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Auszug - Bildung einer interkommunalen Architektengemeinschaft (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 23.04.2016)  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 02.06.2016    
Zeit: 17:00 - 20:35 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/6652/16 Bildung einer interkommunalen Architektengemeinschaft (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 23.04.2016)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT VI
Bearbeiter/-in: Kibscholl, Stefanie  Fachbereich 6 - Stadtentwicklung
 
Wortprotokoll
Beschluss

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr PETROLL erklärt, dass in Deutschland knapp elf Prozent der Bediensteten im öffentlichen Dienst beschäftigt seien. In Schweden liege diese Quote bei dreißig Prozent. Der Lebensstandard dort sei höher, da sich die vielen Bediensteten positiv darauf auswirkenrden. In Deutschland gebe es zu wenig Polizisten, Finanzbeamte, Krankenschwestern sowie auch Architekten. Nach der Privatisierung hätten sich viele Preise für Architekturleistungen verdoppelt. Damals hätten Beamte Berechnungen angestellt, denen zufolge Architekturbüros staatlich günstiger zu realisieren wären als private. Dies wäre, vermutlich aus politischen Gründen, jedoch nicht veröffentlicht worden. Die Gebäudewirtschaft wäre Frau Gundermann zufolge bemüht, ihren Eigenanteil von zwanzig bis dreißig Prozent zu erhöhen, um Planungskosten einzusparen. Ein höherer Eigenanteil führe zu einer höheren Kompetenz insgesamt, da sich die Architekten untereinander unterstützen könnten. Die Linke habe ein eigenes Beispiel für 36 Wohnungen mit zwei Jahren Ausführungszeit mit zwei Architekten gestaltet. Frau Gundermann zufolge würden dafür drei Architekten mit Kosten von je 92.000€ im Jahr betigt werden. Pro Jahr sei mit 95.00€ zu rechnen. Zwei Architekten schafften in zwei Jahren 36 Wohnungen. Auch wenn noch 10.000€ dazukämenr Software oder technische Zeichner, re diese Lösungnstiger als eine entsprechende Fremdvergabe.

Ratsfrau PUSCHMANN begrüßt es grundsätzlich, Möglichkeiten für Kosteneinsparungen zu suchen. Allerdings gebe es problematische Punkte in dem Rechenbeispiel. Einzelne Ämter wären ebenso wie die Büroausstattung nicht berücksichtigt worden. Die Verwaltung habe gut dargestellt, welche Aspekte der Antrag nicht berücksichtigt habe. Das betreffe u.a. auch Fachrichtungen wie Brand- oder Klimaschutz. Einzelne Personen besäßen nicht die erforderlichen Kompetenzen, um alle nötigen Fachrichtungen abzudecken.

In den Bauausschusssitzungen sei die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Projekte immer wieder festzustellen. Das reiche von Kindergartenbüros bis zu Wohngebäuden. Jedes Gebäude habe spezielle Aspekte und Anforderungen, die berücksichtigt werden ssen. Es gebe wie in anderen Branchen Bereiche, auf die sich bestimmte Büros spezialisiert hätten. Diese Ressource gebe es bei angestellten Architekten nicht.

Ratsherr DÖRBAUM kritisiert, dass die Berufserfahrung Herrn Petrolls 20 Jahre zurückliege. Er erinnere daran, dass das staatliche Hochbauamt Gefängnisse, Kasernen und Gebäude für die Polizei und andere Dienststellen in Niedersachsen gebaut habe. Die Vielfalt dessen, was die Hansestadt Lüneburg baue, habe um ein Vielfaches zugenommen. Die Qualität der Architekturleistungen habe dementsprechend zugenommen. Der Umfang dieser Arbeiten lasse sich in der Bauverwaltung, im gegenrtigen Stand, nicht bewerkstelligen. Auch zwei neue Mitarbeiter ren nicht ausreichend, um das gesamte Bauleitplanungsverfahren und alles was dazu gehöre, zu leisten. Deswegen sei es wichtig, solche Dinge extern zu vergeben. So könne der geeignetste Anbieter gewählt werden. Darüber hinaus berge der Antrag steuerliche Probleme, sowie die Frage, ob solche Leistungen für die Bezahlung, die der öffentliche Dienst bieten könne, überhaupt angeboten würden. Uelzen und Dannenberg tten sich aus solchen Gemeinschaften wieder zurückgezogen.

Ratsherr MANZKE kommt auf die Umsetzbarkeit des Antrages zu sprechen. Für eine interkommunale Architektengemeinschaft müsse erst eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Dies müsse eine Firma, ein Verein oder eine andere Rechtsform sein, die von jemandem wie dem Oberbürgermeister vertreten werden müsste. Es stelle sich die Frage der Koordination und welche Kommune wie viele Aufträge und finanzielle Mittel einbringen dürfe oder könnte. Zurzeit gebe es eine besondere Auslastung am Bau. Diese könne auch jedoch auch wieder abnehmen. Daher sei es gut, dass die Stadt keine eigenen Mitarbeiter oder Beamte durch Zeiten geringer Auslastung hindurch beschäftige. Wenn der Antrag Kosteneinsparungen in Höhe von 50 Prozent verspreche, werde damit unzutreffender Weise unterstellt, dass Architekten mit ihren Aufträgen 50 Prozent Gewinn erzielenrden. Dem Antrag sei nicht zuzustimmen.

Beigeordneter PAULY erwidert, dass der Staat die erforderlichen Kompetenzen zurückgewinnen müsse. Ein privater Ingenieur, der für die Stadt tätig werde, achte zuvorderst auf seinen Gewinn und seine Mitarbeiter, nicht auf das öffentliche Wohl. Ursprünglich tte der Antrag technische Zeichner und kaufmännische Angestellte neben den Overhead-Kosten separat aufgeführt. Der Lesbarkeit wegen wären diese Posten jedoch zu den Overhead-Kosten zusammengefasst worden. Architekten und Ingenieure ren stets auf kaufmännische Begleitung sowie technische Zeichner angewiesen. Die einfachste Lösung wäre, dass die Kommune mehr Ingenieure einstelle. Allerdings gebe es wie bereits angesprochen fluktuierende Bedarfe. Dies hänge beispielsweise mit dem Vorhandensein eines Wohnungsbauprogrammes zusammen. Mehrere Kommunen zusammenaddierttten jedoch stets einen Grundbedarf. Eine Lösung erfordere nicht zwei Ingenieure bei der Stadt, sondern sechs oder sieben, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Kompetenzen ausgestattet wären und je nach Bedarf in unterschiedlichen Kommunentig werden könnten. Wenn dann in einer Gemeinde ein Kita-Programm durchgeführt werde, könne auf diesen Pool an Kompetenzen zurückgegriffen werden. Das Sparpotenzial der Lösung liege darin, dass ein privates Büro zusätzlich auch Bewerbungskosten hätte, da es nicht automatisch Aufträge bekäme. Dies führe zu höheren Overhead-Kosten. Zudem gebe es dorthere Gehälter als die im Antrag vorgestellte sung im öffentlichen Dienst es vorsehe. r das vorgestellte Konstrukt nne jedoch durch eine geeignete private Rechtsform, zum Beispiel durch eine kommunale GmbH, außerhalb des TVöD Personal beschäftigt werden. Die Gewinne der privaten Anbieter rden nicht benötigt und die Stadt erhielte dem öffentlichen Gemeinwohl verpflichtete, eigene Architekten und Ingenieure, die bedarfsgerecht verschiedenen Arbeiten nachgehen könnten. Daher spare das Modell Kosten gegenüber der bisherigen Verfahrensweise.

Beigeordnete SCHELLMANN kritisiert, dass Architekten nicht mehr Möglichkeitentten, wenn sie in einer komplizierteren Rechtsform agierten. Diese sei kompliziert, da sie mehrere Teilnehmer hätte, die auf den Pool zugreifen wollen. Dem Antrag zufolge solle nach Stunden abgerechnet werden. Zudem sei fraglich, ob sich Architekten in eine solche Situation begeben wollen. Die Stellungnahme der Verwaltung habe überzeugt. Ein Pool reiche nicht aus, da die wirtschaftlichen und baurechtlichen Anforderungen gestiegen ren. Das Modell des Antrages erlaube keine vergleichbar schnellen und professionellen Leistungen. Der Antrag sei idealistisch, aber realitätsfern.

Oberbürgermeister MÄDGE kritisiert, dass der Vorschlag die grundgesetzliche Freiheit der Berufe nicht beachte. Zudem sei jede Gemeinde nach dem niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzr sich zuständig. Einro aus Hannover habe am Dienstagabend im Johanneum über den Bau einer Schule referiert. Beispielsweise die Energieeinsparverordnung tte es in den Neunziger Jahren nicht gegeben. Auch der Brandschutz habe sich zu einem wichtigen Thema entwickelt. Dies verdeutliche, dass Jahre zurückliegende Berufserfahrungen nicht in die Zukunft abgebildet werden sollten. Die Stadt habe nicht die Leute, um den Antrag zu bewerkstelligen. In Uelzen re ein ähnlicher Versuch unternommen worden und der Bau des Rathauses in der Folge um eine Million Euro teurer geworden. Der Stadtrat dort hätte nichts von den Abläufen erfahren, da das Gebäudemanagement zu weit von der Kernverwaltung entfernt gewesen wäre und die Verantwortlichen den Ratsmitgliedern nicht bekannt gewesen seien. Nun hätte die Stadt ihre Bauverwaltung wieder in der Kernverwaltung untergebracht. Die Hansestadt Lüneburg habe auch einen Eigenbetrieb Gebäudemanagement gehabt, der wieder zurück in den Verwaltungsapparat gezogen worden wäre. Für einen Eigenbetrieb müsse unter anderem ein Aufsichtsrat gebildet werden. Dies bemängele Die Linke regelmäßig. Die Stadt baue Kindergärten selber, saniere selber und die WoBau, als städtische Beteiligung, baue selber. Komplizierte Bauvorhaben wie Schulbautenrden jedoch vergeben. Das Audimax sei von einem Staatshochbauamt gebaut und beaufsichtigt worden. Eine organisatorisch weit vom Rat entfernte Behörde verbessere die Ergebnisse nicht. Stattdessen werde die Innovativkraft der Ingenieure benötigt. Der Antrag rufe ähnlich der Debatten um den ÖPNV oder eigene Stadtwerke wichtige Fragen wie die nach der Höhe des Eigenkapitals oder der Haftung hervor. Da keine Versicherung ein staatliches Baumanagement versichere, hafte der Staat. Neben der Stadt gebe es einen Landkreis und zehn selbständige Samtgemeinden. Der Rat der Stadt Bleckede werde sich beispielsweise vermutlich nicht an so einem Konstrukt beteiligen um sodann in einem Aufsichtsrat einen von sechs Sitzen zu erhalten, wenn dieser Aufsichtsrat entscheidenrde, was in Bleckede gebaut werde. Bauen sei eine kommunale Aufgabe. Fachlich sei neburg mit Frau Gundermann und allen Mitarbeitern der Bauverwaltung gut aufgestellt. Es gebe einen Sachverstand, der Stellungnahmen zu Anträgen nicht aus politischen Gründen schreibe, sondern aus sachlichen Gründen. Der vorgeschlagene Weg hre in eine falsche Richtung und bringe die Stadt nicht voran.


Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg fasst mehrheitlich bei 2 Befürwortungen der Fraktion Die Linke folgenden Beschluss:

 

Der Antrag wird abgelehnt.

 

(VI)