Bürgerinformationssystem

Vorlage - VO/11220/24  

 
 
Betreff: Bericht über den Fortschritt im Prozess der Kampfmittelerforschung- und beseitigungsmaßnahmen im Stadtgebiet
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:Fr. Pickbrenner
Federführend:Bereich 32 - Ordnung und Verkehr Bearbeiter/-in: Wex, René
Beratungsfolge:
Ausschuss für Feuerwehr und Gefahrenabwehr Kenntnisnahme
16.05.2024 
Sitzung des Ausschusses für Feuerwehr und Gefahrenabwehr zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Finanzielle Auswirkungen
Anlage/n
Beschlussvorschlag

Sachverhalt:

Mit dieser Vorlage wird dem Ausschuss für Feuerwehr und Gefahrenabwehr ein Bericht zur aktuellen Entwicklung und dem erzielten Fortschritt im Prozess der Kampfmittelerforschungs- und beseitigungsmaßnahmen vorgelegt. Positiv hervorzuheben ist, dass die im vergangenen Jahr neu eingeführte Stelle für die strategische Gefahrenabwehr zum 1. März 2024 erfolgreich besetzt werden konnte. Diese wesentliche personelle Verstärkung ermöglicht es u.a., die Maßnahmen zur Kampfmittelbeseitigung wesentlich effektiver und effizienter zu betreiben.

 

 

I. Ausgangssituation

Im Zuge der stetigen Bemühungen, das Sicherheitsniveau und das Wohlergehen der Einwohner:innen sowie der Besucher:innen Lüneburgs zu gewährleisten, hat die Verwaltung im Bereich der Gefahrenabwehr einen besonderen Schwerpunkt auf die Erkennung und Neu-tralisierung möglicher Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg gelegt. Die Gefahr, die von Kampfmitteln ausgeht, verstärkt sich zunehmend mit dem fortschreitenden Alterungs- und Korrosionsprozesses des Materials.

 

Die gegenwärtige Einschätzung der Kampfmittelbelastung in Lüneburg stützt sich auf drei elementare Quellen, welche eine umfassende Bewertung potenzieller Verdachtsflächen für Bombenblindnger ermöglicht haben. Dabei handelt es sich um das initiale Gutachten, erstellt im Jahr 2011 durch ein privates Spezialunternehmen, Aussagen von Zeitzeugen sowie detaillierte Auswertungen historischer Luftaufnahmen, um ehemalige Bombardierungsgebiete und mögliche Kampfmittelverdachtsflächen zu identifizieren.

 

Dadurch wurde eine grundlegende Basis für die Ermittlung von Blindgängerverdachtspunkten (BVP) geschaffen, die zu einer partiellen Identifizierung und Eliminierung von Kampfmitteln in der Vergangenheit führte.

 

 

II. Status Quo

Die Verwaltung initiierte aufgrund fortschrittlicher, softwaregestützter Auswertungstechniken für Luftbilder in den Jahren 2016 und 2023 eine neuerliche Untersuchung des Stadtgebietes durch ein spezialisiertes Unternehmen.

 

Ziel war es, die Qualität und den Umfang der vorhandenen Datenbasis zu verbessern und somit eine solide Grundlage für zukünftige Kampfmittelerforschungsmaßnahmen zu etablieren. Die Ergebnisse der letzten Begutachtung wurden der Verwaltung im Februar 2024 vorgelegt.

 

Im Jahr 2023 führte das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) im Auftrag eines Unternehmens eine umfassende Untersuchung durch, die einen bedeutenden Teil des Stadtgebietes Lüneburg abdeckte. Die detaillierten Ergebnisse dieser ausführlichen Analyse durch das LGLN wurden Anfang März 2024 dem Bereich 32 - Ordnung und Verkehr- Gefahrenabwehr, der Hansestadt Lüneburg final bereitgestellt.

 

Durch die Anwendung verbesserter technischer Auswertungsmethoden konnten nun in Summe 95 Blindgängerverdachtspunkte (BVP) im Stadtgebiet identifiziert werden.

 

Der Großteil dieser Verdachtspunkte bezieht sich auf die Stadtteile Schützenplatz, Rotes Feld, Kaltenmoor, Wilschenbruch, Oedeme und Bockelsberg.

 

 

III. Weitere Vorgehensweise

Die kürzlich erstellten Gutachten und Auswertungen der LGLN dienen als grundlegende Datenbasis für die zukünftige Planung und Priorisierung von Gefahrenerforschungsmaßnahmen und ggf. der Gefahrenbeseitigung. Unter Einbeziehung des Fachbereichs 72-2 Geodaten und Vermessung wurden die Erkenntnisse im städtischen Geoinformationssystem implementiert.

 

Die im Kontext der Kampfmittelerforschung definierten Maßnahmen sollen mit größtmöglicher Sorgfalt und Effizienz durchgeführt werden, um die von nicht neutralisierten Kampfmitteln ausgehenden Risiken zu minimieren. Das übergeordnete Ziel besteht darin, die Sicherheit der Einwohner:innen der Hansestadt Lüneburg sowie ihrer Besucher:innen langfristig zu gewährleisten. Die mit der Erforschung und evtl. Beseitigung von Blindgängerverdachtspunkten (BVP) verbundenen Kosten sind durch Rückstellung aus 2023 im Haushaltsplan 2024 mit € 900.000,- berücksichtigt.

 

 

IV. Kurzdarstellung: Gefahrenerforschungsmaßnahmen und -beseitigung

 

1. Zusammenführung der Gutachten (bereits abgeschlossen)

Ziel: Erstellung einer einheitlichen Datenbasis aus den Gutachten der Privatfirma und des Landesamtes für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN).

 

2. Gefahrenanalyse und Priorisierung der BVP  

Ziel: Bewertung und Klassifizierung der BVP basierend auf dem Risiko für die öffentliche Sicherheit und die kritischen Infrastrukturen.

 

3. Ausschreibung Rahmenvereinbarungr Kampfmittelgefahrenerforschung

Ziel: Sicherstellung einer transparenten, kompetenten und effizienten Durchführung der Kampfmittelsondierung und ggf. -räumung.

 

4. Entwicklung eines Aktionsplanes mit Blaulichtorganisationen

Ziel: Gewährleistung einer effektiven und abgestimmten Reaktion im Falle der Entdeckung von Kampfmitteln.

 

6. Eigentümer-Kontaktaufnahme/Öffentliche Kommunikation

Ziel ist es, das Bewusstsein insbesondere der betroffenen Grundstückseigentümer:innen auch der Öffentlichkeit im Allgemeinen r die Problematik der Kampfmittel und die Notwendigkeit der Kampfmittelgefahrenerforschung zu schärfen. Es soll das Verständnis für sicherheitsrelevante Aspekte gestärkt und die aktive Beteiligung der Bevölkerung am Sicherheitsprozess gefördert werden.

 

7. Durchführung der Kampfmittelgefahrenerforschung

Ziel: Systematische Überprüfung der BVP nach Priorität, um die Präsenz von Kampfmitteln zu bestätigen oder gegebenenfalls zu identifizieren und deren sichere Beseitigung zu gewährleisten.

 

8. Nachbereitung der Kampfmittelsondierung

Ziel: Sicherstellung einer umfassenden Dokumentation und Bewertung der Sondierungsergebnisse, um langfristige Sicherheit zu gewährleisten und Verbesserungenr zukünftige Maßnahmen abzuleiten. Abrechnung der entstandenen Kosten.

 

 

V. Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung für Kampfmittelerforschung

Das Vergabeverfahren wird gemäß § 3 Abs. 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) als beschränkte Ausschreibung mit vorheriger Aufforderung zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb) durchgeführt. Es ist beabsichtigt, die Vergabeunterlagen nach der Wertung der Teilnahmeanträge an die gesetzlich vorgeschriebenen geeigneten Mindestbewerber zu versenden. Das Vergabeverfahren wird zweistufig durchgeführt.

 

Angesichts der quantitativen Dichte der Verdachtspunkte auf Blindgänger, der topographischen Gegebenheiten sowie der spezifischen Lage der betreffenden Areale ergibt eine Marktanalyse, dass die Ausgaben für die Kampfmittelerforschung (Sondierungsmaßnahmen) bis 500.000 Euro betragen dürften. Nicht in dieser Kostenschätzung enthalten sind die Ausgaben für Evakuierungsmaßnahmen, die im Zuge der Auffindung eines Blindgängers anfallen würden, sowie die Kosten für die Schadenswiedergutmachung im Falle, dass kein Blindgänger aufgefunden wird.

 

Zeitplan Vergabeverfahren:

 

Betreff

Beginn

Datum, Uhrzeit

Ende

Datum, Uhrzeit

Veröffentlichen der

Ausschreibung

10.05.2024

 

Frist zur Einreichung

von Bieterfragen

10.05.2024

10.06.2024

Frist zur Einreichung der

Teilnahmeanträge (1. Stufe)

10.05.2024

13.06.2024, 09 Uhr 

Aufforderung zur

Angebotsabgabe (2. Stufe)

20.06.2024

 

Frist zur Abgabe des

Angebotes

 

30.07.2024, 09 Uhr

Vergabebeschluss durch den

Verwaltungsausschuss

 

20. 08.2024 (spätestens

bis 01.09.2024)

Ende der Zuschlags-/

Bindefrist

 

 

15.09.2024

 

 

VI. Umgang mit anfallenden Kosten

Sollten die auf behördlich angeordneten und durchgeführten Kampfmittelerforschungsmaßnahmen keinen Befund ergeben und damit lediglich eine sog. Anscheinsgefahr bestanden haben, trägt die zuständige Behörde gemäß § 24 VwVfG die Gesamtkosten.

 

Bei einem Fund von Kampfmitteln übernimmt das Land Niedersachsen aus Billigkeitsgründen die Kosten für deren Entschärfung, Abtransport und Vernichtung entsprechend dem Erlass des Nds. Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 08.12.1995 (505-62827/40).

 

Die Kosten für die Gefahrenerforschung sowie für die notwendigen Evakuierungsmaßnahmen fallen nicht unter die finanzielle Verantwortung des Landes Niedersachsen.

 

Diese Aufwendungen, einschließlich der Kosten für Kampfmittelsondierung und Evakuierung, können gemäß den §§ 7 und 66 Niedersäschsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) den Eigentümerinnen und Eigentümern der betroffenen Grundstücke auferlegt werden. Die Hansestadt Lüneburg hat aus Billigkeitsgründen bislang davon abgesehen, die Kosten für Evakuierungsmaßnahmen in Rechnung zu stellen.

.


Folgenabschätzung:

 

A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs

 

 

 

Ziel

Auswirkung positiv (+)

und/oder

negativ ()

 

Erläuterung der Auswirkungen

1

Umwelt- und Klimaschutz (SDG 6, 13, 14 und 15)

+

Zahlreiche Sprengstoffe beinhalten toxische Bestandteile, darunter Benzol, wodurch sie eine signifikante Umweltbedrohung darstellen. Laut einer Stellungnahme der Bundesregierung enthalten Sprengstoffe hauptsächlich Nitroverbindungen, einschließlich 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT), Hexanitrodiphenylamin (HND), Trinitrokresole (TNK), Tetranitroanilin (Tetryl), Tetranitronaphthalin (TNN), Ammoniumpikrat (Explosivstoff D), Hexogen (RDX) und Nitroguanidin (Nigu). Diese chemischen Verbindungen können aufgrund ihrer Löslichkeit in Wasser das Grundwasser erheblich kontaminieren. Besonders salzartige Verbindungen stellen aufgrund ihrer hohen Löslichkeit eine ausgeprägte Gefahr dar. Die Entschärfung und Beseitigung von Kampfmitteln leistet daher einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Grundwasserqualität.

2

Nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11)

 

 

3

Bezahlbare und saubere Energie (SDG 7)

 

 

4

Nachhaltige/r Konsum und Produktion (SDG 12)

 

 

5

Gesundheit und Wohlergehen (SDG 3)

+

Aufgrund identifizierter Verdachtspunkte für Blindgänger besteht potenziell eine Gefahr durch Kampfmittel. Durch gezielte Untersuchungen können diese, falls vorhanden, identifiziert und entfernt werden.

 

Dies dient dem Schutz der Bevölkerung sowie kritischer Infrastrukturen, einschließlich Einrichtungen wie z.B. Mehrgenerationen.

6

Hochwertige Bildung

(SDG 4)

 

 

7

Weniger Ungleichheiten

(SDG 5 und 10)

 

 

8

Wirtschaftswachstum

(SDG 8)

 

 

9

Industrie, Innovation und Infrastruktur (SDG 9)

 

 

Die Ziele der nachhaltigen Entwicklungneburgs leiten sich eng aus den 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen ab. Um eine Irreführung zu vermeiden, wird durch die Nennung der UN-Nummerierung in Klammern auf die jeweiligen Original-SDG hingewiesen.

 

 

B) Klimaauswirkungen

 

a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)

 

 Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen
 

 Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr

 

und/oder
 

X Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr

 Bohr- und ggf. Baggerarbeiten sind durchzuführen.

 

 

b)  Vorausgegangene Beschlussvorlagen

 

 Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.

 

 

c)  Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)

 

 Die Vorgaben wurden eingehalten.

 Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar.

oder

X Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Kosten (in €)

a) r die Erarbeitung der Vorlage: 36,50 €

aa)  Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc.

b) r die Umsetzung der Maßnahmen: Es sind mit Kampfmittelerforschungskosten in Höhe von 900.000 Euro zu rechnen.

c)  an Folgekosten: 

d) Haushaltsrechtlich gesichert:

 X  Ja

 Nein 

 Teilhaushalt / Kostenstelle: 32020 

 Produkt / Kostenträger:

 4431090 Vermessung, Gutachten u.ä. / 12200902 Allgemeine Gefahrenabwehr

 Haushaltsjahr: 2024 

 

e)  mögliche Einnahmen:

 

Wie im Ausschuss für Feuerwehr und Gefahrenabwehr vom 22.11.2023 unter TOP 11 mitgeteilt, wird mit einer Rückflussquote der Sondierungskosten von 15 % (75.000,- EURO) gerechnet.

 

Anlagen:

 

 


Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Feuerwehr und Gefahrenabwehr nimmt den Bericht zum Fortschritt der Kampfmittelgefahrerforschungs- und -beseitigungsmaßnahmen zur Kenntnis.