Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Die
Sitzung beginnt mit TOP 4, zugleich TOP 6 des Jugendhilfeausschusses, der in
gemeinsamer Sitzung unter Vorsitz von Beigeordneter Baumgarten behandelt wird. Stadtdirektor
Koch erläutert zu diesem Tagesordnungspunkt, dass es sich um einen Antrag der
CDU-Fraktion vom Oktober 2003 handele, über den bereits im Rat gesprochen wurde
und der in den Schulausschuss zurückverwiesen wurde. Ziel
sei es, geeignete Gegensteuermaßnahmen zum Schulschwänzen aufzuzeigen und die
Schule attraktiver zu gestalten. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe von
Jugendhilfe und Schule handelt, soll der Tagesordnungspunkt in gemeinsamer
Sitzung behandelt werden. Es
folgt der Vortrag von Frau Ennen. Frau Ennen ist Bildungsreferentin für die
lebensweltbezogene Mädchenarbeit beim VSE. Dabei handelt es sich um ein
Projekt, dass aus niedersächsischen Fördermitteln finanziert wird. Zum Vortrag
von Frau Ennen wird in der Sitzung ein Tischpapier gereicht, auf das zum Inhalt
des Vortrags verwiesen wird. Als
Beispiele stellt Frau Ennen zwei Projekte dar, die sie begleitet hat. Zum einen
ein Projekt an der Berufsbildenden Schule I. Hier wurde die Thematik des
Schulschwänzens in getrennten Mädchen- und Jungengruppen sowie in gemeinsamer
Gruppe behandelt. Die Vor- und Nachbereitung erfolgte unter Einbeziehung der
Lehrerinnen und Lehrer. Im Ergebnis hat sich eine Verbesserung des sozialen
Klimas herausgestellt. Zudem
wurde an der Grundschule Bardowick ein Projekt durchgeführt – mit einer ganz
anderen Zielgruppe als an den Berufsbildenden Schulen und einer anderer
Problematik. Im Grundschulbereich kann die meiste Präventionsarbeit geleistet
werden. Im
Ergebnis wird betont, dass ein Schwerpunkt auf geschlechterspezifischer
pädagogischer Arbeit liege. Ein Problem stellt sich durch die unterschiedlichen
Bildungsinteressen der Jugendhilfe und der Schule dar; es müsse eine
Zusammenfassung der Jugendhilfe als zusätzliche Bildung erfolgen. Im
Anschluss trägt Herr Leune, Leiter der Schule an der Schaperdrift zu dem der
Vorlage beigefügten Papier zum Kriminalpräventionsprojekt vor. Herr Leune fasst
zusammen, dass das Papier vor ca. 4 Jahren aus der Arbeit des
Kriminalpräventionsrates entstanden ist. Er verweist insbesondere darauf, dass
die unterschiedlichen Ursachen des Schulschwänzens bzw. der Schulverweigerung
zu unterschiedlichen Folgen und unterschiedlichen Interventionsmöglichkeiten führen.
Als Grundvoraussetzung nennt er dazu, dass Lehrer konsequent das Fehlen von
Schülern feststellen müssten; seit 2001 würden Fehltage auch wieder in
Zeugnissen vermerkt werden. Zudem sei eine enge Kooperation von Schule, Eltern
und Jugendhilfe erforderlich. Die größten Probleme im Bereich des
Schulschwänzens ergeben sich bei psychisch bedingter Schulphobie, bei Cliquen-
bzw. Suchtverhalten und bei resignierten Eltern, die keinen entsprechenden Einfluss
auf die Schülerinnen und Schüler nehmen. Das
vorliegende Papier zum Schulschwänzen wurde in den Rektorenkonferenzen in Stadt
und Landkreis Lüneburg vorgestellt, ist den Schulen also bekannt. Hinsichtlich
der Kooperation der Beteiligten gibt es einen Arbeitskreis bei der
Bezirksregierung (LüBus); einem Unterstützungsteam für Grundschulen durch
Lehrer der Sonderschulen, das seit zwei Jahren besteht. Frau
Otte, Leiterin des Bereichs Jugendhilfe, betont, dass insbesondere ein frühes
Zusammenarbeiten entscheidend sei, um dem Schulschwänzen entgegenzuwirken.
Insbesondere im Grundschulbereich müsste ein entsprechendes verhalten von Schülerinnen
und Schülern beobachtet werden, denn dort bestehe noch die größte
Einflussmöglichkeit der Eltern. Zudem betont sie, dass der Umgang mit
Schulschwänzern geschlechterspezifisch differenziert behandelt werden müsste.
Problematisch sei in manchen Fällen allerdings auch das Verhalten der Eltern,
denen müsste wieder bewusst gemacht werden, dass es sich beim Schulbesuch der
Kinder um eine Pflicht, die Schulpflicht, handele. Es gibt ein Beispiel eines
Urteils eines Familiengerichtes, dass Schulschwänzen bis zum Sorgerechtsentzug
der Eltern führen kann. Zusammenfassend,
bezogen auf den Antrag der CDU-Fraktion, ist Frau Otte der Meinung, es gebe
ausreichend Modellansätze, von denen hier Beispiele vorgestellt wurden. Es
müsse nur die konsequente Umsetzung erfolgen. Ratsherr
Maeck betont, dass die Erkundung von Gründen und die Bereitschaft zur
Zusammenarbeit der Beteiligten wichtig seien und zu guter Präventionsarbeit
führen würde. In der Stellungnahme der Verwaltung (Fachbereich 3) zum Antrag
war insbesondere zu den Sanktionen deutlich geworden, dass es nur wenige
Bußgeldverfahren gebe. Er erkundigt sich, ob es Statistiken zum Schulschwänzen
an sich gebe, ggf. nach unterschiedlichen Schwere des Falls und wirft die Frage
auf, welche beteiligte Institution, also Eltern oder Schule, am leichtesten zu
beeinflussen ist. Beigeordneter
Dr. Scharf nennt zur zusätzlichen Begründung des ursprünglichen CDU-Antrages
eine Focus-Analyse, nach der es 100.000 Schulschwänzer bundesweit gebe. Mit den
genannten Maßnahmen und Projekten könnten einige dieser Betroffenen erreicht
werden. Es gebe jedoch eine erhebliche Zahl von Fällen, wo die genannten
Maßnahmen nicht greifen und es stellt sich die Frage, wie mit diesen umgegangen
wird. Ratsherr
Soldan problematisiert die zeitliche Begrenzung des Landesförderungsprojektes
für das VSE-Projekt. Zudem wirft er die Frage auf, ob die
geschlechterspezifische Verteilung des Schulschwänzens bekannt sei, außerdem
wie der Unterschied zwischen Schulverweigerung und Schulschwänzen gesehen
werde. Statistische Zahlen sind aus seiner Sicht zweitrangig, es gelte, den
Ausstieg aus der Schule zu verhindern. Bürgermeisterin
Schellmann bestätigt, dass auch aus ihrer Sicht der frühe Ansatz, also im
Grundschulalter, am erfolgversprechenden scheine. Im Grundschulalter seien
Eltern meist noch erreichbar und beeinflussbar. Sie sieht allerdings eine
Schwierigkeit darin, das Verhalten auch zu erkennen und den richtigen Zeitpunkt
einzuschätzen, die entsprechenden beteiligten Stellen aufmerksam zu machen. Ratsherr
Hagels nimmt Bezug darauf, dass eine enge Kooperation der Stellen erforderlich
sei. Er gibt die Problematik zu bedenken, dass z.B. ein Drogenproblem an einer
Schule meist von Schulleitern verschwiegen werden, um Einfluss auf das
Anmeldeverhalten an dieser Schule zu verhindern. Außerdem würde aus seiner
Sicht der Eintrag ins Klassenbuch bei Fehlen, wie auch der neue Erlass zur
Kooperation mit der Polizei und Verpflichtung zur Anzeige nicht diese
Kooperationsmaßnahmen und das Gegensteuern mit pädagogischen Mitteln ersetzen.
Er nennt ein Beispiel aus Magdeburg, wo zwei Angestellte sich um Schulschwänzer
kümmern und meist dem Phänomen begegnen, dass Eltern, die von diesen direkt
angesprochen werden, nicht mithelfen, die Kinder wieder zur Schule zu bringen. Dieses
Phänomen betont auch Frau Dr. Raithel. Eltern würden meistens der Problematik
ausweichen und Entschuldigungen für die Kinder finden. Die Kinder würden auf
diese Art und Weise nicht lernen, Konflikte auszuhalten, wenn sie keine Lust zu
irgendetwas haben, müssten sie dies auch nicht tun. Aus ihrer Sicht kann der
Ansatz möglicherweise schon im Kindergarten erfolgen. Frau
Otte unterstützt, dass die Ordnungsamt- bzw. Polizeivorführung zur Schule ihrer
Erfahrung nach nichts bringe. Hinsichtlich einer psychologisch bedingten
Schulphobie betont sie, dass, wenn diese tatsächlich festgestellt ist, auch
eine Rückführung mit den dann geeigneten Maßnahmen möglich sei. Erforderlich
sei es dennoch trotzdem, dass in der Schule das Schwänzen überhaupt festgestellt
wird. Sie regt zudem an, dass in den Studiengängen zur Lehrerausbildung die
Problematik eingebunden werden sollte. Auch
Frau Ennen unterstützt, dass Lehrer unter Umständen nicht wissen, wie sie mit
entsprechend auffälligen Kindern umgehen sollen. Sie regt dazu an, dass
kollegiale Beratungen eingerichtet werden sollten und
Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrer geboten werden müssen. Hinsichtlich der
Fragestellung, wo Einfluss genommen werden kann, betont sie, dass eine
Verhaltensänderung der Eltern möglich, jedoch ein langwieriger Prozess sei.
Hinsichtlich der Fragen zu den statistischen Daten bestätigt sie, dass es keine
verlässlichen Zahlen gebe, zumal auch eine hohe Dunkelziffer bestehe. Das
Deutsche Jugendinstitut hat bei seiner Forschung eine nahezu gleiche Verteilung
der Schulschwänzeranteile zwischen Junge und Mädchen festgestellt. Zudem gebe
es nur eine äußerst geringe Zahl, die tatsächlich im Krankheitsbereich liege.
Sie ist zudem der Meinung, dass sich die Art und Weise des Unterrichts ändern
müsse, um die Schule attraktiv zu gestalten und aus dieser Warte das
Schulschwänzen zu verhindern. Zum
Abschluss ergänzt Stadtdirektor Koch, dass die Erfüllung der Schulpflicht auch
außerhalb einer Schule möglich sei (Werkstätten), wenn eine Beschulung in einer
Regelschule nicht mehr möglich erscheine. Zudem versuche auch der Schulträger,
mit seinen Möglichkeiten die Schule attraktiv zu gestalten, in letzter Zeit
insbesondere durch die Einrichtung von Ganztagsschulen und die damit verbundene
Mittagessen-Versorgung sowie die Ausstattung mit moderner
Informationstechnologie. Hinsichtlich
des Prüfauftrages im Rat fasst er zusammen, dass die Fragestellung, ob es
Konzepte gegen das Schulschwänzen gebe, zu bejahen sei, die Frage, ob man als
Modellregion auftreten wolle zu verneinen sei. Hinsichtlich einer Datenerhebung
fasst er zusammen, das eine reine statistische Auswertung von Bußgeldverfahren
nicht besonders aussagekräftig würde und nur richtige Forschungen von
Universität oder Fachhochschule, die auch auf Motive von Schulschwänzern
einzugehen hätten, verwertbare Ergebnisse brächten. Bei 20.000 Schülern in
Stadt und Landkreis Lüneburg gebe es seines Erachtens einen recht geringen
Anteil von festgestellten notorischen Schwänzern, so dass eine Dramatisierung
nicht angebracht sei. Die
Vorsitzende schließt damit die Aussprache zum Thema Schulschwänzen,
gleichzeitig endet die Sitzung des Jugendhilfeausschusses und die Sitzung des
Schulausschusses wird fortgesetzt mit dem ursprünglichen TOP 1. |
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