Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt:
Stadtrat MOßMANN verweist auf einen Vortrag in der Sitzung des Ortsrates Oedeme am 24.04.2014. Zudem sei zum Stand des Verfahrens am 23.9.2013 eingehend im Verkehrsausschuss vorgetragen worden. Dabei sei man sich einig gewesen, die Reaktivierung der Schienenstrecke nur insoweit zu befürworten, als es um die Stärkung des Personennahverkehrs ginge, nicht aber für den Güterverkehr zur Anbindung der Hafenhinterlandverkehre. Nach Abschluss der 2. Untersuchungsstufe befinden sich derzeit noch 8 von ursprünglich 28 Strecken im Rennen. Die Strecke Soltau‑Lüneburg sei eine davon, allerdings nach den Ergebnissen der durchgeführten Nutzwertanalyse mit deutlichem Abstand zu den vorderen 4 Strecken. In einem nächsten Schritt würden jetzt die 8 verbliebenen Strecken einem bundeseinheitlichen Bewertungsverfahren unterzogen, der so genannten Standardisierten Bewertung. Für eine Reaktivierung muss der sich aus dem Verfahren ergebende Nutzen-Kosten-Indikator größer 1 sein. Alles andere sei volkswirtschaftlich nicht sinnvoll und lasse eine Finanzierung aus Steuermitteln nicht zu. Mit Ergebnissen sei frühestens Ende 2014 zu rechnen. Bei einer Reaktivierung der Strecke Lüneburg – Soltau müsse die Konkurrenzsituation auch in Bezug auf die § 45a-Mittel berücksichtigt werden. Durch eine Reaktivierung seien immer noch ein Drittel der Bürger auf den ÖPNV angewiesen, da die Entfernung zu den Bahnhaltestellen zu weit sei. Bisher habe der Rat der Hansestadt Lüneburg sich für eine Stärkung des ÖPNV ausgesprochen und durch die Schnellbusse sei bereits eine noch Besserung Anbindung erreicht worden.
Die Anfrage beantwortet Stadtrat Moßmann wie folgt: zu 1) Zurzeit werden auf der Schienenstrecke Lüneburg – Hützel – Soltau ca. einmal wöchentlich Gütertransporte zum Gaslager nach Melbeck und nach Bedarf zum Holzlager in Drögennindorf von DB Schencker durchgeführt. Theoretisch könnte dort nach Angaben der Osthannoverschen Eisenbahn AG (OHE) als Eigentümerin der Bahnstrecke in Abhängigkeit von der Infrastruktur (Belastbarkeit der Brückenbauwerke, vorhandene Ausweichmöglichkeiten auf der eingleisigen Strecke etc.) mehr Güterverkehr durchgeführt werden, es ist jedoch momentan nach Aussage der OHE keine zusätzliche Nachfrage absehbar.
zu 2) Am 13.12.2013 wurde dem Landkreis Lüneburg von der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) im Rahmen der detaillierteren Untersuchung der 28 verbliebenen Bahnstrecken ein der Bewertung der Strecken zugrunde liegendes Bedienungskonzept zugesandt, das, um einen möglichst großen Nutzen zu erzielen, für alle Strecken einheitlich einen Stundentakt vorsieht.
zu 3) Dem der Reaktivierung der Bahnstrecke Lüneburg – Soltau zugrunde liegenden Betriebskonzept für den Personenverkehr wurde in der Stellungnahme von allen teilnehmenden Gemeinden grundsätzlich zugestimmt, die Nutzung der Strecke für den Güterverkehr jedoch u. a. wegen der Lärmschutzproblematik als kritisch angesehen. Unter dem Punkt „Regionale Unterstützung“ wurde explizit der im Verkehrsausschuss vom 23.09.2013 einstimmig gefasste Beschluss aufgenommen, dass die Hansestadt Lüneburg einer Reaktivierung der Strecke nur zustimmt, soweit sie der Stärkung des Personenverkehrs dient. Eine Nutzung der Bahnstrecke zur Anbindung der Hafenhinterlandverkehre wird nicht verfolgt. Der Oberbürgermeister hat mit Hinweis auf die o. g. Beschlusslage des Verkehrsausschusses vom 23.09.2014 in seinem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Hansestadt Lüneburg die Aktivierung der Schienenstrecken für möglichen Güterverkehr ablehnt, weil die damit verbundenen Lärmbelastungen aufgrund der in den letzten Jahrzehnten verdichteten Siedlungsentwicklung faktisch nicht mehr hinnehmbar seien. Darüber hinaus lehne die Hansestadt aufgrund vorrangiger Investitionen in Bildungseinrichtungen eine Kostenbeteiligung an den notwendigen Investitionen – auch für den Personennahverkehr – ab. Zuletzt hat der Oberbürgermeister empfohlen, eine geeignete Bürgerinformation und -beteiligung vor Ort durch die LNVG sicherzustellen.
zu 4) s. Antwort auf Fragen 2 und 3
zu 5) Von den ursprünglich 28 Strecken, die der Nutzwertanalyse zugeführt wurden, sind 8 Strecken für die Untersuchung nach dem standardisierten Bewertungsverfahren übrig geblieben, von denen die Strecke Lüneburg – Soltau mit einem Nutzwert von 4,92 Punkten deutlich hinter den ersten beiden Strecken Braunschweig – Harvesse (6,13 Punkte) und Bad Bentheim – Neuenhaus (5,97 Punkte) liegt. In diesem Verfahren werden nun auch die Kosten für die Reaktivierung der Bahnstrecken ermittelt, um der Nutzenbetrachtung auch die finanziellen Auswirkungen gegenüberzustellen. Die LNVG geht davon aus, dass mit dem vorhandenen Budget maximal die Reaktivierung der ersten beiden Strecken mit dem höchsten Kosten-Nutzen Wert finanziert werden kann. Eine Schätzung der Reaktivierungskosten sowie der Kosten für Sicherungs- und Lärmschutzmaßnahmen ist durch die Hansestadt Lüneburg bisher nicht erfolgt. Da die LNVG im Auftrag der Landesregierung derzeit die Reaktivierung von Schienenstrecken prüft und insoweit die LNVG als „Vorhabenträger“ anzusehen ist, wird auch eine eigene Kostenermittlung durch die Hansestadt Lüneburg seitens der Verwaltung für nicht erforderlich gehalten.
Ratsherr DR. SCHARF beantragt Aussprache.
Beschluss:
Der Rat der Hansestadt Lüneburg stimmt dem Antrag auf Aussprache mehrheitlich zu.
Beratungsinhalt:
Ratsherr DR. SCHARF erklärt, dass seit einem Jahr die Diskussion über die Reaktivierung von Bahnstrecken auch in den Medien sei. Im Verkehrsausschuss sei ein Votum bzgl. der Streckenreaktivierung Lüneburg – Soltau und Lüneburg – Bleckede abgegeben worden. Er zählt die negativen Faktoren wie hohe Kosten und Kostenbeteiligung der Hansestadt Lüneburg, die maroden Gleise, die fehlenden Sicherungsanlagen und -übergänge, die Wohnbebauung entlang der Bahnstrecken und die Konkurrenzsituation zum Busverkehr auf, macht aber auch auf die positiven Faktoren einer Streckenreaktivierung wie Entlastung des Straßenverkehrs und die touristische Erschließung aufmerksam. Er wünsche sich eine vorurteilsfreie Diskussion über das Pro und Contra und eine sachliche Abwägung durch den Rat der Hansestadt Lüneburg.
Beigeordnete SCHMIDT macht darauf aufmerksam, dass es eine Veränderung in der Gesellschaft gebe und vor allem die junge Generation vom PKW auf die Bahn umsteige. Daher sei das Ziel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Reaktivierung der Bahnstrecke Lüneburg – Soltau. Die Gemeinden Adendorf und Bleckede setzen sich ebenso für eine Reaktivierung ein. Bestes Beispiel für eine rentable und von den Bürgern angenommene Bahnverbindung sei die zwischen Lüneburg und Hamburg. Zudem seinen die von der Bahn angeschlossenen Gebiete attraktiver. Auch bestehe keine Konkurrenz zum Busverkehr, da durch die Bahn der PKW-Verkehr verdrängt werde. Bzgl. der von Stadtrat Moßmann angesprochenen Kosten-Nutzen-Analyse widerspricht sie, gerade auch vor dem Hintergrund der Diskussion bzgl. der A 39. Diese Analisierung hängen von den unterschiedlichen Standpunkten ab.
Ratsherr SRUGIS gibt zu bedenken, dass eine mögliche Reaktivierung unter dem Nachhaltigkeitsgedanken betrachtet werden müsse. So sei eine Reaktivierung vielleicht für den Tourismus sinnvoll und auch das Schulzentrum Oedeme und die Universität können zweimal täglich angefahren werden. In den Schul- und Semesterferien hingegen sei die Bahn wahrscheinlich unrentabel. Zudem sei das Stadtrad in Lüneburg eingeführt worden, das eine schnelle Verbindung zur Universität ermögliche. Daher sei eine Konkurrenzstrecke nicht sinnvoll Des weiteren sei eine Reaktivierung mit hohen Kosten u. a. für die Strecke, für den Lärmschutz und für die Bahnhöfe verbunden. Er zitiert aus einer Untersuchung vom Ökoinstitut, dass ein Bus im Vergleich zur Bahn ökologischer sei. Auch der soziale Aspekt sei nicht gegeben, da Anlieger der Strecke eine höhere Lärmbelastung zu erwarten haben und da eine Förderung der Schülerbeförderung nur für den Bus und nicht für die Bahn gelte. Aus seiner Sicht stehe aufgrund der Platzierung der Strecke nach einer Nutzenanalyse durch die LNVG keine baldige Reaktivierung bevor, so dass zunächst das Gutachten abgewartet werden sollte und in einem nächsten Schritt die Bürger zu beteiligen wären.
Beigeordneter PAULY erläutert, dass er für eine Stichstrecke an der Universität unter Berücksichtigung der Kosten aufgeschlossen sei, auch wenn an der Universität eine neue Haltestelle geschaffen werden müsse, die vermutlich für die Studierende eine weitere Entfernung als die Bushaltestelle bedeute. Er wendet gegen die Aussage von Ratsherrn Srugis ein, dass die Bahn mit jedem weiteren Kunden und somit mit einer Streckenreaktivierung ökologischer werde, da eine höhere Auslastung der Bahn die Folge wäre. Deutschland investiere im Vergleich zu anderen Staaten zu wenig in den Erhalt des Schienennetzes, was sowohl für den Personen-, aber auch für den Güterverkehr gelte. Bei der Aufgabe von Nebenstrecken würde sich der Wettbewerb im Güterverkehr verschlechtern, was zum Verlust von alternativen Verkehrsträgern führe. Dies verursache jedoch Mehrkosten beim Erhalt der Straßen für den LKW- und Bus-Verkehr. Durch eine Reaktivierung der Bahnstrecke komme es auch zur Aufwertung der Wohngebiete, da bessere bzw. weitere Anschlussmöglichkeiten u. a. an die Innenstädte bestehen. Aus den genannten Gründen müsse eine positive Prüfung erfolgen und der Kostenzuschuss des Landes i.H.v. 75% als Chance verstanden werden.
Ratsfrau SCHELLMANN wendet gegen die Aussagen von Beigeordnete Schmidt und Beigeordnetem Pauly ein, dass doppelte Systeme wie hier Bus und Bahn immer zu Lasten eines Systems gehen. So habe z.B. das System Fernbus die Bahn in Großbritannien in große Bedrängnis gebracht. Aufgrund der Finanzlage können nicht alles realisiert werden und es müssen Entscheidungen getroffen werden. Daher sei die ökonomische Betrachtungsweise sehr wichtig. Weiter eigne sich die Strecke Lüneburg – Soltau nicht für den Güterverkehr, da die Wohngebiete zu dicht an der Strecke liegen. Außerdem seien die Wege zu den Bahnhöfen aufgrund der Ortschaftsentwicklungen teilweise sehr weit. Zudem gebe es viele Bahnhöfe nicht mehr. Diese müssten bei einer Reaktivierung neu errichtet werden, was wiederum hohe Kosten verursache.
Oberbürgermeister MÄDGE betont, dass aufgrund der Stadtentwicklung auch bei einer Reaktivierung der Strecke kein Güterverkehr möglich sei. Eine Reaktivierung sei aufgrund der fehlenden Bahnhöfe und Übergänge sowie deren behindertengerechten Ausführung unwirtschaftlich. Aufgrund der Umstiege und des höheren Zeitbedarfs bei der Bahnnutzung im Vergleich zur Schnellbusnutzung sei dies für die Bürger nicht vorteilhaft und somit lohne sich eine Reaktivierung nicht. Der Rat der Hansestadt Lüneburg habe sich für den Ausbau der Schnellbuslinie entschieden, der die Bürger zum ZOB und zum Platz Am Sande bringe, daraufhin sei auch der ZOB ausgebaut worden. Neben den ökologischen Aspekten müssen zudem auch die ökonomischen Aspekte Berücksichtigung finden. Die Finanzsituation der Hansestadt Lüneburg fordere eine Schwerpunktsetzung bei der Umsetzung / Realisierung von Vorhaben wie Wohnbauförderung, Förderung von Bildung etc. im Vergleich zur Reaktivierung einer Bahnstrecke. Beschluss:
Der Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis.
(III) |
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