Bürgerinformationssystem

Vorlage - VO/3198/09  

 
 
Betreff: Kinderschutz im Jugendamt der Hansestadt Lüneburg, Abläufe, Kommunikationswege und Handlungskriterien
Sachstand der Umsetzung der Empfehlung der Expertise
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilungsvorlage
Verfasser:Marlis Otte
Federführend:Bereich 55 - Zentrale Dienste der Jugendhilfe Bearbeiter/-in: Otte, Marlis
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Entscheidung
10.03.2009 
Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

Am 31.03.08 wurde das Deutsche Jugendinstitut (DJI) beauftragt, die Abläufe, Kommunikationswege und Handlungskriterien des Jugendamtes der Hansestadt Lüneburg zu analysieren. Ziel war es, Hinweise für eine Optimierung der Abläufe und Kommunikationsstrukturen zu erhalten. Das geschah auf der Grundlage von:

 

-          Einer Analyse von 23 Jugendamtsakten über Gefährdungsfälle.

-          Analyse einer Auswahl von Erstmitteilungen.

-          Einzel- und Gruppengespräche mit Leitungen und Fachkräften.

-          Sichtung der Dienstanweisungen, Handlungsempfehlungen, Gefährdungsmeldungen und Fallunterlagen.

 

Am 04.09.08 wurde die Expertise von Herrn Dr. Kindler den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses vorgestellt.

 

Hier einige Kernaussagen:

-          Nach wie vor liegen keine Untersuchungen zur Ausgestaltung des gesetzlichen Schutzauftrages vor. Es gibt keine Vergleichs- und Wirkungsdaten.

 

-          Es gibt keine gültigen Normen, weder für die personelle Ausstattung (wie viele Gefahrensfälle pro Fachkraft) noch für die inhaltliche Bearbeitung von Gefährdungsfällen.

 

-          Der unbestimmte Rechtsbegriff „gewichtige Anhaltspunkte“ ist nirgends definiert.

 

-          Die Jugendhilfe hat zunächst kein Mandat, zum Schutz des ungeborenen Kindes tätig zu werden.

 

-          Die Rolle der Jugendhilfe in Form von Beratung und Hilfeleistungen nach der Geburt gelten z.Zt. als kein gewichtiger Anhaltspunkt nach § 8a SGB VIII.

 

-          Es gibt zwei Dienstanweisungen der Hansestadt zur Bearbeitung von Gefährdungsfällen. Das sind erfreulich wenige, sollten aber präzisiert werden.

 

-          Die Einschätzungsprognose, d.h. Gewährleistung des Kindeswohles, Problemakzeptanz, Problemkongruenz und Hilfeakzeptanz sollte deutlicher dokumentiert sein.

 

-          Es wurde durch die Interviews deutlich, dass der bestehende Schutzauftrag durch die Fachkräfte als Aufgabe durchgängig angenommen wird.

 

-          Hoher Stellenwert der kollegialen Beratung.

 

-          Gut ausgebautes System externer Fachberater, die sich schriftlich verpflichtet haben, für Fallgespräche und zur Risikoanalyse zur Verfügung zu stehen.

 

-          Den Fachkräften wird ein durchgängiger und nicht formelhafter, sondern ernsthafter Gebrauch von Qualitätssicherungsinstrumenten attestiert.

 

-          Die Hansestadt Lüneburg fällt mit einer sehr guten Versorgungsquote der stationären und vor allem der ambulanten Bereiche auf. Es fehlt ein durchgängiges Angebot für ambulante Krisenintervention bei Kindeswohlgefährdung unterhalb der Schwelle der Familienaktivierung.

 

-          Keine Angebote der sozialpädagogischen Gruppenarbeit gem. § 29 SGB VIII.

 

-          Die Fachkräfte sind durchgängig an Fortbildungen zu unterschiedlichen Themenbereich interessiert.

 

-          Es besteht eine gute Kooperation zwischen den öffentlichen und den freien Trägern der Jugendhilfe. So wurde z.B. das Hilfeplanverfahren und die Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII gemeinsam entwickelt.

 

-          Im Rahmen des Modellprojektes „Koordinierungszentrum Kinderschutz – kommunale Netzwerke früher Hilfen“ werden alle Institutionen, die im Kinderschutz mitwirken, z.B. der öffentlichen und freien Jugendhilfe, des Familiengerichts, der Polizei und des Gesundheitswesens zusammengeführt. Durch die Entwicklung eines Netzwerkes und die Qualifizierung der Mitwirkenden sollen riskante Lebenssituationen von Kindern und Familien frühzeitig erkannt werden und der Schutz von Kindern vor Gewalt, Vernachlässigung und Misshandlung verbessert werden.

 

Das DJI hat festgestellt, dass die Fach- und Leitungskräfte durchweg an der fachlichen Weiterentwicklung der Umsetzung des Schutzauftrages interessiert sind.

 

Bei der Empfehlung zur Weiterentwicklung hat das DJI auf 4 Einschränkungen hingewiesen:

1.        Schmale Datenbasis.

2.        Fehlende Vergleichsdaten.

3.        Lücken (z.B. Qualität der Hilfebeziehung)

4.        Nur Momentaufnahmen.

 

Sachstand zur Umsetzung der Empfehlung des DJI:

1.    Empfehlung zu Arbeitsabläufen und Einschätzungsprozessen bei der Bearbeitung von Gefährdungsfällen.

       -    Drei Vertreter aus den Regionalbereichen erarbeiten in einem AK „Kindeswohlgefährdung“ Arbeitshilfen zur standardisierten Risikoeinschätzung.

 

       -    Die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen in das Schutzkonzept wird konsequenter beachtet.

 

       -    Fortbildung von drei Mitarbeitern aus den jeweiligen Regionalbereichen zum Thema „Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung“

            Modul 1: Umgang mit psychiatrischen Erkrankungen und Sucht in Verbindung § 8a SGB VIII

            Modul 2: Rechts- und Entscheidungssicherheit im Umgang mit § 8a SGB VIII

            Modul 3: Beobachtungs- und Bewertungskriterien im Handlungsalltag in Verbindung mit § 8a SGB VIII

 

2.    Empfehlung zu geeigneten Hilfen:

       -    Ausbau von Krippenplätzen wird konsequent verfolgt.

 

       -    Die Anwendung des § 29 SGB VIII wird mit dem Landkreis im Rahmen der Fortschreibung des Lüneburgvertrages diskutiert.

 

       -    Krisenintervention unterhalb des Einsetzens von Familienaktivierung wird in einem Regionalbereich erprobt. Etwas im Sommer 2009 wird überprüft, ob die Übertragung auf die anderen Regionalbereiche sinnvoll ist.

 

       -    Zur Information der Jugendlichen über Dienstangebote wurde davon Abstand genommen, einen weiteren Flyer zu entwickeln. Alle Stadtteilhäuser und Jugendtreffs haben ihre Informationsflyer über Angebote, Sprechzeiten, Projekte usw. Der Flyer speziell für Kinder und Jugendliche, den es seit Jahren gibt, wird aktualisiert.

 

       -    Fachkräfte des ASD gehen in Schulen und stellen dort die Arbeit vor Ort vor. Die Schulen und Kindertagesstätten sind in den Stadtteilrunden vertreten.

 

       -    Die Jugendamtsleiterin hat schon zweimal um Teilnahme im AK Schwangeren und Schwangerschaftskonfliktberatung gebeten. Demnächst soll ein Termin stattfinden.

 

3.    Empfehlungen zur Dokumentation

       -    Formulare und Vordrucke wurden aktualisiert. Die technische Umsetzung gestaltet sich schwierig und der Bereich EDV ist involviert.

 

       -    Die Aussagen im Rahmen der Dokumentation wurden aussagekräftiger gestaltet.

 

4.    Empfehlungen zur Personalsituation:

       -    Den Anträgen zum Stellenplan 2009 wurde gefolgt.

 

       -    Im Rahmen der IBM wird z. Zt. das Thema „ASD – Personalbemessung“ bearbeitet. Das Ziel ist, einen Mindeststandard für die Arbeit festzulegen. Frist ist 04/09. Das Ergebnis wird abgewartet und überprüft, inwieweit es auf die Situation des ASD übertragbar ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu einem höheren Personalbedarf kommt, ähnlich wie bei der GIS-Studie für den Pflegekinderbereich.

 

5.    Empfehlungen zur Organisationsstruktur:

       -    Die Dienstanweisungen sind aktualisiert.

 

       -    Das Fachkontrollierung wird seitens der Fachkräfte begrüßt.

 

       -    Zunehmend werden externe Fachkräfte zur Risikoeinschätzung zugezogen.

 

       -    Z.Zt. wird überlegt, ob es Sinn macht, wenn Fachkräfte des ASD die Zusatzausbildung zur „insoweit erfahrenen Fachkraft“ absolvieren.

 

6.    Empfehlung zur Fortbildung:

       -    Nach wie vor sind alle Fachkräfte an Fortbildungen interessiert.

 

       -    Aufgrund des offenen Umgangs über Fortbildungen haben sich Schwerpunkte gebildet, die als allgemein akzeptiert werden, so dass das Fortbildungsbudget allen zur Verfügung steht und über das gemeinsam gesprochen und verfügt wird.

 

       -    Im März ist ein 2-tägige Innenhaus-Fortbildung zum Thema „Borderline“ (wichtig für die Risikoeinschätzung).

 

       -    Die Innenhaus-Veranstaltung mit den Familienrichtern konnte noch nicht stattfinden.

 

       -    Die Projektleiter des Koordinierungszentrums Kinderschutz – kommunales Netzwerk früher Hilfen – werden im April eine Workshop für die Fachkräfte der Jugendämter der Stadt und des Landkreises Lüneburg zum Sachstand und zu Risikofaktoren im Kinderschutz anbieten.

 

7.    Empfehlung zur Kooperation/Vernetzung:

       -    Das Procedere Fallabgaben/Fallübernahmen wurde auf der Jugendamtsleiter-Tagung des ehemaligen Regierungsbezirks thematisiert. Alle Jugendamtsleiter und Jugendamtsleiterinnen verständigten sich darauf, auf der Grundlage des Deutschen Städtetages und der AGJÄ zu verfahren. Unabhängig davon wird die Arbeitsgemeinschaft der ASD-Leitungskräfte mit der Thematik noch einmal auseinandersetzen.

 

       -    Die Zusammenarbeit mit der KJPP wird immer wieder thematisiert, und zwar im persönlichen Austausch auf der Leitungsebene als auch fallbezogen durch die Fachmitarbeiter im Rahmen der Einzelfallmitgestaltung. Unabhängig davon gestaltet sich die fallbezogene Arbeit, gerade bezüglich der rechtzeitigen Information als schwierig. Es ist aber eine Phänomen, dass alle Vertreter der Jugendämter in Niedersachsen feststellen.

 

       -    Die Jugendamtsleiterin hat als Vertreterin der AGJÄ an der Rahmenvereinbarung zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe mitgearbeitet. Die Empfehlungen liegen z.Zt. zur Abstimmung der Arbeitsgruppe der Kinder- und Jugendpsychiatrien vor.

 

       -    Die Gespräche mit der psychiatrischen Klinik Lüneburg sind für das Frühjahr terminiert.

 

       -    Die Projektleitung des Koordinierungszentrums Kinderschutz – kommunales Netzwerk früher Hilfen – haben die Schnittstelle Jugendhilfe – Gesundheitshilfe positiv gefördert (dazu wird gesondert vorgetragen).

 

 

Die Expertise des DJI war und ist für die Weiterentwicklung des Kinderschutzes in der Hansestadt Lüneburg sehr wichtig. Die Empfehlungen werden nicht per „Anordnung“ einfach umgesetzt, sondern in den Teams erarbeitet. Dadurch werden Handlungsabläufe und Kommunikationsstrukturen gelebt und für die Praxis handhabbar umgesetzt. Selbstverständlich ist der Prozess der Umsetzung nicht abgeschlossen. Hilfreich und wichtig für die Weiterentwicklung der Jugendhilfe ist das kommunale Netzwerk früher Hilfen, nicht nur weil hier Kooperation zwischen Jugend- und Gesundheitshilfe gefördert werden, sondern auch professionsübergreifend der Kinderschutz in der Hansestadt Lüneburg weiterentwickelt wird.

Finanzielle Auswirkungen:

Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a)   für die Erarbeitung der Vorlage:                                                         50,--

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b)   für die Umsetzung der Maßnahmen:

c)  an Folgekosten:                                

d)   Haushaltsrechtlich gesichert:

            Ja

            Nein      

            Haushaltsstelle:  

            Haushaltsjahr:    

 

e)   mögliche Einnahmen: