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Auszug - Städtisches Pflegezentrum Lüneburg GmbH - Gründung Weisung an die Beteiligungsvertreter der Hansestadt Lüneburg in der Gesellschafterversammlung der Gesundheitsholding Lüneburg GmbH  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 13
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 26.03.2009    
Zeit: 17:00 - 20:45 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3218/09 Städtisches Pflegezentrum Lüneburg GmbH - Gründung
Weisung an die Beteiligungsvertreter der Hansestadt Lüneburg in der Gesellschafterversammlung der Gesundheitsholding Lüneburg GmbH
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Verfasser:von Fintel, Stefanie
Federführend:Bereich 22 - Betriebswirtschaft & Beteiligungsverwaltung, Controlling Bearbeiter/-in: von Fintel, Stefanie
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr RIECHEY hat die grundsätzlichen Zweifel seiner Fraktion am PPP-Konzept des Anna-Vogeley-Seniorenzentrums bereits in der Ratssitzung im Januar vorgetragen. Zweifel gebe es auch an der künftigen juristischen Konstruktion. Vielen Fragen sei Herr Sauer im Januar ausgewichen. Es lägen keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen vor, viele weitere Fragen seien noch ungeklärt, etwa zur zukünftigen Lohnstruktur. Für die neu beschäftigten Mitarbeiter solle es einen über dem Mindestlohn liegenden Haustarifvertrag gebe, der allerdings unter dem Niveau der vorhandenen Mitarbeiter am alten Standort liegen werde. Wie weit der Lohn sich unter dem der alten Mitarbeiter befinden werde, habe Herr Sauer – auch auf Nachfrage der Grünen – nicht ausgeführt. Dazu stehe auch nichts in der heutigen Vorlage oder im Gesellschaftsvertrag. Die neue Gesellschaft sei nicht gemeinnützig, sondern gewinnbringend als GmbH angelegt. Sie hafte nur mit dem Stammkapital von 100.000 Euro, diese biete bei der derzeitigen Ertragslage keine langfristige Bestandsgarantie. Im Gesellschaftsvertrag sei außerdem die Beteiligung an fremden oder ähnlichen Einrichtungen ausdrücklich eingeräumt. Damit seien weitere privatwirtschaftliche Verflechtungen zu erwarten. Darüber hinaus sei nicht bekannt, ob die Unterbringungskosten für die Heimbewohner am neuen Standort auf dem bisherigen Niveau bleiben oder steigen werden, wie aufgrund des PPP-Modells zu befürchten sei. Diese Details werde seine Fraktion auch in Zukunft erst ganz am Schluss erfahren, da im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft nicht alle Fraktionen vertreten sein werden, er solle vielmehr so zugeschnitten werden, dass seine Fraktion wieder außen vor bleibe. Seine Fraktion wünsche eine kommunale und gemeinnützige Seniorenpflegeeinrichtung in Lüneburg, daher könne dem vorliegenden Konzept nicht zugestimmt werden.

 

Ratsherr SOLDAN befürwortet grundsätzlich die Gründung dieser Gesellschaft. Es sei wichtig, dass sich die Kommune im Bereich der Pflege engagiere. Aufgrund des demographischen Wandels sei es gut, dass Lüneburg eine der wenigen Städte bundesweit sei, die noch ein eigenes Pflegeheim betreibe. Seine Fraktion habe allerdings ihre Schwierigkeiten mit der Ausformulierung des Gesellschaftsvertrages, indem – wie schon von Herrn Riechey angesprochen – wenig oder kein Einfluss auf in der Gesellschaft zu treffende Entscheidungen bestehe. Nur ein Vertreter des Rates neben dem Oberbürgermeister sei keine geeignete Lösung, um allen im Rat vertretenen Fraktionen ausreichende Informationen aus der Gesellschaft zu vermitteln. Daher könne dem Gesellschaftervertrag so nicht zugestimmt werden.

 

Für Beigeordneten BLANCK ist die durch die erneute Gesellschaftsgründung weiter ansteigende Verästelung der Gesellschaftsstrukturen im Konzern Stadt Lüneburg ein besonderes Problem. Dadurch und durch die geplante Aufsichtsratskonstruktion werde es für den Rat immer schwieriger, nachzuvollziehen, was innerhalb der Gesellschaften passiere. Aus diesem Grund könne auch er heute nicht zustimmen. Erschwerend komme noch hinzu, dass künftig innerhalb eines Hauses nach zwei unterschiedlichen Tarifen gezahlt werde, das wolle seine Fraktion nicht. Ein Beschluss sei heute angesichts der von FDP, Linken und Grünen aufgezeigten Probleme verfrüht.

 

Ratsherr SRUGIS erklärt, dass es heute nicht darum gehe, ob und wie ein Teil des AVS umziehen werde oder nicht. Tatsächlich gehe es darum, einen Gesellschaftsvertrag zu schließen, der die logische Fortsetzung der bisherigen Beschlüsse darstelle. Ziel der Gesellschaftsgründung sei es, ein selbständiges Unternehmen im Rahmen der Versorgungskette der Stadt zu schaffen, in der bislang eine entsprechende Lücke bestand. Zudem solle eine bewohner- und gleichzeitig mitarbeiterfreundliche Regelung gefunden werden. Zur Zeit bezahle man die Mitarbeiter nach einem Tarifvertrag, dessen Konditionen über kurz oder lang zwangsläufig zu einer Schließung des AVS führen würden. Er wolle aber auf jeden Fall in Lüneburg ein kommunales Angebot für die alten Menschen erhalten, daher müsse man die Gesellschaftsgründung durchführen.

Es sei unrichtig, wenn behauptet werde, dass es keine fachliche Konzeption für die Berechnung des Pflegeentgeltes gebe. Die Zahlen seien selbstverständlich kalkuliert und durchgerechnet worden. Man liege damit im mittleren Bereich der Einrichtungen in Lüneburg. Mitarbeiterfreundlich bleibe die Einrichtung auch nach dem Umzug. Etwa dreißig Mitarbeiter verblieben am alten Standort, die anderen Mitarbeiter bekämen das Angebot, im Rahmen der Gesundheitsholding zu den alten Tarifen beschäftigt zu werden, der Lohn von keinem der bisherigen Mitarbeiter werde abgesenkt. Neu eingestellte Mitarbeiter werden nach einem Haustarifvertrag bezahlt. Im alten AVS verbleiben 57 der ursprünglichen 187 Bewohner, im neuen Gebäude an der Konrad-Adenauer-Straße werden 144 Bewohner untergebracht.

Zur Verringerung des Defizits sehe die Planung gegenwärtig so aus, dass das AVS nach der neuen Gesamtkonzeption im ersten Jahr noch ein Minus von 450.000 Euro verbuchen werde, das jedoch durch die Gründung der neuen Gesellschaft auf 120.000 Euro verringert würden. In der Konrad-Adenauer-Straße werde das Defizit im ersten Jahr 110.000 Euro betragen, doch schon im vierten Jahr werde ein Plus von 80.000 Euro erzielt.

Der beanstandete – angeblich – fehlende Einfluss des Rates werde im übrigen durch den Vertreter in der Gesellschafterversammlung gewährleistet.

 

Beigeordnete BAUMGARTEN hat gemeinsam mit Herrn Luths im Aufsichtsrat des Klinikums den Weg des Anna-Vogeley-Seniorenzentrums sehr kritisch begleitet. Von Anfang an seien sie dabei sehr skeptisch gewesen, haben die Gesellschaftsgründung aber als die einzige Möglichkeit erkannt, das AVS teilweise am alten Platz zu behalten. Ohne die neue Gesellschaft und ohne das neue Heim, wäre das zum jetzigen Zeitpunkt mit der derzeit vorhandenen Struktur im AVS aus Kostengründen nicht möglich gewesen. In dem Falle hätte das Klinikum die Einrichtung abstoßen müssen und die Stadt hätte nur noch private Heime und damit überhaupt keine Einflussmöglichkeiten mehr. Insofern stelle die jetzige Lösung einen Kompromiss dar. Die Gründung eines Aufsichtsrates sei im Gesellschaftsvertrag per Option in Aussicht gestellt worden, über dessen Gründung müsse man nicht in der heutigen Sitzung befinden, das könne auch noch in einer späteren Diskussion thematisiert werden.

 

Beigeordneter LÖB erkennt eine Art Modeerscheinung darin, nur noch Gesellschaften zu gründen, in denen vielleicht ein Aufsichtsrat gebildet wird. So sei es bereits bei der Luna GmbH gemacht worden. Gehe das so weiter, habe man nur noch die Möglichkeit, den eigenen Gesellschaftsvertreter anzuweisen, das wäre zwar eine Möglichkeit, aber sozusagen auch das Ende der Fahnenstange. Er finde es peinlich, dass sich die Stadt keine Aufsichtsräte mehr leiste. Noch viel peinlicher sei es aber, bei der Diskussion über ein Altenheim die Forderung aufzustellen, dass es wirtschaftlich sein müsse. Dagegen lasse man sich das Spaßbad jedes Jahr vier Millionen Euro kosten, finanziert aus der Dividende der dort deponierten Aktien. Da spiele die Wirtschaftlichkeit keine Rolle. Warum parke man die Aktien nicht beim AVS und bringe das Heim damit in die Position, alten Menschen Vorteile zu ermöglichen. Das müsse man sich klarmachen, dann werde deutlich, was hier wirklich passiere, eine Schlechterbezahlung von Arbeitskräften und eine Verteuerung von Heimplätzen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE verweist darauf, dass ausgerechnet die seinerzeit rot-grüne Bundesregierung die steuerlichen Einsatzmöglichkeiten von Aktienkapital verschlechtert habe. Daher sei eine Verschiebung zu Gunsten des AVS nicht möglich. Neben Hannover sei Lüneburg die einzige Stadt in Niedersachsen, die noch ein kommunales Altenheim betreibe, wobei Hannover über einen Verkauf nachdenke, da die Finanzierung aus dem Haushalt nur schwer dauerhaft sichergestellt werden könne. In Lüneburg gehe man einen anderen Weg. Beim Kauf des Landeskrankenhauses habe man diskutiert und klargestellt, dass man zusammenlegen wolle, was zusammen gehöre, nämlich das ‚Haus Westenholz’ mit dem AVS unter dem Dach der Gesundheitsholding, um aus den Synergieeffekten die Refinanzierung zu bestreiten. Es sei schizophren, an anderer Stelle zu fordern, dass das Klinikum Geld für Zins- und Tilgungsleistungen an die Stadt abführen solle, gleichzeitig aber die Defizite aus dem nicht wirtschaftlichen Betrieb des AVS beim Klinikum belassen zu wollen.

Hinsichtlich des Haustarifvertrages für die neue Gesellschaft erinnere er daran, dass die GfA die europaweite Ausschreibung der Müllabfuhr nicht zuletzt deswegen gewonnen habe, weil man zehn Prozent unter dem Tarif gelegen habe. Ebenso sei mit der Gewerkschaft ver.di ein Haustarifvertrag für die Klinikum-Service-GmbH geschlossen worden, der ebefalls zehn Prozent unter Tarif liege. Seinerzeit hätten diesen Ergebnissen alle zugestimmt und gejubelt, nur möge sich daran heute wohl nicht jeder gern erinnern. Er bekenne sich zu seiner Zustimmung, sie habe sich als wirtschaftlich und richtig erwiesen, um den Erhalt des Klinikums in kommunaler Hand zu sichern.

Zur Mitwirkung der Politik sei angemerkt, dass alle Fraktionen bereits seit 1992 über den Wirtschaftsausschuss und über den Verwaltungsausschuss an den Diskussionen und der Abstimmung über Weisungsbeschlüsse an die städtischen Vertreter in den Gesellschaften beteiligt seien. Mittels der Konstruktion mit bindenden Weisungsbeschlüssen werde eine Aufblähung von Aufsichtsräten durch die Aufnahme von Vertretern jeder einzelnen kleinen Fraktion vermieden. Gleiches habe der Kreistag für sich übrigens erst am gestrigen Tage beschlossen. Von der Informationsmöglichkeit im Wirtschaftsausschuss werde – beispielsweise durch Herrn Riechey – auch durchaus umfassend Gebrauch gemacht, insofern werde der Beteiligung aller Fraktionen durch die vorhandenen Strukturen Rechnung getragen.

Wolle man als Stadt Lüneburg ein Seniorenheim betreiben, so müsse man Konstruktionen wählen wie die hier vorgeschlagene, durch die eine Wirtschaftlichkeit der Einrichtung gegeben sei. Sicherlich werde man auch künftig noch über andere Konstruktionen sprechen müssen, um die Gesundheitsholding effizienter aufzustellen, hier befinde man sich in einem laufenden Prozess.

 

Ratsherr RIECHEY hält entgegen, dass der Wirtschaftsausschuss nicht das geeignete Kontrollgremium sei, wie es vom Oberbürgermeister dargestellt werde. Die Angelegenheiten der Gesellschaften würden dort nicht in dem gebotenen Umfang dargestellt und erläutert, vielmehr würden in schneller Folge Entscheidungen getroffen. Die bisherige Struktur reiche nicht aus, um alle Fraktionen bei der Entscheidungsfindung gebührend mitzunehmen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE betont, dass der Wirtschaftsausschuss als Fachausschuss nach der NGO die Beschlüsse von Rat und Verwaltungsausschuss vorbereite und daher das gesetzlich vorgesehene Gremium für die demokratische Beteiligung aller Fraktionen sei. Der Wunsch von Herrn Riechey, sozusagen neben jedem Geschäftsführer mit am Schreibtisch zu sitzen oder über die Schulter zu blicken, könne allerdings auch nach demokratischen Maßstäben nicht erfüllt werden. Die umfangreiche Beteiligung, wie sie die bei der Stadt gefundene Konstruktion garantiere, sei im übrigen keineswegs selbstverständlich, wenn man sich einmal bei anderen Kommunen umhöre. Nicht zuletzt müsse man auch berücksichtigen, dass heutzutage vielfach schnelle Entscheidungen vonnöten seien, um auf die Erfordernisse des Wettbewerbs kurzfristig reagieren zu können. In dieser Hinsicht koste schon jetzt die Beschlussfindung über Gremien sehr viel Zeit, die die Geschäftsführer oft gar nicht hätten. Das System bei der Stadt Lüneburg sei ein Kompromiss dieser unterschiedlichen Interessen.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei 5 Enthaltungen der FDP-Fraktion  und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie 4 Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE  und Teilen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

 

Die Beteiligungsvertreter der Hansestadt Lüneburg in der Gesellschafterversammlung der Gesundheitsholding Lüneburg GmbH werden angewiesen, der Gründung und somit dem vorgelegten Gesellschaftsvertrag der Städtisches Pflegezentrum Lüneburg GmbH zuzustimmen.

 

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