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Auszug - Rücknahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes (Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 15.12.2009)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 11
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 17.12.2009    
Zeit: 17:00 - 20:15 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3541/09 Rücknahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes (Dringlichkeitsantrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 15.12.2009)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter BLANCK vermeidet Ausführungen zu dieser Thematik, die während der Haushaltsdebatten gemacht wurden, zu wiederholen. Für ihn sei das Wachstumsbeschleunigungsgesetz besser betitelt als „Offenbarungsgesetz“ oder „kommunales Verschuldungsbeschleunigungsgesetz“. Der Bund versuche, erhebliche Kosten auf die Länder und Kommunen abzuwälzen. So sei voraussichtlich bei den Ländern ein Einnahmeverlust in Höhe von 2,2 Milliarden EUR und bei den Kommunen in Höhe von 1,5 Milliarden EUR die Folge, was nicht hinnehmbar sei.

 

Der Originalantrag der Bündnis 90/DIE GRÜNEN auf Rücknahme des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sei der zielführende Antrag, da er ein Appell an den Bundesrat sei, dieses Gesetz erst gar nicht zu verabschieden. Somit sei dieser Antrag weitergehend und müsse zuerst abgestimmt werden. Der Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU ziele lediglich darauf, die Auswirkungen des Gesetzes nach dessen Verabschiedungen abzumildern.

Als unerträglich halte er, dass von der Erhöhung des Kindergeldes um 20 EUR die untersten Einkommensschichten, die dieses Geld benötigen, nicht profitieren, da bei den 2 Millionen Kindern, die in Hartz-IV-Haushalten leben, diese Erhöhung auf die Hilfesätze angerechnet werde. Genauso wie bei alleinerziehenden Elternteilen, die Unterhaltungsvorschuss erhielten.

 

Am Beispiel der Veränderungen zur Erbschaftssteuer sehe man, dass für bestimmte Personenkreise Steuergeschenke verteilt würden, was zu Lasten der Kommunen gehe.

Auch bei der angesprochenen Regelung des Mehrwertsteuersatzes im Hotelgewerbe baue man eher Probleme auf als ab. Dagegen habe man versäumt, diese Steuerungerechtigkeit im Gastronomiebereich zu beheben. Mit diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz werde kein Wachstum gefördert, sondern die Kommunen in die Verschuldung getrieben.

 

Daher bitte er darum, den heutigen Dringlichkeitsantrag in der Ursprungsform zu verabschieden und eine Resolution an den Bundesrat zu richten. Sollte wider Erwarten das Gesetz trotzdem verabschiedet werden, könne man mit dem Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU versuchen, die Folgen des Gesetzes möglichst zu lindern.

 

Beigeordneter SRUGIS bezweifelt die Wirkung einer Resolution, die einen Tag vor Gesetzverabschiedung an den Bundesrat gefaxt werde. Stattdessen setze er darauf, die Landesregierung und die regionalen Abgeordneten des Bundestages aufzufordern, sich bei der Bundesregierung für den Ausgleich der finanziellen Belastungen einzusetzen. Nur so könne man sich mit den Folgen des Gesetzes auseinandersetzen und diese abwehren.

 

Er widerlegt die Behauptungen, dass dieses Gesetz die entstehenden Belastungen durch die Ankurbelung der Wirtschaft wieder ausgleichen werde und dass die geringen Einkommenserhöhungen auch in den Konsum fließen. Für die niedersächsischen Kommunen wurde eine Verringerung der Steuereinnahmen von 70 Mio. EUR pro Jahr berechnet. Heruntergebrochen auf die Hansestadt Lüneburg würde das ca. 500.000 bis 700.000 EUR pro Jahr bedeuten, was nicht zu verkraften sei. Die Wirtschaftskrise sowie dieses Gesetzesvorhaben zwingen die Gemeinden in die Knie und so müsse alles bewegt werden, dass die hiesigen Abgeordneten sich dafür einsetzen, dass die Belastungen für die Kommunen sowie die Einnahmeverminderungen nicht eintreten.

 

Ratsherr SOLDAN bittet realistisch zu bleiben und setzt sich stattdessen dafür ein, dass nach einer wahrscheinlichen Verabschiedung des Gesetzes die Folgen für die Kommunen so niedrig wie irgend möglich gehalten werden. Somit müssten die hiesigen Argumente durch die regionalen Abgeordneten sowie das Land Niedersachsen an die Bundesregierung herangetragen werden. Deshalb stimme er der Intention des Änderungsantrages der Gruppe SPD/CDU zu.

 

Beigeordnete BAUMGARTEN hält es für einen richtigen Weg, den Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU zu folgen und darauf zu pochen, die jetzt zu erwartenden Ausfälle für die Hansestadt Lüneburg zu kompensieren. Außerdem weist sie darauf hin, dass bereits auch heute in verschiedenen Bereichen wie z. B. beim Kaltwasser und Warmwasser eine unterschiedliche Besteuerung vorgenommen wird.

Nichtsdestotrotz sei für sie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz aufgrund einer Entlastung für die Bürger in Höhe von 8,5 Milliarden EUR ein richtiger Schritt. Zum größten Teil träfe diese Entlastung besonders Familien mit Kindern, die durch die Anhebung des Kinderfreibetrages und die Erhöhung des Kindergeldes mit ca. 4,6 Milliarden EUR entlastet würden.

 

Des Weiteren werden der Grundfreibetrag sowie die Absetzbarkeit der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge möglich. Auch die Wirtschaft wird in weiten Teilen entlastet wie z. B. bei der Neuregelung im Erbschaftsrecht, wenn es um die Regelung einer Unternehmensnachfolge gehe. Sie halte dieses Gesetz für zukunftsweisend, da, wenn die Entlastungen greifen, die Wachstumsrate wieder ansteigen werde. Um die Kommunen, besonders die Hansestadt Lüneburg, weiter finanziell funktionstüchtig zu halten, wäre sie trotzdem dafür, diesem Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU zuzustimmen.

 

Ratsherr RIECHEY zeigt sich erstaunt, dass Beigeordnete Baumgarten zunächst eine flammende Rede für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gehalten habe und dann zum Schluss um die Zustimmung zum Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU zu werben. Dieses sei widersprüchlich, da zunächst die Entlastungen für die Bürger gelobt würden und schlussendlich trotzdem für den Änderungsantrag zu stimmen, da es erhebliche Belastung für die Kommune bedeute.

 

Dieses Gesetz sei ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, welche instinktlos Länder und Kommunen in Zeiten einer Wirtschaftskrise belaste. Er vermutet, dass hinter diesem „Klientelgesetz“ eine mögliche Honorierung für Spendengeschenke im Wahlkampf stecke. Die Fraktion DIE LINKE gebe zu verstehen, dass durchaus beide vorliegenden Anträge mitgetragen werden können, da verschiedene Akzente gesetzt werden. Es sei wichtig, zunächst Protest vor der Verabschiedung dieses Gesetzes deutlich zu machen und danach dann die Folgen, die sich daraus für die Hansestadt Lüneburg ergeben, zu mildern.

 

Da beide heute vorliegenden Anträge unterschiedliche Akzente beleuchten, bittet Ratsherr MEIHSIES darum, auch beide Anträge abzustimmen und gemeinsam zu beschließen.

 

Für Ratsherrn LUTHS zeige die Äußerung der Fraktion DIE LINKE, die Bundesregierung sei mit diesem Gesetz „wahnsinnig“, das Demokratieverständnis dieser Partei und außerdem den fehlenden Respekt vor diesem Hause und dem ausdrücklichen Wählervotum vor einigen Wochen zur Wahl zum Deutschen Bundestag. Nicht zu verkennen seien die erheblichen Impulse dieses Gesetzes für die Wirtschaft, die Bildung und Kinder. Man müsse der Bundesregierung zutrauen, dass diese auch die zweifellos negativen Auswirkungen für Kommunen und Länder erkannt habe und versuche, zu lindern, so dass durchaus dem Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU zugestimmt werden könne.

 

Beigeordneter LÖB weist auf die Theorien von Keynes hin, wo es nicht darum ging, Geld wahllos in die Massen zu schmeißen, sondern die finanziellen Mittel gezielt dort einzusetzen, wo Wirtschaftswachstum anzukurbeln sei. Mit der finanziellen Besserstellung der Eltern haben diese viele Entscheidungsmöglichkeiten, wie sie mit diesem Geld umgehen, so dass durchaus zu befürchten sei, dass in der derzeitigen Situation dieses Geld nicht wirksam in den Wirtschaftskreislauf gelange, sondern eher zur Absicherung der Zukunft gespart werde. Klüger wäre es gewesen, dieses Geld gezielt in den Ausbau von Schulen und Kindergärten zu investieren. Somit könne man durchaus behaupten, die Bundesregierung handelt in diesem Falle unüberlegt oder einem bestimmten Klientel zuträglich. Die befürchteten Folgen dieses Gesetzes seien, dass die Wirtschaft nicht in dem gewünschten Maße wachse und darüber hinaus die Kommen noch stärker belastet würden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Ratsvorsitzende THIELBÖRGER lässt zunächst über den Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU abstimmen.

Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich bei 7 Enthaltungen der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN den Änderungsantrag der Gruppe SPD/CDU vom 17.12.2009.

 

Danach wird der Ursprungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN abgestimmt.

Der Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag bei 9 Ja-Stimmen der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE sowie bei 1 Stimmenthaltung von Ratsfrau Dr. Pahnke, mehrheitlich ab.