Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Stadtdirektor
KOCH führt kurz in
die Thematik ein. Die Stadt wirke schon seit einigen Jahren regelmäßig in
überregionalen Ausbildungskonferenzen mit, die jeweils von den Arbeitsämtern
frühzeitig zum Ende jedes Schuljahres organisiert würden. Die Ergebnisse würden
dem Jugendhilfeausschuss regelmäßig mitgeteilt. Die Fachausschüsse würden das
Thema entsprechend ihrer jeweiligen Zielrichtungen aufgreifen und weiter
diskutieren. Herr
NEUMANN von der
Handwerkskammer berichtet, die Lehrlingsquote, also der Anteil der
Auszubildenden an den Gesamtbeschäftigten im Bezirk der Handwerkskammer
Lüneburg-Stade, betrage 12% und liege damit weit über dem Bundes- und
Landesdurchschnitt. Die Bereitschaft, auch über den eigenen Bedarf hinaus
auszubilden, sei relativ groß. Im Landkreis Lüneburg gebe es z.Zt. rd. 1.200
Handwerksbetriebe, die ausbilden können, in der Stadt Lüneburg seien es rd. 420
Handwerksbetriebe. In der Lehrlingsrolle der Handwerkskammer Lüneburg-Stade
seien zur Zeit 381 Ausbildungsverträge eingetragen, im Vorjahr seien es zwar
391 gewesen, dies hänge aber auch mit dem in diesem Jahr eingeführten BGJ
Elektro zusammen, das zur Zeit 17 Schüler besuchen. Somit bestehe im Handwerk
in Stadt und Landkreis Lüneburg ein relativ ausgeglichenes
Ausbildungsverhältnis. Wie auch in den vorhergehenden Jahren werde natürlich
weiterhin versucht, Stellen nachzuvermitteln. 20 Jugendliche suchten derzeit
noch einen Ausbildungsplatz im Handwerk, 5 Lehrstellen seien noch offen,
allerdings in bei Jugendlichen weniger beliebten Handwerksberufen, wie z.B.
Bäcker. Im Landkreis Uelzen stünden dagegen 5 Ausbildungsplatzsuchenden noch 36
offene Stellen gegenüber, was die regionalen Unterschiede sehr deutlich mache.
Im gesamten Kammerbezirk Lüneburg-Stade gebe es z.Zt. noch 100 Suchende und 135
offene Stellen. Vorteilhaft wäre es in jedem Fall, Strategien zu entwickeln,
wie die Arbeitsverwaltung der Arbeitsämter zukünftig noch intensiver in die
Suche nach Ausbildungsplätzen einbezogen werden könnte. Frau
SCHLÜTER von der
IHK erklärt, die IHK decke ein weiteres Berufsspektrum und einen größeren
Bereich ab, als die Handwerkskammer, daher seien die Zahlen natürlich insgesamt
höher. Anhand von Statistiken zeigt sie die Verteilung der Lehrstellen auf die
einzelnen Berufsgruppen im gewerblichen und kaufmännischen Bereich und deren
Entwicklung über die letzten 5 Jahre für den Landkreis Lüneburg auf. Am
31.10.03 habe die Zahl der Ausbildungsverhältnisse im IHK-Gesamtbezirk bereits schon
den Stand von Ende Dezember letzten Jahres überschritten. Die Zahl werde sich
allerdings noch etwas bereinigen, da zum Ende der Probezeit einige
Ausbildungsverhältnisse aufgelöst würden und Auszubildende in andere
Lehrstellen wechselten. Da es auch Neueintragungen gebe, seien die Chancen aber
gut, nicht unter das letztjährige Niveau zu sinken. In Niedersachsen sei die
Zahl der Ausbildungsplätze über die letzten Jahre stärker angestiegen, als die
Zahl der Schulabgänger und habe sich damit insgesamt gesehen also nicht ganz so
dramatisch entwickelt, wie die Medien es bundesweit immer darstellten. Die Zahl
der aktiven Ausbildungsbetriebe im Landkreis Lüneburg sei in den letzten Jahren
ebenfalls stetig gestiegen. Bei der Nachvermittlung noch nicht besetzter oder
wieder frei gewordener Ausbildungsplätze hätten im gesamten Kammerbezirk trotz
vielfältiger Strategien im Oktober /November 2003 von 117 freien Stellen bisher
nur 9 wieder besetzt werden können. Die übrigen 108 Ausbildungsplätze seien
keineswegs nur in unbeliebten Berufssparten frei. Es fehle zum Teil einfach an
qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern. Wichtig wäre in unserer Region
insbesondere aber auch, die Attraktivität der Berufsgruppe Gaststättengewerbe
zu erhöhen. Lüneburg lebe vom Tourismus und habe in dieser Branche viele
Lehrstellen zu bieten, viele Jugendliche scheuten diese Ausbildung jedoch
aufgrund der unregelmäßigen Arbeitszeiten. Den Schulabgängern müsse
eindringlich verdeutlicht werden, dass ihnen mit jeder abgeschlossenen
Berufsausbildung die Weiterbildung in anderen Branchen offen stehe. Frau
SCHLÜTER verteilt Disketten mit den gezeigten Statistiken an interessierte
Ratsmitglieder. Herr
NIEMEYER vom
Arbeitsamt ergänzt, die Zahl der Schulabgänger, die sich im Landkreis Lüneburg
bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz an das Arbeitsamt gewandt hätten, sei
in diesem Jahr um 13% gestiegen. Die Einschaltung der Berufsberatung bei der
Ausbildungsplatzsuche steige erfahrungsgemäß immer etwas stärker an, wenn in
den Medien vermehrt über die Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt berichtet wurde.
Bei den gemeldeten Ausbildungsstellen sei für Niedersachsen zwar ein Rückgang
um etwa 3% zu registrieren gewesen, im Arbeitsamtsbezirk Lüneburg, der auch den
Landkreis Lüneburg umfasse, sei die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen
dagegen erfreulicherweise um 2,1 % gestiegen. Auch wenn es insgesamt mehr
Stellen als Bewerber gebe, sei es natürlich nicht möglich, für jeden Bewerber
den wunschgemäßen Ausbildungsplatz zu finden. Für diejenigen, die zunächst
keine Lehrstelle gefunden haben, biete das Arbeitsamt u.a. 60 Plätze in sog.
Grundausbildungslehrgängen, 20 Plätze für benachteiligte Jugendliche in
außerbetrieblichen Ausbildungen und 25 Plätze in Sprachförderkursen an. Das
Arbeitsamt subventioniere in einigen Fällen auch die Ausbildung in Betrieben,
wenn dies gerechtfertigt erscheine. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien beim
Arbeitsamt noch 30 Bewerber gemeldet, die konkret einen Ausbildungsplatz
suchen. Freie Stellen wären rein rechnerisch sicherlich genügend vorhanden,
leider verhinderten aber die regionalen und strukturellen Probleme von Angebot
und Nachfrage, für jeden Einzelnen die perfekte Lösung zu finden. Herr
VOIGTS von der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft teilt mit, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft
habe versucht, die von den Vorrednern genannten Aktivitäten in der Form zu unterstützen,
dass sie bei den Firmen in der Region auf die Wichtigkeit der Schaffung neuer
Ausbildungsplätze hingewiesen habe. Es seien etwa 100 Betriebe angesprochen worden,
daraus hätten sich 22 neue Ausbildungsplätze für dieses und nächstes Jahr
ergeben. Der Ausbildungsverbund Lüneburg (ALü), der von der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft unterstützt werde, habe im Übrigen seit
seiner Gründung 52 neue Ausbildungsplätze in Lüneburg geschaffen, zuletzt 12 im
neu entwickelten Bereich Mechatronik, einem Berufsbild, das sich aus einer
Kombination aus Mechanik, Hydraulik und Elektronik zusammensetze. Die
Auszubildenden würden innerhalb des Ausbildungsverbundes von verschiedenen
Firmen ausgebildet, die jeweils einen Teil der zugehörigen Bereiche abdecken. Stadtdirektor
KOCH dankt den
Referenten für die umfassenden Informationen. Er fasst zusammen, die
Ausbildungssituation in Lüneburg werde sorgfältig beobachtet und sei offensichtlich
bisher nicht dramatisch. In der erweiterten Region über Stadt und Landkreis
Lüneburg hinaus finde eine außerordentlich kooperative Zusammenarbeit der
verschiedenen Kammern, Ämter und Verbände statt. In Lüneburg entfalte zudem die
Landeszeitung eine außergewöhnliche Aktivität zur Unterstützung von Bewerbern
für und Anbietern von Ausbildungsplätzen, die keineswegs selbstverständlich
sei. Stadtkämmerer
SAUER stellt
ergänzend kurz dar, dass die Stadt Lüneburg und ihre Tochtergesellschaften
insgesamt 157 Ausbildungsplätze in den unterschiedlichsten Bereichen anbieten.
Beim Städtischen Klinikum kämen in den nächsten drei Jahren dank des
Ausbildungsverbundes mit der Herz-Kreislauf Klinik Bad Bevensen jährlich 5
weitere Ausbildungsplätze, also insgesamt 15 Plätze dazu. Ein detaillierterer
Bericht werde im Ausschuss für Personalangelegenheiten und Verwaltungsreform
gegeben. Beigeordneter
KÖRNER weist auf
die relativ hohen Kosten und den Aufwand hin, die ein Ausbildungsplatz für den
Lehrbetrieb verursache, so dass sich einige Betriebe überlegen müssten, ob
Ausbilden für sie noch vertretbar sei. Trotzdem habe das Handwerk immer seine
Pflicht in der Ausbildung erfüllt, was man vom Bund und teils auch vom Land
leider nicht sagen könne. Die Ausbildungsabgabendiskussion sei völlig
inakzeptabel und treffe vornehmlich die kleinen und mittleren
Handwerksbetriebe. Mit der Einführung von Zuschüssen für die Schaffung neuer
Ausbildungsplätze würden indirekt diejenigen Betriebe bestraft, die seit Jahren
ausbilden und dafür nie finanzielle Unterstützung erhalten haben. Die Industrie
habe in den letzten Jahren die Ausbildung vernachlässigt und dann von den gut
ausgebildeten Kräften aus dem Handwerk profitiert. Dies sollte auch in den
Statistiken der IHK deutlich gemacht werden. Beigeordneter
SRUGIS meint, die
Ausbildungssituation in Lüneburg und Umgebung erscheine nach den Berichten zwar
recht positiv, man dürfe jedoch nicht die große Zahl der Schüler in den
berufsbildenden Schulen unterschätzen, die eigentlich auch auf der Suche nach
Ausbildungsplätzen seien und hier die Wartezeit überbrückten. Wenn tatsächlich
20% der Schulabgänger nicht ausbildungsfähig sein sollen, dann müsse
schleunigst überprüft werden, was am Bildungssystem verbessert werden könne, um
diese Zahl zu reduzieren. Die Diskussion über die Ausbildungsabgabe sollte im
Übrigen nicht einfach vom Tisch gewischt werden, sondern man müsse dieser Idee
eine Chance geben und sehen, ob sie die gewünschte Wirkung entfalten könne. Die
Gesellschaft habe die Pflicht, jungen Menschen mit einer Ausbildung Chancen zu
eröffnen. Der Rat der Stadt Lüneburg sollte daher eindringlich an die Betriebe
appellieren, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, und die jungen
Menschen auffordern, auch selbst etwas für die eigene Ausbildungsfähigkeit zu
tun. Beigeordneter
ALTHUSMANN stellt
klar, die CDU-Fraktion halte eine Ausbildungsabgabe für das falsche Instrument,
um die Ausbildungsfähigkeit und -bereitschaft der Betriebe zu erhöhen. Es habe
sich doch gezeigt, dass die Lage gar nicht so dramatisch sei. Wichtig wäre, den
Jugendlichen schon an den Schulen deutlich zu machen, dass es besser sei,
notfalls zunächst eine Ausbildung zu machen, die nicht dem Traumberuf
entspreche. Die Gefahr, in die Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe abzugleiten,
sei ohne Ausbildung erheblich größer. Eine vorhandene Ausbildung könne auch gut
als Basis für weitere Berufsausbildungen dienen. Die steigende Tendenz, auf
Grund eines fehlenden Ausbildungsplatzes zunächst weiter in die schulische Ausbildung
an die Berufsschulen zu gehen, müsse wieder umgekehrt werden. Den Menschen in
Deutschland müsse klar gemacht werden, dass eine gute Ausbildung einen Wert
darstelle und dass es eine Ehre sei, junge Menschen auszubilden. Ratsherr
MEIHSIES erklärt,
die Grünen hätten auf Bundesebene als Alternative zur Ausbildungsplatzabgabe
ein Stiftungsmodell entwickelt und dies auch Arbeitgeberpräsident Hundt
vorgestellt. Wer die Schaffung von Ausbildungsplätzen einfordere, sollte im
Übrigen auch mit gutem Beispiel vorangehen. Die Landtagsfraktion Bündnis 90/
Die Grünen habe daher in ihrer Geschäftsstelle einen Ausbildungsplatz zur/ zum
Büro- und Kommunikationskauffrau/-mann geschaffen. Ratsherr
REINECKE ist der
Meinung, ein großer Teil der Verantwortung für die Ausbildung und die richtige
Einstellung dazu liege bei den Eltern, die entsprechend als Vorbilder fungieren
müssten. Der Bildungsstand der Bewerber sinke leider stetig ab und erschwere
die Ausbildung. Für die Betriebe bedeutete Ausbildung natürlich Kosten und
Zugeständnisse, daher sollten die Rahmenbedingungen so verändert werden, dass
die Ausbildungsbetriebe so entlastet werden, dass sie wettbewerbsfähig bleiben.
Die FDP-Fraktion sei gegen die Ausbildungsabgabe, die mit zuviel Bürokratie
verbunden wäre und die Betriebe bestrafe, die zwar ausbilden wollten, aber
keine geeigneten Bewerber fänden. Der vernünftigste Weg, mehr Ausbildungsplätze
zu schaffen, wäre wieder Planungssicherheit und Zukunftsperspektiven für die
Betriebe zu bewirken. Daran sollten sich alle politischen Kräfte beteiligen. Beigeordneter
FIRUS betont, die
Betriebe in der Region seien ihrer Verantwortung nachgekommen, genügend
Ausbildungsplätze bereit zu stellen. Bundesweit gebe es jedoch noch immer eine
hohe Zahl arbeitsloser Jugendlicher, von denen rund zwei Drittel keine
Ausbildung hätten. Das vorrangige Ziel der Politik auf allen Ebenen müsse daher
sein, genügend Ausbildungsplätze zu schaffen. Dazu bedürfe es neben Reformen
auf dem Arbeitsmarkt auch gesellschaftlicher Veränderungen. Die
Rahmenbedingungen dafür müssten auf Bundesebene geschaffen werden. Die
Ausbildungsabgabe sei ein Mittel, mit dem die Sicherheit der Ausbildungsstellen
gewährleistet werden solle. (II,
V) |
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