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Sachverhalt:
Der Rat der Hansestadt Lüneburg hat in seiner Sitzung am 13.07.2022 u.a. über die Erschließung des Baugebietes „Am Wienebütteler Weg“ (siehe VO/10171/22-1) beraten und die Verwaltung trotz der aufgezeigten finanziellen Risiken beauftragt, mit der Erschließung zu beginnen mit der Maßgabe, dass
wegen der eventuellen haushaltsrechtlichen Fragen insb. des fiskalischen Risikos eine positive kommunalaufsichtsrechtlichen Prüfung vorliegt und die Avacon Natur GmbH vor Beginn der Erschließungsarbeiten eine Erklärung abgibt, dass die Erschließungsarbeiten für das geplante kalte Nahwärmenetz trotz des anhängigen Normenkontrollverfahrens auf Risiko des Unternehmens erfolgen.
Die Verwaltung hatte dargelegt, dass gegen den Bebauungsplan Nr. 174 „Am Wienebütteler Weg" ein Normenkontrollantrag gemäß § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingereicht wurde. Bei einer vorzeitigen, d.h. vor Abschluss eines Gerichtsverfahrens vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG), Beauftragung der Erschließungsleistungen inkl. Planungsleistungen bestünde ein hohes, finanzielles Risiko, sofern die Antragsteller mit ihrem Antrag, den Bebauungsplan für unwirksam zu erklären, in Gänze oder in Teilen obsiegen.
Nach Beschlussfassung des Rates am 13.07.2022 trat die Verwaltung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport (MI – Kommunalaufsicht) in Kontakt, um die von dem die Stadt beratenden Rechtsanwalt aufgeworfene Fragestellung zu klären, ob ein genehmigungspflichtiges, kreditähnliches Rechtsgeschäft vorläge, wenn trotz des Risikos eines schwebenden Normenkontrollverfahrens mit der Erschließung begonnen und insbesondere die Abwasser, Grün und Lüneburger Service GmbH (AGL) diesbezüglich von jeder Haftung freigestellt würde. Hierum hatte die Geschäftsführung im Rahmen ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ausdrücklich gebeten. In der Folgezeit wurden hierzu von der Kommunalaufsicht weitere Informationen und Unterlagen angefordert.
Diese Auskunft warf weitere Fragen auf, die in einem Gespräch mit der Kommunalaufsicht im Dezember erörtert wurden. Dabei wurde erarbeitet, dass eine reine Gesellschafterweisung an die AGL, mit den Erschließungsarbeiten zu beginnen, genehmigungsfrei sein könnte. Sobald ausdrücklich eine Haftungsübernahme-/Patronatserklärung gegenüber der AGL abgegeben werde, sei dies jedoch genehmigungspflichtig und setze eine umfassende kommunalaufsichtliche Prüfung der beabsichtigten Haftungsfreistellungserklärung sowie unter haushalterischen Gesichtspunkten die Prüfung der im Krediterlass des MI festgelegten Kriterien voraus.
Angesichts des vorgenannten hohen Prüfungsmaßstabes und des damit verbundenen Zeitfaktors, erfolgte im Anschluss eine gesellschaftsrechtliche Prüfung mit der Fragestellung, ob ein „Weisungsbeschluss“ an die Geschäftsführung eine Haftungsfreistellung bedeute, auch wenn dies die Weisung nicht ausdrücklich zum Ausdruck bringe. Die gesellschaftsrechtliche Prüfung hat ergeben, dass durch die Option „Gesellschafterweisung ohne gesonderte Haftungsfreistellungserklärung“ das Ziel erreicht wird, ein Haftungsrisiko für Geschäftsführung und Aufsichtsrat der AGL auszuschließen und eine zeitintensive kommunalaufsichtliche Genehmigung damit entbehrlich ist. Die Vorgehensweise wurde im Anschluss durch die Kommunalaufsicht als zulässig bestätigt, auch wenn das MI angesichts der Haushaltslage der Hansestadt ein Abwarten der Entscheidung des OVG angeregt hat.
Das OVG hat die Verhandlung über den Antrag auf den 04. Mai 2023 terminiert.
Die Avacon Natur GmbH hat zwischenzeitlich erklärt, dass sie die Errichtung der Wärmeversorgung für das Baugebiet „Am Wienebütteler Weg“ auf eigenes Risiko durchführen wird.
In der Aufsichtsratssitzung AGL am 12.04.2023 hat der Geschäftsführer, Herr Lars Strehse, den Aufsichtsrat hinsichtlich seiner Bedenken informiert, jetzt mit den Erschließungsarbeiten vor dem Hintergrund des schwebenden Verfahrens vor dem OVG zu beginnen und auf etwaige finanzielle Schäden hingewiesen. Demnach bestünden im „Worst-Case Szenario“ (siehe oben, VO/10171/22-1) finanzielle Risiken von rd. 18 Mio. € (Stand Juli 2022). Zudem gebe es finanzielle Risiken, sofern ein Baustopp per einstweiliger Verfügung verhängt werden sollte und von der AGL beauftragte Unternehmen Schadenersatzansprüche aufgrund zeitlichen Verzugs geltend machen könnten.
Der Aufsichtsrat hat die Ausführungen zur Kenntnis genommen. Diese Bedenken wurden auch der Gesellschafterin Hansestadt Lüneburg mitgeteilt.
Um nun die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat als Organe der Gesellschaft von einer möglichen Haftung freizustellen ist es erforderlich, der Geschäftsführung Weisung zu erteilen, mit den erforderlichen Arbeiten zur Erschließung des Baugebietes „Am Wienebütteler Weg“ zu beginnen.
Die Zuständigkeit des Rates für diese Entscheidung folgt auf Grundlage seines Beschlusses vom 23.03.2023 (vgl. VO/10580/23). Zwar liegt die Zuständigkeit für den der Weisung vorgelagerten Beschluss an die Gesellschafterversammlung grundsätzlich beim Verwaltungsausschuss. Der Rat hatte sich mit dem vorgenannten Beschluss gemäß § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG die Beschlussfassung über diese Entscheidung allerdings vorbehalten und damit seine Zuständigkeit begründet.
Folgenabschätzung:
A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs
B) Klimaauswirkungen
a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)
□ Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen X Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
und/oder X Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
b) Vorausgegangene Beschlussvorlagen
□ Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.
c) Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)
□ Die Vorgaben wurden eingehalten. □ Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar. oder X Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: Haushaltsjahr:
e) mögliche Einnahmen:
Anlagen:
Beschlussvorschlag:
Die städtischen Beteiligungsvertreter in der Gesellschafterversammlung der Abwasser, Grün und Lüneburger Service GmbH werden angewiesen, der Geschäftsführung die Weisung zu erteilen, mit den erforderlichen Arbeiten zur Erschließung des Baugebietes „Am Wienebütteler Weg“ zu beginnen.
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