versuch mit einer Benutzungsordnung machen, sondern erst mit der Sozialarbeit. Erst wenn dies nicht gelinge, sollte man über eine Verordnung zumindest nachdenken.

 

Ratsherr SOLDAN zeigt auf, dass die Probleme im Kurpark von einer Handvoll Chaoten oder Vandalen – wie auch immer man sie nennen wolle – verursacht werden. Was unternehme man dagegen ? Man sehe sich veranlasst, eine Satzung zu erlassen, die streng genommen siebzigtausend Lüneburger kneble. Es gebe stets gute Gründe, Freiheit einzuschränken, das wurde von den Mächtigen immer als gute Sache hingestellt. Darunter zu leiden habe letztendlich immer der Bürger. Jeder schreibe sich Freiheit auf die Fahne, doch Freiheit bedeute auch Verantwortung und Rücksichtnahme. Das scheine eine Handvoll Leute in Lüneburg nicht so zu sehen. Warum müsse in der Benutzungsordnung einzeln aufgeführt werden, was alles verboten ist ? Warum übernehme man nicht einfach, was im § 5 aufgeführt sei, nämlich das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Warum verweise man nicht einfach auf die SOV und schaffe die Möglichkeit, das Hausrecht im Park zu delegieren ? Das würde reichen.

 

Ratsfrau EBELING stellt dar, dass die Benutzungsordnung keineswegs den Zweck habe, alle jungen Leute aus dem Kurpark zu vertreiben. Leider gebe es einige wenige, die sich nicht an die Ordnung hielten, indem Unrat hinterlassen und Flaschen in den neuen Brunnen geworfen werden, deren Scherben dort spielende Kinder verletzen können. Schon früher habe man zunächst auf die Einsicht gesetzt und die Dinge laufen lassen. Man müsse jedoch auch an die anderen Nutzer denken, etwa ältere Leute oder Mütter mit Kindern, die beeinträchtigt werden. Daher sei die Benutzungsordnung eine gute Sache, damit Ordnungsamt und Polizei eingreifen können. 

 

Fachbereichsleiter MOßMANN erläutert, dass die Benutzungsordnung im Zuge einer Ratsanfrage der Gruppe SPD/CDU vor dem Hintergrund der bereits erwähnten Ordnungswidrigkeiten im Kurpark ausgearbeitet wurde. Zu diesen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten gehören Lärmbelästigungen, Verunreinigungen, Vandalismus, Körperverletzungen und die Gefährdung anderer Kurparknutzer, insbesondere Kinder, oftmals unter Alkoholeinfluss. Daher schlage die Verwaltung vor, dass in den Kurpark künftig kein Alkohol mehr mitgebracht werden dürfe und Benutzungszeiten festgelegt werden, da viele Straftaten im Schutze der Dunkelheit passierten. Die Verwaltung sei sich bewusst, dass sich die Regelungen gegen eine Minderheit richteten, die jedoch für sich Aktivitäten beanspruche, die ein geregeltes und friedliches Miteinander ausschließen. Die vorgeschlagene Benutzungsordnung verfolge einen präventiven und einen repressiven Ansatz. Der präventive Ansatz stütze die erwünschten und allgemein gebilligten Tätigkeiten, die im Einklang aller Nutzer stattfinden, der repressive Ansatz, also ein Bußgeld erheben zu können, greife erst, wenn gegen diese allgemeinen Grundsätze verstoßen werde.

 

Der Antrag von Ratsfrau Kießlich wird mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU  gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der FDP-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE:

 

Die der Vorlage beigefügte Benutzungsordnung für den nördlich des Pfarrer-Kneipp-Weges gelegenen Teil des Kurparks der Hansestadt Lüneburg (BenutzOKurpark) einschließlich der Änderungen aus dem Grünflächen- und Forstausschuss sowie aus dem Verwaltungsausschuss wird erlassen.

 

(32, 06)