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Auszug - Unterrichtung "Haushaltssperren-Einsparung Investitionen"  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 8
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Do, 30.04.2009    
Zeit: 17:00 - 20:15 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3263/09 Unterrichtung "Haushaltssperren - Investitionen"
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilungsvorlage
Verfasser:Rempel, Volker
Federführend:Bereich 21 - Kämmerei, Steuern und Erbbaurechte Bearbeiter/-in: Krause, Gabriele
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Stadtkämmerin LUKOSCHEK führt aus, dass über die Haushaltssperren bereits im Verwaltungsausschuss ausführlich unterrichtet und diskutiert wurde. Die Verwaltung sehe sich inzwischen gezwungen, auch für den Ergebnishaushalt mit sofortiger Wirkung eine dreißigprozentige Haushaltssperre zu verhängen, da sich die Situation auch im Ergebnishaushalt zu verschlechtern drohe. Es sei damit zu rechnen, dass Steuereinnahmen nicht in dem Maße kommen werden, wie noch zur Haushaltsverabschiedung erwartet werden durfte.

 

Ratsherr RIECHEY hält dieses Drama für absurd. Man befinde sich in einer Wirtschaftskrise und versuche, mit Konjunkturprogrammen dieser entgegen zu steuern. Gleichzeitig verweigere das Innenministerium der Stadt, ihre geplanten grundlegenden Investitionsmaßnahmen, die möglicherweise viel dringender als die zusätzlichen Maßnahmen des Konjunkturprogramms seien, vollständig umzusetzen. Das finde er unverantwortlich. Entweder solle die Wirtschaft mit Investitionen gefördert werden, oder nicht. Öffentliche Investitionen müssen antizyklisch zur Konjunkturlage erfolgen, dass bedeute, dass man in der Krise investieren müsse. Das habe das Innenministerium nicht verstanden, diese Sparpolitik könne man sich nicht mehr leisten.

Die von der Verwaltung vorgelegte Streichliste habe ihn sehr befremdet. Zuschüsse für den Krippenausbau sollen gesenkt, Mittel für Fahrradwege gleich zweimal gekürzt werden. Beim Mehrgenerationsspielplatz im Kurpark, der Sportförderung, bei den Vereinszuschüssen, sowie bei den Schulinvestitionen in der Wilhelm-Raabe-Schule solle ebenfalls gekürzt werden. Die Fraktionen wurden hierzu vorher nicht gefragt, es wurde auch kein Finanzausschuss einberufen, in dem die Vorschläge hätten diskutiert werden können.  Selbst in der Ratspost wurde die Vorlage nicht fristgerecht zugeschickt, sondern nachgesandt. Selbst jetzt im Rat solle es keine große Debatte geben und abgestimmt werden, sondern der Rat solle sie lediglich zur Kenntnis nehmen. Das werde nach seiner Auffassung dem Primat der Politik nicht gerecht.

Niemand solle sagen, es habe keine Vorschläge für andere Einsparungen gegeben. Seine Fraktion habe zu den Haushaltsberatungen durchkalkulierte Vorschläge mit Einsparungen von über 1,7 Millionen Euro vorgelegt. Das hätte auch Spielraum für weitere Investitionen gegeben, die nun gestrichen werden müssen. Angemahnt habe seine Fraktion den Krankenhauskredit, der ohne Zinsen und Tilgung und ohne eine angemessene Beteiligung des Klinikums laufe, was nun auch vom Innenministerium bemängelt wurde. Anfang der Woche habe er in der Zeitung gelesen, dass in Melbeck die Hebesätze für die Grundsteuer A und B von 300 auf 350 und die Gewerbesteuer von 325 auf 375 Prozentpunkte erhöht werde. Und das, obwohl Melbeck nicht von den Linken regiert wird – sowohl die SPD als auch die CDU haben dem zugestimmt. Dort verbleiben nach dem Bericht erstaunlicherweise 30% der Einnahmen in der Gemeinde und nicht 12%, wie es die Verwaltung in Lüneburg dargestellt habe. Diese Steuer werde im übrigen auf den Gewinn gezahlt, nicht auf den Umsatz, daher solle niemand mit der Wirtschaftskrise kommen. Die Anhebung auf 380 Punkte bedeute für kleine und mittelständische Unternehmen keinen Cent Mehrbelastung, da sie es 1:1 von der Einkommenssteuer wieder absetzen können. Von den circa 2 Millionen Euro Mehreinnahmen würden also eine Viertel bis eine halbe Million Euro netto mehr bei der Stadt verbleiben, so dass man weit weniger Kürzungen hätte vornehmen müssen, als hier vorgestellt. Für diese widersinnige Logik werde sich seine Fraktion nicht hergeben, daher stimme man den Investitionssperren nicht zu, auch wenn der Rat sie nur zur Kenntnis nehmen solle. Er bitte darum, sich mit den von seiner Fraktion aufgezeigten Argumenten nochmals inhaltlich auseinander zu setzen.

 

Bürgermeister DR. SCHARF möchte an dieser Stelle dem Oberbürgermeister und der Stadtkämmerin ein ausdrückliches Lob aussprechen und für diese Streichliste danken. Eigentlich sei dies auch eine Aufgabe des Rates gewesen, doch die Ratsmitglieder hätten sich sicherlich sehr schwer getan, derartige Einschnitte vorzunehmen. Herrn Riechey entgegne er, dass man auch in Lüneburg die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise zu spüren bekomme, indem Einnahmen einbrechen. Daher mache es keinen Sinn, den schwarzen Peter hin und her zu schieben, wohin auch immer.

In der Haushaltsgenehmigung seien erhebliche Auflagen gemacht worden, Einsparungen von mehr als zwei Millionen Euro seien notwendig. Die Verwaltung habe sich lobenswerterweise bemüht, diese Einsparungen auf alle Bereiche zu verteilen. Dabei werde deutlich, dass die wichtigen Akzente Schule und Bildung trotzdem erhalten bleiben. Straßenbaumaßnahmen würden je nach Priorität etwas nach hinten geschoben, so etwa die durchaus notwendige Ampelanlage am Hölderlinweg. Dagegen werde der von vielen Schulkindern frequentierte Kreuzungsbereich am Gut Olm ohne Verzögerung ausgebaut. Daher stimme seine Fraktion diesem erarbeiteten Konzept zu.

 

Ratsherr SRUGIS stellt fest, dass die vorgelegten Haushaltssperren vom Rat lediglich zur Kenntnis zu nehmen seien, da gebe es nichts abzustimmen. Das Ergebnis der Haushaltsgenehmigung liege vor, nämlich die Auflage, das Defizit in der Stadt Lüneburg zu senken und ein konkretes Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Aufgabe der Verwaltung sei es, dem Rat Einsparungsmöglichkeiten vorzulegen, das habe sie getan, wofür sie nicht zu kritisieren, sondern zu loben sei. Es stehe jedem Ratsmitglied frei, eigene Vorschläge zur – er betone ausdrücklich – Leistungsabsenkung zu machen. In diesem Zusammenhang habe es jedoch aus dem Rat keinerlei Vorschläge gegeben.

Bei den Gründen für das Defizit müsse man der Landesregierung widersprechen: In Lüneburg bestehe kein Ausgabe-, sondern ein Einnahmeproblem. Das werde unter anderem begründet durch die mangelnde Beachtung des Konnexitätsprinzips, etwa im Bereich der Finanzierung der Kindertagesstätten. Zusätzliche Bürden, wie die Gewerbesteuerumlage oder der Fonds für die Deutsche Einheit, führten ebenfalls zur Absenkung von Einnahmen, ebenso die aktuellen Steuersenkungsprogramme der Bundesregierung. Ein Problem auf der Einnahmeseite bilde ferner die nicht angepasste Kreisumlage. Ein Gewerbesteuerproblem ergebe sich auch aus der gerade erfolgten Ablehnung der Sparkassenfusion, da es der Sparkasse Lüneburg nicht mehr so gut gehe, wie noch vor einigen Jahren. Daher erwarte er von denen, die gegen die Fusion gestimmt haben, Vorschläge, wie Leistungen künftig abgesenkt werden können.

Politik mache in dieser Form keinen Spaß mehr, wenn man über keinerlei Ausgaben mehr entscheiden könne. Statt über Verbesserungen nachzudenken, erteile die Landesregierung Auflagen. Beinahe wie ein Vater seinen Sohn bei einer Taschengeldkürzung belehren würde – das sei ein sehr bequemer Weg. Das Land müsse vielmehr seinen Pflichten gerecht werden und das Konnexitätsprinzip beachten. Als sei das nicht skandalös genug, werde nun ein Konjunkturprogramm aufgelegt, aus dem Mittel für die Wirtschaft ausgegeben werden sollen. Gleichzeitig werden diese Mittel auf anderem Wege jedoch wieder weggenommen. Er frage, wo da der Sinn sei ?

 

Ratsherr SOLDAN mag für die Vorlage zwar nicht danken, die Verwaltung habe jedoch nicht anders gekonnt, als eine solche Liste herauszugeben, da die Vorgaben aus Hannover leider so erteilt worden seien. Die Verwaltung habe entsprechend ihrer Aufgabe den Rotstift ansetzen müssen – vermutlich zähneknirschend. Er hoffe, dass die Haushaltssperre irgendwann aufgehoben werden könne und wieder mehr Mittel zur Verfügung stehen.

 

Beigeordneter BLANCK erkennt als Ursache für die Haushaltssperre, dass die Landesregierung auf einmal entdeckt habe, dass in Lüneburg nicht alles so laufe, wie die Landesregierung es sich neuerdings vorstelle. Über die Gründe könne man spekulieren, da aber in diesem und in den nächsten Jahren Wahlen anstehen, mache es sich relativ gut, bestimmte Entscheidungen parteipolitisch zu treffen, anstatt dem Gebot der Stunde zu folgen. Allen sei bekannt, dass die Verwaltung nun so handeln müsse, auch der Rat habe keine andere Möglichkeit, als die Haushaltssperren zur Kenntnis zu nehmen. Er bitte allerdings die Mehrheitsgruppe, doch mal zu prüfen, ob man auf dieser Grundlage nicht einmal anders mit dem Land Niedersachsen und den dort regierenden Parteien reden müsse.

 

Oberbürgermeister MÄDGE sieht es als fatal an, dass den Städten und Landkreisen beim Konjunkturprogramm zugesagt wurde, beide Positionen, also den Haushalt und die Investitionsmaßnahmen aufgrund des Konjunkturprogrammes, als Paket zu betrachten. Die Stadt habe von vornherein ehrlich die korrekten Zahlen auf den Tisch gelegt, anstatt zunächst mit übertrieben hohen Beträgen zu agieren und sich anschließend auf ein für die Stadt akzeptables Ergebnis herunterhandeln zu lassen. Die Verwaltung habe nur jene Mittel angemeldet, die unbedingt benötigt wurden, daher seien die Einsparungsforderungen des Landes nun ganz besonders schmerzhaft. Der einzusparende Betrag von zwei Millionen Euro entspreche einem Zinsziel von 80.000 Euro. Diesen 80.000 Euro im Ergebnishaushalt stünden bedeutende Investitionen von zwei Millionen Euro in Handwerk und Gewerbe gegenüber – in der heutigen Situation eigentlich etwas, was unterstützt werden müsste. Die Argumente der Stadt seien in Hannover jedoch nicht angenommen worden, nicht zuletzt, da im Haushaltssicherungskonzept aufgrund offener Verhandlungen noch nicht alle endgültigen Zahlen aufgeführt werden können. Die beschriebenen Handlungsspielräume in diesen Verhandlungen haben der Kommunalaufsicht jedoch nicht gereicht. Die Kommunalaufsicht fordere ferner, dass das diesjährige Defizit von 6,6 Millionen Euro durch Konsolidierungsmaßnahmen ausgeglichen wird, ein Betrag, der sich weit überwiegend aus der Kreisumlage und aus Personalkosten zusammensetze.

Von jenen, die in Hannover für das Oberzentrum Lüneburg kämpfen, müsse gegenüber dem Land Niedersachsen klar betont werden, dass die Stadt Lüneburg als Oberzentrum besondere Aufgaben habe und daher wichtige Investitionen vornehmen müsse. Es sei ärgerlich, dass Lüneburg nicht mehr als Oberzentrum so wahrgenommen werde, wie es eigentlich sein müsste. Dass man im Haushalt vor allem bei den Tiefbaumaßnahmen streichen müsse, sei fatal, da diese Maßnahmen nicht im Konjunkturpaket enthalten seien. Die im Haushalt dafür veranschlagten Mittel von rund einer Million Euro hätten kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Region sehr gut helfen können.

Die Argumentation bei der Ablehnung von Mitteln für die Museumslandschaft, dass nämlich Museen nicht rentierlich seien, greife zu kurz. Sie seien natürlich im streng wirtschaftlichen Sinne nicht rentierlich, für die Kultur in einer Region – gerade in einem Oberzentrum – aber gleichwohl unverzichtbar. Das Gleiche gelte für den Beitrag zu einer Stadthalle und für den Ausbau des Hafens. Nun bewahrheite sich, dass die Bündelung der Interessen der Region nach der Abschaffung der Bezirksregierungen fehle. Seitdem müsse jede Stadt und jeder Landkreis mühsam mit jedem einzelnen der teilweise untereinander konkurrierenden Ministerien in Hannover verhandeln und diskutieren.

Bei seinem Argument, Gewerbesteuer könne von der Einkommensteuer abgesetzt werden, übersehe Herr Riechey, dass die Stadt auch von der Einkommensteuer lebe. Daher helfe eine Gewerbesteuererhöhung nicht, zumal wenn man den Vergleich zwischen den Ansiedlungen in Melbeck und denen in Lüneburg anstelle. Lüneburg konkurriere als Ansiedlungsstandort nicht mit Melbeck, sondern mit Bardowick.

Man werde trotz aller Sperren keine Investitionen im Bereich der Kitas und Krippen streichen. Die einzige vorgenommene Verschiebung liege darin begründet, dass bei dem gemeinsam mit der Michaelisgemeinde geplanten Krippenbau die Planungen der Kirchengemeinde noch nicht weit genug fortgeschritten waren, um in diesem Jahr beginnen zu können. Ebenso werde die Maßnahme an der Wilhelm-Raabe-Schule nicht gestrichen, sondern in das nächste Jahr verschoben, was eine gewisse Entlastung bei den Zinsen im Ergebnishaushalt bedeute.

Unter dem Strich investiere die Stadt immer noch rund 15 Millionen Euro. Es sei ärgerlich, dass es vom Land keine Würdigung der besonderen Situation von Lüneburg als Oberzentrum gebe, daran müssten alle arbeiten, um diese Argumente nach Hannover zu transportieren.

 

Beigeordneter LÖB erinnert daran, dass der Rat im Herbst einen Haushalt aufgestellt und sich gefreut habe, dass so viele gute Dinge darin berücksichtigt wurden. Nun erlebe man, wie dieser Haushalt kassiert worden sei und vieles, was man für die Stadt machen wollte, nicht mehr möglich sei. Das liege vielleicht auch daran, dass man sich immer zu viel verspreche oder versprechen lasse, was alles möglich gemacht werden könne. Da man eine Schuldensituation habe, müsse man realistisch betrachten, dass Konsolidierungen für den nächsten Haushalt die Vorgabe seien. Man könne nicht wieder versuchen, einen Haushalt vorzulegen, der letztlich nicht genehmigungswürdig sei. Da sei es besser, dem Bürger gar nicht erst so viel zu versprechen, sondern von vornherein kleine Brötchen zu backen.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg nimmt Kenntnis.

 

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