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Beratungsinhalt: Ratsherr RIECHEY hat die grundsätzlichen Zweifel seiner Fraktion am
PPP-Konzept des Anna-Vogeley-Seniorenzentrums bereits in der Ratssitzung im
Januar vorgetragen. Zweifel gebe es auch an der künftigen juristischen
Konstruktion. Vielen Fragen sei Herr Sauer im Januar ausgewichen. Es lägen
keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vor, viele weitere Fragen seien noch
ungeklärt, etwa zur zukünftigen Lohnstruktur. Für die neu beschäftigten
Mitarbeiter solle es einen über dem Mindestlohn liegenden Haustarifvertrag
gebe, der allerdings unter dem Niveau der vorhandenen Mitarbeiter am alten
Standort liegen werde. Wie weit der Lohn sich unter dem der alten Mitarbeiter
befinden werde, habe Herr Sauer – auch auf Nachfrage der Grünen –
nicht ausgeführt. Dazu stehe auch nichts in der heutigen Vorlage oder im
Gesellschaftsvertrag. Die neue Gesellschaft sei nicht gemeinnützig, sondern
gewinnbringend als GmbH angelegt. Sie hafte nur mit dem Stammkapital von
100.000 Euro, diese biete bei der derzeitigen Ertragslage keine langfristige
Bestandsgarantie. Im Gesellschaftsvertrag sei außerdem die Beteiligung an
fremden oder ähnlichen Einrichtungen ausdrücklich eingeräumt. Damit seien
weitere privatwirtschaftliche Verflechtungen zu erwarten. Darüber hinaus sei
nicht bekannt, ob die Unterbringungskosten für die Heimbewohner am neuen
Standort auf dem bisherigen Niveau bleiben oder steigen werden, wie aufgrund
des PPP-Modells zu befürchten sei. Diese Details werde seine Fraktion auch in
Zukunft erst ganz am Schluss erfahren, da im Aufsichtsrat der neuen
Gesellschaft nicht alle Fraktionen vertreten sein werden, er solle vielmehr so
zugeschnitten werden, dass seine Fraktion wieder außen vor bleibe. Seine
Fraktion wünsche eine kommunale und gemeinnützige Seniorenpflegeeinrichtung in
Lüneburg, daher könne dem vorliegenden Konzept nicht zugestimmt werden. Ratsherr SOLDAN befürwortet grundsätzlich die Gründung dieser Gesellschaft.
Es sei wichtig, dass sich die Kommune im Bereich der Pflege engagiere. Aufgrund
des demographischen Wandels sei es gut, dass Lüneburg eine der wenigen Städte
bundesweit sei, die noch ein eigenes Pflegeheim betreibe. Seine Fraktion habe
allerdings ihre Schwierigkeiten mit der Ausformulierung des
Gesellschaftsvertrages, indem – wie schon von Herrn Riechey angesprochen
– wenig oder kein Einfluss auf in der Gesellschaft zu treffende
Entscheidungen bestehe. Nur ein Vertreter des Rates neben dem Oberbürgermeister
sei keine geeignete Lösung, um allen im Rat vertretenen Fraktionen ausreichende
Informationen aus der Gesellschaft zu vermitteln. Daher könne dem Gesellschaftervertrag
so nicht zugestimmt werden. Für Beigeordneten BLANCK ist die durch die erneute
Gesellschaftsgründung weiter ansteigende Verästelung der
Gesellschaftsstrukturen im Konzern Stadt Lüneburg ein besonderes Problem.
Dadurch und durch die geplante Aufsichtsratskonstruktion werde es für den Rat
immer schwieriger, nachzuvollziehen, was innerhalb der Gesellschaften passiere.
Aus diesem Grund könne auch er heute nicht zustimmen. Erschwerend komme noch
hinzu, dass künftig innerhalb eines Hauses nach zwei unterschiedlichen Tarifen
gezahlt werde, das wolle seine Fraktion nicht. Ein Beschluss sei heute
angesichts der von FDP, Linken und Grünen aufgezeigten Probleme verfrüht. Ratsherr SRUGIS erklärt, dass es heute nicht darum gehe, ob und wie ein Teil
des AVS umziehen werde oder nicht. Tatsächlich gehe es darum, einen
Gesellschaftsvertrag zu schließen, der die logische Fortsetzung der bisherigen
Beschlüsse darstelle. Ziel der Gesellschaftsgründung sei es, ein selbständiges
Unternehmen im Rahmen der Versorgungskette der Stadt zu schaffen, in der
bislang eine entsprechende Lücke bestand. Zudem solle eine bewohner- und
gleichzeitig mitarbeiterfreundliche Regelung gefunden werden. Zur Zeit bezahle
man die Mitarbeiter nach einem Tarifvertrag, dessen Konditionen über kurz oder
lang zwangsläufig zu einer Schließung des AVS führen würden. Er wolle aber auf
jeden Fall in Lüneburg ein kommunales Angebot für die alten Menschen erhalten,
daher müsse man die Gesellschaftsgründung durchführen. Es sei unrichtig, wenn behauptet werde, dass es keine
fachliche Konzeption für die Berechnung des Pflegeentgeltes gebe. Die Zahlen
seien selbstverständlich kalkuliert und durchgerechnet worden. Man liege damit
im mittleren Bereich der Einrichtungen in Lüneburg. Mitarbeiterfreundlich
bleibe die Einrichtung auch nach dem Umzug. Etwa dreißig Mitarbeiter verblieben
am alten Standort, die anderen Mitarbeiter bekämen das Angebot, im Rahmen der
Gesundheitsholding zu den alten Tarifen beschäftigt zu werden, der Lohn von
keinem der bisherigen Mitarbeiter werde abgesenkt. Neu eingestellte Mitarbeiter
werden nach einem Haustarifvertrag bezahlt. Im alten AVS verbleiben 57 der
ursprünglichen 187 Bewohner, im neuen Gebäude an der Konrad-Adenauer-Straße
werden 144 Bewohner untergebracht. Zur Verringerung des Defizits sehe die Planung gegenwärtig
so aus, dass das AVS nach der neuen Gesamtkonzeption im ersten Jahr noch ein
Minus von 450.000 Euro verbuchen werde, das jedoch durch die Gründung der neuen
Gesellschaft auf 120.000 Euro verringert würden. In der Konrad-Adenauer-Straße
werde das Defizit im ersten Jahr 110.000 Euro betragen, doch schon im vierten
Jahr werde ein Plus von 80.000 Euro erzielt. Der beanstandete – angeblich – fehlende Einfluss
des Rates werde im übrigen durch den Vertreter in der Gesellschafterversammlung
gewährleistet. Beigeordnete BAUMGARTEN hat gemeinsam mit Herrn Luths im Aufsichtsrat des
Klinikums den Weg des Anna-Vogeley-Seniorenzentrums sehr kritisch begleitet.
Von Anfang an seien sie dabei sehr skeptisch gewesen, haben die
Gesellschaftsgründung aber als die einzige Möglichkeit erkannt, das AVS
teilweise am alten Platz zu behalten. Ohne die neue Gesellschaft und ohne das
neue Heim, wäre das zum jetzigen Zeitpunkt mit der derzeit vorhandenen Struktur
im AVS aus Kostengründen nicht möglich gewesen. In dem Falle hätte das Klinikum
die Einrichtung abstoßen müssen und die Stadt hätte nur noch private Heime und
damit überhaupt keine Einflussmöglichkeiten mehr. Insofern stelle die jetzige
Lösung einen Kompromiss dar. Die Gründung eines Aufsichtsrates sei im
Gesellschaftsvertrag per Option in Aussicht gestellt worden, über dessen
Gründung müsse man nicht in der heutigen Sitzung befinden, das könne auch noch
in einer späteren Diskussion thematisiert werden. Beigeordneter LÖB erkennt eine Art Modeerscheinung darin, nur noch
Gesellschaften zu gründen, in denen vielleicht ein Aufsichtsrat gebildet
wird. So sei es bereits bei der Luna GmbH gemacht worden. Gehe das so weiter,
habe man nur noch die Möglichkeit, den eigenen Gesellschaftsvertreter
anzuweisen, das wäre zwar eine Möglichkeit, aber sozusagen auch das Ende der
Fahnenstange. Er finde es peinlich, dass sich die Stadt keine Aufsichtsräte
mehr leiste. Noch viel peinlicher sei es aber, bei der Diskussion über ein
Altenheim die Forderung aufzustellen, dass es wirtschaftlich sein müsse.
Dagegen lasse man sich das Spaßbad jedes Jahr vier Millionen Euro kosten,
finanziert aus der Dividende der dort deponierten Aktien. Da spiele die
Wirtschaftlichkeit keine Rolle. Warum parke man die Aktien nicht beim AVS und
bringe das Heim damit in die Position, alten Menschen Vorteile zu ermöglichen.
Das müsse man sich klarmachen, dann werde deutlich, was hier wirklich passiere,
eine Schlechterbezahlung von Arbeitskräften und eine Verteuerung von Heimplätzen.
Oberbürgermeister MÄDGE verweist darauf, dass ausgerechnet die seinerzeit
rot-grüne Bundesregierung die steuerlichen Einsatzmöglichkeiten von
Aktienkapital verschlechtert habe. Daher sei eine Verschiebung zu Gunsten des
AVS nicht möglich. Neben Hannover sei Lüneburg die einzige Stadt in
Niedersachsen, die noch ein kommunales Altenheim betreibe, wobei Hannover über
einen Verkauf nachdenke, da die Finanzierung aus dem Haushalt nur schwer
dauerhaft sichergestellt werden könne. In Lüneburg gehe man einen anderen Weg.
Beim Kauf des Landeskrankenhauses habe man diskutiert und klargestellt, dass
man zusammenlegen wolle, was zusammen gehöre, nämlich das ‚Haus
Westenholz’ mit dem AVS unter dem Dach der Gesundheitsholding, um aus den
Synergieeffekten die Refinanzierung zu bestreiten. Es sei schizophren, an
anderer Stelle zu fordern, dass das Klinikum Geld für Zins- und
Tilgungsleistungen an die Stadt abführen solle, gleichzeitig aber die Defizite
aus dem nicht wirtschaftlichen Betrieb des AVS beim Klinikum belassen zu
wollen. Hinsichtlich des Haustarifvertrages für die neue
Gesellschaft erinnere er daran, dass die GfA die europaweite Ausschreibung der
Müllabfuhr nicht zuletzt deswegen gewonnen habe, weil man zehn Prozent unter
dem Tarif gelegen habe. Ebenso sei mit der Gewerkschaft ver.di ein
Haustarifvertrag für die Klinikum-Service-GmbH geschlossen worden, der ebefalls
zehn Prozent unter Tarif liege. Seinerzeit hätten diesen Ergebnissen alle
zugestimmt und gejubelt, nur möge sich daran heute wohl nicht jeder gern
erinnern. Er bekenne sich zu seiner Zustimmung, sie habe sich als
wirtschaftlich und richtig erwiesen, um den Erhalt des Klinikums in kommunaler
Hand zu sichern. Zur Mitwirkung der Politik sei angemerkt, dass alle
Fraktionen bereits seit 1992 über den Wirtschaftsausschuss und über den
Verwaltungsausschuss an den Diskussionen und der Abstimmung über
Weisungsbeschlüsse an die städtischen Vertreter in den Gesellschaften beteiligt
seien. Mittels der Konstruktion mit bindenden Weisungsbeschlüssen werde eine
Aufblähung von Aufsichtsräten durch die Aufnahme von Vertretern jeder einzelnen
kleinen Fraktion vermieden. Gleiches habe der Kreistag für sich übrigens erst
am gestrigen Tage beschlossen. Von der Informationsmöglichkeit im
Wirtschaftsausschuss werde – beispielsweise durch Herrn Riechey –
auch durchaus umfassend Gebrauch gemacht, insofern werde der Beteiligung aller
Fraktionen durch die vorhandenen Strukturen Rechnung getragen. Wolle man als Stadt Lüneburg ein Seniorenheim betreiben, so
müsse man Konstruktionen wählen wie die hier vorgeschlagene, durch die eine
Wirtschaftlichkeit der Einrichtung gegeben sei. Sicherlich werde man auch
künftig noch über andere Konstruktionen sprechen müssen, um die
Gesundheitsholding effizienter aufzustellen, hier befinde man sich in einem
laufenden Prozess. Ratsherr RIECHEY hält entgegen, dass der Wirtschaftsausschuss nicht das
geeignete Kontrollgremium sei, wie es vom Oberbürgermeister dargestellt werde.
Die Angelegenheiten der Gesellschaften würden dort nicht in dem gebotenen
Umfang dargestellt und erläutert, vielmehr würden in schneller Folge
Entscheidungen getroffen. Die bisherige Struktur reiche nicht aus, um alle
Fraktionen bei der Entscheidungsfindung gebührend mitzunehmen. Oberbürgermeister MÄDGE betont, dass der Wirtschaftsausschuss als
Fachausschuss nach der NGO die Beschlüsse von Rat und Verwaltungsausschuss
vorbereite und daher das gesetzlich vorgesehene Gremium für die demokratische
Beteiligung aller Fraktionen sei. Der Wunsch von Herrn Riechey, sozusagen neben
jedem Geschäftsführer mit am Schreibtisch zu sitzen oder über die Schulter zu
blicken, könne allerdings auch nach demokratischen Maßstäben nicht erfüllt
werden. Die umfangreiche Beteiligung, wie sie die bei der Stadt gefundene
Konstruktion garantiere, sei im übrigen keineswegs selbstverständlich, wenn man
sich einmal bei anderen Kommunen umhöre. Nicht zuletzt müsse man auch
berücksichtigen, dass heutzutage vielfach schnelle Entscheidungen vonnöten
seien, um auf die Erfordernisse des Wettbewerbs kurzfristig reagieren zu
können. In dieser Hinsicht koste schon jetzt die Beschlussfindung über Gremien
sehr viel Zeit, die die Geschäftsführer oft gar nicht hätten. Das System bei
der Stadt Lüneburg sei ein Kompromiss dieser unterschiedlichen Interessen. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe
SPD/CDU und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei 5 Enthaltungen der FDP-Fraktion
und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen sowie 4 Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Die
Beteiligungsvertreter der Hansestadt Lüneburg in der Gesellschafterversammlung
der Gesundheitsholding Lüneburg GmbH werden angewiesen, der Gründung und somit
dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag der Städtisches Pflegezentrum Lüneburg
GmbH zuzustimmen. (15) |
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