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Auszug - Entwicklung der Kommunalfinanzen (Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 09.12.2009)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 10.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 28.01.2010    
Zeit: 17:00 - 19:52 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3538/10 Entwicklung der Kommunalfinanzen (Anfrage der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 09.12.2009)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Anfrage d. Fraktion Bünd. 90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Bereich 21 - Kämmerei, Steuern und Erbbaurechte
 
Wortprotokoll
Beschluss

 

Beratungsinhalt:

 

Stadtkämmerin LUKOSCHEK weist darauf hin, dass Teile der Anfrage bereits während der Erläuterung zum Haushaltsplanentwurf 2010 beantwortet wurden. Sie habe jedoch versucht, in konzentrierter Form die Entwicklung der Kommunalfinanzen für die kommenden Jahre aufzuzeigen. In der Anfrage wurde eine Beurteilung der Entwicklung der Finanzlage der Hansestadt Lüneburg für die nächsten 5 Jahre angefragt.

 

Stadtkämmerin LUKOSCHEK erläutert, dass sie den Zeitraum jedoch nur bis zum Jahre 2013 gewählt habe, da allein schon die Schätzungen für den Finanzzeitraum bis 2013 schwierig waren und eine Betrachtung bis ins Jahr 2015 immer unseriöser werden würde. Ein Trend sei jedoch auch bei einer Betrachtung des Finanzplanungszeitraumes bis 2013 abzusehen. Sie erläutert die einzelnen Fragen der Anfrage anhand einer Folienpräsentation, die dieser Niederschrift als Anlage 1 beigefügt ist.

 

Sie zeigt die Ergebnisentwicklung bis ins Jahr 2013 auf, wo mit einem Defizit in Höhe von 12,6 Mio. EUR gerechnet werde. Dieses ergebe sich vor allem dadurch, dass die Hansestadt Lüneburg abhängig von verschiedensten Faktoren sei wie z. B. Finanzzuweisungen. Außerdem sei die finanzielle Ausstattung der Hansestadt auch abhängig von Beschlüsse auf Landes- und Bundesebene. Die so genannten Steuerentlastungsgesetze führen zu Mindereinnahmen bei den Einkommens- und Umsatzsteueranteilen und bei der Gewerbesteuer.

 

Auf Antrag des Ratsherrn MEIHSIES wird bei einer Enthaltung eine Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt genehmigt.

 

Ratsherr MEIHSIES betont, dass man anhand der Ausführung der Stadtkämmerin die Dramatik ablesen könne, welche die bisherige Gesetzgebung der Bundesregierung für die Kommunen habe. Es sei wichtig den Bürgerinnen und Bürger dieser Hansestadt klar zu sagen, dass die Gesetzgebungen auf Bundes- und Landesebene sowie die Aufstellung des Finanzausgleiches ein wesentlicher Grund für die derzeitige finanzielle Lage der Kommune sei.

 

Bürgermeister Dr. SCHARF erinnert an die Finanzkrise, die auch über Deutschland hinein gebrochen sei und die damalige und heutige Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende versucht habe entgegenzusteuern. Viele Bankenpleiten wurden abgewendet und durch die Verlängerung der Kurzarbeit sei ein dramatischer Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindert worden. Durch die Konjunkturprogramme mit den Schwerpunkten Bildung, Schule und Ausbildung konnten langfristige Investitionen getätigt und etwas Nachhaltiges geschaffen sowie dem Handwerk eine Vielzahl von Aufträgen erteilt werden. Zunächst müsse man – wie ausgeführt – die Steuerschätzungen zum Mai abwarten, um dann mit Steuersenkungen reagieren zu können, um Verbraucher zu entlasten. Selbstverständlich würden durch die Finanzkrise auch Kommunen belastet. Jedoch müsse gerade die kommunale Ebene laut Grundgesetz mit finanziellen Mitteln so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben erfüllen könne. Er zitiert Artikel 106 Abs. 2 Grundgesetz, wonach Kommunen ein Anrecht auf Unterstützung haben, wenn den Kommunen vom Staat Belastungen zugemutet würden.

 

Beigeordneter SRUGIS skizziert, dass zum Wegbrechen der Einkommenssteueranteile und der Gewerbesteuer auch ein strukturpolitisches Problem hinzukomme. Er erwarte von der Koalition aus FDP und CDU auf Bundesebene klare Signale für die Stärkung der Kommunen und keine Gesetzesvorhaben, die die Situation der Kommunen noch verschlechtern. Wie beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu sehen, würden hierdurch die Kommunen belastet und damit auch ihre Bürgerinnen und Bürger. Durch die fehlenden finanziellen Mittel sei das erklärte Ziel, die Schaffung von Krippenplätzen auf 35 %, nicht erreichbar. Auch die Einführung einer Umsatzsteuerpflicht für kommunale Unternehmen werde zu einer Gebührenerhöhung führen. Außerdem sei von keinem Gleichstand zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen zu sprechen, da öffentliche Unternehmen nicht ohne weiteres am Markt ihre Leistungen anbieten dürften. Da eine Verfassungsänderung zu den ARGEN nicht in Aussicht stehe, würden wieder 2 bürokratische Strukturen geschaffen, die von den Kommunen nicht gewollt seien. Er fordere den Bund und das Land Niedersachsen dazu auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen und für eine vernünftige finanzielle Ausstattung der Kommunen zu sorgen.

 

Ratsherr RIECHEY finde es falsch, die Entwicklung der Kommunalfinanzen allein auf die Wirtschaftskrise zu schieben, da bereits im Zeitraum Oktober 08 bis Juli 09 die alte Bundesregierung 15 Gesetzesvorhaben zur Steuerentlastung verabschiedet habe, die bis ins Jahr 2013 zu Mindereinnahmen in Höhe von 19,8 Milliarden EUR führen werden. Hinzu kommen noch die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise mit Gewerbesteuereinbrüchen und Kostenexplosionen bei den Sozialausgaben. Um die Talfahrt der Kommunalfinanzen zu stoppen, habe die LINKE umfassende Soforthilfen des Bundes für die Kommunen und eine Neuordnung der Finanzen zwischen Bund, Länder und Kommunen gefordert, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen dauerhaft wieder herzustellen. Gerade in Krisenzeiten benötigen die Bürgerinnen und Bürger ein verlässliches Angebot an öffentlichen Dienstleistungen. Er fordere den Rat der Hansestadt Lüneburg dazu auf, den bis ins Jahr 2013 verschobenen Schritt der Erhöhung der Gewerbesteuer vorzuziehen, damit sich schon merklich früher die Haushaltslage erhole. Die LINKE setzt sich dafür ein, die Gewerbesteuerumlage von den Städten und Gemeinden an den Bund und die Länder abzuschaffen. Stattdessen solle die Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftssteuer umgewandelt werden, in der eine Steuerpflicht auch für alle Kapitalgesellschaften, gewerblichen Unternehmen und Selbstständige bestehe. Die Grundsteuer müsse erhalten werden und in eine ökologisch orientierte Flächennutzungssteuer umgewandelt werden, um die kommunalen Einnahmen zu sichern.

 

Beigeordnete SCHELLMANN betone, dass nur, wenn die Wirtschaftssituation angekurbelt worden sei, auch eine Entlastung der Städte und Kommunen folgen werde. Dieses versuche die Bundesregierung durch Investitionsanreize, gutes Konsumklima durch Stärkung der Kaufkraft sowie durch eine positive Grundstimmung zu erreichen. Auch wenn einzelne Maßnahmen vielleicht nicht auf große Zustimmung stoßen, sind diese notwendig, um noch fatalere Folgen zu vermeiden. Zur angesprochenen Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels sei zu betonen, dass der gewonnene Spielraum seitens der Hotels in Investitionen, Lohnverbesserungen und Verbesserungen des Angebots und der Qualität gesteckt würde und dieses deshalb zu begrüßen sei.

 

Ratsherr KUHN führt aus, dass für die Städte, Gemeinden und Kreise im Jahr 2009 mit einem bundesweiten Haushaltsdefizit von 3,5 Milliarden EUR zu rechnen sei. Dies sei u. a. auf den immensen Einbruch der Gewerbesteuerzahlungen von bis zu 17 % zurückzuführen. Mit dem Konjunkturpaket II unterstütze der Bund Investitionen in Höhe von insgesamt 10 Milliarden EUR, so dass für 2009 davon auszugehen ist, dass kommunale Investitionen um 5 % angestiegen seien. Parallel dazu setze die neue Koalition mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz wichtige konjunkturpolitische Impulse. Die daraus sich ergebenden Steuermindereinnahmen werden von den Kommunen in Höhe von 860 Mio. EUR, vom Bund in Höhe von 3,86 Milliarden EUR getragen. Die neue Bundesregierung müsse die Kommunalfinanzen auch mit strukturellen Eingriffen stabilisieren, um einen Kollaps zu vermeiden.

 

Beigeordneter LÖB ist verwundert über einige Äußerungen, da die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung genau in die entgegengesetzte Richtung laufen würden. Die Bevölkerung sei durchaus für Steuererhöhungen und dass der Staat mehr in Infrastruktur investiere. Die Bundesregierung sorge dagegen für Steuersenkungen, womit dann wiederum weniger infrastrukturelle Maßnahmen angeschoben werden können. Diese Maßnahmen nutzen nicht den Bürgerinnen und Bürgern, sondern sind auf bestimmte Interessen gerichtet. Stattdessen braucht man eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung. Umso mehr verwundere ihn der blinde Optimismus der FDP und CDU.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

(14, II)