Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsherr RIECHEY führt aus, dass die Anwendung des Wertgrenzenerlasses der
Verwaltung die einfachere und unbürokratischere Vergabe von Aufträgen im Rahmen
des Konjunkturprogramms ermöglichen solle. Das werde grundsätzlich auch
begrüßt. Leider müsse auch allen klar sein, dass eine solche Lockerung zu
Missbrauch führen könne. Er wolle an dieser Stelle deutlich betonen, dass er
dies natürlich niemandem unterstelle und er keineswegs so verstanden werden
dürfe. Es sei richtig, Vorkehrungen zu treffen, die dieses verhindern. In der
Richtlinie werde auf eine andere mit der Nummer 6.1 zur Vorbeugung und
Bekämpfung und Korruption verwiesen. Diese Richtlinie habe er leider vergeblich
gesucht, sie sei im öffentlich zugänglichen Ortsrecht nicht auffindbar. Auf
Anfrage habe er sie von der Verwaltung zugeschickt bekommen. In diesem Zusammenhang sei ihm der Haushaltsänderungsantrag
seiner Fraktion aus dem Dezember 2008 eingefallen, in dem er gefordert habe,
den Etat für Antikorruptionsarbeit bei der Stadt zu erhöhen. Für diese
Pflichtaufgabe werde im Etat nur ein Betrag von 3.562 € zur Verfügung
gestellt. Für das Hinterherspionieren von Sozialleistungsempfängern werde
jedoch das Zwanzigfache ausgegeben, obwohl die volkswirtschaftlichen Schäden
durch Korruption in Deutschland jedes Jahr auf 295 Milliarden Euro geschätzt
werden, was dem zwanzigtausendfachen der offiziell geschätzten Summe für
Sozialleistungsmissbrauch entspreche. Das habe er in der Haushaltsdebatte
bereits ausgeführt, daher wolle er hier nicht mehr darauf herumreiten. Ihm gehe
es heute darum, dass man über das Thema Antikorruptionsarbeit reden müsse, wenn
mit dem Wertgrenzenerlass die Bedingungen gelockert werden. Ein Etat von rund
3.500 Euro sei seines Erachtens nicht ausreichend. Er habe seinerzeit
beantragt, die Etats der Produkte Ermittlungsdienst und Antikorruptionsarbeit
zu gleichen Teilen aufzuteilen, damit stünde das Zehnfache für die Antikorruptionsarbeit
zur Verfügung. Nach der zu ändernden Richtlinie haben die Fachbereiche das
Recht, die Beschaffungen der freihändigen Vergabe bis 15.000 €
grundsätzlich eigenverantwortlich durchzuführen, bei öffentlichen und
beschränkten Ausschreibungen sei die Stabsstelle 06 hinzuzuziehen. Es werde
jedoch nirgends deutlich auf die Richtlinie zur Vorbeugung und Bekämpfung von
Korruption eingegangen, die Personalrotation, Vier Augen-Prinzip und
unangekündigte Kontrollen fordere. Wie solle das alles mit nur dreieinhalbtausend
Euro durchgeführt werden ? Nach Punkt 1.10 unserer Korruptionsrichtlinie soll es eine
oder einen Anti-Korruptionsbeauftragten geben. Das sei noch nie kommuniziert
worden und diese Stelle tauche auch nicht im Organigramm der Stadt auf. Er bitte
die Verwaltung um Auskunft, wer diese Aufgabe wahrnimmt und warum es in
Lüneburg eigentlich keinen Antikorruptionsbericht gibt. Zum Stichwort
Korruption finde man in Allris übrigens nur einen Treffer über
Sponsoringleistungen der E.ON Avacon an die Stadt im Jahr 2004 und 2005, sonst
überhaupt nichts. Er meine, man müsse einmal schauen, wie man die
Kontrollmöglichkeiten in der Antikorruptionsarbeit effektiver gestalten könne,
wenn man nun die Regelungsvorgaben lockere. In diesem Zusammenhang sei es sinnvoll,
über Antikorruptionsarbeit zu reden, und zwar bevor das Kind in den Brunnen
gefallen ist und nicht hinterher aktionistisch Maßnahmen zu ergreifen, wenn
irgendwelche blöden Geschichten in der Presse auftauchen. Oberbürgermeister MÄDGE zeigt sich empört.
Angesichts der vorgetragenen Rhetorik und Gestik nehme niemand Herrn Riechey
seine angebliche Ernsthaftigkeit ab. Im Zusammenhang mit dem
Haushaltsänderungsantrag habe die Verwaltung ausgeführt, dass es mit Frau
Aechter-Westerhoff eine Antikorruptionsbeauftragte gebe, die ihre Aufgabe sehr
gewissenhaft und korrekt wahrnehme. Es werde dem Rat regelmäßig eine jährliche
Spendenliste vorgelegt, mit der Transparenz erzeugt werde und die Herr Riechey
während seiner jetzt dreijährigen Zugehörigkeit im Rat auch gesehen haben
müsse. Es gebe einen Korruptionserlass des Landes Niedersachsen, der ganz
deutlich vorgebe, was zur Korruptionsverhinderung zu unternehmen sei und auf
dem die Antikorruptionsrichtlinie der Stadt aufbaue. Hierzu gehörten die
Rotation und das Vier-Augen-Prinzip. Alle neu eingestellten Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter seien verpflichtet, für ihre Kenntnisnahme von der Richtlinie
zu unterschreiben, diese Belehrung werde in regelmäßigen Abständen wiederholt.
Die Stadt führe zudem jährlich unter Beteiligung der Gesellschaften eine
Veranstaltung zur Korruptionsverhinderung durch. Die Korruptionsvorsorge sei
heutzutage – auch bei der Stadt – so feingliedrig aufgebaut, dass
schon zwei Leute mit krimineller Energie zusammenarbeiten müssten, um sie zu umgehen.
Man werde aber trotz allem Fälle menschlicher Schwäche niemals zu einhundert
Prozent verhindern können. Antikorruptionsvorschriften seien im übrigen auch
für Ratsmitglieder gültig, auch ihnen sei vorgegeben, was sie im Rahmen ihrer
Tätigkeit in Rat oder Verwaltungsausschuss annehmen dürfen. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe
SPD/CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP-Fraktion bei 2
Enthaltungen der Fraktion DIE LINKE: Die Richtlinien der Hansestadt
Lüneburg über die Vergabe von Lieferungen und Leistungen vom 12.10.2005 werden -
wie in der Vorlage beschrieben - geändert. Ferner wird die Verwaltung
ermächtigt, die Vergabeordnung redaktionell zu überarbeiten und an die
Bezeichnung "Hansestadt Lüneburg" anzupassen. (112,
06, 04) |
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