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Auszug - Ablehnung der Fahrpreiserhöhung für das ASM (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 06.06.2009, eingegangen am 11.06.2009)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 8.3
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 25.06.2009    
Zeit: 17:00 - 20:10 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3322/09 Ablehnung der Fahrpreiserhöhung für das ASM (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 06.06.2009, eingegangen am 11.06.2009)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss

Der Antrag des Ratsherrn KUNATH auf Überweisung des Antrages in den Verkehrsausschuss wird mehrheitlich abgelehnt

 

Der Antrag des Ratsherrn KUNATH auf Änderung des Beschlussvorschlages in „Überweisung in den Verkehrsausschuss“ wird mehrheitlich abgelehnt.

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr KUNATH erinnert daran, dass der ASM-Verkehr in Lüneburg im Jahre 1994 aus zwei Gründen flächendeckend als Ersatz für die damaligen Ringlinien eingeführt wurde. Zum einen deckten die Ringlinien nur zu einem geringen Teil das Stadtgebiet ab, zum anderen waren sie hochdefizitär, wie aus der Stellungnahme der Verwaltung hervorgehe. Damals habe sich die Stadt Lüneburg verpflichtet, die Defizite im ASM-Verkehr zu übernehmen. Hinzu komme, dass der Landkreis Lüneburg und die angeschlossenen Gebietskörperschaften in das ASM-System eingestiegen seien. Dem mit dem ASM-Verkehr betrauten Unternehmen CiryCar Röhlig sei eingeräumt worden, Kostenerhöhungen im Rahmen der HVV-Tarifanhebungen an die Gebietskörperschaften weitergeben zu können. Das sei für seine Fraktion aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar, da die Kosten- und Tarifstruktur des HVV in der Regel nicht mit der eines Privatunternehmens vergleichbar seien. Um den Zuschussbedarf zu begrenzen, habe man sich auf Seiten der Gebietskörperschaften darauf verständigt, Kostenerhöhungen der HVV-Tarifanhebungen nicht in jedem Jahr eins-zu-eins an die Fahrgäste weiter zu geben. Dies sei ohnehin nicht sinnvoll, wenn die Kosten- und Tarifstruktur zwischen HVV  und Firma Röhlig nicht gleich sind. Insofern erübrige sich dieser Ansatz.

Die Verwaltung argumentiere in der Stellungnahme mit zusätzlichen Kosten von 11.500 Euro. Hier stelle sich die Frage, ob dies die Steigerung insgesamt oder nur diejenige für die Stadt selbst sei. Auf die Stadt Lüneburg gerechnet, würde dieser Betrag 5 % des Volumens des ÖPNV-Topfes ausmachen und damit noch weniger, als die Kostensteigerungen des HVV von 7 %, welche die Verwaltung in ihrer Stellungnahme angegeben habe.

Die Preiserhöhungen aller öffentlichen Verkehrsmittel – auch der ASM – haben vielfältige Auswirkungen auf das Leben der Menschen in Stadt und Landkreis Lüneburg. Die Preiserhöhung um 20 Cent für das ASM trage dazu bei, dass sich weniger Menschen Mobilität und damit Teilhabe am gesellschaftlichen Leben leisten können. Sie fördere den automobilen Individualverkehr und mache diese Form der umweltfreundlichen Mobilität unattraktiver. Die damit verbundene Besserstellung des privaten Individualverkehrs schade der Umwelt und der Lebensqualität in Lüneburg.

Die Nutzung des ASM ist Teil des in Lüneburg bestehenden ÖPNV, daher sei die Berücksichtigung des sozialen Aspekts besonders wichtig. Es werde beim ASM jedoch preislich kein Unterschied gemacht  zwischen Normalverdienern und Menschen, die staatliche Transferleistungen erhalten oder Geringverdiener sind. Lediglich Schwerbehinderte und Studenten sowie Besitzer einer HVV-Kundenkarte erhielten eine Ermäßigung. Während die Verwaltung den Vorschlag zur Gegenfinanzierung im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der Verkehrssicherungspflicht ablehne, würden Gleichheitsgrundsätze zwischen Menschen, die sich das Autofahren noch leisten können und jenen, die das nicht können, vollkommen außer Acht gelassen.

Es sei unverständlich, dass Preiserhöhungen für Taxen und Mietwagen im Verkehrsausschuss behandelt und im Stadtrat beschlossen werden, Preiserhöhungen für das ASM hingegen außen vor blieben. Auch diese müssten im Verkehrsausschuss behandelt werden, Vertreter der beteiligten Unternehmen sollten dabei ihre Kostenrechnungen offen legen. Es müsse allen Fraktionen die Gelegenheit gegeben werden, Alternativen und Finanzierungsmodelle zu diesem Thema einzubringen.

 

Ratsherr ROLLERT hält eine moderate Preiserhöhung in einem Zeitraum von jeweils drei bis fünf Jahren durchaus für angemessen. Zuletzt habe es eine Erhöhung im Jahre 2006 gegeben. Der ASM sei im Vergleich zum normalen täglichen Busverkehr kein Service der Barmherzigkeit, sondern werde in der Regel in den Abendstunden im Zusammenhang mit dem Besuch von Veranstaltungen genutzt. Daher erachte er es nicht als sinnvoll, Gelder aus Infrastrukturmaßnahmen oder aus dem ÖPNV-Budget zu verschieben. Aus diesen Gründen sei der Antrag abzulehnen.

 

Für Beigeordneten MEIßNER ist ein Rückblick in das Jahr 1994 bei der Behandlung dieses Themas in der Tat unerlässlich. Der ÖPNV wurde seinerzeit optimiert, innerhalb eines größeren Paketes für die KVG gehörte dazu auch die Einführung des ASM. Hierfür habe die KVG ein bestimmtes Budget erhalten, innerhalb dessen sie selbst zu entscheiden habe, wie die Leistungen gewährleistet werden können. Aus diesem Grunde gehöre das Thema nicht in den Verkehrsausschuss. Für die Bereitstellung des ASM habe die KVG mit der Firma CityCar Röhlig einen Vertrag geschlossen, nach dem die KVG pro Fahrgast einen Festbetrag von 15 Cent erhalte, den Restbetrag vereinnahme CityCar Röhlig. Den Unterschiedsbetrag, der nicht eingefahren werden könne, deckten neben der Stadt auch die beteiligten Kommunen. Davon gebe es inzwischen einige, da das ASM sich als Erfolgsmodell herausgestellt habe, wie die Zahlen belegten. Ob man dieses Subventionsmodell in dieser Form auch künftig noch erhalten könne, sei allerdings eine andere Frage.

Beim ASM spreche man von einem dem ÖPNV angeglichenen Mietwagenverkehr. Als Folge daraus habe die KVG die Firma Röhlig in die Pflicht genommen und ihr gesagt, dass die Preise von dieser nicht beliebig erhöht werden können, sondern nur im Rahmen der Preiserhöhungen des HVV. Deren letzte Preiserhöhung sei angesichts der allgemeinen Preissteigerungen etwa für Betriebsstoffe und Personal keineswegs überzogen gewesen. Das könne die KVG auch mit dem Zuschuss der Stadt nicht ausgleichen, der zudem vor zwei oder drei Jahren auf Antrag von Herrn Althusmann um zwanzigtausend Euro gekürzt worden sei. Ohne eine Fahrpreiserhöhung würde das ASM defizitär betrieben, oder es müsse seitens der KVG ein anderer Kostenausgleich gefunden werden, wie beispielsweise die Abschaffung der Familienkarte oder die Einstellung von Buslinien. Die jetzige Erhöhung um 6,7 % sei angemessen und vertretbar, die Erhöhung des KVV liege im Vergleich bei 7 %. Die von Herrn Kunath befürchtete Förderung des Individualverkehrs sei übertrieben, niemand kaufe sich wegen der Preiserhöhung um 20 Cent ein Auto. Die Fraktion DIE LINKE fühle sich stets als Wächter der Menschen mit geringem Einkommen, gerade dieser Personenkreis nutze jedoch am allerwenigsten das ASM. Die Hauptnutzung liege im Bereich des Besuchs der Gastronomie und von Veranstaltungen. Natürlich ärgere gerade Nutzer des ASM mit einem geringeren Einkommen die Preiserhöhung, da sie aber zweifellos gerechtfertigt sei, müsse man sie akzeptieren.

 

Für Beigeordneten BLANCK liegt der Fehler im System. Jede Zeit habe ihre eigene Lösung für Probleme, 1994 habe die Lösung für die schlechte Nutzung der Nachtbusse in der Schaffung des damaligen Anruf-Sammel-Taxi (AST) gelegen. Vom Gedankenansatz her sei das ASM stets nur eine Notlösung, nämlich nur dann, wenn das vermutete Fahrgastaufkommen gering sei. Je mehr ein ASM genutzt werde, desto höher seien die Zuschüsse. Beim Bus hingegen sei die Fahrt umso wirtschaftlicher, je mehr Fahrgäste ihn nutzen.

Nun habe sich die Situation gegenüber 1994 natürlich verändert. Seinerzeit schlossen die Geschäfte in der Innenstadt bereits um 18 Uhr, danach sei die Innenstadt leer gewesen. Inzwischen hätten die Geschäfte länger geöffnet. Veränderte Rahmenbedingungen erforderten ein Überdenken, ob das Angebot noch zeitgemäß und ausreichend sei. Man beklage die Notwendigkeit, neue Parkplätze zu schaffen, insbesondere das Parkhaus am Bahnhof für Pendler. Dabei müsse man beachten, dass ein Pendler natürlich sein Auto für die Fahrt zum Bahnhof benutze, wenn ihm in den Abendstunden keine wirtschaftliche Möglichkeit mehr geboten werde, vom Bahnhof nach Hause zu kommen. Daher sei es angezeigt, über eine Ausweitung des Busangebotes nach 19 Uhr nachzudenken und sei es auch zunächst nur zur Probe. Er schlage vor, im Verkehrsausschuss über eine solche Möglichkeit und über andere Lösungen zu diskutieren. Dagegen solle man seine Zeit nicht mit Dingen verschwenden, über die man nicht zu entscheiden habe.

 

Ratsherr RIECHEY kann Herrn Rollert versichern, dass es gerade aus der Sicht von Veranstaltungsteilnehmern günstiger sei, sich mit mehreren Personen die Kosten eines Taxis zu teilen. ASM sei dagegen günstig, wenn Fahrgäste allein oder maximal zu zweit unterwegs seien. Die Argumentation von Herrn Rollert sei daher nicht schlüssig.

Die Kostensteigerung müsse man nicht zwingend an die Nutzer des ASM weitergeben. Man könne einen Ausgleich über den ÖPNV-Topf schaffen, wenn nämlich die Kosten in allen Lebensbereichen ansteigen, müsse man auch dessen Höhe entsprechend anpassen. Es nütze schließlich auch nichts, Geld in die Sanierung von Straßen zu stecken, wenn es keine Leute mehr gibt, die sich die Benutzung dieser Straßen noch leisten können. Daher schlage seine Fraktion eine Anhebung des ÖPNV-Topfes um fünf Prozent vor, um die Weitergabe der Kostensteigerungen an die ASM-Nutzer zu vermeiden. Der Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach längeren Busfahrzeiten stelle ebenfalls eine gute Alternative dar, über die man gerne diskutieren könne. Das Problem, dass es für die genannten Gruppen gering Verdienender keine Ermäßigungen gebe, bestehe dennoch weiter, dem müsse man sich noch annehmen.

 

Ratsherr SOLDAN stimmt Herrn Blanck zu, dass sich seit 1994 in der Tat einiges in der Stadt geändert habe. Führe man aber dessen Gedanken zu Ende, müsse man das ASM insgesamt in Frage stellen. Eine Überweisung in den Verkehrsausschuss hätte insofern Sinn gemacht, als man sich dort hätte Zahlen vorlegen lassen können, zu welcher Zeit wie viele Menschen ASM überhaupt nutzen oder ein Busangebot in den Abendstunden nutzen würden. Eine Kostensteigerung dürfe nicht allein zu Lasten der Stadt gehen, vielmehr müsse diese jeder Nutzer mittragen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE weist darauf hin, dass der große Vorteil des ASM gegenüber dem Nachtbus darin liege, den Fahrgast bis vor die Haustür zu bringen. Man habe lange über das Thema Sicherheit – gerade mit Blick auf Frauen – diskutiert. In den letzten fünf Jahren habe man eine Steigerung der Benutzerzahlen von 14.000 auf 19.000 Nutzer zu verzeichnen, in rund fünfzig Prozent der Fälle handelte es sich dabei um ermäßigte Fahrten, die es beispielsweise für ältere Menschen mit Grundsicherungsleistungen und für Studenten durchaus gebe. Das System des ASM habe sich bewährt, wie auch durch Kundebefragungen bestätigt werde.

Nicht vergessen dürfe man, dass die einzige Alternative zum ASM nicht allein das eigene Auto sei. Angesichts der kurzen Entfernungen von der Innenstadt in die Wohngebiete biete sich auch das Fahrrad für deren Bewältigung an, wenn es denn zu Fuß zu weit sei.

Für die nächste Sitzung des Verkehrsausschusses könne er ankündigen, dass die Verwaltung vorschlagen werde, die Fahrzeiten der Busse zunächst für den Zeitraum eines Jahres kostenneutral von Montag bis Freitag bis 21 Uhr auszudehnen, das habe das ÖPNV-Gutachten ergeben.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Antrag wird mehrheitlich abgelehnt mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

 

(3V)