Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Stadtkämmerin LUKOSCHEK führt aus, die umfangreiche Anfrage im Rahmen eines
Gesamtüberblicks zur Kreisumlage zu behandeln, da auf die vielen Einzelfragen
am besten im Gesamtzusammenhang geantwortet werden könne. Die Kreisumlage hat für das Jahr 2009 eine inzwischen
bestätigte Höhe von 37,4 Millionen Euro. Im Haushaltsvolumen der Stadt Lüneburg
schlägt sie mit knapp 18 % zu Buche. Im Vergleich der letzten fünf Jahre ist
der Umfang der Kreisumlage – und damit die Belastung für den Haushalt der
Stadt Lüneburg – kontinuierlich gestiegen. Von 9,9 % im Haushaltsjahr
2005 auf 17,7 % für den Haushaltsplan 2009. Der Hebesatz der Kreisumlage ist
dabei mit einem Prozentsatz von 54,5 seit dem Jahre 1996 unverändert geblieben.
Im Zeitraum von 2004 bis 2009 ist die Höhe der Kreisumlage dennoch um rund 12
Millionen Euro gestiegen. Legt man für die Entwicklung der Lebenshaltungskosten
in diesem Zeitraum den Verbraucherpreisindex zugrunde, ergibt sich hier eine
Steigerung von jährlich zwischen 1,5 und 2,8 Prozent. Die Entwicklung der
Kreisumlage und der Lebenshaltungskosten kann man jedoch nicht in Relation
zueinander betrachten. Im Haushalt des Landkreises werden Aufgaben abgebildet,
für deren Erfüllung beim Landkreis ein bestimmter Bedarf entsteht, der unter
anderem durch die Kreisumlage gedeckt wird. Die Deckung dieses Bedarfes hat
nichts mit den Lebenshaltungskosten zu tun. Seitens der Stadt wird seit Monaten über eine Senkung der
Kreisumlage gesprochen, da man erkannt hat, wie hoch die eigene Belastung ist:
Sie ist allein von 2008 nach 2009 um 4,2 Millionen Euro gestiegen, ein ganz
erheblicher Betrag angesichts eines Haushaltsdefizits von zunächst erwarteten 7
Millionen Euro. Der Landkreis selbst begründet im Vorbericht zu seinem
Haushaltsplan, dass eine Senkung der Kreisumlage nicht in Betracht kommt, da
„sich die finanzielle Situation der Gemeinden insgesamt betrachtet nach
wie vor erheblich besser darstellt als die des Landkreises“. Diese
Einschätzung kann aus Sicht der Stadt Lüneburg im Hinblick auf das gegenüber
dem des Landkreises deutlich höhere eigene Defizit nicht nachvollzogen werden. Die dauernde Leistungsfähigkeit der umlagepflichtigen
Gemeinden nach § 23 GemHKVO darf durch die Umlage nicht gefährdet werden. Im
Rahmen der Haushaltsgenehmigung der Stadt Lüneburg für das Haushaltsjahr 2009
hat die Kommunalaufsicht allerdings festgestellt, „dass die dauernde
Leistungsfähigkeit der Hansestadt weiterhin nicht gegeben ist“. Aufgrund
dieser durch Zahlen belegten Einschätzung der Kommunalaufsicht kann die Stadt
den Landkreis nur auffordern, diese Gefährdung zu beachten. Der Hebesatz des Landkreises liegt mit 54,5 % höher als der
Landesdurchschnitt, der gemäß Statistischem Landesamt mit Stand 2008 50,5 %
betrug. Würde man diesen Durchschnittssatz auf Lüneburg anwenden, würde sich
die Belastung der Stadt um 2,7 Millionen Euro verringern. Im Ergebnis macht
somit 1 Prozentpunkt bei der Kreisumlage rund 700.000 Euro aus. Im tiefer
gehenden Vergleich, heruntergebrochen auf die früheren Regierungsbezirke, zeigt
sich, dass der Durchschnittssatz im Bezirk Lüneburg mit 52,9 % am höchsten ist,
in Weser/Ems liegt der Durchschnitt dagegen bei nur 47,9 %. Dabei variieren
auch die Prozentsätze der einzelnen Landkreise sehr stark, zwischen 37,0 % des
Kreises Ammerland bis 58,8 % im Kreis Wesermarsch. Im Zusammenhang mit dem Hebesatz der Kreisumlage muss man
sich zunächst Gedanken über die Finanzierung des Landkreises machen. Ein
Landkreis kann kaum eigene Einnahmen generieren, um die Kosten für die
Erfüllung seiner umfangreichen Aufgaben zu decken. Landkreise decken ihren
Finanzbedarf aus Zuweisungen und Umlagen Dritter, zu denen auch die Kreisumlage
gehört. Im Haushaltsplan des Landkreises Lüneburg für 2009 machen die
Zuwendungen und allgemeinen Umlagen als deutlich größte Position einen Anteil
von beinahe 65 % am Gesamtvolumen der Einnahmen aus. Darin enthalten ist auch
die Kreisumlage, die mit einem Betrag von 74 Millionen Euro für sich genommen
einen Anteil an der Finanzierung des Landkreises von 38,9 % ausmacht. Am
Gesamtbetrag der Kreisumlage von 74 Millionen Euro ist die Stadt Lüneburg mit
37,4 Millionen Euro, also einem Anteil von 50,5 % beteiligt. Daraus lässt sich
ersehen, welche Herausforderung es für die Stadt darstellt, diesen Betrag
aufzubringen. Einige Aufgaben des Landkreises sind aufgrund einer
entsprechenden Vereinbarung zum Teil seit vielen Jahren auf die Stadt
übertragen, im wesentlichen sind dies die Sozialhilfe, die Kinder- und
Jugendhilfe sowie die Schulen des Sekundarbereiches I und II. Die Erfüllung und
Abrechnung dieser Aufgaben regelt ein Finanzvertrag zwischen Stadt und
Landkreis. Im Rahmen der Sozialhilfe beruht die Aufgabenerfüllung weitgehend
auf gesetzlichen Vorgaben mit nur wenigen Spielräumen bei der Durchführung.
Allein für den Bereich Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe besteht beim
Landkreis nach dessen Feststellung ein Bedarf von etwa 58 Millionen Euro, der
allerdings durch Zuweisungen von Land und Bund gegenfinanziert wird. Im
Finanzvertrag zwischen Stadt und Landkreis sind sowohl Elemente der
Spitzabrechnung – etwa für die anfallenden Sachleistungen –
enthalten, als auch pauschale und prozentuale Erstattungen für die Sach- und
Personalkosten. Diese Erstattungsregelungen, besonders bei den
Pauschalabrechnungen, sind teilweise nicht mehr aktuell, Abschreibungen wurden
– weil im kommunalen Bereich ganz neu – bisher nicht berücksichtigt.
Aus diesen Gründen möchte die Stadt den Finanzvertrag dringend neu verhandeln
und aktualisieren. Im Ergebnis ergibt die Abrechnung in diesem Bereich bisher
ein Defizit für die Stadt, nicht alle anfallenden Kosten werden erstattet.
Verhandlungen mit dem Landkreis sind aufgenommen worden. Daneben nehmen Stadt und Landkreis auch einige kommunale
Aufgaben gemeinsam wahr. Der Hansestadt Lüneburg sind – historisch
gewachsen – Aufgaben zugeordnet, die von ihr, nicht zuletzt aufgrund
ihrer Stellung als Oberzentrum, erfüllt werden. Dazu gehören
Infrastruktureinrichtungen wie Bahnhof, Krankenhaus oder Museen. Diese Aufgaben
erfüllt die Stadt auch für den Landkreis, der von diesen Einrichtungen
partizipiert. Zu einigen dieser Aufgaben gibt es separate Vereinbarungen mit dem
Landkreis zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung, etwa bei Theater,
Volkshochschule oder Abfallbeseitigung. Ziel ist es dabei, Kosten und Aufwand,
der durch die Aufgabenerfüllung entsteht, auf die Bürgerinnen und Bürger von
Stadt und Landkreis je nach dem Anteil der jeweiligen Nutzung aufzuteilen.
Dabei wird das angestrebte Ziel der Gleichstellung zwischen Stadt und Landkreis
jedoch nicht erreicht, da der Aufwand des Landkreises, wie zuvor dargestellt,
immer auch zu einem Teil durch die Kreisumlage gedeckt wird, die wiederum zu
einem ganz erheblichen Teil von mehr als 50 % durch die Stadt aufgebracht wird.
Über die Kreisumlage ist die Stadt daher immer auch noch zusätzlich an den vom
Landkreis aufzubringenden Kosten beteiligt. Auf dieser Grundlage eine faire
prozentuale Aufteilung im Rahmen der Kreisumlage zu errechnen, ist
außerordentlich schwierig. Dies kann eigentlich nur für jede konkrete Aufgabe
gesondert erfolgen. An den Investitionen im Bereich Bahnhof oder Hafen, die die
Stadt aufgrund ihrer Stellung als Oberzentrum erweitern will und muss,
beteiligt sich der Landkreis, da er von diesen Verbesserungen der Infrastruktur
ebenfalls profitiert. Diese Investitionszuweisungen helfen der Stadt, indem
sich die eigene Kreditbelastung verringert. Investitionszuweisungen sind
allerdings beim Landkreis zu aktivieren, wodurch Abschreibungen entstehen, die
Aufwand darstellen, der wiederum über die Kreisumlage finanziert wird. Somit
zahlt die Stadt auch hier einen erheblichen Teil wieder mit; eine für die Stadt
unbefriedigende Lösung. Der Landkreis muss aus Sicht der Stadt in den laufenden
Verhandlungen würdigen, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt nicht
gesichert ist. Die Stadt darf nicht zusätzlich belastet werden durch
Kreisaufgaben, die im eigenen Gebiet bereits selbst erledigt werden. Zudem
bedarf der Lüneburg-Vertrag einer Überarbeitung und Entlastung, da wichtige
Komponenten – wie etwa Abschreibungen – in ihm noch nicht
berücksichtigt sind. Auf Antrag des Beigeordneten LÖB erfolgt eine
Aussprache. Beigeordneter LÖB dankt für die tiefgreifenden Auskünfte. Wenngleich die
Stadt Lüneburg eine große und starke Stadt sei, liege in diesem Bereich vieles
schief. Es könne nicht angehen, dass alle Ausgaben, die Stadt und Landkreis
gemeinsam haben, von der Stadt in gewisser Weise doppelt finanziert werden.
Daher sei es nur gerecht, die Kreisumlage im Rahmen des Finanzvertrages einmal
anzusprechen, um zu einer Entlastung zu kommen. Offen geblieben sei die Frage,
ob es über diese Verhandlungen hinaus noch andere Wege gebe, um zu einer
gerechteren Behandlung der Stadt zu kommen. Wenngleich es nach oben hin noch ‚Ausreißer’
gebe, sei die Kreisumlage für die Stadt Lüneburg überdurchschnittlich hoch.
Kreisumlagen über fünfzig Prozent gingen stets sehr an die Grenze der
Leistungsfähigkeit einer Kommune. Hier bestehe ein ganz dringender
Handlungsbedarf gerade vor dem Hintergrund, dass der Haushalt der Stadt nach
den neuesten Berechnungen noch weitaus defizitärer wird, als ohnehin schon
befürchtet. Bleibe es dabei, werde die Stadt über kurz oder lang nicht mehr
handlungsfähig sein, man merke dies bereits jetzt an der Einschränkung der
Kreditfähigkeit. Man müsse versuchen, Wege zu finden, um Gemeinden, die heute
finanziell noch gut dastehen, stärker in die Pflicht zu nehmen, etwa durch
– sofern möglich – eine gesplittete Kreisumlage oder eine stärkere
Entlastung der Stadt. Die Fraktionen werden die Verwaltung bei den
Verhandlungen sicherlich unterstützen. Ratsherr LUTHS stellt fest, dass es angesichts der Komplexität des Themas
nicht so ohne weiteres möglich sei, eine Bewertung über die in der Anfrage
angesprochene Ungerechtigkeit der Kreisumlage zu treffen. Zu jener Zeit, als
die jetzige Kreisumlage verhandelt wurde, habe man die Verhandlungen
möglicherweise aus heutiger Sicht etwas unglücklich geführt. Die Stadt befinde
sich an diesem Punkt in einem Dilemma, da sie einerseits die bereits durch die
Kommunalaufsicht infrage gestellte dauernde Leistungsfähigkeit sicher zu
stellen habe, andererseits aber mit dem Landkreis Einigkeit über die
Fortsetzung der vielen und durchaus positiven Kooperationen erzielen sollte.
Diese sollte man nicht aufs Spiel setzen bei dem Versuch, möglichst viel für
sich herauszuschlagen, auch die Interessen des Vertragspartners müsse man im
Blick behalten. Man sollte die Entwicklung weiterhin konstruktiv begleiten. Er
bitte die Verwaltung, den Rat darüber auf dem Laufenden zu halten. Beigeordneter DÖRBAUM sieht die Politik gefordert. Man müsse die bisher
geschlossenen Finanzverträge, deren aktuellster aus dem Jahre 1999 ist, auf den
Prüfstand stellen. Diese Aussage könne man aufgrund der Darstellungen von Frau
Lukoschek eindeutig treffen. Er appelliere an alle Ratsmitglieder, speziell an
diejenigen, die gleichzeitig dem Kreistag angehören, gemeinsam zu versuchen,
für Stadt und Landkreis einen Ausgleich zu finden. Die dargestellten Zahlen und Daten sprechen eine eindeutige
Sprache und machten deutlich, dass die Stadt mit der derzeitigen Situation
nicht leben könne. Es sei dringend notwendig, schnellstmöglich an einen Tisch
zu kommen und die Probleme fair und offen zu erörtern. Dabei nutzten
öffentliche Vorwürfe wenig, vielmehr müsse eine gemeinsame Lösung im
Vordergrund stehen. Die Notwendigkeit werde auch von dritter Seite
festgestellt, etwa vom Deutschen Städte- und Gemeindebund, der in einem
Positionspapier festgestellt habe, dass „angesichts bedenklich hoher und
unentwegt steigender Kreisumlagen es geboten sei, das Verfahren der Festsetzung
der Kreisumlage im Sinne der kreisangehörigen Gemeinden zu präzisieren“.
Das dürfe jedoch nicht zu einer gespaltenen Kreisumlage führen, diesen Weg
halte er für falsch. Man müsse für die vielen bereits genannten Leistungen der
Stadt im infrastrukturellen Bereich akzeptable Regelungen treffen, vor allem
was die Beteiligung des Landkreises am Betrieb der Kliniken angehe. Wie auch
immer man diese Probleme zu lösen versuche, die Handlungsnotwendigkeit sei
dringend. Es könne nicht angehen, dass die Stadt ihren Haushalt mit
einem Anteil von fast 18 % belasten müsse, um die Kreisumlage zahlen zu können.
Die Anpassung an den Landesdurchschnitt brächte der Stadt einen Vorteil von
rund 2,7 Millionen Euro, dies wäre eine Größenordnung, über die man deutlich
reden müsse. Das werde er auch gegenüber der SPD-Fraktion im Kreistag vertreten,
appelliere aber an die Vertreter aller Seiten, die Situation der Stadt klar
herauszustellen. Die Stadt stelle als Oberzentrum herausragende
infrastrukturelle Leistungen bereit und werde zusätzlich durch die Kreisumlage
derart belastet, dass sie Schwierigkeiten habe, den eigenen Haushalt gegen zu
finanzieren. Das sei Anlass genug, miteinender Verhandlungen zu führen auf der
Grundlage der Präambel des Finanzvertrages von 1999. Für Ratsfrau BRUNKE-REUBOLD ist dies angesichts ihrer
Funktion sowohl im Stadtrat, als auch im Kreistag ein ganz besonders
schwieriges Thema, wie kaum ein anderes. Sie könne sehr gut nachvollziehen,
dass die Stadt Lüneburg durch die Übernahme anfallender Kosten, deren Deckung
nicht gegeben sei, stark belastet werde und nachverhandeln wolle und müsse. Sie
frage allerdings, welche Konsequenz die Aussage zu der vermeintlichen mittelbaren Doppelfinanzierung der
Aufwendungen für gemeinsame Aufgaben über die Kreisumlage haben solle. Die
Kreisumlage sei nun einmal ein wesentliches Mittel, durch das der Kreis seine
Einnahmen erhalte. Sie gebe zu bedenken, dass eine Senkung der Kreisumlage auch
immer zur Folge habe, dass Gemeinden, die in der Lage seien, eine hohe
Kreisumlage zu zahlen, dadurch ebenfalls entlastet würden. Es stelle sich die Frage, ob daher nicht der
Lüneburg-Vertrag das passende Mittel sei, um einen direkten Ausgleich zu
schaffen. Ratsherr SOLDAN dankt für die Darstellung der verworrenen
Finanzverflechtungen zwischen Stadt und Landkreis. Dass die Verwaltung darauf bereits
seit geraumer Zeit aufmerksam geworden sei, sei bereits in den letzten
Haushaltsberatungen deutlich geworden, dafür habe es nicht mehr dieser Anfrage
bedurft. Die Kommunalaufsicht habe der Stadt deutlich in die
Haushaltsgenehmigung geschrieben, dass deren dauernde Handlungsfähigkeit nicht
mehr gegeben sei. Angesichts dessen wundere es ihn, dass diejenigen Mitglieder
des Stadtrates, die gleichzeitig dem Kreistag angehören, dennoch dort dem
Haushalt des Landkreises – in dem die Kreisumlage festgelegt worden sei
– zugestimmt haben. Nach den eben gehörten Ausführungen von Herrn Dörbaum
könne er nur erwarten, dass dieser, wenn sich nicht noch gravierende
Veränderungen ergeben, dem nächsten Haushalt des Landkreises nicht mehr werde
zustimmen können. Es sei immer schwer, wie von Frau Brunke-Reubold dargestellt,
zwei Herren gleichzeitig dienen zu müssen. Er hoffe, dass die Verwaltung eine
Möglichkeit finde, den Lüneburg-Vertrag neu aufzustellen und damit auch die
Arbeit jener Ratsmitglieder zu erleichtern. Ratsherr MEIHSIES betont die besondere Aktualität des Themas, es sei eine
brisante politische Frage, wie mit dem Lüneburg-Vertrag und der Kreisumlage
umgegangen wird. Dies sei nicht einfach ein Geschäft der laufenden Verwaltung,
sondern bedürfe einer politischen Einigung mit dem Landkreis, wie bereits Herr
Dörbaum herausgearbeitet habe. Von 2005 bis 2009 habe die Stadt 156 Millionen
Euro an den Landkreis für die Kreisumlage gezahlt. Dabei habe sich der
jährliche Betrag von 25,5 auf 37,4 Millionen Euro gesteigert, ohne dass
zugleich ein Aufgabenzuwachs beim Landkreis entstanden sei. Hierin liege die
Ungerechtigkeit. Bei Geld höre die Freundschaft bekanntlich auf, das gelte nach
Auffassung seiner Fraktion auch in diesem Fall. Es müsse eine ehrliche
Aufschlüsselung der Aufgaben und des eingezahlten Geldes vorgenommen werden,
damit sich die Stadt Lüneburg mit ihrem angeschlagenen Haushalt konsolidieren könne.
Natürlich sitze man dabei teilweise auf zwei Stühlen und diene in der Tat zwei
Herren, man müsse aber den Finanzvertrag als Gesamtgebilde sehen. Die heutige
Anfrage sei eine gute Grundlage dafür, in eine gemeinsame Diskussion
einzusteigen, da durchaus nicht jeder gewusst habe, was sich hinter der
Kreisumlage im Detail verbirgt. Mit dem jetzt gleichen Wissensstand könne man
in den Fraktionen das weitere Vorgehen beraten. Er wünsche sich von Oberbürgermeister und Verwaltung, die
Fraktionen nicht nur zu informieren, sondern sie aktiv in den Prozess
einzubinden, indem aus jeder Fraktion ein Vertreter in eine Arbeitsgruppe
entsandt werde. Der Landkreis sollte das gleiche Verfahren wählen, um deutlich
zu machen, dass es um die partnerschaftliche Lösung von Problemen gehe, wobei
die Partnerschaft in den letzten Jahren durch die hohen Zahlungen der Stadt
Schlagseite bekommen habe. Es sei, so Ratsherr RIECHEY, in der Darstellung klar
geworden, dass auch der Landkreis für die Aufgabenerfüllung Einnahmen brauche
und die Kreisumlage insofern ihre Berechtigung habe. Andererseits müsse deren
Höhe aber auch im Verhältnis zu den Leistungen stehen. Fairerweise dürfe man
nicht übersehen, dass der Hebesatz seit 1996 unverändert sei, wenngleich der
Betrag für die Stadt seither stark angestiegen ist. Der Haushalt der Stadt sei
nicht vollständig genehmigt, wichtige Investitionen seien gesperrt und
zusätzlich eine pauschale 30%ige Haushaltssperre auf alle freiwilligen
Leistungen ausgesprochen worden – an dieser Stelle müsse man überlegen,
was beim Kreis ablaufe. Der Landkreis gebe teilweise horrende Summen für
fragwürdige Prestigeprojekte aus, er erinnere an die Förderung des elitären
Reitsportzentrums Luhmühlen mit Millionenbeträgen einschließlich der
Landeszuschüsse. Diese Mittel fehlten etwa bei Schulturnhallen in der Stadt.
Hier sei keine Ausgewogenheit mehr gegeben. Es sei richtig, den Hebel zunächst beim Lüneburg-Vertrag
anzusetzen. Er habe im Kreistag die kritischen Stimmen derjenigen
Stadtratsmitglieder vermisst, die auch dort vertreten sind. Diese sechs
Vertreter müssten deutlich machen, wie sie sich bei den nächsten Haushaltsberatungen
im Kreistag bezüglich des Lüneburg-Vertrages verhalten werden. Er erwarte, dass
man nicht im Stadtrat so spreche und im Kreistag anders. Einige Lösungsansätze seien bereits angesprochen worden.
Möglich sei eine Infrastruktur-Rückvergütung für die von der Stadt übernommenen
Aufgaben, ebenso eine Einarbeitung der Doppik mit den daraus sich ergebenden
Abschreibungsmöglichkeiten. Ferner könne man versuchen, die Doppelfinanzierung
durch die Stadt bei Gemeinschaftsprojekten herauszurechnen. Sehe man sich im Vergleich die Größe kreisfreier Städte an
– Lüneburg war ja bis 1974 ebenfalls noch kreisfrei – so erkenne
man, dass Lüneburg nach der demographischen Entwicklung zu schließen,
beispielsweise die kreisfreie Stadt Delmenhorst in der Einwohnerzahl in einigen
Jahren überholt haben dürfte. Dies könne man bei den Verhandlungen mit dem
Landkreis möglicherweise als Faustpfand für eine bessere Position nutzen. Bürgermeister DR. SCHARF hält Herrn Meihsies und Herrn Riechey entgegen, dass
die gefährlichen Untertöne in ihren Beiträgen nicht weiterhelfen. Wer in beiden
Gremien sitze, habe naturgemäß jeweils eine andere Perspektive. Wichtig sei es,
sich über das Verfahren zu einigen. Er könne sich durchaus vorstellen, dass
sich zunächst die Verwaltungsspitzen zusammensetzen, um ganz vorurteilslos die
Problematik zu analysieren. Darüber könne in den Fraktionen berichtet werden,
denkbar sei natürlich auch die Zusammenstellung eines gemeinsamen Gremiums.
Gegenseitige Vorwürfe oder polemische Vorgehensweisen führten jedenfalls nicht
weiter. Er könne bestätigen, dass auch im Kreistag und in der Verwaltung die
Bereitschaft zu Verhandlungen durchaus gewachsen sei. Dazu müssten die Zahlen
auf den Tisch kommen, um eine sachliche Analyse zu ermöglichen. Es werde sich
dann sicherlich ein Weg finden, dass dargestellte Finanzproblem der Stadt
Lüneburg etwas zu mindern. Zumal es ja nicht so sei, dass der Landkreis sich
von vornherein zurückziehe, an der PCB-Sanierung an den Schulen – um nur
ein Beispiel zu nennen – habe er sich beteiligt. Beigeordnete SCHELLMANN möchte entschieden dem von Herrn Meihsies
vermittelten Eindruck entgegen treten, als habe Oberbürgermeister Mädge die
Situation völlig verschlafen. Vielmehr habe er bereits seit Jahren wiederholt
auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam gemacht. Es bedürfe nicht erst der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, um die Probleme in Angriff zu nehmen. Die
Komplexität des Themas, die sich durch die Abschreibungsproblematik in der
Doppik noch gesteigert habe, sei jedem bekannt gewesen. Man möge sich nicht
einbilden, dass die Fraktionen in einer Arbeitsgruppe auf die vielfältigen
Details einwirken könnten. Sie erinnere nur an die intensive juristische
Mitarbeit des früheren Bürgermeisters Hartwig am letzten Vertragswerk. Die
Verhandlungen seien in erster Linie eine Aufgabe für die Verwaltungsspitze,
politische Aufgabe sei es eher, dies zu begleiten. Sie bezweifle, an Herrn Dr.
Scharf gewandt, dass man der Stadt gute Dienste leisten könne, wenn man der
Diener zweier Herren ist, aus eigener Erfahrung könne sie beurteilen, wie
schwierig diese Situation sei. Oberbürgermeister MÄDGE merkt an, dass er nun bereits zum vierten Mal an
Verhandlungen zum Lüneburg-Vertrag teilnehme. Nach seiner Auffassung sei der
erste Vertrag aus den siebziger Jahren auch der beste gewesen, da man dort
einen Teil der Kreisumlage behalten konnte, um zentrale Aufgaben zu übernehmen.
Er erinnere daran, dass das Haushaltssicherungskonzept der
Stadt von der Kommunalaufsicht abgelehnt worden sei, da es keine konkreten
Zahlen beinhalte. Nenne die Stadt aber im Vorwege konkrete Zahlen, brauche sie
nicht erst Verhandlungen aufnehmen, da dies ihre Position entscheidend
schwäche. Daher müsse man, wie schon beim letzten Mal, zunächst eine
Bestandsaufnahme machen und anschließend mit der Politik Arbeitsgruppen bilden.
Angesichts der Vielzahl der Fraktionen in Stadt und Kreis sowie der
Hinzuziehung von Fachleuten aus der Verwaltung würden diese Arbeitsgruppen
wiederum sehr groß und damit schwerfällig in ihren Verhandlungen, auch das müsse
man bedenken. Analysiere man die Aufgaben, müsse man neben den Kosten auch
über Lastenteilung sprechen. Das gehe nicht mehr allein über
Investitionszuweisungen, da die Anwendung der Doppik in diesem Bereich –
wie von Frau Lukoschek ausgeführt – zu Ungerechtigkeiten führe. Betrachten müsse man aber auch, in welcher gesteigerten
Qualität die Stadt Lüneburg in manchen Bereichen Leistungen zur Verfügung
stellen müsse, die in der Fläche des Landkreises in diesem Umfang nicht
anfallen. Als Beispiel sei die Jugendhilfe zu nennen, die in guter Qualität nun
einmal Geld koste, deren Qualität aber gleichwohl auf hohem Niveau gehalten
werden müsse. Hierfür sei in der Stadt natürlich ein höherer Aufwand notwendig,
als in den kleineren Gemeinden des Landkreises. Hier könne die Dienstaufsicht
nicht einfach eine pauschale Kürzung der Mittel – etwa im Bereich der
Betreuungsstunden – fordern, da die Stadt und ihre Mitarbeiter für die
Folgen etwaiger Kürzungen in der Verantwortung stehen. Dem Landkreis falle nach dem Gesetz eine Ausgleichsfunktion
zu, es gelte, darum zu kämpfen, dass diese Funktion anerkannt werde. Durch die
schwierige wirtschaftliche Situation werden auch dem Landkreis künftig
Einnahmen in Millionenhöhe fehlen, das mache die Verhandlungen nicht einfacher.
Die gegenseitige finanzielle Abhängigkeit von Stadt und Landkreis, weil
Ausgabekürzungen bei dem einen zu Einnahmeverlusten bei dem anderen führen,
müsse dem Innenministerium sehr deutlich dargestellt werden, um
Berücksichtigung bei der Haushaltsgenehmigung zu finden. Eine andere Möglichkeit wäre es, die dem Kreis obliegenden
Aufgaben komplett an diesen zurück zu geben, wodurch die Kosten dann
entsprechend dem Kreis zur Last fielen. Gleichwohl würde sich das natürlich
wieder auf die Höhe der Kreisumlage auswirken und es wäre denkbar, dass dann
eine gesplittete Kreisumlage mit einer höheren Belastung für die Stadt käme,
wie es beispielsweise in Northeim geschehen sei. Er halte es für den richtigen Weg, zunächst durch die
Verwaltungsspitzen die Verhandlungen offen und partnerschaftlich zu führen und
zu versuchen, zu einem ausgewogenen Gesamtpaket zu kommen. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis. (II,
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