Bürgerinformationssystem
![]() |
![]() |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sachverhalt:
1. Hintergrund:
Der Unternehmer Andreas Gensch, Betreiber des Unternehmens „Erlebniskutschfahrten“, der seit dem Jahr 2000 in Lüneburg Stadtrundfahrten per Pferdekutsche anbietet, beabsichtigt den regelmäßigen Kutschenbetrieb ab dem Jahr 2014 aufzugeben und hat dies gegenüber der Hansestadt Lüneburg mit Schreiben vom 5. Februar 2013 erklärt. Eine Wegebahn soll die Kutschen für regelmäßige Stadtrundfahrten und gelegentliche Fahrten im Stadtgebiet ersetzen. Als Gründe für die Aufgabe des Kutschenbetriebes nennt Herr Gensch erheblich gestiegene Unterhaltungskosten für die Pferde sowie den mit Transport und Bereitstellung verbundenen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand. Herr Gensch ist daher an die Hansestadt Lüneburg herangetreten, hat die Gründe erläutert und sein Konzept für eine solarbetriebene Wegebahn vorgestellt. Als Fahrzeug soll eine Solarbahn mit Elektroantrieb der Firma Soios aus den Niederlanden eingesetzt werden. Hinsichtlich der optischen Gestaltung sagt Herr Gensch eine werbefreie Außendarstellung zu. Die Wegebahn soll mit einem Lüneburger Giebelmotiv versehen werden. Diese neuartige und innovative Bahn gibt es lt. Aussage von Herrn Gensch in Norddeutschland bisher nicht. Wie der Presseberichterstattung zu entnehmen war, ist jedoch in Münster/Westfalen eine derartige Bahn für Stadtrundfahrten im Einsatz. Auch dort handelt es sich um einen privaten Anbieter.
Betriebssitz ist der Firmensitz in Mechtersen, wohin die Bahn täglich zurückkehren soll.
Der Betrieb der Wegebahn soll überwiegend im so genannten Linienverkehr (Erläuterung s. unter 2.) erfolgen. Hierunter fallen zukünftig die o. g. regelmäßigen Stadtrundfahrten.
Es sollen darüber hinaus aber auch gelegentliche Ausflugsfahrten und Mietangebote offeriert werden können, bei denen es sich um Gelegenheitsverkehr handelt (Erläuterung s. unter 2). Ein entsprechender Antrag wurde von Herrn Gensch während des Gespräches am 29.05.2013 gestellt.
Eine Übersicht über die geplante Streckenführung und die Fahrpreise legte Herr Gensch zur Kenntnisnahme im Mai 2013 bei der Hansestadt Lüneburg vor. Die Streckenführung für den Linienverkehr entspricht der bisher von Herrn Gensch genutzten Strecke für die Stadtrundfahrten mit den Kutschen.
Im Übrigen beabsichtigt Herr Gensch, die Anzahl seiner Pferde zu reduzieren und nur noch einzelne Anfragen für Kutschfahrten im Stadtgebiet zu bedienen, z. B. aus Anlass von Hochzeiten oder zu den Sülfmeistertagen. Hierbei handelt es sich wie bisher um keinen Verkehr im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), d. h., es ist keine Genehmigung nach dem PBefG dafür erforderlich.
Am 20.08.2013 führte die Hansestadt Lüneburg eine Bürgerversammlung zum Thema Wegebahn im Glockenhaus durch, in der Herr Gensch sein Konzept sowie die Hansestadt Lüneburg und die LNVG den Ablauf der Genehmigungsverfahren vorgestellt haben. Nach Stellungnahmen der Lüneburg Marketing GmbH und einer Vertreterin des Vereins der Lüneburger Stadtführerinnen und Stadtführer wurde offen und kontrovers über das Vorhaben diskutiert.
2. Rechtliche Grundlagen:
Die Vorschriften des PBefG gelten nur für die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen und mit Kraftfahrzeugen.
Linienverkehr ist gem. § 42 PBefG eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können.
Zum Gelegenheitsverkehr zählen Ausflugsfahrten und Ferienzielreisen (§ 48 PBefG) sowie der Verkehr mit Mietomnibussen und mit Mietwagen (§ 49 PBefG).
Für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens zum Linienverkehr ist die vom Land Niedersachsen beauftragte Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) zuständig. Dies ergibt sich aus § 11 PBefG i. V. m. § 8 Nds. Nahverkehrsgesetz.
Die Hansestadt Lüneburg ist für die Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung des Gelegenheitsverkehrs aufgrund § 11 Abs. 1 PBefG i. V. m. der Nds. Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Verkehr (ZustVO-Verkehr) sachlich zuständig. Örtlich zuständig ist aufgrund § 11 Abs. 2 Nr. 2 PBefG bei Gelegenheitsverkehr grundsätzlich die Behörde, in deren Bezirk der Unternehmer seinen Sitz oder seine Niederlassung im Sinne des Handelsrechts hat. Aufgrund der Zweckvereinbarung zwischen der Hansestadt Lüneburg und dem Landkreis Lüneburg vom 10.02.2006 nimmt die Hansestadt Lüneburg u. a. die Aufgaben nach dem Personenbeförderungsgesetz auch für das Gebiet des Landkreises Lüneburg wahr. Aus diesem Grund ist die Hansestadt Lüneburg auch örtlich zuständige Genehmigungsbehörde.
Laut Mitteilung der Landesverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) vom 04.07.2013 liegt dort für den Zeitraum 01.11.2013 bis 31.10.2023 ein Antrag auf Genehmigung eines Linienverkehres nach den Bestimmungen des PBefG vor. Nach Ablauf der Antragsfrist am 17.08.2013, bis zu der mögliche Wettbewerber einen konkurrierenden Antrag bei der LNVG einreichen konnten, ist das gesetzliche Anhörungsverfahren durch die LNVG eingeleitet worden,
In den beiden Verfahren zur Genehmigung des Linienverkehrs und des Gelegenheitsverkehrs ist die Hansestadt Lüneburg in unterschiedlicher Weise gefordert:
Im Rahmen des in der Zuständigkeit der LNVG liegenden Verfahrens zur Genehmigung des Linienverkehrs wird die Hansestadt Lüneburg lediglich angehört. Mit Schreiben der LNVG vom 06.09.2013 wurde unter Bezugnahme auf § 14 des PBefG der Hansestadt daher die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Mit weiterem Schreiben der LNVG vom 23.09.2013 wurde die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis Ende November 2013 verlängert. Die Fristverlängerung konnte aufgrund einer schriftlichen Erklärung des Antragstellers ausgesprochen werden, mit der er sich bereit erklärt hat, auf den Eintritt der Rechtsfolgen aus der gesetzlich angeordneten Genehmigungsfiktion nach dem PBefG zu verzichten.
In dem in der Zuständigkeit der Hansestadt liegenden Verfahren zur Genehmigung des Gelegenheitsverkehrs erfolgen die Anhörung der Beteiligten, die abschließende Bewertung sowie die Entscheidung über den Antrag des Unternehmers durch die Hansestadt Lüneburg.
Für den Betrieb einer Wegebahn sind insbesondere folgende weitere behördliche Erlaubnisse und Genehmigungen nötig:
- Ausnahmegenehmigung nach § 46 Straßenverkehrsordnung (StVO), soweit die Streckenführung dies erfordert, z. B. für das Befahren der Fußgängerzonen und der verkehrsberuhigten Bereiche
- Eine Betriebserlaubnis gemäß § 19 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)
- Ggf. eine fahrzeugbezogene Zulassungsgenehmigung nach § 70 Straßenverkehrszulassungsordnung (z. B. aufgrund der Gesamtlänge einer Bahn von mehr als 18,75 m). - Ggf. eine streckenbezogene Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 StVO zur Teilnahme am Verkehr, wenn eine fahrzeugbezogene Zulassungsgenehmigung erforderlich sein sollte.
Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 46 der Straßenverkehrsordnung besteht die Zuständigkeit der Hansestadt Lüneburg aufgrund § 2 Abs. 2 ZustVO-Verkehr in Verbindung mit § 17 Satz 1 NKomVG. Danach erfüllt die Hansestadt Lüneburg die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörden als große selbständige Stadt.
Für die Zulassung zur Teilnahme am Straßenverkehr nach der StVZO ist für Fahrzeuge in der Regel eine Allgemeine Betriebserlaubnis erforderlich, die bei Auslieferung vom Fahrzeughersteller mitgeliefert wird. Da es sich bei der SOIOS-Wegebahn um eine Einzelanfertigung handelt, erfolgt für jedes Fahrzeug gesondert eine Betriebserlaubnis gemäß § 19 StVZO, eine Allgemeine Betriebserlaubnis (§ 20 StVZO) wird wegen der geringen Stückzahl nicht erstellt. Voraussetzung für die Einzelzulassung ist u. a. die Vorlage eines „Gutachtens zur Erlangung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO und § 47 FZV“, in dem geprüft wird, ob die technischen Gegebenheiten des vorgestellten Zuges einen sicheren Betrieb gewährleisten.
Die Zuständigkeit für die Zulassungsgenehmigungen liegt beim Landkreis Lüneburg als zuständiger Zulassungsbehörde. Nach Einschätzung der Hansestadt Lüneburg ist zwar eine Betriebserlaubnis nach § 19 StVZO notwendig. Eine weitere fahrzeugbezogene Zulassungsgenehmigung gemäß § 70 StVZO ist jedoch voraussichtlich nicht erforderlich, weil die gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 3 Buchstabe b StVZO höchstzulässige Länge von 18,75 m für einen Zug, der aus einer Zugmaschine mit zwei Anhängern besteht, nicht überschritten wird. Nach den von Herrn Gensch eingereichten Unterlagen der Herstellerfirma wird der für Lüneburg vorgesehene Zug, bestehend aus einer Zugmaschine und 2 Anhängern, eine Gesamtlänge von 18,70m haben.
Vor diesem Hintergrund ist nach jetzigem Kenntnisstand auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 29 Abs. 3 StVO nicht erforderlich, weil die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen nicht überschritten werden.
Die zu prüfenden Tatbestände ergeben sich aus § 13 PBefG. Danach darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn
1. die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet sind, 2. keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun, 3. der Antragsteller als Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist und 4. der Antragsteller und die von ihm mit der Durchführung von Verkehrsleistungen beauftragten Unternehmer ihren Betriebssitz oder ihre Niederlassung im Sinne des Handelsrechts im Inland haben.
Die vorgenannten Punkte werden vom Antragsteller erfüllt.
Vor der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr hat die Genehmigungsbehörde verschiedene, in § 14 PBefG genannte, Stellen zu hören. Sie kann auch weitere Stellen anhören.
Beim Vorliegen der gesetzlichen Vorraussetzungen ist dem Antragsteller die Genehmigung nach PBefG zu erteilen.
§ 13 PBefG enthält Gründe, die eine Versagung einer Genehmigung nach dem PBefG erfordern würden. Für den Betrieb eines Gelegenheitsverkehrs sind in § 13 PBefG jedoch im Gesetz keine speziellen Versagungstatbestände benannt.
Gemäß § 15 Abs. 3 PBefG kann die Genehmigung unter Auflagen und Bedingungen erteilt werden.
3. Jüngste Entwicklung:
Im Zeitraum Mitte bis Ende September hat die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg die vorgesehene Anhörung gem. § 14 PBefG durchgeführt mit dem Ziel, die eingehenden Stellungnahmen sowohl im Rahmen der Stellungnahme gegenüber der LNVG als auch bei der in eigener Zuständigkeit liegenden Entscheidung zu berücksichtigen. Als ein Ergebnis aus der Bürgerversammlung wurde entschieden, das Ermessen zur Anhörung weiterer Stellen weit auszulegen.
Angehört wurden aufgrund gesetzlicher Vorgabe folgende Stellen:
- Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg, gem. § 14 Abs. 2 PBefG - Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg, gem. § 14 Abs. 2 PBefG - Gewerkschaft verdi, gem. § 14 Abs. 2 PBefG - Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V., gem. § 14 Abs. 2 PBefG - Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, gem. § 14 Abs. 2 PBefG - Samtgemeinde Bardowick, gem. § 14 Abs. 2 PBefG
Nach Ausübung des Ermessens wurden folgende weitere Vereine, Interessenverbände, Institutionen und Stellen angehört:
- ADAC - ADFC - Arbeitskreis Lüneburger Altstadt - Behindertenbeirat Hansestadt und Landkreis Lüneburg - Bürgerverein Lüneburg e. V. - Kloster Lüne, Äbtissin Freifrau Reinhild v. der Goltz - Kraftverkehr GmbH Lüneburg - Lüneburger Citymanagement e. V. - Lüneburg Marketing GmbH - Seniorenbeirat - Wir jungen Lüneburger e.V. - Verein Lüneburger Stadtführer - Verkehrsclub Deutschland e. V. (VCD) - Verein Lüneburger Kaufleute e. V.
Mit Ablauf der Frist zur Einreichung von Stellungnahmen (20.09.2013) sind, einschließlich der in der Hansestadt Lüneburg selbst beteiligten Bereiche, insgesamt 18 Stellungnahmen eingegangen, die im weiteren Verfahren Berücksichtigung finden:
Zusammenfassung der aufgrund gesetzlicher Vorgabe angehörten Stellen:
- Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft: keine Bedenken - Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V.: keine Bedenken - Gewerkschaft ver.di: keine Stellungnahme - Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg: keine Bedenken - Staat. Gewerbeaufsichtsamt: keine Bedenken
Zusammenfassung der unter Ausübung des eingeräumten Ermessens zusätzlich Beteiligten:
- ADFC: keine Stellungnahme - ADAC: keine Stellungnahme - Arbeitskreis Lüneburger Altstadt: Bedenken; hinsichtlich Stadtbild, Denkmalschutz und Verkehrssicherheit - Behindertenbeirat Hansestadt und Landkreis Lüneburg: grundsätzliche Zustimmung; bei dem Betrieb der Wegebahn muss aber sowohl bei der Fahrzeuggestaltung und ihrem Betrieb sowie bei der Infrastruktur auf die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung Rücksicht genommen werden - Bürgerverein Lüneburg: Bedenken; hinsichtlich Verkehrssicherheit und Gestaltung der Wegebahn sowie Befürchtungen über Verkehrsbehinderungen bei angebotenen Fahrten zum Kloster Lüne und nach Scharnebeck - Kloster Lüne: Positiv, allerdings Kritik an Gestaltung der Bahn - Kraftverkehr GmbH Lüneburg: keine Stellungnahme - Lüneburger Citymanagement: Bedenken; hinsichtlich Stadtbild und Verkehrssicherheit, Behinderungen bei Fahrten zum Kloster und nach Scharnebeck - Lüneburg Marketing GmbH: Positiv - Samtgemeinde Bardowick: keine Stellungnahme - Seniorenbeirat: keine Bedenken - VCD: Bedenken; Begründung wie ALA - Verein Lüneburger Kaufleute e.V.: Bedenken; hinsichtlich Stadtbild, Verkehrssicherheit und Behinderungen bei Fahrten zum Kloster Lüne und nach Scharnebeck - Verein Lüneburger Stadtführer: Bedenken; hinsichtlich Stadtbild, Verkehrssicherheit und Lärmbelästigung von Passanten und Anwohner durch Lautsprecher sowie Gefährdung von Fußgängern - Wir jungen Lüneburger e. V.: keine Stellungnahme
Die Hansestadt Lüneburg selbst erhebt Bedenken hinsichtlich Länge der Bahn und Streckenführung im Zusammenhang mit den Belangen des abwehrenden Brandschutzes (Feuerwehreinsätze) sowie im Zusammenhang mit der Wahrung des historischen Stadtbildes und der Gesamterscheinung der Stadt. Die Bahn hat sich allgemein gestalterisch im Stadtbild unterzuordnen und darf kein Störfaktor sein.
Tabellarische Übersicht der eingegangenen Stellungnahmen:
Die eingegangenen Stellungnahmen sind als Anlagen 1-19 beigefügt.
Zwischenzeitlich liegt der Verwaltung der Hansestadt Lüneburg ein Schreiben von Herrn Gensch vor, mit dem er vorschlägt, die geplante Wegebahn auf derselben Strecke, die er mit den Kutschen befährt, nur in der schlechten Jahreszeit von November bis April einzusetzen und auch nur mit einem Anhänger. In der Zeit von Mai bis Oktober 2014 sollen ausschließlich die Kutschen eingesetzt werden. Ab dem Jahr 2015 soll nur noch die Wegebahn fahren, mit 2 Anhängern und mit einer Gesamtlänge des Zuges von weniger als 18 m.
4. Bewertung:
Im Verlauf der Antragsprüfung ist festzustellen, dass der Sachverhalt sich nicht auf die rechtliche Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem PBefG beschränkt. Vielmehr ist, insbesondere durch die umfangreiche Bürger- und Verbandsbeteiligung, ein breites Spektrum an unterschiedlichen Sichtweisen und Bewertungen sowie weiteren Erlaubnissen nach anderen Rechtsvorschriften deutlich geworden.
Bei der Bewertung des Antrages und seiner Stellungnahmen nach PBefG ist zu unterscheiden zwischen der Bewertung hinsichtlich des täglich stattfindenden Linienverkehrs einerseits und des selteneren Gelegenheitsverkehrs andererseits.
In Bezug auf den Antrag auf Genehmigung des Linienverkehrs hat die Hansestadt Lüneburg die Möglichkeit, alle vorgetragenen Belange einzubringen. Der für die Genehmigung zuständigen LNVG obliegt dann die Gewichtung und Bewertung im Kontext aller eingeholten Stellungnahmen.
Bezüglich der Bewertung des Gelegenheitsverkehrs ist die Hansestadt Lüneburg an die gesetzlichen Vorgaben gebunden (s. dazu oben unter Ziffer 2).
Von den Kritikern des Vorhabens wurden insbesondere Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs in der Innenstadt, Gestaltungsgesichtspunkte (Bahn als Störfaktor im historischen Stadtbild), Lärmbelästigungen von Passanten und Anwohnern, Gefährdung von Fußgängern vorgebracht. Einer besonderen Betrachtung bedürfen die verkehrlichen Aspekte, wie das Befahren der engen Altstadtstraßen wie z. B. Heiligengeiststraße Nord, das Befahren der Fußgängerbereiche und der verkehrsberuhigten Zonen (Am Sande bzw. Rosenstraße, An den Brodbänken, Am Ochsenmarkt).
Die Befürworter sehen z. B. eine größere Flexibilität des Einsatzes, eine Erweiterung des touristischen Angebotes, ein verbessertes Angebot für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, eine geringere Abnutzung der Straßen, keine Belästigung durch Pferdekot und –urin und eine Verbesserung des Verkehrsflusses durch die höhere Geschwindigkeit der Bahn im Fahrbetrieb.
Die Verwaltung erkennt die Argumente der Befürworter an.
In der Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und den öffentlichen Interessen überwiegen allerdings die Bedenken.
Zwar kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die Attraktivität einer Stadtrundfahrt von der Linienführung und davon, dass die wesentlichen touristischen Ziele einer Stadt erreicht und während der Fahrt vom Fahrgast aufgenommen werden können. Insofern macht der Betreiber der Wegebahn ein berechtigtes Interesse an der Genehmigung der beantragten Streckenführung geltend.
Die Verkehrssituation in der Innenstadt, namentlich in den Fußgängerzonen und in den verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen hat jedoch bereits jetzt ein Ausmaß angenommen, dass z. B. für den Bereich An den Brodbänken/Am Ochsenmarkt entschieden werden musste, den ÖPNV an bestimmten Tagen (samstags, während des Weihnachtsmarktes, verkaufsoffene Sonntage) herauszunehmen und über eine alternative Streckenführung zu führen.
Eine zusätzliche Belastung durch die Wegebahn ist nicht hinnehmbar. Es sprechen insbesondere die vorgebrachten Aspekte der Verkehrssicherheit aus fachlicher Sicht gegen den Einsatz der Wegebahn in der ursprünglich beantragten Form.
Auch entspricht der Betrieb der Wegebahn nicht dem Verkehrsinteresse der Hansestadt Lüneburg.
§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG gewährt einen Abwehranspruch des vorhandenen Verkehrs bzw. Verkehrsunternehmens, sofern – z. B. durch Genehmigung eines weiteren Verkehrs, die öffentlichen Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden. Das aus Absatz 2 Nr. 3 folgende Parallelbedienungsverbot ist aus der Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs begründet, der bei Doppelbedienung von Linien drohen würde und für die im öffentlichen Verkehrsinteresse liegende Verkehrsbedienung nachteilig wäre. Der Betrieb einer Wegebahn auf Basis einer personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung hat weder im Linien- noch im Gelegenheitsverkehr einen Abwehranspruch gegen andere Anbieter. Wenn der Betreiber der Wegebahn keinen Abwehranspruch gegen eventuell auftretende Konkurrenz hat, würde es durch möglicherweise auftretende Konkurrenten zu einer übermäßigen Belastung des Innenstadtverkehrs kommen. Daher liegt es nicht im Interesse der Hansestadt Lüneburg, die Erlaubnis in der beantragten Form zu erteilen, weil damit zusätzliche Belastungen der Innenstadtverkehrs auftreten können, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Innenstadtverkehrs weiter beeinträchtigen und nicht verhindert werden können.,
Im Linienverkehr mangelt es nach obergerichtlicher Rechtsprechung in derartigen Fällen an dem Zweck der Daseinsvorsorge, der ein Parallelbedienungsverbot aus der Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs begründen könnte. Im Gelegenheitsverkehr besteht ebenfalls kein Abwehranspruch, insbesondere nicht gegen etwaige (zusätzliche) Kutschfahrten, weil diese bereits nicht den Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes unterfallen und damit nicht von § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG erfasst werden.
Das Interesse der Hansestadt Lüneburg besteht darin, die eingerichteten Fußgängerzonen als solche zu erhalten. Mit der Einrichtung sollte eine auf Dauer angelegte, verlässliche Ordnung des Gesamtverkehrs bewirkt werden, die die Fußgänger zu jeder Zeit davor schützt, durch Kraftfahrzeuge überrascht, erschreckt oder gefährdet zu werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann eine Verkehrsregelung, die bestimmte Verkehrsströme senken soll, nur bei einer gewissen Starrheit und dadurch erzielten Gewöhnung der Verkehrsteilnehmer ihr verkehrsordnende Wirkung erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.04.1980 – 7 C 19/78). Da es, wie oben beschrieben, nicht auszuschließen ist, dass zusätzlich zur Wegebahn weitere Verkehre zuzulassen sind bzw. nicht den Bestimmungen des PBefG unterliegen, wird die Hansestadt zur Wahrung ihrer Verkehrsinteressen bei der Prüfung des Antrages von Herrn Gensch bzw. im Rahmen der Stellungnahme an die LNVG strenge Maßstäbe anlegen.
Dagegen spricht auch nicht die bisherige Verwaltungspraxis, die Streckenführung für den Kutschenbetrieb weitgehend entsprechend den Vorstellungen des Betreibers zu ermöglichen. Der geplante Einsatz der Wegebahn ist mit dem Einsatz der Kutschen schon aufgrund der Ausmaße der Bahn nicht vergleichbar. Die Wegebahn stellt aufgrund ihrer Länge ein erhebliches Verkehrshindernis dar, insbesondere, wenn in besonderen verkehrlichen Situationen ein Vorbeifahren oder Überholen der Bahn erforderlich wird. Außerdem führt die Länge der Bahn im Unterschied zu den bislang eingesetzten Kutschen zu einer intensiveren Inanspruchnahme z. B. der im Grundsatz allein dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen Bereiche.
Aus diesem Grund wird für die Wegebahn auch keine Ausnahmegenehmigung von dem Verkehrszeichen 267 („Verbot der Einfahrt“ – Heiligengeiststraße vom Lambertiplatz bis zur Rackerstraße) in Aussicht gestellt werden können. Die örtlichen Verhältnisse geben in diesem Straßenverlauf einen Begegnungsverkehr unter Beachtung der Wahrung der Verkehrssicherheit und der vorrangigen Interessen des abwehrenden Brandschutzes sowie der Rettungsdienste nicht her.
Eine Gleichbehandlung der Wegebahn mit dem Angebot des ÖPNV ist nicht geboten. Denn der Linienverkehr des ÖPNV erfüllt eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, was bei den vorgesehenen Stadtrundfahrten nicht der Fall ist. Auch auf eine Gleichbehandlung des durch Zusatzzeichen befreiten Taxi- und Lieferverkehrs kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil die Wegebahn nicht die mit dieser Befreiung verbundene Zweckbindung erfüllt.
4. Folgerung
a) Die Hansestadt Lüneburg wird unter Betrachtung der eingegangenen Stellungnahmen und nach Abwägung der Verkehrsinteressen der Hansestadt gegen die Interessen des Antragstellers eine im Ergebnis ablehnende Stellungnahme im Rahmen des Verfahrens zur Genehmigung des Linienverkehrs an die LNVG formulieren.
Aus Sicht der Hansestadt ist Maßstab für die Genehmigung des Linienverkehrs der übrige öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Die mit dem Antrag eingereichte geplante Streckenführung entspricht diesem Maßstab in folgender Hinsicht nicht:
- Die Heiligengeiststraße wird vom ÖPNV nicht befahren. - Die Heiligengeiststraße Süd wird weder vom ÖPNV noch von sonstigen Dritten mit Kraftfahrzeugen entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren. - Der Straßenzug An den Brodbänken/Rosenstraße wird an Samstagen und während der Zeit des Weihnachtsmarktes vom ÖPNV nicht befahren.
Aus den vorgenannten Gründen kann die Hansestadt Lüneburg der vorgelegten Streckenführung nicht zustimmen. Die Hansestadt Lüneburg hält wegen der nicht genehmigungsfähigen Routenführung den Antrag derzeit nicht für entscheidungsreif.
b) Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr ist als Geschäft der laufenden Verwaltung i. S. v. § 85 Abs. 1 Nr. 7 NKomVG anzusehen. Es handelt sich um eine Verwaltungsaufgabe, die im übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde liegt. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit soll ein Beschluss des Verkehrsausschusses unter Beteiligung des Ausschusses für Bauen und Stadtentwicklung sowie des Kultur- und Partnerschaftsausschusses herbeigeführt werden.
Sofern es bei der von Herrn Gensch nach heutigem Kenntnisstand (01.10.13) vorgeschlagenen Routenführung bleiben sollte, kann eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO nicht in Aussicht gestellt werden.
Ergänzender Vortrag erfolgt in der Sitzung. Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: 400,00 € aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: keine c) an Folgekosten: keine d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: Haushaltsjahr:
e) mögliche Einnahmen: Verwaltungsgebühr Anlage/n:
Anlagen 1 – 19 Stellungnahmen aus dem Anhörungsverfahren Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt:
a) Auf die Anhörung der LNVG eine Stellungnahme im Sinne der Ausführungen unter 4a) zu verfassen und zu versenden. Das Genehmigungsverfahren für den Linienverkehr wird als nicht entscheidungsreif angesehen, weil insbesondere der von Herrn Gensch beantragten Streckenführung unter verkehrlichen Aspekten nicht zugestimmt werden kann.
b) Die Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr gemäß der Ausführungen unter 4b) zu erteilen, wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sind und die Genehmigung mit den erforderlichen Nebenbestimmungen zu versehen.
c) Die sonstigen Erlaubnisse und Genehmigungen, insbesondere die evtl. erforderliche Genehmigung nach § 46 StVO eingehend zu prüfen und hierbei die Belange der Hansestadt Lüneburg sowie die eingegangenen Stellungnahmen angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere kann für jene Streckenabschnitte keine Genehmigung erteilt werden, die auch beim Linienverkehr nicht genehmigungsfähig sind (s. 4a)).
|
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
![]() |
![]() |