Beratungsinhalt:
Erster Stadtrat KOCH beantworte die Anfrage wie folgt:
Die Aufnahme von Asylsuchenden ist geregelt im „Gesetz zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ (Aufnahmegesetz - AufnG -) und obliegt originär gemäß § 2 Abs. 1 den Landkreisen und kreisfreien Städte. Der Landkreis Lüneburg hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Hansestadt Lüneburg für die Aufgabenerledigung in ihrem Stadtgebiet per Satzung (Anlage) gemäß § 2 Abs. 3 AufnG heranzuziehen.
1. Wo und wie sollen, nach aktuellem Planungsstand, im Gebiet der Hansestadt Lüneburg zusätzliche Asylbewerber untergebracht werden? Wie viele Unterbringungen sollen wo im Stadtgebiet zusätzlich entstehen?
(unter Bezugnahme auf VA-Sitzungen 22.01.2013 und 21.03.2013)
- Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen hatte Anfang 12/2012 aufgrund erheblichen Anstiegs der Asylerstanträge eine zusätzliche Verteilquote von 316 bis zum 30.09.2013 aufzunehmende Personen für den Landkreis Lüneburg festgesetzt (126 Hansestadt; 190 Landkreis). Derzeit (Stand: 27.05.2013) muss der Landkreis noch bis zu 128 Personen, die Hansestadt bis zu 104 Personen zusätzlich aufnehmen. (Bislang hat der Landkreis 62 Personen (= 32,6 %), die Hansestadt 22 Personen (= 17,5 %) erfüllt; die unterschiedlichen Prozentzahlen ergeben sich daraus, daß einige Gemeinden des Landkreises mit ihrer Unterbringungsquote noch recht weit zurück lagen, so daß dorthin vorrangig Personen zugewiesen wurden.)[1].
- Momentan besteht kein Bedarf an zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten; dieser kann sich abr jederzeit kurzfristig ergeben. Nach einem aktuellen Erlass des Nds. MI vom 24.05.2013 müsse wegen der wieder zunehmenden Zugangszahlen das Verteilungs- und Zuweisungsverfahren „gestrafft“ werden; die aufnahmepflichtige Kommune erhält eine Vorlaufzeit von nur noch 10 Tagen und hat sodann zum Aufnahmezeitpunkt die Unterbringung sicherzustellen.
- Zurzeit finden weitere Gespräche mit der BIMA hinsichtlich der Anmietungsmöglichkeit eines Gebäudes in der Schlieffen-Kaserne statt. Falls keine Einigung möglich ist, müssen Wohncontainer/Mobilteile aufgestellt werden. Prioritätenliste: 1. Feuerwache Süd; 2. Feuerwache Stadtmitte; 3. Bonhoeffer-Haus (Rettmer/Häcklingen)
2. Wie funktioniert die Kostenerstattung durch Land/Bund für entstehende Mehrkosten für Unterkünfte Asylsuchender? Welche Kosten werden übernommen?
- Das Land zahlt dem Landkreis zur Abgeltung aller Kosten eine einheitliche jährliche Pauschale i.H.v. 5.036,- € pro Person (bis 31.12.2012: 4.826,- €).
- Die Kopfpauschale ist – zumindest in der Region Lüneburg - nicht auskömmlich für die tatsächlich anfallenden Kosten. Dies ist zunächst das Problem der unterbringungspflichtigen Landkreise.
- Der Niedersächsische Städtetag unterstützt die Verhandlungen mit dem Land hinsichtlich einer auskömmlichen Kostenerstattung an die Landkreise und kreisfreien Städte.
- Die Kostenerstattungsbeziehung zwischen Hansestadt und Landkreis Lüneburg ist im Lüneburg-Vertrag geregelt.
3. Wie kann Lüneburg auf die Unterbringungsqualität neuer Asylbewerber einwirken?
- Gemäß § 53 AsylVfG sollen Ausländer, die einen Asylantrag gestellt haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. Dies ist für die betroffenen keinesfalls allein nachteilig: nur bei gemeinschaftlichem Wohnen lassen sich zum Beispiel Angebote der sozialarbeiterischen Betreuung, der Sprachförderung oder der Hausaufgabenbetreuung (dazu weiter unten) effizient erbringen.
- Neue AsylbewerberInnen können in Kooperation und Abstimmung mit der zentralen Aufnahmeeinrichtung unter Berücksichtigung familiärer, nationaler, ethnischer und religiöser Aspekte in der GU-Meisterweg aufgenommen werden. (telefonisch passgenaues Anfordern in Braunschweig für die Belegung freier Plätze)
- Eine dezentrale Unterbringung neuer AsylbewerberInnen (außerhalb einer GU) erfolgt nur im besonderen Einzelfall. Dabei gestaltet sich die stark studentisch geprägte Wohnsituation in Lüneburg als nicht einfach.
4. Ist eine dezentrale Unterbringung zusätzlicher Asylbewerber, z.B. in angemieteten, leerstehenden Liegenschaften, denkbar? Wurde dies geprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
8. Wurde eine teilweise Benutzung des AVS, der alten St. Ursula Schule, der Schlieffenkaserne oder anderer Liegenschaften zur Unterbringung Asylsuchender in Erwägung gezogen? Wie ist der Stand der Verhandlungen?
(unter Bezugnahme auf VA-Sitzungen 22.01.2013 und 21.03.2013)
- Die Unterbringung zusätzlicher AsylbewerberInnen in leer stehenden Liegenschaften wurde geprüft.
- Bemühungen einer teilweisen Nutzung des AVS sind gescheitert.
- Die Nutzung der alten St. Ursula Schule schied aus bautechnischen Gründen aus.
- Gebäudekomplex Schlieffen-Kaserne: siehe oben zu1), dritter Punkt
5. Wie hoch ist die Quote der in Gemeinschaftsunterkünften gemäß § 53 AsyiVfG untergebrachten Asylbewerber in Lüneburg? Ist diese Quote für Niedersachsen üblich?
- In der GU-Meisterweg wohnen zum einen Personen, die gemäß § 53 AsylVfG aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Asylverfahrens untergebracht sind. Ferner wohnen in der GU Personen mit dem Status einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz oder einer Duldung gemäß (60a AsylVfG). Diese Personenkreise erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetzt.
- Die derzeitige Quote der nach § 53 AsylVfG untergebrachten Personen liegt in der GU-Meisterweg bei rd. 47%. (37 von 79 Pers.). Die Quote unterliegt einer ständigen Veränderung, bedingt durch Wechsel des Aufenthaltsstatus bei den Bewohnern sowie Bewohnerfluktuation.
- In wieweit die vorgenannte Quote für Niedersachsen üblich ist, kann nicht beantwortet werden, da es hierzu nach Rücksprache mit dem MI keine Erhebungen gibt. Aus den Reaktionen einiger großer Kommunen aus Anlass einer Initiative des Landesflüchtlingsrates im vergangenen Jahr (die auf die Abschaffung von Gemeinschaftsunterkünften zielte) war aber erkennbar, dass die Quote als (für städtische Situationen) eher niedrig angesehen werden muss.
6. Welche Integrationsangebote kann die Hansestadt Lüneburg für in Gemeinschaftsunterkünften lebende Asylsuchende bieten um sozialer Abschirmung Asylsuchender zu verhindern?
- In der GU-Meisterweg sind 2 Sozialarbeiterinnen beschäftigt, die für die BewohnerInnen ansprechbar sind. Es erfolgt Beratung sowie Unterstützung insbesondere bei Behördenangelegenheiten. Dazu zählt neben den alltäglichen Problemen u.a. bei Änderung des Aufenthaltsstatus die Unterstützung bei der Wohnungssuche und Beantragung von SGB II-Leistungen.
- Die Kinder und Jugendlichen sowie jungen Volljährigen sind an die umliegenden Kitas, Schulen, BBS angebunden.
- Gefördertes Projekt nach dem Europäischen Flüchtlingsfonds: „Sozialpädagogische und sprachliche Begleitung und Förderung von schutzbedürftigen Menschen, die in der GU für Flüchtlinge in Lüneburg leben zur Verbesserung ihrer Aufnahme und Integrationsbedingungen“. Die Sprach- und Integrationskurse umfassen Projektunterricht, Alphabetisierungs-, Einstiegs- sowie ‚fortgeschrittenere’ Sprachkurse, Sprachkurse im Rahmen von Hausaufgabenbetreuung sowie Betreuungskurse.
- Ehrenamtliche Angebote durch Studenten (Hausaufgabenbetreuung, Kinderbetreuung und Freizeitgestaltung)
- In der Vergangenheit haben sich (länger ansässige) Bewohner/-innen der GU Meisterweg nicht nur Sportvereinen sondern sogar dem damals benachbarten Kleingartenverein angeschlossen. Auch das offene Sportangebot „moonlightsport“ ist insb. für Jüngere ein interessantes und kostenloses Freizeitangebot.
7. Gibt es seitens des zuständigen niedersächsischen Innenministeriums neue Vorgaben zum
Umgang mit Asylbewerbern in den zur Unterbringung verpflichteten Kommunen?
- Nein. Es gibt keine neuen Vorgaben vom niedersächsischen Innenministerium „zum Umgang“ mit AsylbewerberInnen. Auch dem Landkreis Lüneburg als zuständigen örtlichen Träger sind (nach Rücksprache) keine neuen Vorgaben bekannt.
Zusätzliche Informationen - Hintergrundinformationen:
- Aufwendungen AsylbLG 2012 (einschließlich GU-Meisterweg) = 1.074.241,98 €
Erträge (Erstattungen durch den Landkreis) = 963.560,95 €
Sonstige Erträge (nicht Erstattungen vom Landkreis) = 13.088,53 €
Eigeninteressenquote Stadt lt. Lüneburg-Vertrag = 20.000,00 €
Vorhaltekosten = 77.592,00 €
- MI hat mit Erlass vom 27.02.2013 seine bis dato vertretene Rechtsauffassung zur Gewährung von Geldleistungen als ‚ultima ratio’ aufgegeben. Gleichzeitig hat MI (bei der Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen) den Leistungsbehörden überlassen, über die weitere Ausgabe von Wertgutscheinen oder Umstellung auf Bargeldleistungen zu entscheiden.
- Am 06.05.2013 hat der Kreisausschuss die Abschaffung des Wertgutscheinsystems beschlossen. Am 08.05.2013 hat die Kreisverwaltung die Hansestadt offiziell angewiesen, im Stadtgebiet entsprechend zu verfahren. Ab dem 01.06.2013 werden Bargeldleistungen gewährt.
Beigeordneter PAULY fragt nach, ob bei einer zentralen Unterbringung bedacht worden, dass dies zur bewussten Desintegration und damit zu höheren Spannung führe. Weiter möchte er wissen, ob es stimme, dass das statistische Bundesamt für Niedersachsen 10% der Unterkünfte in Gemeinschaftsunterkünften ausgewiesen habe und dass die Hansestadt über dem Prozentbetrag liege.
Erster Stadtrat KOCH erinnert an den Asylkompromiss aus den 90er Jahren, der einen drastischen Rückgang der Asylbewerber bewirkt habe. Im Grundgesetz sei geregelt, dass die Einreise aus sicheren Drittstaaten nicht zum Asylrecht führe. Die Einreisenden aus sicheren Drittstaaten sind menschenwürdig unterzubringen, aber es bestehe kein Integrationsbedürfnis, da sie baldmöglichst in ihr Herkunftsland zurückreisen sollen.
Aufgabe der Kommune sei es bei einer langen Aufenthaltsdauer der Asylbewerber, diese zu integrieren, was nach seiner festen Überzeugung unabhängig von der Wohnform sei. Das dichte, verträgliche beieinander Wohnen, welches betreut werde, biete bessere Integrationschancen, weil es die sozialarbeiterische Begleitung erlaube.
Auf die zweite Frage antwortet Erster Stadtrat Koch, dass ihm die Statistik nicht bekannt sei. Eine Erklärung für ihn sei jedoch, dass die Unterbringung der Asylbewerber bei den Landkreisen liege, die diese Aufgabe an die Gemeinden delegiere. Gemeinschaftswohneinrichtungen seien dabei selten in kleinen Gemeinden des Landkreises wie Adendorf oder Amelinghausen zu finden.
Beigeordneter PAULY erfragt weiterhin, wie bei einer weiteren Ankunft von Asylsuchenden diese innerhalb der 10 Tage Vorlaufzeit untergebracht werden.
Erster Stadtrat KOCH erklärt, dass das Aufstellen von Containern auf Verdacht unwirtschaftlich sei. Es gebe keine Unterkünfte auf Vorsorge. Er gehe davon aus, dass die Vorlaufzeit mehr als 10 Tage betrage und dass die Asylbewerber Personenweise in die Hansestadt Lüneburg kommen. Ansonsten müsse die Hansestadt Lüneburg auf unkonventionelle Sofortlösungen ausweichen und eine Sofortaufnahmestelle z.B. in einer Sporthalle eröffnen, um unverzüglich die Beschaffung und Aufstellung der Container zu veranlassen, was eine Vorlaufzeit von zirka 6 Wochen bedeute.