Bürgerinformationssystem
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Beratungsinhalt: Beigeordnete
SCHELLMANN erklärt,
dass sich die FDP-Fraktion in der Vergangenheit immer am Grundsatz orientiert
habe, dass Bundesthemen im Rat der Hansestadt Lüneburg nichts verloren hätten,
aber in diesem Fall zutiefst beunruhigt sei, mit welcher Leichtigkeit die
ehrenden Grundsätze des Rechtsstaates beim Ankauf der Steuersünder-CDs verletzt
würden. Die Diskussion über den Ankauf von gestohlenen Steuerdaten werde nicht
redlich geführt. Der Staat sei verpflichtet, Straftaten zu verhindern und zu
verfolgen, doch müssten diese Mittel legal sein. Steuerhinterziehung sei eine
schwere Straftat und in der Vergangenheit zu milde geahndet worden, so dass
eine Straferhöhung sinnvoll und erforderlich sei. Trotzdem seien die legalen
Mittel der Steuerfahndung und Herstellung einer Steuergerechtigkeit noch nicht
ausgeschöpft. Sie begrüße zwar den Druck auf Steuerhinterzieher zu einer
Selbstanzeige, aber der Zweck heilige nicht die Mittel. Sie frage nach dem
Preis, welchen der Staat für diese Maßnahmen zahle, wenn er gemeinsame Sache
mit anderen Straftätern mache und weitere Nachahmer ermuntere. Hier
trete ein immenser Glaubwürdigkeitsverlust des Staates ein und sie bedauere
zutiefst, dass immer öfter Maßnahmen des Staates erst durch das
Bundesverfassungsgericht gestoppt würden. Bürgermeister
Dr. SCHARF bittet
um Vorsicht bei einem Urteil über den Kauf der CD mit gestohlenen Bankdaten.
Aus seiner Sicht gebe es viele Argumente für beide Positionen. Nachdenklich
hätten ihn jedoch zwei Fakten gestimmt: Zum einen habe der Bundesfinanzminister
sich klar für den Ankauf dieser CD ausgesprochen als auch nach reichlicher
Überlegung die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Zum anderen habe
bislang kein Gericht den Ankauf dieser CD untersagt. Des Weiteren vermisse er
eine klare Stimme der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Ganz
klar betone er, dass Steuerhinterziehung ein Verbrechen an der Gemeinschaft sei
und der Staat diese Straftaten verhindern und unterbinden müsse. Schlussendlich
spricht sich die CDU-Fraktion für den Ankauf der CD aus, was auch im
Resolutionsentwurf der Gruppe SPD/CDU ersichtlich sei. Ratsherr
SCHULTZ betont,
dass die SPD im Rat der Hansestadt Lüneburg für soziale Gerechtigkeit stehe,
auch für Steuergerechtigkeit. Jede Bürgerin und jeder Bürger müsse seiner
Steuerpflicht nachkommen, nur so seien die sozialen Errungenschaften in
Deutschland finanzierbar. Er spricht sich für den Ankauf der Steuerdaten-CD aus
und habe kein Verständnis dafür, dass sich einzelne Personen der Steuerpflicht
entziehen. Er appelliere an diese Personen im Rahmen einer Selbstanzeige,
fällige Steuern nachträglich zu entrichten. Steuerhinterziehung sei kein
Kavaliersdelikt, denn sie schade dem Staat und der Gesellschaft und bedarf
somit einer gerechten Bestrafung. Die SPD-Fraktion vertraue auf den Bund und
die Länder, dass diese beim Ankauf der CD dieses auf der Basis der
Rechtsstaatlichkeit tun, der Staat muss handeln, schon allein im Interesse der
Bürger. Ratsherr
RIECHEY tituliert
den Antrag der FDP-Fraktion zu einer Resolution „Steuersünder-CD“
als abenteuerlich, könne jedoch die Änderungsanträge der GRÜNEN, SPD und
CDU-Fraktion mittragen. Eine Steuerhinterziehung habe immer zwei Seiten: Die
eine Seite sei die Schweiz, die durch die Steuern, die dort hinterzogen werden
profitiere, die andere Seite sei das deutsche Steuersystem, nachdem jeder nach
seinem Vermögen Steuern zahle und so das Gemeinwesen finanziert werde. Er weist
darauf hin, dass der deutsche Staat bereits schon einmal vor 2 Jahren
gestohlene Bankdaten angekauft hätte, was sich im nachherein durch
Nachzahlungen mehrfach bezahlt gemacht habe. Damals sei die Rechtslage
eingehend geprüft und kein Verwertungsverbot für solche Daten ausgesprochen worden.
Man könne die Zahlungen eines Staates quasi als Belohnung für sachdienliche
Hinweise bei der Aufklärung von Straftaten bezeichnen. Er
spricht sich kritisch über die Möglichkeit einer Absolution per Selbstanzeige
aus, mit der Steuersündern straffrei entkommen könnten. Diese Art einer
Spezialbehandlung gebe es im gesamten deutschen Strafrecht nicht.
Schlussendlich fordere er, die Zahl der Steuerfahnder zu verdoppeln, um
Steuerstraftaten und Hinterziehungen früher aufzudecken und ahnden zu können. Ratsherr
LUTHS bemängelt die
von der Landeszeitung titulierte „Resolutionitis“, da es vor Ort
wichtigeres zu tun gebe als sich über bundes- und weltpolitische Dinge als Rat
der Hansestadt Lüneburg zu unterhalten. Er spreche sich ganz klar für eine
Verfolgung von Steuerverkürzern und Steuerhinterziehern aus. Die Frage sei nur,
mit welchem Aufwand dies geschehe und welche Grenzen dabei geachtet werden. Das
Verfolgungsinteresse dürfe kein absolutes sein, derzeit ist der Staat dazu
bereit, Datendiebstahl zu tolerieren und sogar zu honorieren. Er sehe die
Gefahr, dass das Rechtsstaatsprinzip, dass u.a. keine gemeinsame Sache mit
Straftätern gemacht werde, aufs Spiel gesetzt wird. Beigeordneter
BLANCK betont, dass
in diesem Fall lediglich die Frage nach moralischer Rechtfertigung gestellt
werden könne. Dort wo der Staat selbst nicht handelt, begehe er womöglich
Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der Staat müsse sich entscheiden, welchen Weg
er gehen muss. Er sollte den Weg wählen, mit dem er noch am meisten Gerechtigkeit
walten lassen kann, nämlich durch Bestrafung der Steuerhinterzieher, die die
Gesellschaft entsozialisieren. Ratsherr
KUHN erinnert, dass
ein ähnlicher Fall mit dem Ankauf einer Steuerdaten-CD bereits vor 2 Jahren im „Fall
Liechtenstein“ geschehen sein und bis heute kein Gericht ein Verbot
ausgesprochen habe, diese Beweismittel zu verwerten. Noch seien 57 % der Bürger
für den Ankauf dieser CD. Er befürchtet jedoch, dass ein neuer Berufszweig
entstehen könnte, der Datenklau. Ratsherr
SOLDAN stellt fest,
dass Steuerhinterziehung ein Straftatbestand sei, der mit allen Mitteln eines
Rechtsstaates stärker bekämpft und bestraft werden müsse. Jedoch habe bislang
der Gesetzgeber nicht geklärt, ob der Ankauf von gestohlenen Steuerdaten im
Ausland nach deutschem Recht zulässig sei. Die Regierung bewege sich in einer
Grauzone. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet derzeit über die
Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme. Hierbei handelt es sich auch um ein ethisch-moralisches
Problem. Mit dem Ankauf dieser Daten sei eine Grenze überschritten worden. Ratsherr
NEUBAUER weist
darauf hin, dass der Rechtsstaat im Grundgesetz als demokratischer und sozialer
Rechtsstaat verankert sei und nicht als ein klassischer liberaler Rechtsstaat.
Das Legalitätsprinzip sei nicht die Grundlage für Entscheidungen eines
Rechtsstaates, sondern der Rechtsstaat habe die Aufgabe, den Frieden, die
Freiheit, die soziale Gerechtigkeit usw. zu sichern. Grundsätzlich schaffe das
Rechtssystem in Deutschland allerdings Spannungsverhältnisse. Dies sei ein
klassischer Fall eines Spannungsverhältnisses wo der Staat aufgerufen ist, mit
Hilfe einer Güterabwägung sich zu entscheiden und sich diese Entscheidung nicht
leicht mache, wie an anderen Beispielen: Finaler Rettungsschuss, Einsatz der
GSG-9 im Ausland, Kronzeugenregelung, Abtreibung usw. zu sehen sei. Ratsherr
NEUBAUER hebt
deutlich hervor, dass der Staat nicht mit anderen Kriminellen gleichzustellen
sei, da er sich durch eine Straftat nicht bereichern wolle. Ratsherr
RIECHEY erinnert,
dass es verschiedene Gesetzesinitiativen und Entwürfe gegeben habe,
Steuerhinterziehungen zu erschweren, die aber am Bundestag abgelehnt wurden. Er
fordere die Bundesregierung auf, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, in dem
Bürger gar nicht erst die Möglichkeit hätten, Steuern zu hinterziehen. Außerdem
müsse die Bundesregierung alle Mittel einsetzen, um Steueroasen im Ausland
trocken zu legen. Beschluss: Ratsvorsitzende THIELBÖRGER lässt zunächst über den
Änderungsantrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 16.02.2010 abstimmen: Dieser Antrag wird gegen die Stimmen der Fraktion
Bündnis90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE mehrheitlich abgelehnt. Der Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU vom 16.02.2010 wird
bei den Gegenstimmen der FDP-Fraktion mit folgendem Resolutionstext
mehrheitlich angenommen. „Für unseren Staat sind zur Erfüllung der ihm übertragenen
Aufgaben die nach den Steuergesetzen zu entrichtenden Steuereinnahmen von
existenzieller Bedeutung. Insofern ist es nicht nachzuvollziehen, dass einzelne
Bürgerinnen und Bürger sich dieser Pflicht entziehen, indem sie ihrer
Steuerpflicht nicht nachkommen. Wir richten an diesen Personenkreis in unserer Region den
Appell, im Rahmen einer Selbstanzeige die fälligen Steuern nachträglich
freiwillig zu zahlen. Wir sind für den Ankauf der Unterlagen und haben volles
Vertrauen darin, dass die im Zusammenhang mit den aktuellen Vorfällen in der
Schweiz notwendigen Entscheidungen und Maßnahmen von den zuständigen
Regierungen und Ministerien im Bund und in den Ländern auf rechtsstaatlicher
Basis getroffen werden.“ Der Ursprungsantrag der FDP-Fraktion vom 09.02.2010 wird
gegen die Stimmen der FDP-Fraktion mehrheitlich abgelehnt. ALLRIS DokumenteDieses Dokument wurde von
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