Bürgerinformationssystem
Sachverhalt: Am
31.03.08 wurde das Deutsche Jugendinstitut (DJI) beauftragt, die Abläufe,
Kommunikationswege und Handlungskriterien des Jugendamtes der Hansestadt Lüneburg
zu analysieren. Ziel war es, Hinweise für eine Optimierung der Abläufe und
Kommunikationsstrukturen zu erhalten. Das geschah auf der Grundlage von: -
Einer
Analyse von 23 Jugendamtsakten über Gefährdungsfälle. -
Analyse
einer Auswahl von Erstmitteilungen. -
Einzel-
und Gruppengespräche mit Leitungen und Fachkräften. -
Sichtung
der Dienstanweisungen, Handlungsempfehlungen, Gefährdungsmeldungen und
Fallunterlagen. Am 04.09.08 wurde die Expertise von Herrn Dr. Kindler
den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses vorgestellt. Hier einige Kernaussagen: -
Nach
wie vor liegen keine Untersuchungen zur Ausgestaltung des gesetzlichen Schutzauftrages
vor. Es gibt keine Vergleichs- und Wirkungsdaten. -
Es
gibt keine gültigen Normen, weder für die personelle Ausstattung (wie viele
Gefahrensfälle pro Fachkraft) noch für die inhaltliche Bearbeitung von
Gefährdungsfällen. -
Der
unbestimmte Rechtsbegriff „gewichtige Anhaltspunkte“ ist nirgends
definiert. -
Die
Jugendhilfe hat zunächst kein Mandat, zum Schutz des ungeborenen Kindes tätig
zu werden. -
Die
Rolle der Jugendhilfe in Form von Beratung und Hilfeleistungen nach der Geburt
gelten z.Zt. als kein gewichtiger Anhaltspunkt nach § 8a SGB VIII. -
Es
gibt zwei Dienstanweisungen der Hansestadt zur Bearbeitung von
Gefährdungsfällen. Das sind erfreulich wenige, sollten aber präzisiert werden. -
Die
Einschätzungsprognose, d.h. Gewährleistung des Kindeswohles, Problemakzeptanz,
Problemkongruenz und Hilfeakzeptanz sollte deutlicher dokumentiert sein. -
Es
wurde durch die Interviews deutlich, dass der bestehende Schutzauftrag durch
die Fachkräfte als Aufgabe durchgängig angenommen wird. -
Hoher
Stellenwert der kollegialen Beratung. -
Gut
ausgebautes System externer Fachberater, die sich schriftlich verpflichtet
haben, für Fallgespräche und zur Risikoanalyse zur Verfügung zu stehen. -
Den
Fachkräften wird ein durchgängiger und nicht formelhafter, sondern ernsthafter
Gebrauch von Qualitätssicherungsinstrumenten attestiert. -
Die
Hansestadt Lüneburg fällt mit einer sehr guten Versorgungsquote der stationären
und vor allem der ambulanten Bereiche auf. Es fehlt ein durchgängiges Angebot
für ambulante Krisenintervention bei Kindeswohlgefährdung unterhalb der Schwelle
der Familienaktivierung. -
Keine
Angebote der sozialpädagogischen Gruppenarbeit gem. § 29 SGB VIII. -
Die
Fachkräfte sind durchgängig an Fortbildungen zu unterschiedlichen Themenbereich
interessiert. -
Es
besteht eine gute Kooperation zwischen den öffentlichen und den freien Trägern
der Jugendhilfe. So wurde z.B. das Hilfeplanverfahren und die Vereinbarung zur
Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII gemeinsam entwickelt. -
Im
Rahmen des Modellprojektes „Koordinierungszentrum Kinderschutz –
kommunale Netzwerke früher Hilfen“ werden alle Institutionen, die im
Kinderschutz mitwirken, z.B. der öffentlichen und freien Jugendhilfe, des
Familiengerichts, der Polizei und des Gesundheitswesens zusammengeführt. Durch
die Entwicklung eines Netzwerkes und die Qualifizierung der Mitwirkenden sollen
riskante Lebenssituationen von Kindern und Familien frühzeitig erkannt werden
und der Schutz von Kindern vor Gewalt, Vernachlässigung und Misshandlung
verbessert werden. Das DJI hat festgestellt, dass die Fach- und
Leitungskräfte durchweg an der fachlichen Weiterentwicklung der Umsetzung des
Schutzauftrages interessiert sind. Bei der Empfehlung zur Weiterentwicklung hat das DJI
auf 4 Einschränkungen hingewiesen: 1.
Schmale
Datenbasis. 2.
Fehlende
Vergleichsdaten. 3.
Lücken
(z.B. Qualität der Hilfebeziehung) 4.
Nur
Momentaufnahmen. Sachstand zur Umsetzung der
Empfehlung des DJI: 1. Empfehlung zu Arbeitsabläufen und
Einschätzungsprozessen bei der Bearbeitung von Gefährdungsfällen. - Drei
Vertreter aus den Regionalbereichen erarbeiten in einem AK
„Kindeswohlgefährdung“ Arbeitshilfen zur standardisierten
Risikoeinschätzung. - Die
Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen in das Schutzkonzept wird konsequenter
beachtet. - Fortbildung
von drei Mitarbeitern aus den jeweiligen Regionalbereichen zum Thema
„Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“ Modul 1: Umgang mit psychiatrischen
Erkrankungen und Sucht in Verbindung § 8a SGB VIII Modul 2: Rechts- und
Entscheidungssicherheit im Umgang mit § 8a SGB VIII Modul 3: Beobachtungs- und
Bewertungskriterien im Handlungsalltag in Verbindung mit § 8a SGB VIII 2. Empfehlung
zu geeigneten Hilfen: - Ausbau
von Krippenplätzen wird konsequent verfolgt. - Die
Anwendung des § 29 SGB VIII wird mit dem Landkreis im Rahmen der Fortschreibung
des Lüneburgvertrages diskutiert. - Krisenintervention
unterhalb des Einsetzens von Familienaktivierung wird in einem Regionalbereich
erprobt. Etwas im Sommer 2009 wird überprüft, ob die Übertragung auf die
anderen Regionalbereiche sinnvoll ist. - Zur
Information der Jugendlichen über Dienstangebote wurde davon Abstand genommen,
einen weiteren Flyer zu entwickeln. Alle Stadtteilhäuser und Jugendtreffs haben
ihre Informationsflyer über Angebote, Sprechzeiten, Projekte usw. Der Flyer
speziell für Kinder und Jugendliche, den es seit Jahren gibt, wird
aktualisiert. - Fachkräfte
des ASD gehen in Schulen und stellen dort die Arbeit vor Ort vor. Die Schulen
und Kindertagesstätten sind in den Stadtteilrunden vertreten. - Die
Jugendamtsleiterin hat schon zweimal um Teilnahme im AK Schwangeren und
Schwangerschaftskonfliktberatung gebeten. Demnächst soll ein Termin
stattfinden. 3. Empfehlungen
zur Dokumentation - Formulare
und Vordrucke wurden aktualisiert. Die technische Umsetzung gestaltet sich
schwierig und der Bereich EDV ist involviert. - Die
Aussagen im Rahmen der Dokumentation wurden aussagekräftiger gestaltet. 4. Empfehlungen
zur Personalsituation: - Den
Anträgen zum Stellenplan 2009 wurde gefolgt. - Im
Rahmen der IBM wird z. Zt. das Thema „ASD –
Personalbemessung“ bearbeitet. Das Ziel ist, einen Mindeststandard für
die Arbeit festzulegen. Frist ist 04/09. Das Ergebnis wird abgewartet und
überprüft, inwieweit es auf die Situation des ASD übertragbar ist. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass es zu einem höheren Personalbedarf kommt, ähnlich wie bei
der GIS-Studie für den Pflegekinderbereich. 5. Empfehlungen
zur Organisationsstruktur: - Die
Dienstanweisungen sind aktualisiert. - Das
Fachkontrollierung wird seitens der Fachkräfte begrüßt. - Zunehmend
werden externe Fachkräfte zur Risikoeinschätzung zugezogen. - Z.Zt.
wird überlegt, ob es Sinn macht, wenn Fachkräfte des ASD die Zusatzausbildung
zur „insoweit erfahrenen Fachkraft“ absolvieren. 6. Empfehlung
zur Fortbildung: - Nach
wie vor sind alle Fachkräfte an Fortbildungen interessiert. - Aufgrund
des offenen Umgangs über Fortbildungen haben sich Schwerpunkte gebildet, die
als allgemein akzeptiert werden, so dass das Fortbildungsbudget allen zur
Verfügung steht und über das gemeinsam gesprochen und verfügt wird. - Im
März ist ein 2-tägige Innenhaus-Fortbildung zum Thema „Borderline“
(wichtig für die Risikoeinschätzung). - Die
Innenhaus-Veranstaltung mit den Familienrichtern konnte noch nicht stattfinden. - Die
Projektleiter des Koordinierungszentrums Kinderschutz – kommunales
Netzwerk früher Hilfen – werden im April eine Workshop für die Fachkräfte
der Jugendämter der Stadt und des Landkreises Lüneburg zum Sachstand und zu
Risikofaktoren im Kinderschutz anbieten. 7. Empfehlung
zur Kooperation/Vernetzung: - Das
Procedere Fallabgaben/Fallübernahmen wurde auf der Jugendamtsleiter-Tagung des
ehemaligen Regierungsbezirks thematisiert. Alle Jugendamtsleiter und
Jugendamtsleiterinnen verständigten sich darauf, auf der Grundlage des
Deutschen Städtetages und der AGJÄ zu verfahren. Unabhängig davon wird die
Arbeitsgemeinschaft der ASD-Leitungskräfte mit der Thematik noch einmal
auseinandersetzen. - Die
Zusammenarbeit mit der KJPP wird immer wieder thematisiert, und zwar im persönlichen
Austausch auf der Leitungsebene als auch fallbezogen durch die Fachmitarbeiter
im Rahmen der Einzelfallmitgestaltung. Unabhängig davon gestaltet sich die
fallbezogene Arbeit, gerade bezüglich der rechtzeitigen Information als
schwierig. Es ist aber eine Phänomen, dass alle Vertreter der Jugendämter in
Niedersachsen feststellen. - Die
Jugendamtsleiterin hat als Vertreterin der AGJÄ an der Rahmenvereinbarung zwischen
Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe mitgearbeitet. Die Empfehlungen
liegen z.Zt. zur Abstimmung der Arbeitsgruppe der Kinder- und
Jugendpsychiatrien vor. - Die
Gespräche mit der psychiatrischen Klinik Lüneburg sind für das Frühjahr
terminiert. - Die
Projektleitung des Koordinierungszentrums Kinderschutz – kommunales
Netzwerk früher Hilfen – haben die Schnittstelle Jugendhilfe –
Gesundheitshilfe positiv gefördert (dazu wird gesondert vorgetragen). Die Expertise des DJI war und ist
für die Weiterentwicklung des Kinderschutzes in der Hansestadt Lüneburg sehr
wichtig. Die Empfehlungen werden nicht per „Anordnung“ einfach umgesetzt,
sondern in den Teams erarbeitet. Dadurch werden Handlungsabläufe und Kommunikationsstrukturen
gelebt und für die Praxis handhabbar umgesetzt. Selbstverständlich ist der Prozess
der Umsetzung nicht abgeschlossen. Hilfreich und wichtig für die
Weiterentwicklung der Jugendhilfe ist das kommunale Netzwerk früher Hilfen,
nicht nur weil hier Kooperation zwischen Jugend- und Gesundheitshilfe gefördert
werden, sondern auch professionsübergreifend der Kinderschutz in der Hansestadt
Lüneburg weiterentwickelt wird. Finanzielle
Auswirkungen: Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: 50,-- aa) Vorbereitende Kosten, z.B.
Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Haushaltsstelle: Haushaltsjahr: e) mögliche Einnahmen: |
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