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Auszug - Werden die Bürger gegen Google Street View ausreichend geschützt? (Anfrage der Gruppe SPD/CDU vom 12.04.2010, eingegangen am 13.04.2010)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 6.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 26.08.2010    
Zeit: 17:00 - 21:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3649/10 Werden die Bürger gegen Google Street View ausreichend geschützt? (Anfrage der Gruppe SPD/CDU vom 12.04.2010, eingegangen am 13.04.2010)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage der Gruppe SPD/CDU
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin   
 
Wortprotokoll
Beschluss

 

Beratungsinhalt:

 

Die Teilfrage, ob von Google Street View Verwaltungskosten erhoben werden können, müsse das Land Niedersachsen beantworten, da es hier einer übergreifenden Regelung bedarf. Oberbürgermeister MÄDGE verweist auf die überaus ausführlichen Diskussionen der letzten Wochen in der Tagespresse und erinnert, dass die Hansestadt Lüneburg sehr frühzeitig einen entsprechenden Widerspruchsbescheid gegen die Veröffentlichung eigener Gebäude im Internet zur Verfügung gestellt habe. Zu dieser Thematik ist jede Bürgerin und jeder Bürger persönlich selbst verantwortlich und müssen Gefahren und Nutzen für sich selbst abwägen. Er schlägt schlussendich vor, zunächst hierzu die Bundesdiskussionen abzuwarten.

 

Die von Ratsherrn LUTHS beantragte Aussprache wird mehrheitlich angenommen. Dieser betone, dass das Ziel dieser Anfrage war, die Bürgerinnen und Bürger dieser Hansestadt zu sensibilisieren und auf Nutzen und Risiko dieses Fahrens aufmerksam zu machen.

 

Würde man sich vorstellen, dass Google der deutsche Staat wäre, dann wäre die Frage der Sammlung, Verarbeitung und Verknüpfung der Daten eine Frage des Bundesverfassungsgerichts, welches sich in einem Urteil in den 70-er Jahren dazu sehr umfassend geäußert habe und damals nur ein Bruchteil der heutigen Daten im so genannten Volkszählungsurteil gesammelt werden sollte. Er bittet darum, dass jeder für sich selbst dieses Thema bewertet, die Presse weiterhin ihren Focus darauf lenkt und die Fortentwicklung der Diskussion eng begleitet.

 

Ratsherr NEUBAUER hat festgestellt, dass es innerhalb der Bevölkerung verschiedene Ansichten zu dieser Thematik gebe. So würden insbesondere junge Mitmenschen die Problematik und die aufgeheizte Diskussion zu Google Street View nicht verstehen. Wenn Google Street View jedoch so harmlos wäre, stellt sich die Frage, warum Österreich und Griechenland die Aufnahmen von Google Street View in ihren Ländern verboten haben. Die Frage, die sich jeder selbst stellen muss ist, wie viel Privatsphäre man sich noch leisten möchte und wie wertvoll einem das vom Grundgesetz gedeckte Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei. Der Hamburger Datenschützer habe jüngst geäußert, dass er sich selbst nicht mehr sicher sei, ob er zu einem Widerspruch gegen die Veröffentlichung von Bildern durch Google Street View raten solle, weil er nicht wisse, was Google mit diesen Daten aus den Widersprüchen mache.

 

Ratsherr NEUBAUER lenkt den Blick auf eine bereits existente Software mit der technisch viel viel mehr möglich sei, als mit Google Street View und ein totaler Angriff auf die Privatsphäre darstelle. So könne man mit der Software „goggles verschiedenste Daten im Internet verknüpfen und mit einer Software zur Gesichtserkennung dann automatisch Adresse, Telefonnummer und persönliche Daten aus dem Internet zusammenfügen. Interessant zu wissen sei auch, dass diese Software von Google selbst produziert werde und derzeit in Erprobung ist. Somit scheint Google Street View selbst nicht unbedingt das zentrale Problem zu sein aber es müsse als Aufhänger genommen werden, um endlich anzufangen zu diskutieren, ob Privatsphäre noch ein Grundrecht sei oder man bereit ist, dieses Grundrecht für ökonomische Interessen zu opfern.

 

Ratsherr KUHN führt aus, dass Google mit seinem Programm Google Street View ganze Straßenansichten, Stadtteile und Städte auch mit Rundumsicht visualisieren möchte. Die Gefahr des Missbrauchs bestehe darin, dass ganz anonym aus dem Internet private Lebensräume ausspioniert werden können. Nur auf den ersten Blick sei es ein kostbarer Service, der im Internet zur Verfügung stehe und auf den zweiten Blick zahlen die Bürgerinnen und Bürger dafür mit dem Verlust ihrer Privatsphäre. Er fordere ganz klar, dass den Hauseigentümern als auch den Mietern in diesem Zusammenhang mehr Rechte eingeräumt würden. Solange es noch keine einschlägige Gesetzgebung zu dieser Thematik gebe könne man nur Widerspruch direkt bei Google einlegen. Er fordere ganz klar, dass die Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit Google sich vor Aufnahme der Bilder ausdrücklich das Einverständnis der Eigentümer einholen müsse.

 

Für Ratsherrn SOLDAN sei die Sammlung von privaten Daten ein Problem der modernen Zeit. Problematisch sei außerdem, dass man zwar mittlerweile einen Widerspruch bei Google Street View direkt einlegen könne, die Daten jedoch bereits von einem multinationalen Konzern gesammelt worden sind und man nicht mehr überprüfen kann, was mit diesen Daten passiere. Zur Lösung dieses Problems bedarf es eines modernen rechtsfähigen Datenschutzgesetzes, welches den Anforderungen des Internetzeitalters entspreche. Zeitgleich müsse eine Veränderung im Verhalten der Menschen im Umgang mit ihren eigenen Daten eintreten.

 

Beigeordneter BLANCK fragt, inwieweit diese Anfrage die tatsächlichen Belange des Rates der Hansestadt Lüneburg berühre. Er erkennt, dass die Verwaltung der Hansestadt Lüneburg frühzeitig ein Widerspruchsformular im Internet bereitgestellt habe. Er warnt jedoch davor, kein Bedrohungsszenario zu entwickeln, welches durch bestimmte Software ausgehe. Vielmehr müsse man im Internet – genau wie im echten Leben – selbst verantwortungsbewusst mit seinen eigenen privaten Daten umgehen, da die Risiken nicht durch die Technik selbst entstehen, sondern erst durch ihre Nutzung. Er verweist auf andere Software, die weniger bekannt sei, die aber in der Immobilienbranche durch Luftbildaufnahmen u. ä. durchaus ähnliche Einblicke bieten könne wie Google Street View. Die Gefahr bestehe erst, wenn verschiedene preisgegebene Daten der einzelnen Bürgerinnen und Bürger miteinander verbunden würden, somit sei nur anzuraten, auf einen sinnvollen Umgang mit den eigenen Daten zu achten und sich selbst genau zu überlegen, welche Daten man an wen wofür weitergebe.


Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

(32, DSB, I)