Bürgerinformationssystem

Auszug - Bedarfsuntersuchung Stadthalle Lüneburg (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.11.05, eingegangen am 10.11.05)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 5.3
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 02.02.2006    
Zeit: 17:00 - 19:40 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1774/05 Bedarfsuntersuchung Stadthalle Lüneburg (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.11.05, eingegangen am 10.11.05)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr MEIHSIES erklärt, der Rat habe die Aufgabe darauf zu achten, dass die Steuergelder gut verwaltet und sinnvoll eingesetzt werden. Dabei müsse zwischen dem Wünschenswerten und dem für die Stadt finanziell Machbaren sorgfältig abgewogen werden. Das kürzlich von der Verwaltung zu dem Thema Stadthalle vorgelegte Gutachten der West-Consult sei nicht wirklich hilfreich gewesen und man sei einer Entscheidung in den vergangenen zwei Jahren nicht näher gekommen. Weder der Entwurf von Herrn Dr. Halves aus dem Jahr 2004 noch das in dem Gutachten vorgelegte Konzept seien seiner Meinung nach finanziell tragfähig und damit auch nicht kreditwürdig. Die Ergebnisse des Gutachtens basierten größtenteils auf Binsenwahrheiten und Annahmen. Die Lüneburger Stadthalle sollte jedoch keinesfalls um jeden Preis errichtet werden und er hoffe sehr, dass die Verwaltung das auch so sehe und entsprechend handeln werde. Deshalb müsse zunächst eine seriöse, klare Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben werden, die dem Gutachten der West-Consult ausdrücklich nicht zugrunde gelegen hat. Dabei müsse das Umfeld und die Nähe zu Hamburg mit einbezogen, sowie auch Vergleiche mit schon bestehenden Kongresshallen gezogen werden. Viele von denen arbeiteten hoch defizitär und die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen wolle ein solches Projekt, das den städtischen Haushalt auf Jahre hinaus unerträglich belasten werde, nicht mittragen. Weiterhin müsse die Bedarfsanalyse auch die potenzielle Konkurrenz einer Kongresshalle zu den vor Ort schon bestehenden Anbietern wie Seminaris und anderen kulturellen Einrichtungen berücksichtigen und den Schaden, der damit eventuell angerichtet werde.

 

Beigeordneter SRUGIS erinnert an den Beschluss des Ausschusses für Wirtschaft und städtische Beteiligungen, dass zunächst die Marketing GmbH eine Analyse vorlegen sollte. Das sei geschehen und diese Untersuchung sei sehr überzeugend gewesen. Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen habe das damals zunächst akzeptiert und erst ein halbes Jahr später angefangen, sich dagegen zu wenden, so dass er inzwischen den Eindruck habe, die Grünen wollten eigentlich keine Stadthalle mehr für Lüneburg. Überrascht dürfte eigentlich niemand über die hohen Baukosten und Defizite sein, das könne man allgemein bei Vergleichen mit den meisten Kongresshallen nachprüfen. Das zweite Gutachten sei auf Anforderung des Wirtschaftsministeriums und der N-Bank in Auftrag gegeben worden, um die überregionale Bedeutung der Stadt und einer hier angesiedelten Kongresshalle nachzuweisen. Das sei mit dem Gutachten erfolgt und es sei darin auch der bundesweite Anstieg der Nachfrage nach Veranstaltungshallen mit einer Kapazität von über 500 Plätzen dokumentiert worden. Nur 5% des deutschlandweiten Angebots entspreche dem bisher. Nun bestehe die einmalige Chance für Lüneburg, eine Förderung von 5 Mio. € zu erhalten, einen Kredit von 5 Mio. € aufzunehmen und nur 0,8 Mio. € aus Eigenmitteln beizusteuern, um eine solche Halle zu bauen. Und es werde dadurch nicht nur das Kulturangebot erweitert, sondern gleichzeitig auch Wirtschaftsförderung betrieben, denn ein Großteil der Teilnehmer und Gäste werde zusätzlich auch das Angebot der Innenstadt nutzen und hier Geld ausgeben. Der wichtigste Punkt sei aber die Imageentwicklung der Stadt Lüneburg, die durch größere Veranstaltungen und deren Präsenz in den Medien intensiviert werde. Für Lüneburg sei die Halle eine absolute Notwendigkeit und werde viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Er appelliert daher an die Landtagsabgeordneten, sich nachdrücklich für die Zuschüsse zum Bau der Halle einzusetzen. Seine Fraktion lehne den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ab.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN ist zwar der Ansicht, wenn man etwas erreichen wolle, müsse man auch Risiken eingehen, die Stadt dürfe sich dabei aber nicht übernehmen. Das Gutachten der West-Consult enthalte in der Tat keine wirkliche Bedarfsanalyse. Insofern sei der Auftrag des Ausschusses für Wirtschaft und städtische Beteiligungen von der Verwaltung nach wie vor abzuarbeiten. Er plädiere mit Nachdruck für die Halle, trotzdem sei es ein sehr riskantes Projekt und es müsse vorher geklärt werden, ob die Stadt sich die Unterhaltung in den Folgejahren leisten könne. 80% aller Kongresszentren lägen in Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Und nur 4% aller Veranstaltungen in Deutschland seien Events mit mehr als 400 Teilnehmern. Er rate daher dringend zu einer Planung mit Augenmaß und genauer Prüfung, ob eine Halle in der bisher vorgestellten Größenordnung tatsächlich notwendig und ausreichend vermarktbar sei. Grundvoraussetzung für die Realisierung des Projekts sei die GA-Förderung mit mindestens 5 Mio. €. Weiterhin müsse die Stadt Eigenmittel und einen Kredit beisteuern sowie die jährlichen Defizite abdecken, aus denen sich lt. Prognose in 10 Jahren eine Unterdeckung von etwa 5 Mio. € summiert haben wird. Er meine, ein PPP-Modell mit einem privaten Betreiber wäre hier sehr vorteilhaft. Wenn die Landesförderung ausbleiben sollte, wäre die Umsetzung des Vorhabens allerdings insgesamt verantwortungslos. Man sollte sich im Übrigen bei den Planungen nicht zu sehr auf die Nordlandhalle festlegen, sondern auch mögliche bescheidenere Alternativen überdenken. Für wichtig halte er in jedem Fall die Kopplung einer solchen Halle mit Hotel-, Kultur- und Wellnessangeboten und der Nähe zur Innenstadt. Man solle die Hoffnung jedenfalls nicht aufgeben und alles dafür tun, dass die Voraussetzungen vernünftig abgeprüft werden.

 

Ratsherr REINECKE meint, man müsse natürlich vorsichtig sein und sowohl die Baukosten als auch ein schlüssiges Gesamtkonzept im Auge behalten. Eine weitere Analyse sei zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sinnvoll. Die West-Consult habe das Konzept der Marketing GmbH bestätigt und ergänzt. Man könne auch selbst Vergleiche mit Kongresshallen in vergleichbaren Städten anstellen. Lüneburg als Wachstumsregion habe viele positive Rahmenbedingungen, u.a. die enge Anbindung an Hamburg, und der Kongressmarkt entwickele sich zur Zeit ebenfalls sehr positiv. Ohne Fördermittel des Landes sei die Halle aber auf keinen Fall finanzierbar, deshalb sei es bedauerlich, dass man auf die Unterstützung durch den Landtagsabgeordneten Meihsies in Hannover scheinbar nicht mehr hoffen könne. Entscheidend sei jetzt, zwar vorsichtig und mit Augenmaß zu handeln, aber gegenüber dem Land optimistisch und zielgerichtet aufzutreten. Das Land sei mit dem vorgelegten Konzept offenbar zufrieden und erkenne die überregionale Bedeutung an. Solange jedoch die finanziellen Rahmenbedingungen für das Projekt nicht gesichert seien, sollten keine weiteren Kosten durch Gutachten produziert werden.

 

Stadtkämmerer SAUER erklärt, man befinde sich zur Zeit erst am Anfang eines Prozesses, der zu einem Förderantrag führen werde. Erst auf der Grundlage eines positiv beschiedenen Förderantrages könne man die finanziellen Folgen für die Stadt klar abschätzen und beurteilen, ob trotz eventuell negativer Folgen für den kommunalen Haushalt die positiven Wirkungen für die Stadt als Ganzes auf dem Wege der Umwegrentabilität überwiegen. Ganz klar sei, dass die Halle nur dann gebaut werden könne, wenn es dafür eine finanzielle Förderung aus Landes- oder EU-Mitteln gebe. Der Rat der Stadt Lüneburg werde voraussichtlich erst im Jahr 2007 die abschließende Entscheidung treffen können. Über den Sachstand werde bis dahin im Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen laufend berichtet. Eine unternehmerische oder stadtpolitische Entscheidung könne man allerdings nicht durch Gutachten ersetzen, die immer nur eine Prognose sein könnten. Lüneburg erfülle die meisten der in dem Gutachten als notwendig erachteten Rahmenbedingungen. Man sei mit dem Projekt auf einem guten Weg und werde den Rat gegebenenfalls zum richtigen Zeitpunkt um die Entscheidung für eine zeitnahe und aktuelle Bedarfsanalyse bitten. Die Stadt würde die Finanzierung über ein PPP-Modell bevorzugen und alles versuchen, dieses auch in die noch festzulegenden Förderbedingungen mit aufzunehmen.

 

Beigeordneter DR. SCHARF sieht das Problem nicht im Bau der Halle, sondern darin, wer sie am Ende betreiben solle. Darüber müsse man sich sehr präzise Gedanken machen.

 

Ratsherr MEIHSIES findet eine Grundsatzentscheidung des Rates dahingehend wichtig, dass tatsächlich zum gegebenen Zeitpunkt eine Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben werden solle. Diese werde nicht die Entscheidung ersetzen, sondern sie erleichtern. Der Antrag solle entsprechend der Aussage von Herrn Sauer umformuliert werden, dass der Rat die Verwaltung beauftrage, zu gegebener Zeit eine Bedarfsuntersuchung für eine Stadthalle in Auftrag zu geben.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN meint, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen habe sich durch die Aussage der Verwaltung erledigt und sollte zurückgezogen werden. Eines besonderen Ratsbeschlusses bedürfe es dazu nicht.

 

Oberbürgermeister MÄDGE stellt die bisherige Entwicklung des Projekts nochmals dar. Alles sei zunächst davon abhängig, wie hoch die Zuschüsse sein werden. Die Bedarfsanalyse sei in Zusammenarbeit mit der IHK, der Handwerkskammer, den Touristikverbänden, einem bekannten Konzertmanager und dem Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen erarbeitet worden, basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahre und dem Vergleich mit anderen Städten. Der Rat müsse hier letztlich unternehmerisch entscheiden, es gebe für diese Investition keine 150%ige Sicherheit. Die Stadt wolle das Risiko eingrenzen, indem sie einen privaten Investor dazunehmen wolle und die Halle innenstadtnah plane. Das PPP-Modell sei auch eine Vorgabe des Wirtschaftsministeriums gewesen. Der Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen selbst habe damals im Übrigen eine weitergehende Bedarfsanalyse abgelehnt und sich mit den vorliegenden Daten zufrieden gegeben. Er meine, eine zusätzliche Bedarfsanalyse würde die Zahlen nur bestätigen. Wie der Markt sich in 5 – 10 Jahren tatsächlich entwickeln werde, könne man nicht voraussehen. Als Betreiber der Halle werde nicht die Stadt selbst eintreten, sondern es solle eine Betriebsgesellschaft mit Fachleuten und Beteiligung der Marketing GmbH gegründet werden. Sobald eine Zusage des Wirtschaftsministeriums vorliege, werde der Ausschuss für Wirtschaft und städtische Beteiligungen über das weitere Vorgehen informiert. Nach den Entscheidungen des Rates im Jahr 2007 sollte dann so bald wie möglich mit dem Bau begonnen werden. Er meine, es liege bereits eine Datenbasis vor, die eine richtige Beurteilung des wirtschaftlichen Risikos und eine sachgerechte Entscheidung zulasse.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN gibt zu bedenken, dass Gutachten meist das wiederspiegeln, was man hören wolle, deswegen wäre es im Augenblick der falsche Zeitpunkt, eines in Auftrag zu geben. Im Grunde solle es den Politikern die unternehmerische Entscheidung abnehmen. Zukunftsgerichtete Prognosen seien aber immer mit Unwägbarkeiten verbunden. Wenn man keine Verantwortung für das Risiko übernehmen wolle, werde sich auch das in dem Gutachten niederschlagen.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg fasst mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/FDP und der CDU-Fraktion gegen die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen folgenden Beschluss:

 

Der Änderungsantrag sowie der ursprüngliche Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen werden abgelehnt.

 

(II, VI)