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Auszug - Eine laute Stimme für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität! (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 03.02.09)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 26.02.2009    
Zeit: 17:00 - 20:25 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3189/09 Eine laute Stimme für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität! (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 03.02.09)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Plett, Anke
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter BLANCK bedauert, dass in der Ankündigung zu dieser Ratssitzung in der LZ sinngemäß gestanden habe, dass dieser Antrag zwei Nummern zu groß für die Bühne des Rates der Stadt Lüneburg sei. Genau das sei aber nicht der Fall. Extremistische Positionen seien auch in den Reihen der Menschen muslimischer Herkunft verbreitet, so dass sich antisemitische Einstellungen in Deutschland nicht nur am rechten Rand oder bei linken Antiimperialisten finden. Alarmierend sei die durch Studien und Befragungen gezeigte antisemitische Denkweise bei muslimischen Jugendlichen, die in Deutschland zur Schule gegangen sind. Hierzu verweise er auf die jüngst erschienene Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung ‚Die Juden sind schuld’, die sich insbesondere auf die kommunalpolitisch möglichen Handlungsoptionen beziehe. Dabei sei es im wesentlich unerheblich, ob sich der Antisemitismus eines Muslimen aus der Religion oder aus rassistischen Vorurteilen speise, diese Spielart unterscheide sich nur in geringem Maße vom linken oder rechten Antisemitismus unter Deutschen. Die Diskussion über den konkreten ideologischen oder religiösen Hintergrund sei berechtigt und für die Wahl geeigneter pädagogischer Gegenmaßnahmen vermutlich nicht unwichtig. Unabhängig vom Ergebnis handle es sich in jedem Fall um Antisemitismus, den man nicht dulden könne und schon im Ansatz bekämpfen müsse. Es stelle sich die Frage, wie man antisemitischen Denkweisen bei Jugendlichen entgegenwirken könne. Zum einen brauche man wirkungsvolle pädagogische Maßnahmen an Schulen, wo im Ernstfall auch gegen das soziale Umfeld der Kinder und Jugendlichen erzogen werden müsse. Zum anderen seien aber auch die Glaubensgemeinschaften und deren Repräsentanten gefragt. Im Grunde sollte das Thema Antisemitismus in jeder Kirche, jeder Moschee und bei jedem Verein auf der Tagesordnung stehen, damit sich jeder mit ihm auseinandersetzen könne und müsse. Es gehe darum, ein positives, glaubwürdiges Vorbild zu setzen. Dieser Rat könne sich durchaus dieser Thematik annehmen und zum Ausdruck bringen, dass der Widerspruch gegen die Vorfälle, der sich in Politik und Gesellschaft formiert habe, gerechtfertigt sei. Er hätte begrüßt, wenn eine solche Resolution von allen Fraktionen gemeinsam formuliert worden wäre. Die SPD sehe jedoch die lokale Betroffenheit nicht in dem Maße, wie seine Fraktion. Letztlich sei es doch aber so, dass das dritte Reich auch deswegen möglich geworden sei, weil zu viele gesagt haben, es betreffe sie nicht. Deshalb bitte er den Rat, dieser Resolution zuzustimmen um ein klares Signal gegen jede Art von Antisemitismus zu setzen.

 

Ratsherr RIECHEY erkennt zwar bei vielen überregionalen Themen die Möglichkeit eines Brückenschlages zu lokalen Anliegen, er halte es aber nicht für die Aufgabe des Stadtrates, sich zu Äußerungen des Papstes zu erklären, auch wenn der Antrag inhaltlich richtig sein möge. Er halte es auch für fraglich, ob der Papst seine wirren Gedanken angesichts einer Resolution des Lüneburger Rates überdenken werde. Sollte die Resolution heute insgesamt auf Zustimmung treffen, was er trotz allem gut fände, kündige er an, selbst Resolutionen zu landes- und bundespolitischen Versäumnissen oder diversen internationalen Themen zu stellen.

Natürlich teile seine Fraktion die Empörung über die Äußerungen des Holocaust-Leugners Williamson und die unverständliche Reaktion des Papstes, dessen Exkommunikation aufzuheben. Im Resolutionstext werde sich jedoch ausschließlich auf die antisemitische Äußerung bezogen und die Judenvernichtung angeprangert. Dies sei ohne Zweifel die schlimmste Tat der Nationalsozialisten, doch hätten auch andere Gruppen unter deren Terrorherrschaft gelitten, so beispielsweise Sinti und Roma, Behinderte, Kommunisten, Sozialdemokraten und Homosexuelle. Es sollte daher im Resolutionstext auf alle Opfer des Nationalsozialismus Bezug genommen werden. Zudem sollte man in der Resolution nicht bei der zum Ausdruck gebrachten Empörung bleiben, sondern den Papst auch dazu aufrufen, sein Urteil zu widerrufen, wenn der Rat sich wirklich ernsthaft mit dem Antrag befassen wolle. Diese Änderungen für den Resolutionstext schlage seine Fraktion vor, der man trotz fehlender Zuständigkeit aufgrund der Bedeutung des Themas zustimmen werde.

 

Ratsherr VON MANSBERG stellt klar, dass im Rat über die Einstellung eines Holocaust-Leugners ohne Zweifel nicht diskutiert werden müsse. Insofern teile man natürlich die Besorgnis, wenn eine solche Person von einer Kirche scheinbar rehabilitiert werde. Er sage scheinbar, weil der Sachverhalt komplizierter sei, als man in drei Sätzen darstellen könne. Zudem wolle er sich mit Urteilen über ein Mitglied der katholischen Kirche zurückhalten, da er selbst nicht deren Mitglied sei. Gleichwohl teile auch er die Besorgnis. Die entscheidende Frage sei allerdings, wie man mit einer solchen Besorgnis umgehen könne und welches Ventil man finde, um die Besorgnis in eine Tat umzuwandeln. Hier habe man auch schon bei früheren Gelegenheiten feststellen können, dass eine Resolution nicht unbedingt immer das richtige Mittel darstelle. Er stelle die Frage andersherum, was man nämlich tun könne, um die Erinnerung an die Verbrechen der Nazizeit wach zu erhalten. Nicht als ständig wiederholtes Schuldeingeständnis, sondern um klüger zu sein im gegenwärtigen und zukünftigen Handeln. Das schaffe man nicht durch Resolutionen, sondern durch die Unterstützung derjenigen, die in unserer Region solche Aktionen durchführten, dazu rufe er jeden auf. Er wolle nicht jede einzelne Maßnahme nennen, aber Beispiele für unterstützenswerte Aktionen. So befinde sich am Kalandhaus inzwischen eine Plakette, die auf die Geschichte dieses Gebäudes hinweise. Er lade dazu ein, an den Veranstaltungen teilzunehmen, die das Theater in der kommenden Spielzeit zu dem Stück ‚Nathan der Weise’ durchführe. Dabei werde es um das Verständnis zwischen Religionen gehen. Politische Willenserklärungen seien gegenüber aktiven Unternehmungen nur bedingt nützlich, zumal man sehe, dass auch diese Diskussion zu politischen Scharmützeln tauge. Gerade solche könne man aber bei diesem Thema, wie auch bei einigen anderen, nicht brauchen.

 

Bürgermeister DR. SCHARF ruft dazu auf, ein wenig auf dem Teppich zu bleiben. Das Thema Holocaust sei einfach zu ernst, um es eben mal in zwei Minuten en passant einfließen zu lassen. Selbstverständlich habe jeder aus den verschiedenen Medien entnommen, welch verschrobenen Ansichten die Sekte der Piusbruderschaft nachgehe, das müsse nicht diskutiert werden, es spreche für sich. Die Rolle des Papstes, über die man sich zunächst nur wundern konnte, stelle sich wie folgt dar. Einerseits versuche der Papst natürlich,  die Einheit der katholischen Kirche wieder herzustellen, das sei auch seine Aufgabe und könne nachempfunden werden. Zum anderen habe der Papst sich unmissverständlich in mehreren Reden eindeutig und klar gegen jede antisemitischen Bestrebungen ausgesprochen. Daher halte er es nicht für angebracht, dem Papst gute Ratschläge zu erteilen. Für ihn stehe fest, dass dieser Papst auch weiterhin seine Stimme für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität erheben wird. Dass innerhalb des Vatikans vielleicht manches nicht richtig gelaufen sei, habe sicherlich jeder empfunden, es sei aber doch nicht Aufgabe dieses Rates, darauf per Resolution zu reagieren.

 

Beigeordnete SCHELLMANN vertritt ebenfalls die Meinung, dass dieses Thema – bei aller Wichtigkeit – nicht in den Rat gehöre. Das sicherlich berechtigte Anliegen, den Antisemitismus, der gerade in anderen Religionen eine große Rolle spiele, zu bekämpfen, erreiche man nicht, indem man dem Papst etwas wünsche, wie etwa hier die Kraft zum Brückenbau. Es sei bekannt, dass der Papst den Brückenbau manches Mal schon versucht und leider nicht immer ganz so ausgeführt habe, wie er es eigentlich wollte. Er habe sich aber eindeutig zum Antisemitismus geäußert, auch die Bundeskanzlerin habe hierzu bereits ihre Stimme erhoben. Man solle sich aber hüten, hier vor Ort auch noch in das gleiche Horn zu blasen. So ernst das Thema sei, man müsse es mit anderen Mitteln unterstützen, das habe Herr von Mansberg sehr deutlich aufgezeigt. Eine Resolution des Rates sei da nicht angemessen.

 

Beigeordneter BLANCK wirft ein, dass ihm natürlich völlig klar sei, dass aufgrund einer Resolution aus Lüneburg niemand in Rom aufstehen und sich zu einer Handlung gezwungen sehe. Das sei auch gar nicht beabsichtigt, ebenso wie er keine Kritik am Papst formuliert, sondern ihm Kraft gewünscht habe. Eine solche Formulierung sei in katholischen Kirchenkreisen durchaus üblich und zulässig. Er habe in seinen Ausführungen zum Antrag ganz explizit auf die unterschiedlichen Facetten des Antisemitismus hingewiesen, wie er sich gerade in den muslimisch-extremistischen Kreisen immer mehr etabliere und hoffähiger werde. Es sei gefährlich für unsere Zivilgesellschaft, wie ein solcher Vorgang wie die Leugnung des Holocaust durch Richard Williamson und dessen drei Tage später erfolgende Aufhebung der Exkommunizierung, in bestimmten Kreisen als Signal aufgenommen werde, in denen man ohnehin schon wenig bewegen könne. Genau deshalb sei man als gesellschaftlich engagierter Mensch aufgerufen, an jeder Stelle den Mund aufzumachen und zu widersprechen. Das sei der Hintergrund des Antrages.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE ab.

 

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