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Auszug - Anfragen im öffentlichen Teil  

 
 
Sitzung des Kultur- und Partnerschaftsausschusses
TOP: Ö 6
Gremium: Ausschuss für Kultur und Partnerschaften Beschlussart: (offen)
Datum: Fr, 20.07.2012    
Zeit: 15:00 - 17:15 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Erster Stadtrat KOCH teilt mit, Ratsherr Völker habe im Vorfeld der Sitzung 3 Anfragen bei ihm eingereicht:

 

1.

Anfrage zu Straßennamen Hindenburgstraße und Landrat-Albrecht-Straße:

„Immer wieder geraten Hindenburgstraße und Landrat-Albrecht-Straße in den Blickpunkt der Öffentlichkeit: Diese Straßen sollen umbenannt werden, wird gefordert etwa von VVN und BdA, weil ihre Namensgeber belastet seien. Selbst wenn man diesem Begehren nicht sofort folgen will, wäre es angebracht, zumindest mit Schildern an markanten Stellen der beiden Straßen erklärende Daten zu den umstrittenen Namensgebern anzugeben. Damit würde zurecht gerückt, dass es sich bei diesen Straßennamen heutzutage nicht mehr um eine Ehrung handelt, sondern gewissermaßen um „geronnene“ Geschichte. Dazu unsere Anfrage: Wie hoch sind die Kosten, um an markanten Stellen der Hindenburgstraße und der Landrat-Albrecht-Straße ausreichend große Schilder (sechs bis acht) anzubringen, auf denen auf einer Fläche von etwa 50x70 cm erklärende Daten zu Hindenburg sowie Landrat Albrecht angeführt werden? Auf jedem Schild könnte ein QR-Code abgebildet sein, der, abfotografiert per Smartphone, zu weiteren Informationen im Internet führt.“

 

Ratsherr VÖLKER erläutert, Landrat Albrecht habe nach Erkenntnissen des Stadtarchives mit der Gestapo zusammengearbeitet und Verbindungen zu Otto Telschow gehabt. Laut Gutachten von Professor (em.) Stegmann aus Hamburg sei davon auszugehen, dass Wilhelm Albrecht als Landrat Mitwisser auch der nationalsozialistischen Unterdrückungs- und Vernichtungspolitik in der Gauhauptstadt Lüneburg gewesen sei. Prof. Stegmann halte die Beibehaltung der Straßenbenennung nach Albrecht für politisch äußerst problematisch und deshalb nicht für angemessen. Hindenburg werde als Totengräber der Demokratie und „Steigbügelhalter“ Hitlers eingestuft und verdiene daher ebenfalls nicht, mit einem Straßennamen geehrt zu werden. Um ein erstes Zeichen zu setzen, könnte zunächst die Anbringung der in der Anfrage angesprochenen Zusatzschilder erwogen werden.

 

Erster Stadtrat KOCH merkt an, bevor man sich über eine mögliche Umbenennung und die Kosten Gedanken mache, müsse man sich zuerst die Frage stellen, ob es sich bei Straßennamen tatsächlich um eine Ehrung handele, oder lediglich um eine Erinnerung an bestimmte Gegebenheiten oder Personen. Erfahrungsgemäß sei bei einer Umbenennung mit großem Widerstand der Anwohner zu rechnen, für die damit Aufwand für die Mitteilung der neuen Anschrift an alle Kontakte und Umschreibung der Meldepapiere verbunden sei. Auch für Postzusteller und andere sei eine Straßenumbenennung immer problematisch. Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss habe sich bereits früher mit der Problematik auch dieser Straßennamen befasst und bisher von einer Umbenennung abgesehen. Man sei im Fall von Landrat Albrecht größtenteils auf Mutmaßungen angewiesen, da bei Kriegsende große Mengen von Akten vernichtet worden seien. Zur Frage der Kosten für erläuternde Zusatzschilder erklärt Erster Stadtrat KOCH, es wäre pro Straße mit Kosten in einer Größenordnung von rd. 2.000 € zu rechnen, zuzüglich laufende Pflege und Ersatz bei Beschädigung.

 

Oberbürgermeister MÄDGE ergänzt, die Diskussion um die Hindenburgstraße werde bereits seit Jahren geführt. Er warne davor, sich der eigenen Geschichte durch das Abhängen von Straßenschildern zu entledigen. Er sei selbst kein Freund von Hindenburg, welcher jedoch ein demokratisch gewählter Präsident gewesen sei. Es gebe in Lüneburg viele Straßennamen aus Zeiten, die dem heutigen Demokratieverständnis nicht entsprechen. Größere Zusatzschilder als die bisherigen seien aus straßenverkehrsrechtlicher Sicht nicht zulässig. Bei der Landrat-Albrecht-Straße schlage er vor, die Diskussion mit den Anwohnern zu suchen. Albrecht sei in der NS-Zeit Landrat gewesen und auch, wenn dazu keine Akten zur Beweisführung mehr vorhanden seien, müsse aufgrund seiner Position von seiner NS-Nähe sowie Mitwisser- und Mittäterschaft ausgegangen werden.

 

Ratsfrau THIELBÖRGER sieht in den geforderten Zusatzschildern wenig Sinn, dort wäre zu wenig Raum für ausführliche, sinnvolle Erläuterungen. Wer sich tatsächlich für die Hintergründe interessiere, könne das inzwischen problemlos im Internet nachsehen. Sie unterstützt den Vorschlag von Oberbürgermeister Mädge.

 

 

2.

Anfrage zu Ratsbücherei: Samstagsausleihe Kinder- und Jugendbücherei

Ratsbücherei: Samstagsausleihe Kinder- und Jugendbücherei wird nur noch bis Ende 2012 vom Freundeskreis finanziell gestützt. Was dann?

 

Erster Stadtrat KOCH antwortet, als die Samstagsöffnung eingeführt worden sei, sei man von dem großen Erfolg überrascht gewesen. Inzwischen habe man 30% der Kunden an den Samstagen. Man werde versuchen, weiter Fördermittel dafür einzuwerben, ansonsten könne, abhängig von den Wünschen der Kunden, auch erwogen werden, zum Ausgleich an einem weiteren Tag in der Woche zu schließen. Der Förderkreis und die Bürgerstiftung hätten deutlich gemacht, dass ihre Förderung lediglich als Anschubfinanzierung gedacht war. Für die Samstagsöffnung handele es sich um einen zusätzlichen Bedarf von rd. 5.000 € im Jahr.

 

Oberbürgermeister MÄDGE ist überzeugt, dass die Hansestadt Lüneburg bis 2013 eine Lösung finden werde, um die Fortsetzung der Samstagsöffnung zu finanzieren. Aus städtischen Mitteln solle dieser zusätzliche Bedarf aber nicht gedeckt werden, da er außerhalb der vom Rat beschlossenen Zielvereinbarung sei. Das wäre unfair gegenüber anderen städtischen Einrichtungen. U.a. werde man versuchen, Hilfskräfte über das Bundesfreiwilligenjahr zu beantragen.

 

 

3.

Anfrage zu Faltblatt des Vereins, der die Reparatur des Dragonerdenkmals im Clamartpark finanziell unterstützen will

Das Faltblatt des Vereins, der die Reparatur des Dragonerdenkmals im Clamartpark finanziell unterstützen will, betreibt Geschichtsklitterung (u.a. keine Erwähnung des Völkermordes an den Herero 1904-06, der NS-geprägten Einweihungsfeier 1939, keine Fragen zum Verhalten der Dragoner zur NS-Zeit/II. Weltkrieg - siehe auch meine E-Mail vom 17.7.). Die Flyer liegen u.a. im Eingang des Rathauses aus. Will die Verwaltung etwas dagegen unternehmen?

 

Erster Stadtrat KOCH verweist auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, daher werde die Hansestadt Lüneburg nichts gegen das Faltblatt unternehmen. Im Rathaus lägen viele Faltblätter zu unterschiedlichen Themen aus, die Stadt könne nicht alles auf inhaltliche Richtigkeit prüfen und beabsichtige nicht, dort eine Zensur auszuüben.

 

Ratsherr VÖLKER findet es nicht hinnehmbar, dass mit dem Denkmal und dem Faltblatt die geschichtlichen Zusammenhänge nicht umfassend dargestellt werden. Der Völkermord an den Herero und das Verhalten der Dragoner in der NS-Zeit dürfe nicht verschwiegen werden.

 

Oberbürgermeister MÄDGE weist darauf hin, dass es sich um ein Baudenkmal handele, das erhalten werden müsse und von seinem Standort nicht entfernt werden dürfe. Positiv sei hier zu werten, dass Bürgerinnen und Bürger versuchen, um Spendengelder für die Finanzierung der Sanierung zu werben, da die Stadt nur die Hälfte der Sanierungskosten tragen könne. Die Verwaltung plane aber, nach der notwendigen Sanierung eine Erläuterungstafel anzubringen, in der auch auf die problematischen Hintergründe des Denkmals hingewiesen werde.

 

Prof. DR. ALPERS plädiert dafür, auch die Denkmale aus anderen Zeiten zu respektieren und diese Geschichte nicht auszuradieren.

 

Ratsherr VON MANSBERG findet es gut, dass jetzt öffentlich über das Denkmal und die dazugehörige Geschichte diskutiert wird. Damit erfülle es seinen Zweck und auf diese Weise würden sehr viele Leute darauf aufmerksam und darüber informiert.

 

Ratsherr VÖLKER wendet ein, es gehe ihm nicht gegen das Denkmal, sondern um die unkritische Art der Werbung dafür in dem erwähnten Faltblatt.

 

Oberbürgermeister MÄDGE ergänzt, über die Manzke-Friedensstiftung habe Prof. Dr. Preuß den Auftrag erhalten, die Sanierung der Denkmale geschichtswissenschaftlich zu begleiten. Zunächst müsse jedoch der Grundsatzbeschluss im Rat erfolgen. Die Stadt sei jedoch nicht untätig in dieser Sache und werde auf eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Denkmals auf der Erläuterungstafel achten.

 

Erster Stadtrat KOCH weist darauf hin, dass auch der Förderverein in seinem Faltblatt schreibt, dass er nach der Sanierung das Denkmal mit einer Hinweistafel auf die historischen Hintergründe ausstatten möchte. Selbstverständlich werde die Hansestadt Lüneburg hier Einfluss auf den Inhalt nehmen.

 

Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss nimmt Kenntnis

 

Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss nimmt Kenntnis.