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Auszug - Keine Autobahntrasse im Osten des Stadtgebietes (Antrag der Gruppe SPD/FDP vom 28.03.06 sowie Änderungsantrag der CDU-Fraktion vom 26.04.06)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 8.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 04.05.2006    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1891/06 Keine Autobahntrasse im Osten des Stadtgebietes (Antrag der Gruppe SPD/FDP vom 28.03.06 sowie Änderungsantrag der CDU-Fraktion vom 26.04.06)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Gruppe SPD / FDP
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter DÖRBAUM fasst die Argumente gegen die vom Straßenbauamt vorgestellte Vorzugstrasse der A 39 durch das Lüneburger Stadtgebiet zusammen. Das sei u.a. die innerstädtische Lage, die daraus folgende Lärmbelastung und Problematik in Katastrophen- oder Notfallsituationen, die Nähe zum historischen Kloster Lüne und der geplante, kostspielige Rückbau der Ostumgehung. Gegen eine solche Trasse werde die Stadt sich im Namen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vehement wehren. Dazu müsse deutlich gemacht werden, warum man die vorgeschlagene Trasse nicht akzeptieren könne und wo man sie sich statt dessen vorstellen könnte. Seines Erachtens wäre eine Westumfahrung für Lüneburg die günstigste Lösung. Er habe den Eindruck, dass bei der Umweltprüfung und dem Vergleich zwischen der westlichen und östlichen Variante das Schutzgut Mensch gegenüber dem Schutzgut Tier und Pflanze vernachlässigt worden sei. Im Osten wären viel mehr Bürger von der Trasse stärker betroffen, als bei der westlichen Lösung. Insgesamt müsse die erfolgte Gewichtung auch in den übrigen Punkten nochmals eingehend überprüft werden. Weitere Argumente für die westliche Umfahrung seien die Verkehrsströme in Lüneburg, die mit dem Zuwachs an Bürgern ebenfalls ansteigen und möglichst aus der Innenstadt ferngehalten werden sollten. Deshalb favorisiere er eindeutig eine Westumfahrung der Stadt als Ergänzung zur Ostumgehung. Er hoffe, dass der Rat der Stadt Lüneburg diesen Weg gemeinsam gehen werde und die Landtags- und Bundestagsabgeordneten der Region sich anschließen werden. Die A 39 sei nach wie vor das Ziel, aber mit einer verträglicheren Trasse, welche die Schutzgüter Mensch und Ökologie besser und konfliktärmer in Einklang bringe, als die jetzt vorgeschlagene Trassenvariante

 

Beigeordneter DR. SCHARF meint, es wäre gut gewesen, wenn die Ratsfraktionen schon früher eine gemeinsame Meinung vertreten hätten, dann wäre es vielleicht gar nicht zu diesem Trassenvorschlag gekommen. Er selbst habe seit 2002 mehrfach darauf hingewiesen, dass es aus seiner Sicht nur die 3 Möglichkeiten Westumfahrung, Ostumfahrung oder Ertüchtigung der Ostumgehung gebe. Er stehe weiterhin zu der Position, dass die A 39 notwendig sei, habe sich aber nie vorstellen können, dass eine solche Variante wie die jetzt vorgestellte Vorzugstrasse ernsthaft vorgeschlagen werden könnte. Über Lüneburger Stadtgebiet dürfe nach Ansicht der CDU-Fraktion überhaupt keine Autobahntrasse verlaufen. Wenn die Lüneburger nicht geschlossen und vehement dagegen vorgehen würden, würden hier gewachsene Stadtteile und Strukturen der Stadt durchtrennt und zerstört werden. Die Westvariante sei dagegen aus regionaler und überregionaler Sicht sowie auch unter verkehrs- und wirtschaftspolitischen Erwägungen der kürzeste Weg von Lüneburg nach Wolfsburg. Außerdem würde dadurch der Verkehrsstrom aus den westlichen Gemeinden verringert und das innerstädtische Straßennetz entlastet werden. Um eine Erfolgschance mit dem Widerstand gegen die vorgestellte Trassenvariante zu haben, müsse man Hamburg und Schleswig-Holstein mit einbinden und von den Vorteilen der Westumfahrung auch für diese Länder überzeugen. Wenn man eine tragfähige Zukunftsplanung für die Stadt und die Region machen wolle, könne man die Trasse nicht durch das Lüneburger Stadtgebiet legen, sondern müsse die Stadt weiträumig westlich umfahren. Die Haltung der Grünen, sich hier herauszuhalten, halte er für feige und unehrlich, da die Grünen auf Bundesebene für diese Autobahn gestimmt hätten.

 

Ratsherr MEIHSIES entgegnet, die Grünen in der Region hätten sich bereits seit den 90er Jahren auf Grundlage der Verkehrsuntersuchung Nord-Ost gegen die Autobahn ausgesprochen. Statt dessen hätten sie eine moderate Ertüchtigung der B4 und Umgehungsstraßen um die an der B4 gelegenen Ortschaften gefordert. Auf Bundesebene habe man sich leider gewissen Zwängen beugen müssen und sei in der Diskussion unterlegen gewesen. Es werde immer damit geworben, dass die Autobahnen den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern und für zusätzliche Arbeitsplätze sorgen würden. Merkwürdig sei aber, dass zum Beispiel aus der verkehrstechnisch wunderbar entwickelten Region Hannover Unternehmen abwandern, obwohl sie schwarze Zahlen schreiben. Es gehe in der Wirtschaft offenbar nur noch um Gewinnmaximierung, ohne Bedenken, wie es den Menschen und dem Gemeinwesen hier ergehe. Das zeige deutlich, dass diese alten Argumente für die Autobahn nicht mehr gültig seien. Trotzdem hielten die übrigen Ratsfraktionen an diesem Irrtum fest, wollten die Trasse aber nach dem St.-Florian-Prinzip aus der Stadt heraushalten und den westlichen Gemeinden aufbürden. Er hätte gehofft, dass die Politik aus der vorgestellten Trassenvariante durch Lüneburg Lehren ziehen und das Projekt Autobahn nun endgültig ablehnen würde. Der Oberbürgermeister und der Rat sollten endlich politische Verantwortung für alle Bürgerinnen und Bürger der Region übernehmen, wie es die zahlreichen Kooperationsverträge mit den Nachbargemeinden erhoffen lassen würden. Statt dessen achte aber jeder nur darauf, das Beste für seine Stadt oder seine Gemeinde einzufordern. Er bittet den Rat um Zustimmung zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen unter TOP 8.2, der sich insgesamt gegen den Bau der A 39 wende.

 

Ratsherr SOLDAN macht deutlich, der Rat habe die Aufgabe, für das Wohl der Stadt Lüneburg zu sorgen. Dazu gehöre auch, die städtischen Verkehrsströme zu lenken und ggf. umzulenken, wenn sie eigentlich nicht unbedingt in die Stadt hinein gehören. Im Westen der Stadt hätten sich in den letzten Jahren sehr viele Menschen angesiedelt, ein großer Teil von ihnen fahre durch die Stadt, um die Ostumgehung oder die Autobahn zu erreichen. Dadurch entstünden häufig Staus. Die Stadt müsse eine vernünftige Regelung und Leitung für diesen Durchgangsverkehr finden. Die FDP-Fraktion habe bereits 1991 eine Westumfahrung der Stadt gefordert und sei seitdem konsequent bei dieser Vorstellung geblieben. Es sei ein Fehler gewesen, sich nicht beizeiten, nämlich als die Baugebiete im Westen entstanden sind, um die Verkehrsführung zu kümmern und entsprechende Bereiche für eine Umgehungsstraße auszuweisen. Der Straßenverkehr werde in den nächsten Jahren weiter zunehmen und wie wichtig eine Alternative zur Ostumgehung sei, zeige sich immer dann besonders deutlich, wenn diese gesperrt oder verstopft sei und der Verkehr sich durch die Stadt wälze. Ein Ausbau der B4 sei dafür nicht ausreichend. Eine Tunnellösung halte er ebenfalls nicht für zukunftsfähig. Es stelle sich bei der Vorzugsvariante des Straßenbauamtes auch die Frage, was aus der Zukunft Lüneburgs werden solle. Diese Trasse würde alle langfristigen Entwicklungsplanungen im baulichen und touristischen Bereich ad absurdum führen. Es sei verwunderlich, dass die ebenfalls betroffenen Einrichtungen wie die Klosterkammer und das Bundesvermögensamt nicht vehementer gegen die Planungen vorgehen. Sicher sei, dass es niemals eine von allen akzeptierte Trasse geben könne, aber es sei die Aufgabe des Rates dafür zu sorgen, dass es eine vernünftige, auch für die Erfordernisse der nächsten Jahrzehnte gültige Verkehrsführung geben werde.

 

Oberbürgermeister MÄDGE weist auf die Doppelmoral hin, die die Gegner der A39 oder einer Westumfahrung der Stadt an den Tag legen. Die meisten würden sowohl die Ostumgehung als auch andere Autobahnen nutzen und damit eine große Zahl von Menschen belasten, die dort wohnen. Es gehe auch darum, diese Straßen zum Schutz der dortigen Anwohner zu entlasten. Eine Westumfahrung habe die Stadt Lüneburg schon vor langer Zeit mit Unterstützung eines Gutachters gefordert, sei aber am Widerstand des Landkreises gescheitert. Bemerkenswert sei, dass offenbar kein niedersächsischer Bundestagsabgeordneter der Grünen versucht habe, den Bundesverkehrswegeplan zu ändern. Nicht mal im Niedersächsischen Landtag sei ein entsprechender Antrag der Grünen eingebracht worden. Statt dessen hätten die Grünen den zusätzlichen Öko-Punkt zu verantworten, der für die jetzt vorgelegte Trassenvariante verantwortlich sei. Mit dem wachsenden Verkehr aus den westlichen Gemeinden würden in der Stadt Lüneburg auch Menschen belastet, das interessiere dort aber scheinbar keinen. Eine Planung der Verkehrsflüsse finde nicht statt. Die Westumfahrung wäre notwendig, um die dort entstehenden Verkehre abzufangen und um die Stadt herum zur Autobahn zu leiten. Da stelle sich die Frage, wer hier nach dem St.-Florian-Prinzip handele. Die Stadt habe im Übrigen auf Grund der Intervention der Gemeinde Reppenstedt ihre Wohnbauausweisungen in den westlichen Baugebieten (Schaperdrift) stark reduziert. Er habe großes Verständnis für die Befürchtungen der Bürgerinitiativen. Die durch das Stadtgebiet führende Vorzugsvariante würde für viele Menschen aber eine viel stärkere Belastung bedeuten, als eine Westvariante, die durchgängig einen viel größeren Abstand zur Wohnbebauung hätte. Es gehe hier primär um das Schutzgut Mensch. Die Stadt fühle sich mitverantwortlich für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und dazu gehöre auch die Gestaltung einer verkehrlichen Infrastruktur, die so menschenverträglich wie möglich im Rahmen der Grenzwerte erfolgen sollte. Das wäre im Westen der Stadt machbar, deshalb greife die Stadt die alte Forderung nach der westlichen Umgehung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Lüneburg wieder auf.

 

Beigeordneter DÖRBAUM schlägt vor, die Änderungen aus dem Antrag der CDU-Fraktion in den Antrag der Gruppe SPD/FDP aufzunehmen. So brauche über den Änderungsantrag nicht gesondert abgestimmt zu werden.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg fasst mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/FDP und der CDU-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen folgenden Beschluss:

 

  1. Der Rat der Stadt Lüneburg spricht sich mit aller Deutlichkeit gegen die von der Landes-   straßenbauverwaltung Niedersachsen vorgeschlagene Vorzugsvariante der geplanten A 39 aus.
  2. Der Rat fordert die zuständige Planungsbehörde auf, die Planung für die vorgeschlagene Vorzugsvariante im Osten nicht fortzusetzen.
  3. Der Rat fordert die zuständige Planungsbehörde nachdrücklich auf, ergänzend in dem offensichtlich zu sehr eingeengten Suchraum im Westen des Landkreises eine Trassenführung zu untersuchen.
  4. Der Rat spricht sich nach Abwägung und Kenntnis der bisher erfolgten Untersuchungen für eine Autobahntrasse im Westen der Stadt aus.

Damit würde gleichzeitig die notwendige Westumgehung als Umfahrung der Stadt Lüneburg hergestellt.

 

Begründung:

Die Vorzugsvariante quert im Osten der Stadt weite Teile des bewohnten Stadtgebietes.

Sie führt auf der ohnehin schon extrem stark belasteten Ostumgehung in unmittelbarer Nähe  an Lüneburger Wohngebieten vorbei und belastet ca. 6000 Menschen erheblich in der Wohn- und Lebensqualität. Offensichtlich wurde bei der vorzunehmenden Abwägung dem Schutzgut „Mensch“ nicht der notwendige Vorrang eingeräumt.

 

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