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Auszug - Kein Atomstrom fürs Rathaus! (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 15.02.06, eingegangen am 16.02.06)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 6.3
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 04.05.2006    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1853/06 Kein Atomstrom fürs Rathaus! (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 15.02.06, eingegangen am 16.02.06)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsfrau VERLINDEN erläutert, ihre Fraktion wolle mit dem Antrag erreichen, dass der Ende des Jahres auslaufende Stromliefervertrag zumindest mit dem Kriterium „ohne Atomstrom“ neu ausgeschrieben werde. Geprüft werden sollte aber auch die Möglichkeit einer Ausschreibung mit dem Umweltkriterium „ausschließlich regenerativer Strom“. Zahlreiche Kommunen hätten bereits vorgemacht, dass das möglich sei. Es gebe viele Gründe, weshalb die Stadt Lüneburg zumindest keinen Atomstrom mehr beziehen sollte. Neben den mit Atomkraftwerken verbundenen Risiken, sei u.a. die Frage der sicheren Lagerung des Atommülls nicht geklärt. Die Stadt Lüneburg fühle sich dem Klimabündnis und der Lokalen Agenda verpflichtet und wolle erneuerbare Energien unterstützen, deshalb sollten nun den Worten eindeutige Taten folgen, auch wenn das nicht immer ganz kostenlos machbar sei. Der Oberbürgermeister habe bei der Tschernobyl-Gedenkfeier selbst betont, wie wichtig der Ausstieg aus der Atomenergie sei, weil ein ähnlicher Unfall auch in Deutschland jederzeit geschehen könnte. Man könne Worte nicht ernst nehmen, denen keine sichtbaren Taten folgten. Der Preis könne nicht das einzige Argument sein, das bei einer Kaufentscheidung zähle und es werde auch bei anderen Ausschreibungen der Stadt auf Qualität und Zuverlässigkeit der angebotenen Waren oder Leistungen geachtet. Es gehe hier um eine Grundsatzentscheidung, mit der deutlich werde, ob die Stadt tatsächlich zu ihren politischen Aussagen steht.

 

Ratsfrau LOTZE macht deutlich, dass die SPD-Fraktion dem Antrag im Großen und Ganzen folgen könne, dazu aber noch grundsätzlichen Klärungsbedarf habe, der im Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen unter Beteiligung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz besprochen werden sollte. Dort sollte erläutert werden, wie die Ausschreibung gestaltet werden müsse um am Ende sowohl das Kriterium „erneuerbare Energien“ als auch das Kriterium „Preis“ berücksichtigen zu können.

 

Ratsherr WOLTER meint, man könne in Lüneburg nicht die Energieprobleme Deutschlands lösen. Es gebe in Deutschland keinen Strom, der nicht mindestens 30 – 35% Atomstrom enthalte. Der Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen werde, werde in das allgemeine Netz eingespeist und lasse sich nicht vom Atomstrom trennen. Die Trennung sei allenfalls rechnerisch möglich, weil die Energieunternehmen Strom aus anderen Quellen einkaufen und entsprechend anders berechnen. Um einen tatsächlichen Preisvergleich zu erhalten, müsste eine dreigeteilte Ausschreibung vorgenommen werden, nämlich erstens mit Atomstrom, zweitens ohne Atomstrom und drittens nur Naturstrom. Dann würde richtig auffallen, wie teuer der Strom in den Jahren geworden sei, seit die Grünen mit an der Regierung gewesen seien. Wenn man in Lüneburg sicher sein wolle, atomfreien Strom zu erhalten, sollte man die Energie der hier vorhandenen Blockheizkraftwerke einspeisen und nutzen.

 

Ratsherr REINECKE weist darauf hin, dass der Rat zwar einerseits umweltfreundliche Energien fördern wolle, auf der anderen Seite aber auch die wirtschaftliche Situation der Stadt berücksichtigen müsse. Hier müsse man immer wieder nach einem vernünftigen Ausgleich suchen, so dass beide Seiten nicht zu kurz kommen. Deutschland verfüge im Übrigen über die sichersten Atomkraftwerke der Welt und es sei nicht einsehbar, diese abzuschalten und damit möglicherweise zu forcieren, dass weitere unsichere Kraftwerke in Osteuropa oder der Dritten Welt gebaut werden. Er schlage ebenfalls eine Überweisung in den Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen unter Beteiligung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz vor, um über alternative Ausschreibungsmöglichkeiten zu beraten. Dann könne man am Ende entscheiden, ob die Stadt sich den Einkauf alternativer Energien leisten könne, oder nicht.

 

Ratsherr MEIHSIES entgegnet, für seine Fraktion sei das für die Ausschreibung geforderte Kriterium „ausschließlich atomstromfrei“ nicht verhandelbar. Einer alternativen Ausschreibung mit Atomstrom werde die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen nicht zustimmen.

 

Ratsherr ZIEGERT hat den Eindruck, dass der Antrag nicht ganz zu Ende gedacht ist. Zum Einen müssten die Grünen wollen, dass nicht nur die Stadt Lüneburg, sondern alle Kommunen und Bürger Strom aus erneuerbaren Energien beziehen wollen. Wenn das so wäre, würde aber eine Lücke entstehen, die derzeit ohne Atomkraft nicht zu schließen wäre. Durch eine Steigerung der Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energien erreiche man auch nicht automatisch eine Mehrproduktion, denn schon jetzt müsse der gesamte mit erneuerbaren Energien erzeugte Strom von den Netzbetreibern abgenommen werden, trotzdem reiche die Kapazität nicht für den gesamten Bedarf aus. Einen erhöhten Preis würde er nur dann in Kauf nehmen wollen, wenn damit diese Energiequelle nachhaltig gefördert würde, das sehe er allerdings hier nicht.

 

Stadtkämmerer SAUER teilt mit, die Stadt habe bereits vor 3 Jahren den Strombezug für die Stadt und die Tochtergesellschaften ausgeschrieben. Derzeit werde die neuerliche Ausschreibung strukturiert und vorbereitet. Wesentliches Kriterium sei dabei, ein rechtlich einwandfreies Verfahren abzuwickeln, so dass die übrigen Bieter das Ergebnis nicht in einem Einspruchsverfahren aufheben lassen könnten. Sonst werde die Angelegenheit für die Stadt richtig teuer. Es handele sich um ein sehr kompliziertes Verfahren, das im Fachausschuss nochmals abgesprochen werde. Dort werde die Verwaltung einen Vorschlag unterbreiten, der den rechtlichen Anforderungen standhalten sollte. Auf Nachfrage des Ratsherrn DAMMANN antwortet er, die Anbieter müssten sich natürlich nach den Kriterien der Ausschreibung richten. Wenn darin ausschließlich atomstromfreie Energie gefordert würde, könne nur diese angeboten werden. Falls beide Möglichkeiten gleichzeitig ausgeschrieben werden sollten, müsse unbedingt vorab im Fachausschuss geklärt werden, ob man dann strikt nach dem Preis entscheiden könne, um rechtliche Probleme im Verfahren auszuschließen.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN versteht die Ängste der Menschen vor Atomkraftwerken. Erstaunlicherweise würden sich die meisten aber auch vehement wehren, wenn in ihrer Nähe ein Windkraftwerk gebaut werden solle. Den erhöhten Strompreis zu zahlen seien auch nur wenige bereit. Die CDU-Fraktion sei zweifellos für die Erhöhung des Anteils regenerativer Energien. Man müsse aber realistisch bleiben und einsehen, dass der derzeitige Anteil der Atomenergie von rd. 30 - 35% in den nächsten Jahrzehnten nicht durch regenerative Energie ersetzt werden könne. Wer den Ausstieg aus der Atomenergie fordere, müsse den Bürgern auch deutlich sagen, wie er diesen Anteil ersetzen wolle. Es müssten erheblich mehr Gas- und Windkraftwerke gebaut werden. Mit Windenergie, Biomasse und anderen regenerativen Energien sei man bisher zudem technisch noch nicht in der Lage, das Grundlastproblem zu lösen. Das sei aber entscheidend für eine Volkswirtschaft wie Deutschland. Er halte die Entscheidung der Bundesregierung, am Atomausstieg festzuhalten, für falsch. Man dürfe aus dieser Technik nicht aussteigen, weil man sie weiterhin beherrschen und Ingenieure qualitativ hochwertig ausbilden müsse, um das bestehende hohe Sicherheitsniveau in Deutschland halten zu können.

 

Ratsfrau VERLINDEN bittet, bei einer Überweisung des Antrages in den Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen auf jeden Fall auch den Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz zu beteiligen.

 

Beigeordneter DÖRBAUM bekräftigt, man wolle weiterhin den Weg der Förderung der regenerativen Energien gehen. Trotzdem müsse in einer angespannten Finanzlage möglich sein, bei einer Ausschreibung darüber nachzudenken, ob man sich das leisten könne, oder nicht. Man wolle die Kriterien in den Fachgremien beraten und die Ausschreibung so vorbereiten, dass sie rechtlich nicht angreifbar sei.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg fasst einstimmig folgenden Beschluss:

 

Der Antrag wird zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen unter Beteiligung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz überwiesen.

 

(15, 31)