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Auszug - Lüneburg bleibt kinderfreundlich - Kein Abbau von Standards beim Bau von Spielplätzen und Kindertagesstätten (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 19.10.05, sowie Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP vom 17.11.05)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 6.3
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 24.11.2005    
Zeit: 17:00 - 19:55 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1758/05 Lüneburg bleibt kinderfreundlich - Kein Abbau von Standards beim Bau von Spielplätzen und Kindertagesstätten (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 19.10.05, sowie Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP vom 17.11.05)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Fachbereich 6 - Stadtentwicklung
Bearbeiter/-in: Plett, Anke   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr MEIHSIES bittet zu prüfen, ob der Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP ein eigenständiger Antrag sein könnte. Er beziehe sich eher grundsätzlich auf das Modellkommunengesetz und nicht wie der Antrag seiner Fraktion auf die Beibehaltung von Standards beim Bau von Spielplätzen und Kitas.

 

Stadtdirektor KOCH erklärt, ein Änderungsantrag liege durchaus auch dann vor, wenn er dem ursprünglichen Antrag letztlich entgegenwirke.

 

Ratsherr NOWAK erläutert den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Den Eltern und Fachkräften in den Kitas fehle das Vertrauen, dass ohne gesetzliche Mindestvorschriften künftig bei Neu- und Umbauten die notwendigen Bewegungsspielräume für Kinder eingehalten werden. Von allen Bundesländern weise das Land Niedersachsen seinen Kommunen den geringsten Landesfinanzanteil für Kitas zu. Gleichzeitig müssten aber dringend viele Verbesserungen im räumlichen und pädagogischen Bereich umgesetzt werden. Um kurzfristige Problemsituationen zu lösen, könne auch einmal von gesetzlichen Mindeststandards abgewichen werden, dies dürfe aber nicht zur Regel werden. Notlösungen dürften nicht zu längerfristigen Übergangslösungen werden. Die generelle Befreiung von Raumstandards breche eine Tabugrenze. Gerade Lüneburg als junge, wachsende Stadt sollte sich deshalb eine Selbstverpflichtung hinsichtlich der auch künftigen Einhaltung der bisher geltenden Mindeststandards beim Neu- und Umbau von Spielplätzen und Kindertagesstätten auferlegen. Der Oberbürgermeister habe in der Presse bereits angekündigt, dass die Stadt die bisherigen Standards beibehalten wolle. Es wäre gut, wenn der Rat diese Haltung unterstützen und dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zustimmen würde.

 

Ratsherr HAGELS entgegnet, natürlich sei Lüneburg familienfreundlich und wolle dies auch weiterhin bleiben. Die Stadt habe jetzt allerdings die Möglichkeit, in einer Erprobungsphase als Modellregion für mehr Handlungsfreiheit den Abbau bürokratischer Vorschriften umzusetzen. Das sei etwas, das viele Bürgerinnen und Bürger schon lange gefordert hätten. Wenn es sie jetzt selbst betreffe, scheinen einige aber offenbar nicht mehr damit einverstanden zu sein. Ein Abbau von Vorschriften könne aber nicht ordentlich evaluiert werden, wenn von vornherein bestimmte Bereiche in Frage gestellt werden. Der Rat und die Stadtverwaltung hätten in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass bei der Planung und dem Bau von Kitas und Spielplätzen verantwortungsvoll vorgegangen werde und die Betroffenen eng in die Planungen einbezogen werden. Es sei nicht einsehbar, weshalb Rat und Stadt dieses verantwortungsbewusste Handeln jetzt ändern sollten, nur weil ihnen mit dem Modellkommunengesetz mehr Eigenverantwortung übertragen werde. Seine Fraktion wolle sich dem Evaluationsprojekt nicht verschließen, sondern daran mitwirken. Letztendlich entscheide nach der Evaluationsphase der Landtag ob es künftig eine globale Erweiterung kommunaler Handlungsspielräume geben werde, oder nicht.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN konstatiert, die Behauptung der Grünen, dass hier der Kernbereich pädagogischer Standards ausgehöhlt werden solle, sei schlicht falsch. Das Modellkommunengesetz sei Teil einer umfassenden Entbürokratisierungsoffensive und Verwaltungsreform in Niedersachsen. Lüneburg sei mit wenigen anderen Städten ausgewählt worden, an dem Modellprojekt teilzunehmen, in dem den Kommunen mit Vorsicht und Augenmaß mehr Freiheiten im Rahmen einer kommunalen Selbstverwaltung zugestanden werden. Sie könnten jetzt bestimmte Standards selbst festlegen. Er sei allerdings sicher, dass die Verwaltung nicht gegen die Standards im bestehenden Kindertagesstättengesetz verstoßen könnte, ohne dass es der Rat mitbekommen und ablehnen würde. Die Verwaltung plane aber solche Standardverschlechterungen gar nicht. Erstaunlich sei, dass in Ländern wie Italien oder Frankreich, die einen viel kinderfreundlicheren Eindruck machen als Deutschland, solch detaillierte Durchführungsverordnungen nicht existieren. Der Landtag werde voraussichtlich im Dezember das Modellkommunengesetz verabschieden und davon seien neben dem Kita-Bereich einige weitere Bereiche betroffen, z.B. Personalvertretung, Bauordnung, Naturschutz usw. Einige Kommunen und Verbände hätten dem Landtag bereits mitgeteilt, dass sie dem Modell sehr positiv gegenüberstehen und daran konstruktiv-kritisch mitarbeiten werden. Es wäre falsch, sich nicht an dem Modellversuch zu beteiligen, weil dabei eventuell Bestimmungen betroffen sind, die man erhalten möchte. Auch in Lüneburg werde man zu gemeinsam vom Oberbürgermeister und dem Rat getragenen Lösungen kommen. Lüneburg bleibe nach wie vor eine kinderfreundliche Stadt.

 

Ratsherr SOLDAN meint, Mindeststandards hätten häufig den Nachteil, dass sie irgendwann als Höchstwerte angesehen werden und darüber hinaus nicht viel mehr getan werde. Insofern sei es besser, frei gestalten zu können und kreativ zu guten, von allen akzeptierten Lösungen kommen zu können, die zum Teil qualitativ hochwertiger seien. Ein gutes Beispiel sei der Kindergarten in Häcklingen. Die Festlegung von Mindeststandards unterdrücke außerdem teilweise private Initiativen der Kinderbetreuung, wenn die Räumlichkeiten dem nicht entsprächen.

 

Ratsherr MEIHSIES erwartet ein Bekenntnis des Rates, dass dieser auch künftig die zum Wohle der Kinder ermittelten Mindeststandards bei der Kita- und Spielplatzplanung einhalten werde, auch wenn diese nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben seien. Wenn er das künftig sowieso tun wolle, wäre es unschädlich, das jetzt zu beschließen. Das Bündnis für Familien habe die Streichung der gesetzlichen Mindeststandards in den Modellkommunen öffentlich kritisiert und plane in Hannover eine Demonstration dagegen. Aus der Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag seiner Fraktion gehe seiner Meinung nach deutlich hervor, mit welchen Standardeinschränkungen in Zukunft im Kita- und Spielplatzbau gerechnet werde müsse. Die Grünen seien ebenfalls für eine Flexibilisierung der Verwaltung in bestimmten Bereichen. Was in den Modellkommunen jetzt geschehe, sei maßgeblich richtungsweisend dafür was später im ganzen Land Niedersachsen umgesetzt werde. Er warne jedoch davor, die Ergebnisse von Kommunen, denen es finanziell einigermaßen gut gehe und die ein Bekenntnis zu Familien und Kindern ablegen wie Lüneburg, pauschal auf alle anderen zu übertragen, die möglicherweise nicht so eingestellt sind.

 

Ratsherr ZIEGERT entgegnet, es gehe beim Modellkommunengesetz nur darum, die überzogene Gängelung der Verwaltung durch Vorschriften abzubauen. Pädagogische Standards seien davon überhaupt nicht betroffen. Die Verwaltung habe zugesagt, dass die Kitas nach wie vor kindgerecht erstellt werden. Es wäre sinnlos, sich von vornherein zu binden und von der angebotenen Freiheit gar nicht erst Gebrauch zu machen.

 

Stadtdirektor KOCH betont, das Kindertagesstättengesetz bleibe auch in den Modellkommunen weiterhin in Kraft, lediglich eine Durchführungsverordnung solle in Teilen modifiziert werden. Es würden eindeutig keine Standards abgebaut. Die Stadt unterschreite beispielsweise mit 23 statt 25 Kindern schon seit einigen Jahren die maximale Gruppenstärke und baue in den meisten Fällen, was die Quadratmeterzahl pro Kind betreffe, deutlich über dem Mindeststandard. Er benennt einige konkrete Beispiele, die zeigen, dass es der Stadt offensichtlich nicht darum gehe, am Minimum zu planen und den Standard künftig herabzusetzen. Das neu gegründete Lokale Bündnis für Familien habe den Wunsch geäußert, alternative Betreuungsformen für Kinder zu entwickeln. Dabei sollten durchaus auch einmal kurzzeitige, flexible, niedrigschwellige oder unkonventionelle Angebote im Konsens mit den Eltern und natürlich im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen ausprobiert werden können. Das wäre mit den zur Zeit bestehenden engen Vorschriften kaum möglich.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN bekräftigt, es komme nicht auf Bekenntnisse, sondern auf Taten an. Der Rat und die Stadt würden schon seit Jahren Wert darauf legen, in Lüneburg Kinderbetreuung auf einem hohen Niveau anzubieten und stetig zu verbessern. Aus welchem Grund sollte man jetzt davon abweichen, nur weil Vorschriften wegfallen, die man sowieso größtenteils übererfülle. Es sei lächerlich, hervorragende Kindergärten schließen zu müssen, weil sie irgendeiner Zahl in diesen Vorschriften nicht ganz entsprächen. Dies sei aber vor einigen Jahren geschehen, als die Engländer die Kasernen geräumt hätten. Man könne die jeweiligen Gegebenheiten mit den Eltern diskutieren und diese mitentscheiden lassen, wie ihre Kinder untergebracht werden.

 

Beigeordneter DÖRBAUM meint, der Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP enthalte alles Wichtige und unterstütze das Modellkommunenprojekt. Er appelliert an die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, sich dem Änderungsantrag anzuschließen.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/FDP und der CDU-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen den Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP.

 

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ist damit mehrheitlich im gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt.

 

(V, 56, VI, 7)