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Auszug - Erlass einer Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Hansestadt Lüneburg (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 12.11.2013, eingegangen am 13.11.2013)  

 
 
Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 28.11.2013    
Zeit: 17:00 - 20:25 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/5455/13 Erlass einer Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Hansestadt Lüneburg (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 12.11.2013, eingegangen am 13.11.2013)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT VI
Bearbeiter/-in: Kunz, Andrea   
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr HEILMANN begründet, warum es sich um einen historischen Beschluss handle. Die Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen glaube, dass die Einführung einer Satzung zum Schutz des Baumbestandes notwendig sei. Wenige niedersächsische Kommunen habe eine solche Satzung, einige haben diese wieder aufgehoben.

Er erklärt, dass sich nicht alles mit dem Baurecht regeln lasse. Es finden sich Regelungen für Naturdenkmäler und über Bebauungspläne können Regelungen erflogen, jedoch umfasse das Naturschutzrecht diesbezüglich einen größeren Bereich.

Die Baumschutzsatzung solle große Bäume, die besondere Funktionen gerade in Zeiten des Klimawandels haben, schützen. Die Satzung solle zunächst ein Jahr gelten, um deren Wirkung zu erfahren. Bauträger, Bürger und Naturverbände sollen in diesem Jahr gehört werden, um ggf. einen neuen Entwurf zu erarbeiten.

Jedem Ratsmitglied werde ein kleiner Baum geschenkt, um vielleicht der Waldstadt etwas näher zu kommen.

 

Ratsherr DR. SCHARF bemängelt die fehlende Transparenz und die fehlende Bürgerbeteiligung zur Einführung der Baumschutzsatzung. Die Schaffung von vollendeten Tatsachen zeige die Arroganz der Macht. Die freien Bürger der Hansestadt Lüneburg werden durch bürokratische Maßnahmen bevormundet.

Bereits 1986 sei im Rat der Hansestadt Lüneburg über eine solche Satzung diskutiert worden, die mehrheitlich abgelehnt worden sei.

Nur wenige niedersächsische Gemeinden haben eine Baumschutzsatzung und einige Gemeinden wie z. B. Vastorf haben diese wieder aufgehoben. Die Gemeinde Adendorf habe erklärt, dass die Baumschutzsatzung einen hohen bürokratischen Aufwand verursache.

Die CDU-Fraktion spreche sich gegen eine Baumschutzsatzung aus, da jeder Garten- und Grundstückseigentümer verantwortungsvoll mit seinem Grund und Boden umgehe. Jeder Bürger müsse die Möglichkeit haben, einen großen Baum zu fällen und einen neuen zu pflanzen. Jeder Garten- bzw. Grundstückbesitzer trage die alleinige Verantwortung für seinen Baumbestand, somit habe er das Recht einen morschen Baum, aber auch einen gesunden Baum aufgrund einer Baumaßnahme zu fällen.

 

Ratsfrau EBELING teilt mit, dass laut LZ vom 09.11.2013 Oberbürgermeister Mädge zunächst mit Freiwilligkeit statt Zwang einen Versuch starten wollte. Es sollten im Januar 2014 Makler und Investoren zu einem Gespräch geladen werden, um über eine Selbstverpflichtung zu diskutieren. Aus diesem Grund könne sie den Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen wie auch die Verwaltungsvorlage zur Einführung einer Baumschutzsatzung nicht nachvollziehen.

Sie fragt, ob Erfahrungen aus umliegenden Gemeinden in die Entscheidung eingeflossen seien. Die Zahl der Gemeinden mit einer Baumschutzsatzung sei rückläufig. Es werde auf die Verantwortung der Bürger zum Erhalt und Schutz der Bäume gesetzt.

Die CDU-Fraktion meint, dass Bäume erhalten und geschützt werden müssen, jedoch bedürfe es dazu keiner Satzung. Die Verantwortung für den Baumschutz und -erhalt sei bereits tief bei den Bürgern der Hansestadt Lüneburg verwurzelt. Der Mehraufwand für Bürger und Verwaltung durch Anträge, Gutachten, Einsprüche etc. lasse die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis aufkommen.

Die Hansestadt Lüneburg weise neue Baugebiete aus, sei um Investoren bemüht, verkompliziere jedoch durch viele Vorgaben wie Denkmalschutz usw. diese Ziele.

Aus der Erfahrung anderer Gemeinden sei anzunehmen, dass die Baumschutzsatzung nicht zu mehr, sondern zu weniger Baumschutz führe., Viele Eigentümer werden ihre Bäume vorsorglich fällen, damit sie nicht die Größe und den Umfang zu erreichen, um unter die Baumschutzsatzung zu fallen.

 

Ratsherr KUHN hält die Baumschutzsatzung für eine Trickserei, da die Investoren weiterhin die Bäume zur Schaffung einer größeren bebaubaren Fläche fällen können. Die Investoren werden das Bußgeld in Kauf nehmen und dieses auf die Kaufpreise umlegen. Hauptsächlich werden durch die Baumschutzsatzung die Bürger der Hansestadt Lüneburg betroffen sein.

Er weist darauf hin, dass bei einem über dem Boden abgesägten Baum nicht einmal der Fachmann erkennen könne, um welchen Baum es sich gehandelt habe. Er könne aufgrund des Wurzelwerkes nur spekulieren.

Er möchte wissen, ob genügend Verwaltungspersonal vorhanden sei, um die Eingaben denunzierender Bürger aufnehmen und prüfen zu können. Weiter erkundigt er sich, ob die Verwaltungsmitarbeiter das Recht zur Grundstücksbetretung haben.

 

Ratsfrau SCHELLMANN erklärt, dass die Gruppe FDP/RENTNER stolz darauf gewesen sei, in  einer Stadt zu leben, die keine Baumschutzsatzung erlassen habe. Bisher habe man die Erfahrung gemacht, dass der überwiegende Teil der Bürgerschaft ein großes Interesse am Erhalt und Schutz der Bäume habe, da ein Lebensraum für unterschiedliche Lebewesen geschaffen, das Stadtbild aufgelockert sowie die Stadtluft verbessert werde.

Um so mehr habe sie und viele Bürger empört, dass zwei Bauträger mehrere, für das Stadtbild wichtige und für das Quartier markante, Bäume gefällt haben. Diese Bauträger hatten nicht das Wohl der Hansestadt im Blick. Daher habe auch die Gruppe FDP/RENTNER sich Gedanken gemacht, wie solches Vorgehen zukünftig verhindert werden könne.

Bei dem vorgelegten Satzungsentwurf zum Schutz des Baumbestandes frage sie sich, ob der Schutz der großen Bäume nachhaltig gesichert werden könne. In vielen anderen Gemeinden habe eine solche Baumschutzsatzung dazu geführt, dass die Bürger die Bäume gefällt haben, bevor sie in den Regelungsbereich der Baumschutzsatzung fielen. Damit werde zukünftig ein ausgewachsener, wertvoller Baumbestand in der Hansestadt Lüneburg verhindert.

Andererseits erklärt Ratsfrau Schellmann, dass es selbst bei größeren Bäumen, die dem Schutzzweck der Baumschutzsatzung unterliegen, die Möglichkeit der Fällung geben müsse. So könne der Baum aufgrund seines Wuchses oder Schattenwurfes die Lebensqualität beeinträchtigen oder gesundheitliche Gefahren für Allergiker zur Folge haben. In diesen Fällen werde durch die Baumschutzsatzung unzulässig in die Eigentumsrechte des Eigentümers eingegriffen.

Sie stellt den hohen bürokratischen Aufwand vom Antrag über die Begutachtung und Kontrolle der Ersatzpflanzung dar.

Fraglich sei auch, wie die Hansestadt Lüneburg im öffentlichen Bereich mit den Regelungen der Baumschutzsatzung umgehen wolle. Sie erinnert an die vor einigen Jahren stattfindende Abholzung im Kurpark. Sei die Hansestadt Lüneburg selbst an Bauvorhaben interessiert, gebe sie selbstverständlich ihre Zustimmung zur Abholzung. Nur wenige, dominante, quartiersprägende Bäume werden durch Festsetzung im Bebauungsplan geschützt.

Als Schutz von quartiersbestimmenden Bäumen könne sie sich die Festsetzung im Bebauungsplan vorstellen. (Siehe Änderung gemäß Protokoll vom 06.02.2014) Das für die Umsetzung und Kontrolle der Baumschutzsatzung benötigte Personal könne befristet für eine Bearbeitung der Bebauungspläne eingesetzt werden, so dass einerseits die Bäume geschützt, aber andererseits die Bürger nicht bevormundet werden.

 

Ratsherr MINKS betont, dass u. a. Bad Bevensen, Uelzen, Delmenhorst, Adendorf und Hannover eine Baumschutzsatzung erlassen haben.

Einig sei man sich, dass Bäume nicht nur am Stadtrand, sondern auch Innerorts wichtig seien und auch eine klimatische Funktion erfüllen.

Aufgrund der zunehmenden Verdichtung der Hansestadt Lüneburg wachse der Druck auf den Baumbestand. Dies habe sich an der Altenbrückertorstraße wie auch im Roten Feld gezeigt. Die Gründe einer Baumfällung seien vielfältig und man habe festgestellt, dass die Freiwilligkeit und Absprachen nicht mehr eingehalten werden.

Er erläutert, warum die Baumschutzsatzung kurzfristig eingeführt werden solle. Wäre dies nicht der Fall, würden die Bäume, die unter den Schutzzweck der Baumschutzsatzung fallen, bis zur Einführung der Satzung gefällt werden. Auch in Zukunft können kranke und beschattende Bäume gefällt werden. Um die Auswirkungen der Baumschutzsatzung zu erfahren, werde die Satzung für ein Jahr befristet beschlossen. Innerhalb dieses Jahres können die Bürger, die Bauträger und Naturschutzverbände beteiligt werden und ggf. Änderungen vorgenommen werden.

 

Beigeordneter PAULY betont, dass bereits zu viel über die Frage der Einführung einer Baumschutzsatzung diskutiert worden sei. Habe man an einem wirklichen Baumschutz Interesse, hätte zunächst eine interne Beratung und eine Verwaltungsvorlage abgewartet werden sollen, um eine übergangsweise Bestandssicherung zu erreichen. So können nicht während der Diskussionszeit die durch die Baumschutzsatzung geschützten Bäume vorzeitig gefällt werden. Die Stadt Buchholz habe die Erfahrung gemacht, dass während der Diskussionszeit zum Erlass einer Baumschutzsatzung die schützenswerten Bäume größtenteils gefällt wurden.

Die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg habe aus seiner Sicht richtig gehandelt. Zum einen habe sie erklärt, dass eine freiwillige Lösung bevorzugt werde, zum anderen aber zeitnah reagiert, um eine befristete Baumschutzsatzung zu erlassen. Dadurch gebe es ein Jahr die Möglichkeit über einen Entwurf für eine endgültige Baumschutzsatzung zu beraten.

 

Ratsfrau BENDORF verdeutlicht, warum der heutige Beschluss für eine Baumschutzsatzung wichtig sei. Sie habe als Ortsvorsteherin von Rettmer in der vergangenen Woche 15 Anrufe erhalten, in denen ihr von Fällungen berichtet wurde. Allein am heutigen Tage seien mehrere Eichen gefällt worden. Sie fragt, ob diese Fällungen der Hansestadt Lüneburg angezeigt worden seien.

 

Oberbürgermeister MÄDGE antwortet, dass die Verwaltung durch die Presse und von Anwohnern von den Fällungen Kenntnis erlangt habe. Am heutigen Tage seien 2 große Eichen auf dem Grundstück Klosterweg 38 gefällt worden. Der Grundstückseigentümer habe 2006 eine Baugenehmigung mit Auflagen, welche 3 Jahre Bestandskraft habe, erhalten. Danach befinde sich auf dem Grundstück ortsbildprägender Baumbestand (3 Eichen), der auch nach Darstellung im Landschaftsplan zu erhalten sei. Die Verwaltung werde prüfen, ob rechtliche Schritte gegen die Fällung eingeleitet werden können.

 

Ratsherr LÖB äußert, dass durch die Fällung in Rettmer erkennbar werde, dass ein Bebauungsplan nicht ausreiche. Zum Schutz der Bäume sei es sinnvoll eine Baumschutzsatzung zu erlassen. Diese Satzung werde befristet beschlossen, um in diesem Jahr Änderungen vornehmen zu können. So sei sein Wunsch bereits Bäum mit einem Stammumfang von 60 cm zu schützen.

 

Beigeordneter POLS erklärt, dass die Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen die Fällungen der letzten Tage zu verantworten habe. Die Diskussionen zu der Einführung einer Baumschutzsatzung haben die Bürger verunsichert, so dass sie kurzfristig deren Fällung veranlasst haben, was sie höchstwahrscheinlich ohne Baumschutzsatzung nicht getan hätten. Des weiteren werden zukünftig keine großen Bäume mehr in der Hansestadt Lüneburg nachwachsen, da aufgrund der Baumschutzsatzung jeder Grundstückeigentümer seine Bäume rechtzeitig fällen werde, bevor sie in den Schutzzweck der Baumschutzsatzung fallen. Aus diesen und weiteren Gründen haben z. B. die Gemeinden Mölln, Glinde und auch Braunschweig ihre Baumschutzsatzungen aufgehoben. Außerdem sei in Gemeinden, in denen eine Baumschutzsatzung existiere, größtenteils die Fällung der großen Bäume auf Antrag genehmigt worden.

Er beantragt im Namen der CDU-Fraktion eine geheime Abstimmung.

 

Beigeordneter BLANCK zeigt auf, dass von der einen Seite der Opposition das Missfallen geäußert werde, dass zu viel diskutiert werde und von der anderen Seite der Opposition bemängelt werde, dass keine Bürgerbeteiligung stattfinde. D. h. das die Wahrheit mittig zu suchen sei. So werde die Satzung bei Bedarf, welcher aufgrund der vergangenen Erfahrungen erkannt worden sei, für einen befristeten Zeitraum beschlossen.

 

Beigeordneter PAULY stellt klar, dass eine Diskussion über ein solches Thema ohne eine einstweilige Satzung waghalsig sei. Die Diskussion über die Einführung einer Baumschutzsatzung sei kausal für die Fällungen in Rettmer wie auch in anderen Ortsteilen. Der richtige Weg wäre zunächst eine Sperre und anschließend eine transparente Diskussion gewesen.

Aus seiner Sicht sei der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen inhaltlich schlecht. Bei einer Beschlussfassung dieses Antrags hätte zunächst der Grünflächen- und Forstausschuss beraten müssen, anschließend wären eine Vorberatung im Verwaltungsausschuss und dann eine Beschlussfassung im Rat erfolgt. Dann hätten über einen längeren Zeitraum die Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt Lüneburg die Möglichkeit zu weiteren Fällungen von Bäumen gehabt, die nach Satzungsbeschluss unter deren Schutzzweck gefallen wären.

 

Ratsherr NEUBAUER weist darauf hin, dass in Art. 20 a GG extra der Umweltschutz aufgenommen worden sei. Weiter sei in Art. 14 GG geregelt, dass Eigentum auch eine Verpflichtung bedeute. Daher empfinde er den Ausdruck „denunzierende Bürger“ von Ratsherrn Kuhn für besorgte Bürger und den Ausdruck „Bevormundung“ von Grundstückseigentümern im Zusammenhang mit dem Baumschutz als falsch.

 

Ratsherr WEBERSINN teilt mit, dass in der FAZ über die Kampagne aus den 1980er Jahren „Unser Wald stirbt“ berichtet worden und festgestellt worden sei, dass der Effekt nicht eingetreten, sondern im Gegenteil ein Baumwachstum zu verzeichnen sei.

Er begründet, dass die Folgekostenbetrachtung gerade im Hinblick auf zusätzlich benötigtes Personal fehle. Weiteres Personal zur Kontrolle und Prüfung nach der Baumschutzsatzung könne aufgrund der Haushaltslage der Hansestadt Lüneburg nicht eingestellt werden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Ein Beschluss wird in TOP 9 „Einführung einer vorläufigen bestandssichernden Baumschutzsatzung für das Gebiet der Hansestadt Lüneburg“ gefasst.

 

(VI; 72)


Abstimmungsergebnis:

 

   Ja-Stimmen:             

Nein-Stimmen:             

  Enthaltungen: