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Vorlage - VO/6676/16  

 
 
Betreff: Ausbau der Bahnlinie Lüneburg-Uelzen im Rahmen der Umsetzung des so genannten Alpha-E
Antrag der Hansestadt Lüneburg auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Dr. Karl-Heinz Rehbein
Federführend:03 - Steuerung und Service Bearbeiter/-in: Moßmann, Markus
Beratungsfolge:
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Hansestadt Lüneburg Entscheidung
02.06.2016 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg zurückgestellt   
23.06.2016 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg ungeändert beschlossen   
Rat der Hansestadt Lüneburg Entscheidung

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

 

Aufgrund der aktuellen Diskussion um die Umsetzung der so genannten Alpha E-Variante zur Schaffung zusätzlicher Güterverkehrskapazitäten und der damit einhergehenden unterschiedlichen Aussagen verschiedener Akteure aus dem Umfeld der DB und des Bundesverkehrsministeriums hält die Verwaltung es aus den nachfolgend näher bezeichneten Gründen für geboten, bei der zuständigen Landesplanungsbehörde einen Antrag auf Durchführung eines Raumordnngsverfahrens zu stellen.

 

a)      Dialogforum Schiene Nord

Mit VO/6418/15 hat die Verwaltung ausführlich über die Ergebnisse des Dialogforums Schiene Nord berichtet und einen Vorschlag für das weitere Vorgehen unterbreitet.

 

Der Verwaltungsausschuss hatte daraufhin in seiner Sitzung am 03.11.2015 mehrheitlich beschlossen:

 

Die Hansestadt Lüneburg trägt die nutzenoptimierte Alpha-Variante in Form des Alpha E einschließlich des dreigleisigen Ausbaus der Bestandsstrecke von Lüneburg bis Uelzen grundsätzlich mit.

 

Sie fordert auf der Grundlage der vom Dialogforum Schiene Nord entwickelten Bedingungen Lärmschutz gemäß Vorsorgekriterien, also in der Qualität des Lärmschutzes für das 3. Gleis von Stelle bis Lüneburg (Nord), ab der Goseburgbrücke für das gesamte Stadtgebiet mit Nachdruck ein.

 

Sie lehnt die mit der alleinigen Realisierung des Alpha E einhergehende Zunahme von Güterzügen für das Stadtgebiet Lüneburgs ab und fordert eine dauerhafte Begrenzung der für das 3. Gleis zwischen Stelle und Lüneburg prognostizierten Zugzahlen durch eine auch von der Freien und Hansestadt Hamburg favorisierte Neubaustrecke entlang der A 7.

Vor dem Hintergrund sehr langer Planungsvorläufe und Bauzeiten fordert sie die umgehende Aufnahme der Planungen für eine Neubaustrecke entlang der A 7.

 

Sie fordert, dass Lüneburg im Falle der Realisierung der Trasse entlang der A 7 nicht vom schnellen Personenfernverkehr abgekoppelt werden darf.

 

Die Hansestadt Lüneburg ist bereit, das Abschlussdokument des Dialogforums nach Einarbeitung der im Beschlussvorschlag genannten Punkte zu unterzeichnen.

 

Die Verwaltung hat diesen Beschluss in der abschließenden Sitzung des Dialogforums Schiene Nord am 05.11.2015 vorgetragen. Es bestand im Dialogforum jedoch keine Bereitschaft, das Abschlussdokument noch entsprechend zu ändern. Vor diesem Hintergrund hat die Hansestadt Lüneburg das Abschlussdokument des Dialogforums Schiene Nord nicht unterzeichnet. Das Land Niedersachsen hat die Alpha-E-Variante gleichwohl zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat nachfolgend eine so genannte erweitere Alpha-E-Variante in den vordringlichen Bedarf des Referentenentwurfs zum Bundesverkehrswegeplans aufgenommen (s. u.).

 

b)     Baumaßnahme Westbahnhof Lüneburg

Im Vorfeld der abschließenden Sitzung des Dialogforums Schiene Nord wurden seitens der Vertreter der Deutschen Bahn Überlegungen für eine kostenmäßige Optimierung der Alpha-Variante geäußert, die darin bestanden, auf eine durchgehende Dreigleisigkeit der Strecke LüneburgUelzen zu verzichten bzw. diese faktisch durch eine kostengünstigere Alternative sicherzustellen. Diese sollte aus einem Überholgleis bei Bienenbüttel und einem neuen Gleis für den Güterverkehr im Stadtgebiet von Lüneburg im Westen der vorhandenen Bahnanlagen bestehen. Zusätzlich sollte ein Teil des Güterzugaufkommens durch so genannte Umroutungen auf die Strecke HamburgWittenberge verlagert werden. Eine Nachfrage ergab, dass seitens der Deutschen Bahn bereits konkrete Planungen für das Stadtgebiet von Lüneburg bestehen, ohne dass diese Planung verbesserten Lärmschutz vorsehen würde.

 

Die Verwaltung sah sich daraufhin veranlasst, eine Bestandsaufnahme aller Baumaßnahmen der Deutschen Bahn im Stadtgebiet von Lüneburg vorzunehmen. Im Ergebnis deutet die Summe dieser Maßnahmen darauf hin, dass die Deutsche Bahn als strategische Zielsetzung die Schaffung eines durchgehenden Gleises für den Güterverkehr in Verlängerung des 3. Gleises StelleLüneburg bereits verfolgt. Eine dieser Maßnahmen ist der Umbau der Bahnsteiganlagen im Bereich des Lüneburger Westbahnhofs mit dem Ziel, durch bauliche Maßnahmen am Bahnsteig des Westbahnhofes und betriebliche Maßnahmen ganztägig ein zusätzliches Gleis für den Güterverkehr bereitstellen zu können. Dies soll dadurch geschehen, dass künftig der Metronom regional und der Erixx auf demselben, unmittelbar an den Hausbahnsteig des Westbahnhofes grenzenden Gleis einsetzen. Die an sich wünschenswerte Verlagerung des Metronom regional an den Hausbahnsteig vermeidet künftig Querungsbedarf des Gleises und wird Vorteile in Bezug auf den barrierefreien Ein- und Ausstieg schaffen, führt aber auch zu dem Freiwerden des westlich gelegenen und jetzt noch vom Metronom regional genutzten Gleises.

 

Aus den bisher in diesem Zusammenhang der Hansestadt vorgelegten Planunterlagen ist nicht erkennbar, dass das Thema der Lärmemissionen infolge der zu erwartenden höheren Güterzugzahlen abgewogen worden wäre. Vor diesem Hintergrund hat die Hansestadt Lüneburg das Eisenbahnbundesamt gebeten, den Vorhabenträger aufzufordern, entsprechende Unterlagen nachzuliefern und zunächst eine Fristverlängerung für die Abgabe einer Stellungnahme bis zum 15.6.2016 erwirkt. Ziel muss es sein, dass die Hansestadt einen Vorgriff auf das mit Alpha-E geplante dritte Gleis Lüneburg – Uelzen durch die von der DB geplanten baulichen und betrieblichen Maßnahmen verhindert, ohne dass die Bereitstellung von effektivem Lärmschutz erfolgt.

 

c)      Stellungnahme zum Referentenentwurf der Bundesverkehrswegeplanung

Dem vom BMVI vorgelegten Referentenentwurf zur Bundesverkehrswegeplanung ist u. a. zu entnehmen, dass eine so genannte erweiterte Alpha-E-Variante mit einem Kostenvolumen von 3,0 Mrd. € in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden soll, die Bewertung dieser Maßnahme jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Die Verwaltung hat im Rahmen des Beteiligungsverfahrens fristgerecht eine Stellungnahme im Sinne der aktuellen Beschlusslage des Verwaltungsausschusses (VO/6418/15) abgegeben.

 

d)     Beantragung eines Raumordnungsverfahrens für die Prüfung von Alternativen für den Bau eines 3. und 4. Gleises im Raum Lüneburg

Wie bereits ausgeführt, hat das Land Niedersachsen die mehrheitlich vom Dialogforum Schiene Nord beschlossene Alpha-E-Variante zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Neben vielen schnell umsetzbaren konfliktarmen Modulen soll zwischen Lüneburg und Uelzen als Teilbaumaßnahme ein drittes Gleis geplant werden. Angesichts der prognostizierten Güterverkehrsströme zeichnet sich jedoch bereits heute ab, dass dieses dritte Gleis für die Bewältigung der insbesondere in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten Güterströme nicht ausreichend bedarfsgerecht sein wird. Vertreter der Deutschen Bahn haben hier auf einer Bürgerversammlung in Deutsch Evern am 25.11.2015 bereits einen 4-gleisigen Ausbau der Bestandsstrecke in den Raum gestellt. Spätestens dieses würde in und um Lüneburg zu inakzeptablen Problemen führen.

 

Der Wunsch, nach dem Scheitern der Y-Trasse nun schnell in der Frage der Hinterlandanbindung der Deutschen Seehäfen voranzukommen, ist verständlich. Er darf aber nicht dazu führen, anerkannte Verfahrensweisen zu Lasten der Menschen und der Natur in und um Lüneburg über Bord zu werfen. Die Frage einer verträglichen Trassenführung lässt sich nur durch ein Raumordnungsverfahren klären.

 

Zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens hat die Hansestadt ein Kurzgutachten erstellen lassen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens unter Berücksichtigung des Standes der örtlich relevanten Raumplanung und der möglichen Auswirkungen des Vorhabens „Alpha-E“  insbesondere auf Natur und Landschaft als erfüllt anzusehen sind.

 

Die Erweiterung der Bahnstrecke Lüneburg – Uelzen um ein weiteres, 3. Gleis stellt eine wesentliche Trassenänderung im Sinne der Raumordnungsverordnung (ROV) dar und ist im Sinne der weiteren Voraussetzungen als ein im Einzelfall raumbedeutsames Vorhaben mit überörtlicher Bedeutung einzustufen, so dass ein Regelfall des § 1 ROV vorliegt, bei dem ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist.

 

Hervorzuheben ist allerdings, dass nach den bundesgesetzlichen Regelungen des Raumordnungsgesetzes (ROG) und der ROV sowie den ergänzenden landesrechtlichen Regelungen des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) kein Anspruch auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens besteht, sondern über dessen Erforderlichkeit die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Ferner ist die landesplanerische Feststellung als Ergebnis eines möglichen Raumordnungsverfahrens lediglich als sonstiges Erfordernis im Rahmen des nachfolgenden Planfeststellungsverfahrens zu berücksichtigen, hat aber gegenüber dem Vorhabenträger (hier: DB) keine unmittelbaren Rechtswirkungen.

 

Gleichwohl muss die Position vertreten werden, dass ein gesetzlich grundsätzlich vorgesehenes Verfahren nicht durch ein Verfahren wie das Dialogforum Schiene Nord ersetzt werden kann.

 

Für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sind grundsätzlich die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Landesplanungsbehörden zuständig. Das NROG sieht allerdings vor, dass die oberen Landesplanungsbehörden (= Ämter für regionale Landesentwicklung) bei Vorhaben von übergeordneter Bedeutung das Raumordnungsverfahren selbst durchführen können und bei Vorhaben, die den Zuständigkeitsbereich mehrerer oberer Landesplanungsbehörden betreffen, die Zuständigkeitsentscheidung durch das Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) als oberste Landesplanungsbehörde getroffen wird. Da das Maßnahmenbündel Alpha-E jedenfalls die Zuständigkeitsbereiche der Ämter für regionale Landesentwicklung Lüneburg und Leine-Weser betrifft, muss nach hiesiger Bewertung eine Bestimmung der für das Raumordnungsverfahren zuständigen Behörde durch das ML erfolgen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a)für die Erarbeitung der Vorlage: 150,00 €

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b)für die Umsetzung der Maßnahmen:

c)  an Folgekosten:

d)Haushaltsrechtlich gesichert:

Ja

Nein

Teilhaushalt / Kostenstelle:

Produkt / Kostenträger:

Haushaltsjahr:

 

e)  mögliche Einnahmen

 

 

 

 

 

 

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Beschlussvorschlag:

Das Land Niedersachsen, Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, wird aufgefordert, ein Raumordnungsverfahren einzuleiten, in dem entsprechend der aktuellen Beschlusslage des Verwaltungsausschusses vom 03.11.2015 fachlich fundiert im norddeutschen Raum Alternativen zum Ausbau eines dritten Gleises im Raum Lüneburg geprüft werden.