Bürgerinformationssystem
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Beratungsinhalt:
Oberbürgermeister MÄDGE spricht die öffentliche Debatte an, die zur Zeit um einige Denkmale entbrannt ist, die sanierungsbedürftig sind. Die Hansestadt Lüneburg habe eine lang zurückreichende Erinnerungskultur und lasse jeder Generation ihre Erinnerung, solange diese nicht mit Symbolen verbunden sei, die unkritisch an die Nazizeit erinnern. Es gebe darunter einige Denkmale, die an Ereignisse und Einstellungen mahnen, die man aus heutiger Sicht nicht mehr unterstützen würde, wie die großen Kriege und die Verherrlichung des „Heldentodes“ für das Vaterland, dennoch seien auch sie weiter gepflegt worden, da sie Geschichte darstellten. Man habe in Lüneburg die Erinnerungskultur immer bewusst gepflegt und erhalten und für Lüneburg sehe er den Zentralfriedhof als zentrale Erinnerungsstätte an die Opfer aller Kriege an. Es sollte jedoch erlaubt sein, vielleicht auch in einer Bürgerversammlung, darüber zu diskutieren, ob und welche Denkmale aus Zeiten, an die sich kein Lebender mehr erinnern kann, noch zeitgemäß seien und auf welche Weise sie weiter instand gehalten werden sollen, in Zeiten, in denen diese Mittel dringend anderweitig benötigt werden. Es sei klar, dass unter Denkmalschutz stehende Mahnmale nicht einfach abgebaut werden dürften, daher sei eine Diskussion notwendig, wie künftig damit verfahren werden solle und ob sie weiterhin kommentarlos gezeigt, oder aus heutiger Sicht kommentiert werden sollten. Wenn sich, wie bei dem Denkmal im Basteipark Spender finden, die bereit seien, sich an der Sanierung zu beteiligen, sei auch die Hansestadt Lüneburg bereit, Mittel beizusteuern. Das Denkmal solle zum Lüne-Park verlegt werden, wo die Dragoner einst stationiert gewesen seien. Er freue sich über alle Bürgerinnen und Bürger, die sich einbringen wollen, um für den Erhalt der Denkmale etwas zu tun.
Herr KOPLIN stellt die drei Denkmale und das Pferdestandbild entsprechend den Ausführungen in der Beschlussvorlage mit einer jeweiligen kurzen geschichtlichen Einordnung und Fotos der jeweiligen Schadensbilder anhand einer Präsentation ausführlich vor. Für die Denkmale im Clamart-Park und das Pferdestandbild im Wandrahm-Park lägen noch keine abschließenden Kostenschätzungen für die Sanierung vor, es seien weitere Untersuchungen erforderlich. Eine grobe Kostenschätzung für den Dragoner liege bei ca. 55.000 € falls es sich ebenfalls (wie der Reiter im Basteipark) um eine Kupferhohlgalvanoplastik handeln sollte. Falls die Plastik jedoch aus Bronzeguss bestehe, wäre die Sanierung günstiger (geschätzt ca. 34.000 €), weil sie möglicherweise vor Ort erfolgen könnte. Für das Kriegerdenkmal der „Mutter Lüneburg“ mit dem sterbenden Sohn im Clamart-Park würden die Sanierungskosten auf ca. 6.000 – 12.000 € geschätzt. Als derzeitige Handlungsoptionen schlage er für den Reiter im Basteipark die umgehende Restaurierung und Versetzung zum Lüne-Park vor und für die beiden Denkmale im Clamart-Park zunächst weitere Untersuchungen zur Eingrenzung der Kostenschätzungen sowie Sicherstellung der Finanzierung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen. Für das Standbild im Wandrahm-Park sollte eine weitere Untersuchung und Kontrolle erfolgen, unmittelbares Handlungserfordernis bestehe hier noch nicht.
Ratsherr VÖLKER fragt, ob unter Schutz stehende Denkmale überhaupt versetzt werden dürften.
Herr KOPLIN antwortet, innerhalb einer Ortschaft sei die Umsetzung an einen adäquaten Standort erlaubt. Der neue Standort im Lüne-Park würde für den Reiter eine Aufwertung bedeuten, da er hier viel deutlicher wahrgenommen würde.
Herr ALPERS ist erfreut, dass hier deutlich gemacht wurde, dass es sich bei dem Pferdestandbild im Wandrahm-Park nicht um ein „Nazidenkmal“ handele, wie es in der Öffentlichkeit häufig dargestellt werde. Es sei deutlich vor der Zeit des Nationalsozialismus geschaffen worden und dass es sich im Besitz von Otto Telschow befunden habe, sei kein Grund, es zu ächten.
Herr DR. LAMSCHUS weist darauf hin, dass der Umstand, dass das Pferd sich zeitweise im Besitz von Otto Telschow befunden habe, untrennbar zu der Geschichte des Pferdes gehöre und daher nicht verschwiegen werden sollte.
Ratsherr VON MANSBERG dankt der Verwaltung für die sachbezogenen Informationen. Es sei wichtig, sich Gedanken zu machen, wie man in der Stadt mit den Gedenkorten umgehen wolle und das sollte möglichst im Zusammenhang mit dem neuen Museum, das auch eine Abteilung für die neuere Stadtgeschichte erhalten werde, überlegt werden. Hier werde sicher auch eine Auseinandersetzung mit Lüneburg als Garnisonsstadt erfolgen, und bei der Entwicklung dieses Ausstellungsteiles werde sich herausstellen, was wo einbezogen werden könne, ob es mit Plaketten versehen oder umgesetzt oder eventuell gar entfernt werden sollte. Dabei gehe es jedoch keinesfalls darum, etwas verschwinden zu lassen. Das Konzept der Experten zum Umgang mit der Lüneburger Geschichte in der Dauerausstellung sollte abgewartet und einbezogen werden. Bis dahin müssten die Denkmale zunächst gesichert werden.
Ratsfrau SCHELLMANN meint, auch wenn die Menschen nicht mehr leben, die sich an das Ereignis erinnern könnten, an das mit einigen Denkmalen gemahnt werden solle, könne und sollte es dennoch dazu beitragen, Geschichte zu vermitteln und zu hinterfragen. Mit den vielen Kriegerdenkmalen werde die große Zahl an Kriegen und ihren Opfern im letzten und vorletzten Jahrhundert verdeutlicht, insbesondere auch für die Generationen, die im Frieden aufgewachsen sind. Besonders die Mutter mit dem sterbenden Sohn im Arm könne deutlich machen, was das für die Menschen bedeutet hat. Insofern müsse man sich im Klaren darüber sein, welche der Denkmale in ihrer Funktion als Mahnung erhalten werden müssen. Es könne jedoch nicht allein Aufgabe der Stadt sein, dafür etwas zu tun, auch die Bürger müssten ihren Teil dazu beitragen. Sie stimme daher zu, dass eine offene Diskussion über die Denkmale geführt werden müsse, aber unter Berücksichtigung der Situation, die damals geherrscht habe und was sie für uns heute noch bedeuten können.
Ratsherr BÖGERSHAUSEN findet den Umgang mit der Thematik in den Leserbriefen in der Presse nicht konstruktiv. Er schlägt vor, das Reiterstandbild aus dem Clamart-Park möglicherweise zum Museum in den Wandrahm-Park zu verlagern, um es dort in den Bezug zur Ausstellung zur Garnisonsgeschichte stellen zu können. Das wäre ein angemessener Umgang mit dem Denkmal, das er nicht für so bedeutend halte, dass es für das Verständnis der Geschichte Lüneburgs unbedingt am jetzigen Platz verbleiben müsste.
Beigeordnete LOTZE verweist auf die Tradition Lüneburgs als Garnisonsstadt, daher sollte dieser Aspekt der Geschichte auch in irgendeiner Form präsent bleiben. Eine Gesellschaft, die je nach Zeitgeist ihre Denkmale schleifen würde, wäre ihr unheimlich. Man müsse sie aber in den Kontext stellen und die Diskussion zeige, dass die Denkmale ihre Funktion erfüllten und einen Anstoß geben, sich mit der eigenen Geschichte und dem Umgang mit ihr auseinander zu setzen. Im Zusammenhang mit dem geforderten bürgerschaftlichen Engagement erinnert sie an die Diskussion um den Gedenkstein an der ehemaligen Synagoge. Sie würde sich sehr wünschen, dass sich auch dafür Spender finden würden, denn dieser Ort sei für die Lüneburger Geschichte ebenso wichtig, wie die heute zur Debatte stehenden Denkmale. Sie unterstütze, dass ein Konzept zur Sicherung der Denkmale notwendig sei, ebenso wie eine offene Diskussion, wie die Erinnerungskultur in dieser Stadt aussehen solle.
Ratsfrau RUDOLPH schließt sich inhaltlich ihren Vorrednern an und fragt, ob es im Haushalt einen Etat für Denkmale gibt.
Oberbürgermeister MÄDGE antwortet, das sei nicht der Fall, daher solle jetzt eine Rückstellung in Höhe von 100.000 € gebildet werden.
Ratsfrau RUDOLPH schlägt daraufhin vor, den Beschlussvorschlag dahingehend zu erweitern, einen Pflegeplan für die städtischen Denkmale aufzustellen, um in den nächsten Jahren regelmäßig Summen in den Haushalt einstellen zu können.
Oberbürgermeister MÄDGE erwidert, das sei leider eine Frage von Prioritäten, bei der die Schlaglöcher in den Straßen meist dringlicher seien. Es seien in den vergangenen Jahren aber bereits einige Denkmale saniert worden, zum Teil auch mit Spendenmitteln. Einen Pflegeplan mit regelmäßigen Summen von zigtausend Euro könne die Stadt sich nicht leisten. Man habe aufgrund des guten letztjährigen Ergebnisses aber jetzt die Möglichkeit, die Rückstellung zu bilden. Er würde aber gern zunächst eine inhaltliche, sachliche Diskussion auch mit den Bürgerinnen und Bürgern über den grundsätzlichen Umgang mit den Denkmalen in dieser Stadt führen, ohne als „Vaterlandsverräter“ beschimpft zu werden. Die Denkmale würden zunächst gesichert, dann müsse geklärt werden, ob sie an ihrem jetzigen Standort richtig stünden, oder verlagert werden sollten. Es wäre z.B. denkbar, die Gedenktafeln vom Sockel des Dragonerdenkmals im Clamart-Park auf den Zentralfriedhof zu bringen, wo auch der Toten der Weltkriege gedacht werde. Der Dragoner selbst mit seiner Ausrichtung nach Westen sei 1939 aufgestellt worden und die dahinter stehenden Aussagen entsprächen nicht mehr dem heutigen Gedankengut, daher sollte darüber nachgedacht werden dürfen, ihn zu verlagern. Für die notwendige Diskussion wolle man sich Zeit nehmen und erst im Herbst oder Frühjahr nächsten Jahres entscheiden, was damit geschehen solle. Keines der Denkmale solle vernichtet oder eingeschmolzen werden.
Ratsherr NEUBAUER schlägt vor, das Niedersachsenross im Wandrahm-Park, das zwar nicht unter Denkmalschutz stehe, aber historisch brisant sei, mit in den Ausstellungsteil über die Zeit des Nationalsozialismus im neuen Museum einzubeziehen. Mit den unter Denkmalschutz stehenden Mahnmalen habe man nicht die volle Handlungsfreiheit, eine Neupositionierung der beiden Denkmale innerhalb des Clamart-Parkes würde seiner Meinung nach aber sinnvoll erscheinen und sollte auf sachlicher Ebene diskutiert werden.
Ratsherr KUNATH spricht sich dafür aus, alle drei Pferdestandbilder aus dem Stadtbild zu entfernen, da sie alle eine dunkle Vergangenheit hätten. Dies sollte möglichst schon vor dem Hansetag geschehen, da die vielen Besucher ansonsten einen negativen Eindruck von Lüneburg bekämen.
Oberbürgermeister MÄDGE betrachtet die Verknüpfung mit dem Hansetag als absurd. Man könne nicht eine gesamte Stadt zu dem Ereignis komplett sanieren und herausputzen, das erwarte kein Besucher und das sei auch in den anderen Hansestädten nicht der Fall gewesen.
Ratsherr VÖLKER teilt mit, es liege ein Änderungsantrag für den zweiten Punkt des Beschlussvorschlages vor. Dort solle der Satzteil „an ihrem Standort verbleiben und“ gestrichen werden.
Beschluss:
Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss stimmt dem Änderungsantrag mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen (eine Stimme der CDU-Fraktion und die Stimme der Fraktion Die Linke) und
empfiehlt dem Verwaltungsausschuss mehrheitlich gegen die Stimme der Fraktion die Linke, dem Rat der Hansestadt Lüneburg folgende, geänderte Beschlussempfehlung zu geben:
· Nach Vorliegen der zugesagten Spendenmittel in Höhe von 30.000 € für das Reiterdenkmal im Basteipark (Am Schifferwall) wird dessen Sanierung unverzüglich in Auftrag gegeben. Nach der Sanierung wird das Denkmal auf der Verkehrsinsel in der Johannes-Gutenberg-Straße wieder aufgebaut. Den Spendern wird mit einer Plakette am Sockel für ihre Beteiligung an der Sanierung gedankt.
· Die beiden Denkmale im Clamartpark sollen grundsätzlich saniert werden. Über das weitere Vorgehen wird entschieden, sobald detaillierte Sanierungsexpertisen mit Kostenschätzungen vorliegen.
· Die Verwaltung wird gebeten, die notwendigen Mittel für die Sanierung der beiden Denkmale über Spenden- und Fördermittel einzuwerben.
· Für die notwendige Sanierung der o. g. Denkmale wird einer außerplanmäßigen Aufwendung zur Bildung einer Rückstellung in Höhe von 100.000,- € gemäß §§ 117, 123 NKomVG in Verbindung mit § 43 GemHKVO und § 6 der Haushaltssatzung der Hansestadt Lüneburg für das Haushaltsjahr 2011 zugestimmt. Die Deckung dieser überplanmäßigen Aufwendungen ist durch Mehrerträge, die 2011 bei der Gewerbesteuer erzielt worden sind, gewährleistet.
· Dem Kulturausschuss ist spätestens im Herbst 2012 zu berichten.
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