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Auszug - "Schlechte Zeiten für Schulschwänzer in Lüneburg" (Antrag der CDU-Fraktion vom 01.10.03, Eingang: 06.10.03)  

 
 
Öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 6
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Mi, 02.06.2004    
Zeit: 14:30 - 17:20 Anlass: Sitzung
Raum: Glockenhaus (Erdgeschoss)
Ort: Glockenstraße, 21335 Lüneburg
VO/0770/03 Schlechte Zeiten für Schulschwänzer in Lüneburg (Antrag der CDU-Fraktion vom 01.10.03, Eingang: 06.10.03)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der CDU-Fraktion
Verfasser:Anke Plett
Federführend:Bereich 41 - Schulen, Kultur, Sport Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Die Sitzung beginnt mit TOP 4, zugleich TOP 6 des Jugendhilfeausschusses, der in gemeinsamer Sitzung unter Vorsitz von Beigeordneter Baumgarten behandelt wird.

 

Stadtdirektor Koch erläutert zu diesem Tagesordnungspunkt, dass es sich um einen Antrag der CDU-Fraktion vom Oktober 2003 handele, über den bereits im Rat gesprochen wurde und der in den Schulausschuss zurückverwiesen wurde.

 

Ziel sei es, geeignete Gegensteuermaßnahmen zum Schulschwänzen aufzuzeigen und die Schule attraktiver zu gestalten. Da es sich um eine gemeinsame Aufgabe von Jugendhilfe und Schule handelt, soll der Tagesordnungspunkt in gemeinsamer Sitzung behandelt werden.

 

Es folgt der Vortrag von Frau Ennen. Frau Ennen ist Bildungsreferentin für die lebensweltbezogene Mädchenarbeit beim VSE. Dabei handelt es sich um ein Projekt, dass aus niedersächsischen Fördermitteln finanziert wird. Zum Vortrag von Frau Ennen wird in der Sitzung ein Tischpapier gereicht, auf das zum Inhalt des Vortrags verwiesen wird.

 

Als Beispiele stellt Frau Ennen zwei Projekte dar, die sie begleitet hat. Zum einen ein Projekt an der Berufsbildenden Schule I. Hier wurde die Thematik des Schulschwänzens in getrennten Mädchen- und Jungengruppen sowie in gemeinsamer Gruppe behandelt. Die Vor- und Nachbereitung erfolgte unter Einbeziehung der Lehrerinnen und Lehrer. Im Ergebnis hat sich eine Verbesserung des sozialen Klimas herausgestellt.

 

Zudem wurde an der Grundschule Bardowick ein Projekt durchgeführt – mit einer ganz anderen Zielgruppe als an den Berufsbildenden Schulen und einer anderer Problematik. Im Grundschulbereich kann die meiste Präventionsarbeit geleistet werden.

 

Im Ergebnis wird betont, dass ein Schwerpunkt auf geschlechterspezifischer pädagogischer Arbeit liege. Ein Problem stellt sich durch die unterschiedlichen Bildungsinteressen der Jugendhilfe und der Schule dar; es müsse eine Zusammenfassung der Jugendhilfe als zusätzliche Bildung erfolgen.

 

Im Anschluss trägt Herr Leune, Leiter der Schule an der Schaperdrift zu dem der Vorlage beigefügten Papier zum Kriminalpräventionsprojekt vor. Herr Leune fasst zusammen, dass das Papier vor ca. 4 Jahren aus der Arbeit des Kriminalpräventionsrates entstanden ist. Er verweist insbesondere darauf, dass die unterschiedlichen Ursachen des Schulschwänzens bzw. der Schulverweigerung zu unterschiedlichen Folgen und unterschiedlichen Interventionsmöglichkeiten führen. Als Grundvoraussetzung nennt er dazu, dass Lehrer konsequent das Fehlen von Schülern feststellen müssten; seit 2001 würden Fehltage auch wieder in Zeugnissen vermerkt werden. Zudem sei eine enge Kooperation von Schule, Eltern und Jugendhilfe erforderlich. Die größten Probleme im Bereich des Schulschwänzens ergeben sich bei psychisch bedingter Schulphobie, bei Cliquen- bzw. Suchtverhalten und bei resignierten Eltern, die keinen entsprechenden Einfluss auf die Schülerinnen und Schüler nehmen.

 

Das vorliegende Papier zum Schulschwänzen wurde in den Rektorenkonferenzen in Stadt und Landkreis Lüneburg vorgestellt, ist den Schulen also bekannt. Hinsichtlich der Kooperation der Beteiligten gibt es einen Arbeitskreis bei der Bezirksregierung (LüBus); einem Unterstützungsteam für Grundschulen durch Lehrer der Sonderschulen, das seit zwei Jahren besteht.

 

 

 

Frau Otte, Leiterin des Bereichs Jugendhilfe, betont, dass insbesondere ein frühes Zusammenarbeiten entscheidend sei, um dem Schulschwänzen entgegenzuwirken. Insbesondere im Grundschulbereich müsste ein entsprechendes verhalten von Schülerinnen und Schülern beobachtet werden, denn dort bestehe noch die größte Einflussmöglichkeit der Eltern. Zudem betont sie, dass der Umgang mit Schulschwänzern geschlechterspezifisch differenziert behandelt werden müsste. Problematisch sei in manchen Fällen allerdings auch das Verhalten der Eltern, denen müsste wieder bewusst gemacht werden, dass es sich beim Schulbesuch der Kinder um eine Pflicht, die Schulpflicht, handele. Es gibt ein Beispiel eines Urteils eines Familiengerichtes, dass Schulschwänzen bis zum Sorgerechtsentzug der Eltern führen kann.

 

Zusammenfassend, bezogen auf den Antrag der CDU-Fraktion, ist Frau Otte der Meinung, es gebe ausreichend Modellansätze, von denen hier Beispiele vorgestellt wurden. Es müsse nur die konsequente Umsetzung erfolgen.

 

Ratsherr Maeck betont, dass die Erkundung von Gründen und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit der Beteiligten wichtig seien und zu guter Präventionsarbeit führen würde. In der Stellungnahme der Verwaltung (Fachbereich 3) zum Antrag war insbesondere zu den Sanktionen deutlich geworden, dass es nur wenige Bußgeldverfahren gebe. Er erkundigt sich, ob es Statistiken zum Schulschwänzen an sich gebe, ggf. nach unterschiedlichen Schwere des Falls und wirft die Frage auf, welche beteiligte Institution, also Eltern oder Schule, am leichtesten zu beeinflussen ist.

 

Beigeordneter Dr. Scharf nennt zur zusätzlichen Begründung des ursprünglichen CDU-Antrages eine Focus-Analyse, nach der es 100.000 Schulschwänzer bundesweit gebe. Mit den genannten Maßnahmen und Projekten könnten einige dieser Betroffenen erreicht werden. Es gebe jedoch eine erhebliche Zahl von Fällen, wo die genannten Maßnahmen nicht greifen und es stellt sich die Frage, wie mit diesen umgegangen wird.

 

Ratsherr Soldan problematisiert die zeitliche Begrenzung des Landesförderungsprojektes für das VSE-Projekt. Zudem wirft er die Frage auf, ob die geschlechterspezifische Verteilung des Schulschwänzens bekannt sei, außerdem wie der Unterschied zwischen Schulverweigerung und Schulschwänzen gesehen werde. Statistische Zahlen sind aus seiner Sicht zweitrangig, es gelte, den Ausstieg aus der Schule zu verhindern.

 

Bürgermeisterin Schellmann bestätigt, dass auch aus ihrer Sicht der frühe Ansatz, also im Grundschulalter, am erfolgversprechenden scheine. Im Grundschulalter seien Eltern meist noch erreichbar und beeinflussbar. Sie sieht allerdings eine Schwierigkeit darin, das Verhalten auch zu erkennen und den richtigen Zeitpunkt einzuschätzen, die entsprechenden beteiligten Stellen aufmerksam zu machen.

 

Ratsherr Hagels nimmt Bezug darauf, dass eine enge Kooperation der Stellen erforderlich sei. Er gibt die Problematik zu bedenken, dass z.B. ein Drogenproblem an einer Schule meist von Schulleitern verschwiegen werden, um Einfluss auf das Anmeldeverhalten an dieser Schule zu verhindern. Außerdem würde aus seiner Sicht der Eintrag ins Klassenbuch bei Fehlen, wie auch der neue Erlass zur Kooperation mit der Polizei und Verpflichtung zur Anzeige nicht diese Kooperationsmaßnahmen und das Gegensteuern mit pädagogischen Mitteln ersetzen. Er nennt ein Beispiel aus Magdeburg, wo zwei Angestellte sich um Schulschwänzer kümmern und meist dem Phänomen begegnen, dass Eltern, die von diesen direkt angesprochen werden, nicht mithelfen, die Kinder wieder zur Schule zu bringen.

 

Dieses Phänomen betont auch Frau Dr. Raithel. Eltern würden meistens der Problematik ausweichen und Entschuldigungen für die Kinder finden. Die Kinder würden auf diese Art und Weise nicht lernen, Konflikte auszuhalten, wenn sie keine Lust zu irgendetwas haben, müssten sie dies auch nicht tun. Aus ihrer Sicht kann der Ansatz möglicherweise schon im Kindergarten erfolgen.

 

Frau Otte unterstützt, dass die Ordnungsamt- bzw. Polizeivorführung zur Schule ihrer Erfahrung nach nichts bringe. Hinsichtlich einer psychologisch bedingten Schulphobie betont sie, dass, wenn diese tatsächlich festgestellt ist, auch eine Rückführung mit den dann geeigneten Maßnahmen möglich sei. Erforderlich sei es dennoch trotzdem, dass in der Schule das Schwänzen überhaupt festgestellt wird. Sie regt zudem an, dass in den Studiengängen zur Lehrerausbildung die Problematik eingebunden werden sollte.

 

Auch Frau Ennen unterstützt, dass Lehrer unter Umständen nicht wissen, wie sie mit entsprechend auffälligen Kindern umgehen sollen. Sie regt dazu an, dass kollegiale Beratungen eingerichtet werden sollten und Unterstützungsmöglichkeiten für Lehrer geboten werden müssen. Hinsichtlich der Fragestellung, wo Einfluss genommen werden kann, betont sie, dass eine Verhaltensänderung der Eltern möglich, jedoch ein langwieriger Prozess sei. Hinsichtlich der Fragen zu den statistischen Daten bestätigt sie, dass es keine verlässlichen Zahlen gebe, zumal auch eine hohe Dunkelziffer bestehe. Das Deutsche Jugendinstitut hat bei seiner Forschung eine nahezu gleiche Verteilung der Schulschwänzeranteile zwischen Junge und Mädchen festgestellt. Zudem gebe es nur eine äußerst geringe Zahl, die tatsächlich im Krankheitsbereich liege. Sie ist zudem der Meinung, dass sich die Art und Weise des Unterrichts ändern müsse, um die Schule attraktiv zu gestalten und aus dieser Warte das Schulschwänzen zu verhindern.

 

Zum Abschluss ergänzt Stadtdirektor Koch, dass die Erfüllung der Schulpflicht auch außerhalb einer Schule möglich sei (Werkstätten), wenn eine Beschulung in einer Regelschule nicht mehr möglich erscheine. Zudem versuche auch der Schulträger, mit seinen Möglichkeiten die Schule attraktiv zu gestalten, in letzter Zeit insbesondere durch die Einrichtung von Ganztagsschulen und die damit verbundene Mittagessen-Versorgung sowie die Ausstattung mit moderner Informationstechnologie.

Hinsichtlich des Prüfauftrages im Rat fasst er zusammen, dass die Fragestellung, ob es Konzepte gegen das Schulschwänzen gebe, zu bejahen sei, die Frage, ob man als Modellregion auftreten wolle zu verneinen sei. Hinsichtlich einer Datenerhebung fasst er zusammen, das eine reine statistische Auswertung von Bußgeldverfahren nicht besonders aussagekräftig würde und nur richtige Forschungen von Universität oder Fachhochschule, die auch auf Motive von Schulschwänzern einzugehen hätten, verwertbare Ergebnisse brächten. Bei 20.000 Schülern in Stadt und Landkreis Lüneburg gebe es seines Erachtens einen recht geringen Anteil von festgestellten notorischen Schwänzern, so dass eine Dramatisierung nicht angebracht sei.

 

Die Vorsitzende schließt damit die Aussprache zum Thema Schulschwänzen, gleichzeitig endet die Sitzung des Jugendhilfeausschusses und die Sitzung des Schulausschusses wird fortgesetzt mit dem ursprünglichen TOP 1.