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Auszug - Prüfung der Einführung eines Bürgerhaushaltes (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 08.10.2012, eingegangen am 09.10.2012)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 9.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 15.11.2012    
Zeit: 17:00 - 20:40 Anlass: außerordentliche Sitzung
Raum: Feuerwehr-Mitte, Großer Sitzungssaal
Ort: 21337 Lüneburg, Lise-Meitner-Straße 12
VO/4812/12 Prüfung der Einführung eines Bürgerhaushaltes (Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen vom 08.10.2012, eingegangen am 09.10.2012)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Gruppe SPD / B90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT II
Bearbeiter/-in: Kunz, Andrea  01 - Büro der Oberbürgermeisterin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr ADAM sieht die Bürgerbeteiligung und Transparenz als Pflicht der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen an. Die Regelungen im NKomVG erleichtern jedoch nicht, die Bürger an der Kommunalpolitik zu beteiligen. Politik bedeute mit und für den Menschen und sei daher in der Gruppenvereinbarung verankert worden. Durch die Einführung eines Bürgerhaushaltes solle ein erster Schritt zu mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz erfolgen. Transparenz sei die Vorraussetzung und Grundlage für Beteiligung und für Vertrauen, die auch vor Ort wieder mehr geschaffen werden müsse.

Mehr als 50% der Lüneburgerinnen und Lüneburger seien ehrenamtlich aktiv. Damit sei Lüneburg deutschlandweit Spitzenreiter. Daher müsse der Weg zu einem Bürgerhaushalt gemeinsam gegangen werden, was durch eine öffentliche Veranstaltung erfolgen solle. Zu der Veranstaltung sollen Städte, die den Bürgerhaushalt eingeführt haben, eingeladen werden. Wie bei der Stadt Münster könne der Bürgerhaushalt durch Workshops konzeptionell erarbeitet werden.

 

Ratsherr DR. SCHARF erklärt, dass sich die Bürgerbeteiligung laut dem NKomVG nur auf freiwillige Leistungen beziehen könne.

Deutschland als Rechtsstaat sehe eine parlamentarische Demokratie vor. Volksvertreter werden in freien Wahlen gewählt und das wichtigste Recht der Volksvertreter sei das Budgetrecht.

Schon heute sei es interessierten Bürgern möglich, sich einzubringen. Die Bürger können vor allem in den Kommunen schriftliche und mündliche Vorschläge einreichen oder die Ratsmitglieder ansprechen. Die Möglichkeit in öffentlichen Fraktionssitzungen zu kommen, die Vorschläge zu äußern und mit den Volksvertretern zu diskutieren, gebe es schon. Zudem seien die Fachausschusssitzungen, in denen die Teilhaushalte vorgestellt und diskutiert werden, öffentlich. Für die Teilnahme und Beteiligung der Bürger bedarf es daher keines Bürgerhaushaltes. Außerdem schaffe der Bürgerhaushalt eine Erwartungshaltung, die nicht erfüllbar sei und verursache Kosten.

 

Ratsherr SRUGIS weist darauf hin, dass es nicht um die Entscheidung der Einführung eines Bürgerhaushaltes, sondern um einen ersten Schritt in diese Richtung gehe.

In den westeuropäischen Demokratien gebe es einen tief greifenden Wandel mit der Hinwendung zu mehr Bürgerbeteiligung und Bürgermitbestimmung. Er bestreite nicht, dass es schon eine Vielzahl von Mitbestimmungsmöglichkeiten und Beteiligungen unter anderem im Baurecht gebe. Trotzdem fordere der Bürger heute mehr Teilhabe und Mitbestimmung. Weiter ermögliche der Bürgerhaushalt eine Partnerschaft zwischen Bürgern, Kommunalpolitik und Verwaltung. Ziel sei es, gemeinsam an Projekten und Problemlösungen zu arbeiten. Nach der bisherigen Erfahrung werde die Bürgerbeteiligung über Haushalte zu weiterer Verwaltungsmodernisierung führen.

Die Bürgerbeteiligung könne über eine bloße Informationsrunde mit anschließender Diskussion erfolgen oder durch Themenarbeitsgruppen, deren Vorschläge in die Haushaltspläne eingearbeitet werden, über die Sammlung und Auswertung von Vorschlägen über das Internet bis hin zu Teiletats, die die Bürger selbst festlegen und über die der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließe.

Bei der Einführung des Bürgerhaushaltes sei zu berücksichtigen, dass der Rat der Hansestadt Lüneburg seine Verantwortung nicht abgeben könne und wolle. Zudem dürfen die Kosten zur Einführung eines Bürgerhaushaltes keinesfalls den Nutzen überschreiten und das Ergebnis der Bürgerbeteiligung dürfe nicht sein, dass lediglich gut organisierte Interessengruppen ihre Vorschläge zu Lasten anderer durchdrücken.

 

Ratsfrau SCHELLMANN teilt mit, dass die Gruppe FDP/RRP dem Antrag zustimmen könne. Natürlich können sich die Bürger schon heute beteiligen, trotzdem müssen neue Möglichkeiten der Partizipation geprüft werden.

Die Gesichtspunkte vor allem die Kosten zur Einführung eines Bürgerhaushaltes die Ratsherr Srugis erwähnt habe, möchte sie gewahrt wissen und erwarte eine genaue Prüfung. Wichtig sei, dass die Leuphana Universität und auch Ehrenamtliche miteingebunden werden, um die Kosten zu verringern.

Der erste Schritt in die Richtung Bürgerhaushalt sei die Veröffentlichung des Haushaltsentwurfes auf der Homepage der Hansestadt Lüneburg.

 

Ratsherr BARTELS erwidert auf die Aussage von Ratsherrn Dr. Scharf, dass auch eine Demokratie eine Veränderung erfahren könne. Die Bürger haben in den Fachausschusssitzungen kein Rederecht, sondern seien zum Zuhören verdammt. Die Fragen von Einwohnern zu Beginn einer Ratsitzung seien Bürgerbeteiligung, aber bedeuten nicht, dass sich die Bürger ausreichend beteiligt fühlen.

Den Ansatz der Gruppe SPD / Bündnis 90/Die Grünen begrüßt Ratsherr Bartels, da die Bürger von Anfang an beteiligt werden.

 

Beigeordneter PAULY legt dar, warum Berlin-Lichtenberg in der Literatur zu Recht als Musterbeispiel für einen Bürgerhaushalt benannt sei. Der Bürgerhaushalt sei frühzeitig und weitgreifend eingeführt worden. Durch ein solches Verfahren und die frühzeitige Beteiligung der Bürger werden auch unbequeme Entscheidungen kommunizierbarer, verständlicher und eher von den Bürgern akzeptiert werden.

Viele Bürger bringen das entsprechende Wissen für einen Bürgerhaushalt mit. Voraussetzung für die Einführung eines Bürgerhaushaltes seien aber steuerbare Produkte. Mit dem jetzigen Haushaltsentwurf wäre kein Bürgerhaushalt möglich. Die Menge der Produkte müsse reduziert und steuerungsrelevante Produkte gefunden werden.

Die Fraktion Die Linke werde dem Antrag zustimmen.

 

Bürgermeisterin BAUMGARTEN entgegnet Ratsherrn Srugis, dass in dem Prüfantrag das Ziel, den Prozess eines Bürgerhaushaltes in der Hansestadt Lüneburg 2014 zu starten, enthalten sei.

Sie verdeutlicht, dass ein Bürgerhaushalt wünschenswert, jedoch nicht finanzierbar sei. Es wurde der Entschuldungsvertrag unterschrieben, der für 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorsehe. Danach müsse die Hansestadt Lüneburg die freiwilligen Leistungen auf 3,52% festschreiben. Sie könne nicht verstehen, dass die Hundesteuer, die Grundsteuer und die Gewerbesteuer erhöht werden müssen, aber die Ausgaben zur Einführung eines Bürgerhaushaltes in Höhe von 70.000 € finanzierbar seien.

Bürgermeisterin Baumgarten erklärt, dass sie gerne einen Bürgerhaushalt verabschieden würde, aber dazu möchte sie wissen, woher die Mittel zur Finanzierung kommen.

 

Ratsherr HEILMANN bestätigt die Aussage von Ratsherrn Dr. Scharf, dass das Budgetrecht bei den Parlamenten liege, widerspricht aber, dass der Bürgerhaushalt das Budgetrecht einschränke.

Zum Thema Bürgerhaushalt werde er ein Seminar, dessen Zielsetzung er erläutert, für die Studierenden anbieten.

Das Hauptargument für einen Bürgerhaushalt sei, dass im bestmöglichen Ergebnis eine Widerannäherung zwischen Volk und politischen Akteuren antizipiert werden könne, die zur ausgewogenen Beschlussfassung im beiderseitigen Interesse und zum Wohle aller führt. Weiter gebe es eine Verbindung von bereits bestehenden bottom up Beteiligungsprozessen z.B. Dialog N und top down Beteiligungsprozessen.

 

Ratsherr NEUBAUER wendet gegen die Aussage von Ratsherrn Dr. Scharf ein, dass das Grundgesetz ausdrücklich eine politische Willensbildung des Volkes fordere und es daher eine ständige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen gebe müsse. Der Bürgerhaushalt sei eine Möglichkeit für den ständigen Willensbildungsprozess des Volkes, ohne die verfassungsrechtlichen Funktionen und Aufgaben eines Parlamentes zu beeinträchtigen. Er bekräftigt, dass der Bürgerhaushalt nur bei Finanzierbarkeit eingeführt und ansonsten verschoben werde.

 

Oberbürgermeister MÄDGE erklärt, dass es Modelle für einen Bürgerhaushalt in der Hansestadt Lüneburg gebe, z.B. der Verfügungsfonds Kaltenmoor in Höhe von 25.000 € oder die Kinderteilhabe in den Stadtteilen mit je 4.000 €.

Wird die Prüfung zur Einführung eines Bürgerhaushaltes beschlossen, koste dies im Haushaltsjahr 2013 4.000 € und werde die Einführung umgesetzt, müssen 70.000 € im Haushalt bereitgestellt werden.

Das Beispiel Münster zeige, dass sich nach ein paar Jahren nur noch wenige Bürger am Bürgerhaushalt, im Beispiel nach 3 Jahren nur noch ein Viertel der Bürger, beteiligen.

Er sei der Meinung, dass der Haushalt sowie die Ausgaben der Hansestadt Lüneburg den Bürgern erklärt werden müssen. Dazu reiche aber kein Internetauftritt, sondern die Information könne in den Stadtteilrunden und den Ortsräten erfolgen.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Antrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen wird mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen der CDU-Fraktion und einer Enthaltung aus der Fraktion Bündnis90/Die Grünen angenommen.

 

(01, II)