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Auszug - Krieg ist keine Lösung! (Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 12.03.03)  

 
 
öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 8.6
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 27.03.2003    
Zeit: 17:00 - 20:35 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/0507/03 Krieg ist keine Lösung! (Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 12.03.03)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Verfasser:Anke Plett
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Die Fraktionen haben sich im Vorwege darauf verständigt, Stellungnahmen zu dem Thema abzugeben. Der Antrag wird danach als erledigt betrachtet und nicht mehr abgestimmt.

 

Ratsherr BÖSCHEN bedauert zutiefst, dass die Bemühungen um eine friedliche Lösung im Irak-Konflikt letztlich gescheitert seien. Bei allem Verständnis für das Unrecht, dass den USA mit den Terroranschlägen am 11.09.2001 zugefügt worden sei, halte seine Fraktion es nicht für richtig, den Irak mit Waffengewalt anzugreifen. Krieg bedeute meist leider nicht nur das Scheitern der Politik und die Niederlage der Diplomatie sondern auch das Ende der Vernunft. Viele Deutsche wüssten zum Teil noch aus eigener Erfahrung um die Schrecken des Krieges. Krieg sei keine Lösung, so lange nicht alle friedlichen Möglichkeiten restlos ausgeschöpft seien. Die Bundesregierung habe sich vehement für eine friedliche Lösung des Konfliktes eingesetzt und werde dies auch weiterhin tun. Dabei habe man im Hinblick auf das menschenverachtende Regime von Saddam Hussein keine Illusionen und am Unrechtscharakter dieser Diktatur nie Zweifel aufkommen lassen. Dennoch stehe es nach den Regeln des Völkerrechts keinem Staat zu, eigenmächtig die Regierung eines anderen Landes abzusetzen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe vor einiger Zeit einstimmig die Entwaffnung des Irak, nicht aber einen Regierungswechsel verlangt. Diesem Ziel sei auch Deutschland weiterhin verpflichtet. Vorwürfe des Anti-Amerikanismus gegen die deutsche Regierung seien völlig haltlos, man teile die gleichen Werte von Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie. Für den jetzt von den USA und Großbritannien eingeschlagenen Weg gebe es jedoch keine ethische und völkerrechtliche Rechtfertigung. Notwendig wäre eine umfassende Abrüstung überall auf der Welt und eine gerechte Teilung der Ressourcen. In Konflikten müsse eher versucht werden zu vermitteln und anstatt starrem Festhalten an eigenen Machtansprüchen wäre eine Weltpolitik durch eine starke UNO nötig. Auch der Krieg sei kein rechtsfreier Raum, die Konfliktparteien stünden in der Pflicht, die Zivilbevölkerung während der Kampfhandlungen so weit wie möglich zu schonen und eine humanitäre Katastrophe zu vermeiden. Es müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN gibt der Sorge der CDU-Fraktion um den Weltfrieden und die Zukunft der Weltgemeinschaft Ausdruck. Frieden sei ein überragendes Gut und Krieg die Niederlage der Vernunft. Es sei ein falscher Weg, wenn ein freiheitliches Land sich im Alleingang für den Einsatz militärischer Gewalt entscheide und sich damit über die Entscheidungen der UNO, EU und NATO hinwegsetze. Dass dies möglich und eventuell sogar notwendig geworden sei, liege an der Uneinigkeit in diesen Gremien. Der Mangel an Gemeinsamkeit und Einigkeit in dieser Frage sei ein großer Makel der Außen- und Sicherheitspolitik in Europa. Wer verhindern wolle, dass die USA den Alleinvertretungsanspruch erhöben, für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten, müsse in Europa selbst stark genug sein, um Krisenherde einzudämmen. Das Grundgesetz verbiete einen Angriffskrieg und die UN-Charta regele das Gewaltverbot zwischen den Staaten der Weltgemeinschaft, trotzdem seien deutsche Truppen im Rahmen der NATO-Intervention im Kosovo ohne UN-Mandat in den Einsatz geschickt worden. Der Bundestag und große Teile der Bevölkerung hätten damals diesen Krieg für gerechtfertigt gehalten, um Massenmorde und einen Genozid zu verhindern. Seit 1950 seien aber auf der Welt über 50 Völkermorde geschehen, wo nicht eingegriffen worden sei. Seit dem Zweiten Weltkrieg hätten über 150 Kriege mit Millionen von Toten stattgefunden. Es stelle sich die Frage nach einer Glaubwürdigkeitslücke zwischen dem Gewaltverbot der UN und dem Zulassen von Gewalt durch Nichtstun und es bestehe ein Widerspruch, wenn in Ländern, die dem UN-Sicherheitsrat angehörten, wie China und Russland, die Menschenrechte nicht geachtet würden. Niemand wolle einen Krieg und dies sollte auch niemandem unterstellt werden. Der Irak verstoße seit 10 Jahren gegen die Resolutionen der UNO, keine Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Der Diktator Hussein lasse sein Volk zu Hunderttausenden verhungern. Unter seinem Befehl seien Massenmorde an Kurden verübt und sogar Kinder gefoltert worden. Saddam Hussein sei kein Opfer, sondern Täter. Krieg könne allerdings niemals ein richtiges Mittel sein und seine Fraktion hoffe sehr, dass dieser Krieg so schnell wie möglich beendet werde.

 

Ratsherr MEIHSIES drückt sein Bedauern darüber aus, dass der Rat der Stadt sich in seiner letzten Sitzung nicht dazu habe entschließen können, eine Resolution gegen den Krieg zu verabschieden, wie die Fraktion Bündnis 90/ Die GRÜNEN es beantragt hatte. Dieser Krieg erfülle die Mitglieder seiner Fraktion mit Unverständnis und Zorn. Es handele sich hier um einen Angriffskrieg, mit dem sich die Regierungen der USA und Großbritanniens aus der Wertegemeinschaft der UN herausbegeben hätten. Grundlage des Angriffes sei die Behauptung der USA, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze und Kontakt zu Ossama Bin Laden habe. Beide Behauptungen seien bis heute nicht bewiesen worden. Die Schuld für diesen Krieg liege eindeutig bei der Regierung der USA. Das menschenverachtende Regime des Saddam Hussein und seine Brutalität seien keinesfalls zu beschönigen, es stelle sich trotzdem die Frage, ob die Wertegemeinschaft der UN oder einzelne ihrer Mitglieder zum Mittel des Krieges greifen sollten. Sein Respekt gelte denjenigen, die versucht hätten, diesen Krieg auf dem Wege der Diplomatie zu verhindern und es sei eine Unverschämtheit, wenn der deutschen Regierung unterstellt werde, sie hätte durch ihr Verhalten gegenüber den USA zur Beschleunigung des Kriegsbeginns  beigetragen. Die Solidarität seiner Partei gelte denen, die weiterhin gegen diesen Krieg demonstrierten und natürlich denjenigen, die dazu beitragen würden, im Irak eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Seiner Ansicht nach müssten die USA als Zerstörer dort allerdings auch finanziell für den Wiederaufbau aufkommen. Abschließend bleibe festzustellen, dass das westliche Wertesystem mit dem Angriff der USA und Großbritanniens auf den Irak eine schwere Niederlage erlitten habe.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN äußert ebenfalls Entsetzen über das Scheitern der diplomatischen Bemühungen und den Beginn des Krieges. Bis zum Schluss habe sie die Hoffnung gehabt, dass eine friedliche Lösung des Konfliktes möglich wäre. Man dürfe sich allerdings keine Illusionen darüber machen, dass der Irak die Waffeninspektionen nur auf Grund der Drohkulisse der USA zugelassen habe, ansonsten hätte es sicherlich keinerlei Kooperation gegeben. Man dürfe nicht verkennen, dass die wahre Ursache für das Eskalieren der Situation nicht bei den USA zu suchen sei, sondern bei dem Diktator Saddam Hussein, der seit Jahren das Völkerrecht mit Füßen trete und sein Land mit Mord und Terror überzogen habe. Trotzdem finde dieser militärische Konflikt ohne klare Legitimation durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht die Billigung ihrer Fraktion. Diese habe zwar den Einsatz militärischer Gewalt als letztes Mittel nie ausgeschlossen, aber nur in Abhängigkeit einer Legitimation durch die UNO. Beiderseits des Atlantiks sei jedoch leider alles unterlassen worden, um Einigkeit oder zumindest eine gemeinsame Haltung im Weltsicherheitsrat zu erreichen. Die Folgen für die Autorität der Vereinten Nationen seien fatal und würden diese Organisation um Jahrzehnte zurückwerfen. Angesichts dieser Krise stelle sich die Frage, ob das Völkerrecht den veränderten Bedingungen heutzutage überhaupt noch Rechnung tragen könne. Es habe sich gezeigt, dass es eben nicht nur zwei Gründe gebe, die Gewaltanwendung rechtfertigten. Neben das Recht zur Selbstverteidigung müsse auch das Recht zur Gewaltanwendung zur Abwendung einer humanitären Katastrophe treten, wie es im Kosovo der Fall gewesen sei. Während hier alle darauf hofften, dass dieser Krieg vermeidbar sei, habe es Stimmen aus Bagdad gegeben, die den Krieg herbeiwünschten als einziges Mittel, das brutale Regime Saddam Husseins zu beenden. Hier bestehe ein Zwiespalt, mit dem schwer umzugehen sei. Keiner wünsche wirklich einen Krieg, aber manchmal sei er womöglich die einzige Lösung. Den USA müsse insofern auch Verständnis entgegen gebracht werden, da Saddam Hussein seit 1991 die Friedensauflagen nach dem Golf-Krieg nicht erfüllt habe. Besonders nach dem 11. September 2001 sähen die Amerikaner die Gefahr, dass über den Irak biologische Massenvernichtungswaffen in die Hände von Terroristen gelangen könnten. Da Europa von den grausamen Terroranschlägen nicht selbst betroffen war, könne man diese Ängste und diesen Zorn hier vielleicht nicht völlig nachvollziehen, obwohl diese Gefahr auch Europa eines Tages erreichen könnte. Möglicherweise sei die völlige Ablehnung von Gewalt nur denen vorbehalten, die ihre Grundrechte gesichert wüssten.