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Vorlage - VO/4449/12  

 
 
Betreff: Bewerbung der Hansestadt Lüneburg um Aufnahme in die Tentativliste für die Anmeldung zur UNESCO-Weltkulturerbe-Liste
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:Bereich 41 - Kultur Bearbeiter/-in: Plett, Anke
Beratungsfolge:
Ausschuss für Kultur und Partnerschaften Vorberatung
20.02.2012 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Kultur- und Partnerschaftsausschusses ungeändert beschlossen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
Rat der Hansestadt Lüneburg Entscheidung
23.02.2012 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

Die UNESCO verleiht den Titel Welterbe (Weltkulturerbe und Weltnaturerbe) an Stätten, die sich aufgrund ihrer Einzigartigkeit und ihrer Authentizität dafür qualifizieren und die von den Staaten für diesen Titel vorgeschlagen werden.

 

Der Liste des Welterbes liegt das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt (Welterbekonvention) zugrunde. Es wurde am 16. November 1972 auf der 17. Generalkonferenz der UNESCO in Paris verabschiedet und trat am 17. Dezember 1975 in Kraft. Leitidee der Welterbekonvention ist die „Erwägung, dass Teile des Kultur- oder Naturerbes von außergewöhnlicher Bedeutung sind und daher als Bestandteil des Welterbes der ganzen Menschheit erhalten werden müssen.“

 

Insgesamt umfasste im Juli 2011 die UNESCO-Liste des Welterbes 936 Denkmäler in 153 Ländern. Davon waren 725 als Kulturdenkmäler und 183 als Naturdenkmäler gelistet, weitere 28 Denkmäler wurden sowohl als Kultur- als auch als Naturerbe geführt.

 

Die bisher 186 beigetretenen Staaten verpflichten sich, das auf ihrem Gebiet befindliche Welterbe selbst zu erfassen, zu schützen und zu erhalten. Gleichzeitig sichern sie sich internationale Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe zu, um diese Aufgaben zu erfüllen.

 

Für die Implementierung der Welterbekonvention ist ein zwischenstaatliches Gremium, das World Heritage Committee (‚Welterbekomitee‘) verantwortlich. Seine 21 Mitglieder sind Staatenvertreter, die alle Kontinente und Kulturkreise repräsentieren. Sie werden von der Generalversammlung der Vertragsstaaten der Welterbekonvention gewählt. Das Komitee entscheidet jährlich über die Aufnahme neuer Welterbestätten in die UNESCO-Liste und prüft, ob die bereits gelisteten Stätten den Kriterien der Welterbekonvention noch entsprechen. Es unterstützt die 186 Unterzeichnerstaaten beim Schutz und/oder der Restaurierung durch fachliche und materielle Hilfe.

 

 

Erweiterung der deutschen Tentativliste

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass die bestehende deutsche sog. Tentativliste (etwa: „Liste unter Vorbehalt“) für die Anmeldung von potentiellen deutschen Stätten zur Aufnahme in die Welterbeliste durch die jährlichen Anmeldungen und Entscheidungen des Welterbekomitees wahrscheinlich nach dem Jahr 2018 abgearbeitet sein werde, danach könne Deutschland weitere Stätten anmelden. Die bestehende Tentativliste solle daher erweitert werden. Alle Bundesländer seien von der Kultusministerkonferenz aufgefordert worden, bis zum Herbst 2012 jeweils zwei Vorschläge pro Land vorzulegen. Im Jahr 2013 würden die Vorschläge von einer Expertengruppe evaluiert und der Kultusministerkonferenz zur Beschlussfassung vorgelegt.

Das niedersächsische Ministerium hat daraufhin alle Kommunen, die die Aufgabe einer Unteren Denkmalschutzbehörde wahrnehmen, über die Möglichkeit informiert, bis zum 31.12.2011 eine Stätte aus ihrem Gebiet anzumelden. Das Ministerium wird mit einschlägigen Experten eine Auswahl treffen und diese bis spätestens 30.09.2012 an die Kultusministerkonferenz übermitteln. Vorab ist jedoch sicherzustellen, dass die Anträge von allen betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften mit qualifizierten Ratsmehrheiten gewollt sind, da eine aktive Unterstützung der Stätten und die Berücksichtigung der Welterbebelange bei öffentlichen Planungen gefordert werden.

 

 

Antrag der Hansestadt Lüneburg

Um die Frist zu wahren, hat die Hansestadt Lüneburg im Dezember 2011 beim Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur den Antrag gestellt, die Lüneburger Altstadt in die Tentativliste für die Anmeldung zur UNESCO-Weltkulturerbe-Liste aufzunehmen. Eingereicht worden ist zunächst eine Kurzfassung, in welcher Herr Dr. Lamschus, Leiter des Deutschen Salzmuseums und Vorsitzender der Museumsstiftung, den herausragenden universellen Wert der Lüneburger Altstadt in ihrer Gesamtheit als Kulturerbe umreißt. Der ursprüngliche Antragstext liegt den Fraktionen schon in Kopie vor, eine aktualisierte und geringfügig ergänzte Version ist als Anlage beigefügt.

 

Sollte der Antrag der Hansestadt Lüneburg vom Ministerium für die Vorschläge des Landes Niedersachsen zur Tentativliste ausgewählt werden, ist eine weitere detaillierte Ausarbeitung bis hin zur Einreichung beim Welterbekomitee notwendig, für die eigene Arbeitskapazitäten einzuplanen sind. Hierfür ist bei einer dreijährigen Projektdauer mit Kosten in Höhe von rd. 200.000 € für einen Historiker/ Kunsthistoriker in Vollzeit zu rechnen, welche die Hansestadt Lüneburg zu tragen hat, soweit sie nicht durch Einwerbung von Drittmitteln abgedeckt werden können.

 

 

Konsequenzen

Die vorteilhaften Auswirkungen der Aufnahme einer Stätte in die Welterbe-Liste sind die erhöhte Aufmerksamkeit verschiedenster Akteure, der bereitgestellte Schutz und die Möglichkeit, Fördermittel der EU sowie von Bund und Land zu erhalten (z.B. GS, HI).

Informiert durch Experten und die Medien werden die Stätten der breiten Öffentlichkeit bekannt, was vor allem Auswirkungen auf die Erträge aus dem Tourismus hat. Durch die Popularität der Liste haben politische Entscheidungsträger einen Anreiz, sich für den Erhalt der Stätten einzusetzen und es wird die Aufmerksamkeit von potenziellen Spendern geweckt.

 

Vor dem Hintergrund der Aberkennung des Welterbestatus des Dresdener Elbtals im Jahr 2009 auf Grund des Baues der Waldschlösschenbrücke weist Dr. Birgitta Ringbeck, die UNESCO-Bauftragte der Kultusministerkonferenz in einer Stellungnahme zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und Verpflichtungen der Welterbekonvention darauf hin, dass ein Staat, der einerseits die Erhebung von Kulturgütern in seinem Gebiet zu Welterbestätten fördere, nicht anderseits sich daraus ergebende Verpflichtungen negieren könne. Die Bindungswirkung der Welterbekonvention für die eingetragenen Welterbestätten in Deutschland sei inzwischen gerichtlich bestätigt. Für jede Maßnahme in dem geschützten Gebiet gelte: „Wenn sie nicht denkmal- und naturerbeverträglich ist, dann ist sie auch nicht welterbeverträglich. Die Unterzeichnung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt ist also in erster Linie eine Selbstverpflichtung, die im Land bestehenden gesetzlichen Regelungen und Verfahren einzuhalten und anzuwenden.

 

Weitere Zitate aus dem Text von Dr. Birgitta Ringbeck:

 

Die fortwährende Überwachung des Zustands der gelisteten Welterbestätten ist eines der wichtigsten Instrumente der Welterbekonvention. Grundlage dafür ist die mit der Ratifizierung der Konvention akzeptierte Berichtspflicht, geregelt in § 29 der Welterbekonvention sowie in den Paragraphen 169-176, 190, 191 und 199-202 der überarbeiteten und zum 1. Februar 2005 in Kraft getretenen Richtlinien. Demzufolge ist über den Zustand der Welterbestätten im Rahmen der „Regelmäßigen Berichterstattung“ des Vertragsstaats zu informieren. Unabhängig davon ist das Welterbezentrum über außergewöhnliche Umstände und Arbeiten, die zu einer Bedrohung der jeweiligen Welterbestätte führen könnten, im Rahmen der „Reaktiven Überwachung“ zu unterrichten. Wörtlich heißt es dazu in § 172 der Richtlinien:

„Das Komitee für das Erbe der Welt fordert die Vertragsstaaten des Übereinkommens auf, das Komitee über das Sekretariat zu benachrichtigen, wenn sie die Absicht haben, in einem aufgrund des Übereinkommens geschützten Gebiet erhebliche Wiederherstellungs- oder Neubaumaßnahmen durchzuführen oder zu genehmigen, die Auswirkungen auf den außergewöhnlichen universellen Wert des Gutes haben können. Die Benachrichtigung sollte so bald wie möglich (zum Beispiel vor Ausarbeitung der grundlegenden Unterlagen für bestimmte Projekte) und vor Entscheidungen erfolgen, die schwer zurückzunehmen wären, so dass das Komitee mithelfen kann, angemessene Lösungen zu finden, um zu gewährleisten, dass der außergewöhnliche universelle Wert des Gutes vollständig erhalten bleibt.“

 

Auf den Punkt gebracht legen diese internationalen Grundsätze fest, dass die Authentizität von Denkmälern und historischen Ensembles und ihres Umfelds zu wahren ist, die Konservierung höchste Priorität genießt, die Restaurierung in Hinblick auf den Erhalt ästhetischer und historischer Werte enge Grenzen hat, die Renovierung nur in Frage kommt, wenn Konservierung und Restaurierung nicht möglich sind, Rekonstruktionen unzulässig sind, alle Maßnahmen wissenschaftlich vorbereitet und dokumentiert sowie fachgerecht durchgeführt werden und reversibel sein müssen. Von großer Relevanz ist darüber hinaus die im Oktober 2005 von der Generalversammlung der Vertragsstaaten der UNESCO-Welterbekonvention verabschiedete Erklärung zur Konservierung der historischen Stadtlandschaft, die sich auch auf „Ensembles, bestehend aus einer beliebigen Gruppe von Gebäuden, Strukturen und Freiflächen“ bezieht. Bei allem Verständnis für die Entwicklung von Perspektiven im historischen Bestand verlangt sie, dass zeitgenössische Architektur in Welterbestätten zu den Werten der historischen Stadtlandschaft komplementär sein und sich in Grenzen halten muss, um den historischen Charakter der Stätte nicht zu kompromittieren. Bei Eingriffen und Erweiterungen sollen sich Proportion und Gestaltung in die jeweilige Art der historischen Struktur und Architektur einpassen. Die Entkernung von schützenswerten Bausubstanzen ("Fassadismus") wird als kein geeignetes Mittel eines baulichen Eingriffs klassifiziert. Hinsichtlich der historischen Stadtgebiete, die sich bereits auf der Welterbeliste befinden, sollen das Konzept der historischen Stadtlandschaft und die Empfehlungen dieses Memorandums bei der Bewertung jeder potentiellen oder konkreten Auswirkung auf die Integrität des Welterbeobjekts berücksichtigt werden.

Für die sich aus der Welterbekonvention ergebenden Verpflichtungen gibt es also ein umfangreiches Instrumentarium, und zwar sowohl in Hinblick auf die Rechtsgrundlagen und die Verfahren, als auch in Bezug auf die fachlichen Grundlagen. Defizite bestehen in Bewusstsein, Anwendung und Umsetzung. Angesichts der Probleme, die wir gerade in Deutschland mit großflächigen Entwicklungen und Infrastrukturmaßnahmen haben, ist die Entwicklung einer „Welterbeverträglichkeitsprüfung“ mit einem Katalog der abzuarbeitenden Fragestellungen und der zu beteiligenden Institutionen zu empfehlen.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a)              für die Erarbeitung der Vorlage:              20 €

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b)              für die Umsetzung der Maßnahmen:              rd. 200.000 €

c)  an Folgekosten:             

d)              Haushaltsrechtlich gesichert:

              Ja

              Nein              X

              Teilhaushalt / Kostenstelle:             

              Produkt / Kostenträger:

              Haushaltsjahr:             

 

e)  mögliche Einnahmen:

Anlage/n:

Anlage/n:

 

Antragstext

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 3 1 überarbeiteter_Antragstext_Weltkulturerbe (209 KB) PDF-Dokument (149 KB)    
Anlage 1 2 Denkmal_DINA2 (3) (535 KB)      
Anlage 2 3 Stadtbefestigung (1429 KB)      
Beschlussvorschlag:

Beschlussvorschlag:

 

Der Bewerbung der Hansestadt Lüneburg auf Aufnahme der Lüneburger Altstadt in die Tentativliste für die Anmeldung zur UNESCO-Welterbe-Liste wird zugestimmt.

 

Das angemeldete Areal ist in den in der Anlage beigefügten Karten bezeichnet.