Bürgerinformationssystem
Sachverhalt: Bürger:innenräte sind ein freiwilliges Instrument der Partizipation, an dem Bürger:innen, die durch ein Losverfahren zufällig ausgewählt wurden, ein festgelegtes Thema beraten. Durch die Zufallsauswahl soll eine gewisse Chancengerechtigkeit für alle Bürger:innen ermöglicht werden und Menschen beteiligt werden, die sich sonst nicht in politische Prozesse einbringen. Ein Bürger:innenrat besteht bewusst nicht aus Gruppen- bzw. Interessensvertreter:innen. Hier begegnen sich Menschen, die sonst idR. nicht in den Austausch miteinander gehen. Ein Bürger:innenrat tagt auf bestimmte Dauer, für jede neue Fragestellung wird ein neuer Rat einberufen. Im Ergebnis steht ein Bürger:innengutachten, das dem Rat als Empfehlung vorgelegt wird. Das Ergebnis des Gutachtens ist nicht verpflichtend, entfaltet keine Rechtsbindung. Abgesehen von den inhaltlichen Empfehlungen durch den Bürger:innenrat führt Bürger:innenbeteiligung (für die Bürger:innenräte nur ein Beispiel sind), zu mehr Verständnis der Bürger:innen für Politik und Verwaltungshandeln. Über die Teilnahme bzw. die öffentliche Begleitung von Bürger:innenräten wird ein Eindruck von der Komplexität der Themen und politischen Entscheidungen vermittelt.1 Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Wuppertaler Politikwissenschaftler Hans Joachim Lietzmann sehen in Bürger:innenräten eine Möglichkeit, das Vertrauen in die Politik zurück zu gewinnen bzw. sogar zu stärken. (vgl. „Sachverständige: Bürgerräte fördern Akzeptanz für politische Entscheidungen“, Texte Deutscher Bundestag, 2022)
Bürger:innenräte für Lüneburg Auf der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Ehrenamt am 13.01.2022 wurde beschlossen, zur Umsetzung der Einrichtung von Bürger:innenräten für Lüneburg eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zu gründen. Anlass war der Antrag „Beteiligung ist der Schlüssel - Bürger:innenräte in Lüneburg ab 2022“ der SPD-Fraktion vom 06.12.2021 (VO/09822/21), der vom Rat in den Ausschuss Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Ehrenamt verwiesen wurde (VO/09822/21-1).
Interfraktionelle Arbeitsgruppe Bürger:innenräte Die interfraktionelle Arbeitsgruppe (AG) setzt sich aus jeweils einer Person aus jeder Fraktion des Rats, drei Personen des Zukunftsrates und Verwaltungsmitarbeiter:innen der Stabsstelle Nachhaltige Stadtentwicklung zusammen. Arbeitsgrundlage für die AG sind die Beschlussvorlagen (VO/09822/21, VO/09822/21-1), das Konzept „Lüneburger Bürger*innendialog: Ziele, Struktur und Verfahren eines Bürger*innenrats in Lüneburg“ des Zukunftsrates (Juni 2021) und die Stellungnahme der Verwaltung (20.12.2021). Arbeitsauftrag ist
Dazu tagte die AG bisher insgesamt fünf Mal (09.03.23, 03.05.23, 05.07.23, 23.08.23, 20.09.23). An den Sitzungen waren jeweils mindestens zwei Vertreter:innen aus Politik sowie mindestens je ein:e Vertreter:in des Zukunftsrates und aus der Verwaltung anwesend. Bei Entscheidungen waren alle AG-Mitglieder aufgefordert, ihre Meinung über eine anonyme Online-Abfrage einzubringen, insbesondere, wenn sie nicht teilnehmen konnten. Die Inhalte aller Sitzungen wurden dokumentiert, die Zusammenfassung der Inhalte und Vereinbarungen im Nachgang an alle Mitglieder der AG versandt.
Testdurchlauf Bürger:innenrat Ende 2023/Anfang 2023 In ihrer dritten Sitzung vereinbarte die AG, dass die Durchführung eines ersten Bürger:innenrat als Testlauf empfohlen wird, bevor eine abschließende Festlegung und Ratsentscheidung über eine dauerhafte Einführung von Bürgerräten erfolgt. Dieser Testlauf soll evaluiert werden. Die Evaluation erfolgt in Kooperation mit einem Seminar an der Leuphana. Anhand der Erfahrungen aus dem Testlauf und den Evaluationsergebnissen wird das Konzept für Bürger:innenräte in Lüneburg finalisiert. Dieses wird dem Rat anschließend vorgelegt.
Als Rahmenbedingungen für den Testlauf schlägt die AG Folgendes vor:
Dem Bürger:innenrat gehören 30 Personen an, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden. Teilnehmen können alle Menschen über 16 Jahre mit Wohnsitz in Lüneburg. Die Zufallsauswahl erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren, um eine ausgewogene und möglichst für Lüneburg repräsentative Verteilung (soziodemografische Kriterien, Bildungshintergrund, u. ä.) bei den Teilnehmenden zu erreichen: Stufe 1: Eine Einladung zur Teilnahme am Bürger:innenrat wird an eine Zufallsauswahl an Adressen aus dem Melderegister geschickt. Dabei werden die Adressen so ausgewählt, dass sie repräsentativ nach der Einwohner:innenverteilung sind. Erfahrungsgemäß liegt die Rücklaufquote bei ca. 5%, sodass insgesamt 600 Adressen angeschrieben werden sollen. Die Erfahrungswerte stammen aus anderen Kommunen und Literatur.
Die Melderegisterauskunft zur Etablierung eines Bürger:innenrates ist gegeben, denn sie dient der Beratung und Unterstützung der direkt gewählten Abgeordneten und somit der Ergänzung der repräsentativen Demokratie, was ein öffentliches Interesse begründet.1 Demnach ist § 46 Abs. 1 Satz 1 Bundesmeldegesetz: „Eine Melderegisterauskunft über eine Vielzahl nicht namentlich bezeichneter Personen (Gruppenauskunft) darf nur erteilt werden, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt.“ zutreffend. Stufe 2: Die Eingeladenen werden gebeten mit ihrer Rückmeldung zur Bereitschaft einer Teilnahme am Bürger:innenrat einen Fragebogen zu sich selbst zu beantworten, um weitere Kriterien, die zu einer vielfältigen Besetzung des Bürger:innenrates führen, prüfen zu können. In der Einladung wird dieses Vorgehen transparent gemacht und erklärt, dass, wenn die Anzahl der Rückmeldungen die Plätze im Bürger:innenrat übersteigt, eine Teilnahme nicht garantiert ist.
Ziel ist eine Besetzung anzustreben, die folgende Kriterien erfüllt (TN = Teilnehmende):
[1] FLINTA steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans- und a-gender Personen. Die Teilnehmendenzahlen entsprechen aktuellen niedersächsischen bzw. Lüneburger Statistiken (Auskunft Melderegister [Stand 07/2023], Zensus, LSN). Da es sein kann, dass nicht alle Kriterien wie vorgesehen durch die Personen erfüllt werden, die sich für eine Teilnahme bereit erklärt haben, soll ein Toleranzkriterium von + /- 2 Personen möglich sein. Die Erfahrungen aus dem Testlauf sollen dann zeigen, ob dies praktikabel ist oder hierbei noch Änderungen erforderlich werden. Stufe 3: Für die Fälle, dass die Rückläufe zu den Einladungen, die an zufällig ausgewählte Adressen geschickt werden, a) zu gering sind und/oder b) die gewünschte Zusammensetzung des Bürger:innenrates nicht erreicht werden kann (s. Stufe 2), werden mögliche Teilnehmende für den Bürger:innenrat gezielt nochmal kontaktiert bzw. aufgesucht. So können die Menschen im direkten Gespräch über die Teilnahme am Bürger:innenrat informiert und so ggf. dazu gewonnen werden, mitzuwirken.
Die interfraktionelle AG schlägt vor, dass die Teilnehmenden am Bürger:innenrat für ihre Sitzungsteilnahme eine Aufwandsentschädigung entsprechend §1 der der Entschädigungssatzung der Ratsfrauen, und -herren, Ortsratsmitglieder und ehrenamtlich Tätigen der Hansestadt Lüneburg (Fassung 28.04.2020) erhalten. Diese liegt aktuell (einschließlich der Fahrtkosten) bei 35,00€ je Sitzung. Um die Teilnahme für Personengruppen mit besonderen Unterstützungsbedarfen und mit Fürsorge-Verpflichtungen zu ermöglichen, ist eine Aufwandentschädigung entsprechend §5 dieser Entschädigungssatzung (Höchstbetrag von 25,00€ / Stunde, maximal 8h / Tag). Darüber hinaus fallen Kosten zur Durchführung des Auswahlverfahrens und der Sitzungen des Bürger:innenrates („BRat“) an. Es wird von folgenden Kosten ausgegangen:
Jeder Bürger:innenrat bearbeitet jeweils nur ein Thema. Für ein neues Thema wird ein neuer Bürger:innenrat einberufen. Der Zukunftsrat schlägt in seinem Konzept zur Festlegung des Themas für einen Bürger:innenrat vor, einen Bürger:innenausschuss einzurichten. Der Bürger:innenausschuss soll u.a. Themen, mit denen sich die Bürger:innenräte befassen sollen, sammeln, prüfen und festlegen. Weiter schlägt er vor, wer Themen vorschlagen kann. Die interfraktionelle AG hat bisher noch nicht tiefergehend beraten, wer Themenvorschläge einreichen kann und wer entscheidet, welches Thema bearbeitet wird. Die AG schlägt vor, die langfristige Klärung zur Festlegung der Themen, die von Bürger:innenräten in Lüneburg bearbeitet werden, nach dem Testlauf vorzunehmen. Für den Testlauf wird das Thema von der interfraktionellen AG Bürger:innenräte vorgeschlagen und durch ein Gremium der Hansestadt Lüneburg festgelegt. Die interfraktionelle AG Bürger:innenräte hat Themenvorschläge beraten, die aktuell noch verwaltungsintern geprüft werden und in der Sitzung vorgestellt werden.
Zur Bearbeitung des Themas „Nutzungskonzept Glockenhaus“ ist geplant, dass sich der Bürger:innenrat zu drei bis vier Sitzungen trifft. Die Sitzungen werden von einer Moderation begleitet. Da zur Teilnahme am Bürger:innenrat kein Vorwissen zum Thema erwartet wird, erhalten die Bürger:innen Inputs von Expert:innen zum bearbeitenden Thema. Bei der Auswahl der Expert:innen ist es entscheidend, dass verschiedene Perspektiven als Inputs eingebracht werden. Die erste Sitzung des Testlaufs soll an einem Wochenende im Januar/Februar 2024 stattfinden. Um die organisatorische Vorbereitung kümmert sich die Stelle Bürger:innenbeteiligung der Stabsstelle Nachhaltige Stadtentwicklung in Rücksprache mit der interfraktionellen AG Bürger:innenräte. Die genaue Ausgestaltung der Termine (Wochenende, Abend, o.ä.) wird mit den Teilnehmenden des Bürger:innenrates festgelegt. Der Testlauf des Bürger:innenrates soll öffentlichkeitswirksam begleitet werden. Dadurch soll das Instrument bekannt gemacht werden, sodass Menschen, die für mögliche zukünftige Bürger:innenräte angeschrieben werden, eine Idee davon haben, was sie erwartet. Die Ergebnisse des Bürger:innenrates, das sog. Bürger:innengutachten, werden im Stadtrat und im Nachgang in einer öffentlichen Veranstaltungen für Bürger:innen vorgestellt. Basierend auf den Ergebnissen der Evaluation des Testlaufs wird das Konzept für Bürger:innenräte in Lüneburg überarbeitet und anschließend dem Stadtrat mit Beschlussvorschlag vorgestellt.
Folgenabschätzung:
A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs
B) Klimaauswirkungen
a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)
□ Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen □ Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
und/oder □ Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
b) Vorausgegangene Beschlussvorlagen
□ Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.
c) Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)
□ Die Vorgaben wurden eingehalten. □ Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar. oder x Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: 84€ aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: 50.000€ c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: 111040 - Bürger:innenbeteiligung Haushaltsjahr: 2024
e) mögliche Einnahmen:
Anlagen:
Beschlussvorschlag: Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt, dass ein Testlauf für einen ersten Bürger:innenrat in Lüneburg durchgeführt wird, bevor es eine Entscheidung zur Einrichtung der Bürger:innenräte in Lüneburg gibt. Der Rat der Hansestadt beschließt, dass die Verwaltung beauftragt wird, Haushaltsmittel für den Testlauf und einen weiteren Bürger:innenrat in Höhe von insg. 50.000€ in den Haushalt für 2024 einzustellen. Der Rat der Hansestadt beschließt, dass im den Testlauf das Thema „Nutzungskonzept Glockenhaus“ bearbeitet wird.
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