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Auszug - Stand der Fusionsverhandlungen zwischen der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen (Anfrage der Gruppe SPD/FDP vom 13.05.04, eingegangen am 14.05.04)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 01.07.2004    
Zeit: 17:00 - 20:30 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1045/04 Stand der Fusionsverhandlungen zwischen der Universität Lüneburg und der Fachhochschule Nordostniedersachsen (Anfrage der Gruppe SPD/FDP vom 13.05.04, eingegangen am 14.05.04)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage der Gruppe SPD / FDP
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Oberbürgermeister MÄDGE teilt mit, es gebe keine neuen Informationen, die über die aus den Zeitungsartikeln hinreichend bekannten Tatsachen hinaus gingen.

 

Bürgermeister FISCHER führt aus, die Universität sei als wichtiger Standortfaktor aus Lüneburg nicht wegzudenken. Die geplante Fusion sei nicht mehr umkehrbar und alle Parteien seien sich fraktionsübergreifend einig, dass sie nach dem Bologna-Modell erfolgen sollte. Erfolgreich könne dies indessen nur bei ausreichender Finanzierung sein. Ein wichtiger Punkt im Fusionsprozess sei aber auch Transparenz, da tiefgreifende Strukturveränderungen beider Hochschulen bevorstünden. Die Fraktionen würden den Prozess aufmerksam weiter begleiten und sich bemühen, zum Wohle der Stadt zu seinem Erfolg beizutragen. Bildung und Erziehung müssten weiterhin ein Schwerpunkt der Politik bleiben.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN berichtet, mit der geplanten Fusion der Lüneburger Universität mit Teilen der jetzigen Fachhochschule Nordostniedersachsen (Lüneburg und Suderburg), solle versucht werden, in Lüneburg eine völlig neuartige Konstruktion zu schaffen. Leider würden manche Mitglieder der Universität dies weniger als Chance, denn als Bedrohung sehen, weil sie sich nicht von dem althergebrachten Universitätsmodell lösen könnten. Es sei jedoch fraglich, ob die in Deutschland übliche Trennung von Universitäten, in denen sowohl Forschung als auch Lehre betrieben werde, und den eher anwendungs- und praxisorientierten Fachhochschulen noch zukunftsweisend sein könne. In Europa werde sich nach Auffassung der Wissenschaftsminister in den nächsten Jahren zwangsläufig ein einheitlicher europäischer Bildungs- und Hochschulraum entwickeln. Dies sei zwar eine strittige Diskussion, die Nachteile des deutschen Diploms seien jedoch, dass die Absolventen meist älter seien als ihre europäischen oder amerikanischen Konkurrenten und dass sein Wert auf Grund seiner Einzigartigkeit im Ausland kaum bekannt und beurteilbar sei. Der Bologna-Prozess sei im Prinzip der Versuch, eine Vergleichbarkeit der europäischen Studiengänge mit einem einheitlichen Abschluss zu entwickeln, der überall anerkannt werde. Die Stiftungsuniversität Lüneburg könne nicht allein von ihren Stiftungsmitteln leben und werde vom Land Niedersachsen jährlich mit rd. 25 Mio. € gefördert, die Fachhochschule erhalte rd. 23 Mio. € jährlich. Beides seien also staatliche Hochschulen, deren Zusammenführung u.a. natürlich auch aus Kostengründen stattfinde. Grundsätzlich sei die Fusion von fast allen Beteiligten gut geheißen worden, da sie eine Chance sei, den Hochschulstandort Lüneburg zu erhalten und zu stärken. Dabei müssten Statusfragen zurückstehen, das Ziel dürfe nicht durch Einzelinteressen und persönliche Eitelkeiten gefährdet werden. Dagegen müssten sich die Umsetzungsteams in erster Linie damit auseinandersetzen, neue Studiengänge so zu entwickeln, dass die Studierenden an der neuen Hochschule sich aussuchen könnten, ob sie ihr Studium lieber forschungs- oder anwendungsorientiert angehen möchten. Er bitte alle Beteiligten eindringlich, sich zu bemühen, das Projekt im Sinne der Region Lüneburg zu unterstützen und dies als deutliches Signal nach Hannover zu geben.

 

Ratsfrau VERLINDEN weist darauf hin, dass der Fusionsprozess mit sehr hohen Kosten verbunden sei. Um das Gelingen des Modellprojektes zu gewährleisten, sollte die finanzielle Grundlage der Umsetzung gesichert sein. Hier sei dringend eine entsprechende Finanzierungszusage des Landes erforderlich. Insgesamt wäre auch ein breiter öffentlicher Diskurs über die Zukunft der Hochschulen und des gesamten Bildungssystems in Deutschland von Interesse, um abschätzen zu können, mit welchen qualitativen Standards die Studierenden künftig rechnen könnten. Ihre Fraktion schlage für Lüneburg zunächst aber ganz konkret vor, aus dem Rat heraus einen Unibeirat zu bilden, um einen regelmäßigen Austausch zwischen den Ratsmitgliedern und Angehörigen der Hochschule zu gewährleisten. Am Bahnhof sollte zudem künftig nicht nur „Lüneburg“, sondern „Universitätsstadt Lüneburg“ stehen, um die Identifizierung mit dem Hochschulstandort zu verdeutlichen.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN fürchtet, dass am Ende des Fusionsprozesses etwas herauskommen könnte, das den Namen Universität nicht mehr verdiene. In Bologna sei zwar 1999 von den europäischen Hochschulministern vereinbart worden, bis zum Jahr 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen, dies werde ihrer Meinung nach jedoch reine Fiktion bleiben, denn die Regelung werde inzwischen von einigen europäischen Ländern ganz eindeutig unterlaufen. Der in Bologna beschworene internationale Standard existiere noch nicht einmal innerhalb der angelsächsischen Studiensysteme. Selbst wenn man die Grundsatzfragen außer Acht lasse, sei nicht nachvollziehbar, dass dieser für ganz Deutschland angeblich so wichtige Reformprozess ausgerechnet an einer so kleinen, unterfinanzierten und unterpersonalisierten Universität wie Lüneburg als Modellprojekt erprobt werden solle, die dazu noch überproportional von Mittelkürzungen betroffen sei. Aus dieser Diskrepanz ziehe sie den Schluss, dass das Modell nicht ernst gemeint sei, sondern entscheidende Weichenstellungen für ein Scheitern des Prozesses vorgenommen würden. Unklar sei nur, ob allein Lüneburg als Regionalhochschule scheitern, oder dies auf das gesamte Bundesgebiet übertragen werden solle. Würde man die Entscheidung von Bologna tatsächlich ernst nehmen, müsste man die Reform zwangsläufig an einer der großen deutschen Hochschulen im Süden oder Westen durchführen, wo noch eher Sparpotentiale vorhanden seien. Für die Lüneburger Universität befürchte sie dagegen einen Tod auf Raten, denn wenn das Modell nicht bundesweit übernommen werde, tauche zwangsläufig die Frage der Wertigkeit auf, die bei den Studenten zu Verunsicherung führen und mittelfristig für ihr Ausbleiben sorgen werde.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

(V)