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Beratungsinhalt: Ratsherr RIECHEY stellt dar, dass die Konzessionsabgabe an die Stadt etwa
sechs Prozent des Strompreises ausmache. Die gesetzlich vorgegebenen Netzgebühren,
die die E.ON Avacon einnehme, machten hingegen 27 % aus und liegen damit um ein
vielfaches höher. Dieses Geld sei eigentlich dafür gedacht, in die Instandhaltung der Leitungen zu
investieren. Im Jahre 2006 haben die Versorger in Deutschland 21 Milliarden
Euro an Netzentgelten eingenommen, jedoch nur 0,9 Milliarden Euro investiert.
Trotz gesetzlich sinkender Netzentgelte könne daher mit dem Netz weiterhin
kräftig verdient werden. Die vier größten Energiekonzerne teilten sich
ungestört den deutschen Markt auf und besäßen beinahe die alleinige Hoheit über
die Stromleitungen, sie verfügten über 80 % der Kraftwerke und über 95 % des
Stromnetzes. Dies bedeute quasi eine Monopolstellung, mit der sie ihre
Marktmacht missbrauchten, um überhöhte Entgelte für Strom und Gas
durchzusetzen. In den letzten acht Jahren seien die Strompreise in Deutschland
um 46 % angestiegen, gleichzeitig explodierten die Konzerngewinne, bei der E.ON
auf 9,2 Milliarden Euro im letzten Jahr. Nicht ohne Grund sei der Strompreis in
Deutschland um fünfzig Prozent höher als im europäischen Ausland. Die
Bundesnetzagentur habe ein Verfahren gegen die vier Marktführer eingeleitet mit
dem Vorwurf des Missbrauches des Strommarktes für Monopolstrukturen, indem
Milliarden an Einnahmen zu Lasten der Energiekunden erzielt würden. Dies sei
für seine Fraktion Diebstahl durch die Steckdose. Der Bundesgerichtshof habe
inzwischen den Konzernen E.ON und RWE aufgrund ihrer marktbeherrschenden
Stellung verboten, sich weiter bei Stadtwerken einzukaufen. Preisvergleiche
zwischen den vier größten Versorgern und kommunalen Stadtwerken zeigten, dass
die Stadtwerke überwiegend günstigere Preise haben, dies belegten aktuelle
Studien unter anderem des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung.
Konzerne seien nun einmal den Aktionären mit einer Gewinnmaximierung
verpflichtet, kommunale Stadtwerke hingegen dem Allgemeinwohl mit dem Ziel,
alle Bürger mit kostengünstiger Energie zu versorgen. Darum wolle seine
Fraktion die Strom- und Gasversorgung in Lüneburg kommunalisieren. Dies sehe
auch die Mehrheit der Bevölkerung quer durch alle Parteien so, wie eine
Forsa-Umfrage zeige. Die Stadt habe mit dem Auslaufen der Konzessionsverträge ein
garantiertes Rückkaufrecht. Viele andere Städte hätten den Rückkauf ebenfalls
geprüft und bereits vorgemacht, gute Beispiele seien Nümbrecht, Bergkamen,
Wolfhagen oder Ahrensburg. In Lüneburg wolle man den Vertrag hingegen wieder
langfristig mit der E.ON Avacon verlängern, da stelle sich die Frage, wie man
dazu kommen könne. Dies sei weder ausführlich vorgestellt, noch politisch
beraten worden. Erst vorgestern seien die Fraktionen erstmalig über das Thema
informiert worden. Der Vertrag sei dabei nicht einmal zugeschickt, sondern
lediglich ein Einsichtsrecht eingeräumt worden. Der letzte Zwischenbericht sei
vor drei Jahren gegeben worden, damals jedoch noch dem alten Stadtrat. Hier
werde eine Entscheidung übers Knie gebrochen, das sei unverantwortlich für die
Nachwelt. Er habe ein ausführliches Gespräch geführt mit dem
Geschäftsführer der Stadtwerke Wolfhagen, der die Vorgehensweise, aber auch die
Schwierigkeiten des dortigen Rückkaufes erläutert habe. Die E.ON habe dort,
nach Auskunft des Geschäftsführers, im Vorfeld der Entscheidung massiv Einfluss
genommen auf die kommunalen Mandatsträger. Seit kurzem könne man Parteispenden
im Bundestag einsehen, dabei habe er festgestellt dass die E.ON im Jahre 2006
an die SPD und an die CDU jeweils 150.000 Euro und an die FDP 50.000 Euro
gespendet habe, die gleichen Summen auch im vergangenen Jahr. Mit dem Geschäftsführer der Gemeindewerke Nümbrecht habe er
ebenfalls gesprochen, die Gemeinde habe das Netz zurückgekauft trotz ebenfalls
angespannter Haushaltslage. Die Kreditaufnahme sei dennoch von der
Kommunalaufsicht genehmigt worden. Die Gemeindewerke schrieben schon im ersten
Jahr schwarze Zahlen. Der Geschäftsführer habe angeboten, dies in der heutigen
Ratssitzung vorzutragen, das sei im Verwaltungsausschuss vor zwei Tagen jedoch
abgelehnt worden. Er werfe der Mehrheit im Rat vor, sich gar nicht mit Alternativen
beschäftigen zu wollen. Er fordere, dass man die Entscheidung ernst nehme und
die Frist um ein Jahr verlängere, ehe man über einen Rückkauf entscheide. Beigeordneter BLANCK weist auf die einmalige Chance hin, nochmals darüber
nachzudenken, wie man mit dem Konzessionsvertrag umgehen solle, indem man der
beantragten Verschiebung der Entscheidung um ein Jahr zustimme. Herr Riechey
habe hier bereits umfassende Ausführungen vorgebracht, wenngleich einige
– etwa die Parteispenden – am Thema vorbeigingen. Die ernsthaften
Aspekte jedoch müssten angesprochen werden, so enthalte die Vorlage der
Verwaltung einen großen Fehler, da in der Zeitschiene aufgeführt worden sei,
dass der Zeitplan im Verwaltungsausschuss am 19.07.2007 vorgestellt wurde. Es
habe sich inzwischen herausgestellt, dass dies bereits im Jahr 2005 gewesen
sei, dies sei für die Beschaffung der entsprechenden Niederschrift
problematisch gewesen. Die damals gültige Zeitschiene habe ein anderes
Verfahren vorgesehen, dort habe ein knappes Jahr gelegen zwischen der Beratung
über die Verträge in den Gremien und dem Zeitpunkt, an dem der Entschluss zum
tragen komme. Dieser Zeitplan, der einem nur bekannt sein konnte, wenn man
schon 2005 in Rat gewesen wäre, sei jedoch nicht ausgeführt worden, vielmehr
habe ein komplett abweichendes Verfahren unter Ausschluss der Politik
stattgefunden. Die Politik wurde erst mit der Vorlage für den
Verwaltungsausschuss und der Möglichkeit der Akteneinsicht eingebunden, wodurch
alle pluralistischen Ideen seiner Fraktion über den Umgang mit dieser Materie,
etwa durch den Einbau von Konzessionen für ökologischen Strom in die Verträge
– wenngleich bekanntermaßen in engen Grenzen – nicht wahrgenommen
werden konnten. Es bestehe kein Bedarf, eine Entscheidung über die Verlängerung
des Vertrages zu treffen, da er zunächst ohnehin einfach weiterlaufe. Es gebe
nur den Bedarf, die Konzessionsverträge zum jetzigen Zeitpunkt gerade nicht
zu verlängern und die Verwaltung aufzufordern, eine Arbeitsgruppe aus Rat und
Verwaltung zu bilden, in der gemeinsam darüber nachgedacht werde, welche
Konzessionsverträge für die Zukunft in Lüneburg abgeschlossen werden sollten.
Dabei könne geprüft werden, ob die Rekommunalisierung des Stromnetzes eine
Möglichkeit darstelle, ebenso wie die Finanzierung durch den Verkauf der bei
der Kurmittel GmbH vorliegenden Avacon-Aktien. Oberbürgermeister MÄDGE betont, dass in der öffentlichen Ratssitzung am 24.
April dieses Jahres gerade aufgrund einer entsprechenden Anfrage der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen der Zeitplan zu den Konzessionsverträgen dargestellt
worden sei, daran solle Herr Blanck sich erinnern. Ratsherr LUTHS hebt hervor, dass man in dieser ganzen Frage unterscheiden
müsse zwischen den Bereichen Energieerzeugung, Endverbraucher und Durchleitung
von Energie durch die Netze. Nur über Letzteres spreche man heute. Das Netz
liege auf kommunalem Grund, wofür eine Konzessionsabgabe von zuletzt rund 3
Millionen Euro gezahlt werde. Diese Einnahme stehe der Stadt ganz gut zu
Gesicht. Würde man als Stadt das Netz übernehmen, fielen zu allererst einmal
diese drei Millionen Euro weg, zudem habe die Stadt erhebliche Investitionen zu
erbringen. Dies sowohl für den eigentlichen Netzrückkauf – hier stehe ein
Summe von rund 50 Millionen Euro im Raum – und zum anderen für Maschinen,
Räume und dergleichen von rund 30 Millionen Euro. Gigantische Zahlen also.
Selbst wenn nur die Hälfte dieser Summen erforderlich würde, könnte die Stadt
sie nicht ohne weiteres bewältigen, sondern müsse sie finanzieren. An der
Stelle komme die Kommunalaufsicht ins Spiel. Die Verschuldung in Lüneburg liege
derzeit bei etwa 1.246 Euro pro Einwohner und damit deutlich höher als bei
vergleichbaren Kommunen mit dort ca. 1.000 Euro je Einwohner. Zwar handle es
sich bei der Energieversorgung um Daseinsvorsorge, aber keineswegs um eine
Pflichtaufgabe, daher würde die Kommunalaufsicht einer derart hohen
Kreditaufnahme allein aufgrund der enormen zusätzlichen Zins- und
Tilgungsbelastung kaum zustimmen. Zudem müssten diese Kosten selbstverständlich
auf den Strompreis aufgeschlagen werden. Alles in allem mache es aus heutiger
Sicht keinen Sinn, so vorzugehen, wie die Linke es sich vorstelle. Aufgrund der
wenigen Möglichkeiten, die man allein aus haushaltsrechtlichen Erwägungen habe,
brauche man sich mit dieser Variante nicht näher beschäftigen. Beigeordnete LOTZE befürwortet für ihre Fraktion eine bürgerorientierte und
leistungsfähige Daseinsvorsorge in öffentlicher Verantwortung, weswegen man
grundsätzlich Sympathien für einen Rückkauf hege. Gleichwohl werde man dem
Antrag nicht zustimmen können, weil der Preis für die Rekommunalisierung zu
hoch und das Risiko, welches man eingehen müsse, überhaupt nicht kalkulierbar
sei. Außerdem sei der Nutzen, der für die Bürgerinnen und Bürger erreicht
werden soll, nicht sicher. Sicher sei bei einem Rückkauf nur eines, nämlich
eine Kreditaufnahme im hohen zweistelligen Millionenbereich, wodurch man die
Stadt handlungsunfähig machen würde, ungeachtet einer Genehmigung oder
Versagung durch die Kommunalaufsicht. Es sei richtig, dass in einigen Gemeinden
über die Kommunalisierung der Energieversorgung nachgedacht werde, einige haben
auch bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. In der von Herrn Riechey als
Beispiel aufgeführten Gemeinde Nümbrecht herrschten jedoch andere Bedingungen
als in Lüneburg und gerade auf die jeweiligen lokalen Bedingungen komme es an.
Darauf müsse hingewiesen werden, da man ansonsten, wie die Linke, falsche
Erwartungen wecke. Die Linke suggeriere, dass eine Kommunalisierung
gleichbedeutend sei mit kostengünstigem Bezug von Energie und einem erhöhten
Einsatz erneuerbarer Energien. Alleine mit dem Kauf des Versorgungsnetzes lasse
sich das angestrebte Ziel jedoch nicht erreichen, es so darzustellen, sei
schlicht falsch und unverantwortlich. Im Verwaltungsausschuss habe Frau Hobro
deutlich gemacht, dass es eine Trennung zwischen dem Versorgungsnetz, dem
Energieerzeuger, dem Lieferanten und dem Endverbraucher gebe. Mit dem
Versorgungsnetz allein habe man noch keinen Einfluss auf die Strompreise und
auf die Art des Stromes. Den Wunsch nach kostengünstigem Strom für die Bürger und
nach einem hohen Anteil erneuerbarer Energien teilten durchaus alle Parteien.
Dafür brauche man allerdings auch den Energielieferanten durch eigene
Stadtwerke oder einen strategischen Partner. Das jedoch geben die Bedingungen
in Lüneburg – wie bereits von Herrn Luths dargestellt – nicht her.
Sie lehne es angesichts der momentanen finanziellen Situation ab, zu diesem
Zweck weitere Kredite aufzunehmen, gleich in welcher Höhe. Es sei bereits von
den nachfolgenden Generationen gesprochen worden, sie stelle die Frage, ob man
in dieser Situation einen Kredit über fünfzig Millionen Euro aufnehmen solle,
dessen Zins- und Tilgungsleistungen notwendige Investitionen, nicht zuletzt im
Kita- und Schulbereich, auf viele Jahre hinaus unmöglich machen würde. Neben
dem Geld fehle der Stadt aber auch das technische know-how, so dass man
Stadtwerke völlig neu aufbauen müsse, hierzu gehörten unter anderem Gebäude,
Personal und die Netzunterhaltung. Dies vor dem Hintergrund sinkender
Netzentgelte. Für die kommunale Daseinsvorsorge unterhalte die Stadt die
LüWoBau, das Anna-Vogeley-Seniorenzentrum, das Klinikum und sie habe das
Landeskrankenhaus gekauft. Dort setze ihre Fraktion die Prioritäten in Lüneburg,
nicht jedoch auf dem unsicheren Spielfeld der Energiewirtschaft. Lieber nutze
sie den vorhandenen Einfluss auf die E.ON Avacon durch den Energiebeirat und
durch das Mandat im Aufsichtsrat. Gerne nutze die Stadt auch ihre Vorteile
durch den Energieversorger, nämlich die Arbeits- und Ausbildungsplätze, die
Ansprechpartner vor Ort und die Dividende. Daher könne das Fazit nur lauten:
Keine Kommunalisierung unter den gegebenen Bedingungen. Ratsherr SOLDAN merkt an, dass die Politik aufgrund steigender Gewinne bei
den Energieversorgern und steigender Kosten bei den Endverbrauchern zum Handeln
gezwungen worden sei. Das Ergebnis sei eine Liberalisierung des Strommarktes
und die Pflichttrennung der Netzbetreiber von den Stromerzeugern. Im Antrag der
Linken werde gefordert, dass die Stadt Lüneburg das Energieverteilungsnetz
kaufe. Dies sei kein Rückkauf, weil das Netz, so wie es heute existiere, nie im
Besitz der Stadt gewesen sei. Stadtwerke habe es in Lüneburg höchstens bis 1930
gegeben. Die Kosten für den Netzkauf seien wiederholt angesprochen worden, er
wolle daher auf die Einnahmeseite blicken. An Einnahmen habe man nach dem Kauf
höchstens die Netznutzungsentgelte, die betriebswirtschaftlich zu kalkulieren
seien. Sicherlich werde man keine Stadtwerke gründen mit der Inkaufnahme,
Verluste zu machen, die die Stadt durch den Einsatz von Steuergeldern auffange.
Die Stadt müsse vielmehr – genauso wie jeder andere Netzbetreiber –
mindestens mit einer schwarzen Null dastehen. Ein Vergleich der Netznutzungsentgelte verschiedener Städte
und Gemeinden mit dem Netzbetreiber in Lüneburg brachte folgendes Ergebnis: In
Tübingen liegen sie um 3,9 % über den Entgelten der E.ON Avacon, bei den
Stadtwerken Münster um 7,5 %, bei den Stadtwerken Bad Windsheim um 11,3 %, in
Leipzig um 24 %, in Saarbrücken um 45 % und bei den Gemeindewerken in Nümbrecht
um 42 %. Er frage sich, wie dann günstigerer Strom für die Bürger
bereitgestellt werden könne. Natürlich wolle man in Lüneburg den Anteil
erneuerbarer Energien erhöhen und die Kraft-Wärme-Kopplung forcieren. Diese
Vergütungskosten jedoch müsse der Netzbetreiber entrichten und in die
Berechnung der Netznutzungsentgelte einbringen. Das bedeute, dass ein kleiner
Betreiber, der möglichst viele Erzeuger erneuerbarer Energien an sich binde,
hohe Kosten habe, die auf die Netznutzungskosten umgelegt würden – zu
Lasten der Bürger. Ein niedriger Strompreis komme so nicht zustande. Seine Fraktion habe schon vor Wochen intensive Gespräche mit
der Verwaltung über den Konzessionsvertrag geführt und sich über den Antrag der
Linken Gedanken gemacht. Je größer die Not, desto größer die
Risikobereitschaft, das sei eine bekannte Tatsache. Die Not sei aufgrund der
hohen Energiekosten tatsächlich groß, dennoch dürfe die Risikobereitschaft der
Stadt nicht überhand nehmen. Nachhaltige Politik heiße nicht, auf Teufel komm
raus etwas Neues zu machen, sondern eine wirkliche Vorsorge für die Zukunft zu
betreiben. Er verwahre sich im übrigen gegen den Vorwurf der Korruption durch
Parteispenden. Vortrag von Stadtkämmerin LUKOSCHEK zur Thematik: Aufgabe der Verwaltung sei es, dem Rat aufzuzeigen, welche
Möglichkeiten bestehen, zu gestalten und Entscheidungen zu treffen. Bei der
Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten müsse man sich überlegen, wie die Kette
der Wertschöpfung in der Energiewirtschaft aussehe und wo sich die Stadt in
dieser Kette befinde. Es beginne bei der Energiegewinnung, die auf vielfältige
Weise erfolgen könne, mit der Grundunterscheidung zwischen fossilen Energien
und erneuerbaren Energien. Die Energie werde von Unternehmen produziert und an
der Energiebörse in Leipzig gehandelt. Gekauft werde die Energie von Betrieben
– einerlei ob große E.ON oder kleine Stadtwerke – die später an die
Kunden liefern wollen. Hier komme die Stadt ins Spiel, da Transport und
Verteilung mittels Netzen erfolge. Überregionale Netze leiten den Strom vom
Kraftwerk bis an das Ortsnetz, dieses Netz werde vom Konzessionsvertrag nicht
berührt. Dieser betreffe ausschließlich das örtliche Versorgungsnetz, mit dem
der Strom – als Mischprodukt aller Arten von erzeugtem Strom – an
einzelne Haushalte verteilt werde. Es sei gesetzlich festgelegt, dass durch diese Leitungen die
Versorgung des Letztverbrauchers, also der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, mit
Strom diskriminierungsfrei sichergestellt werden müsse. Dies werde durch einen
Konzessionsvertrag geregelt. Hierzu gebe es eine Anreizregulierung, das bedeute, dass es
eine Marktaufsicht – die Bundesnetzagentur – gebe, durch die
geprüft werde, wie der Netzbetrieb laufe. Die Anreizregulierung sei wichtig, um
eine einheitliche Versorgung und Netzqualität aller Kommunen zu erreichen. Die
Marktaufsicht prüfe auch, ob das Preisniveau für die Netzentgelte angemessen
sei, was in letzter Zeit zu Kostensenkungen geführt habe. Zudem gebe es eine
Deckelung durch Erlösobergrenzen für Netzentgelte. Den Netzbetreibern werde
eine umfangreiche Veröffentlichungs-, Dokumentations-, Berichts- und
Auskunftspflicht auferlegt mit dem Ziel eines sehr transparenten Verfahrens.
Der vorhandene Netzbetrieb sei weitgehend reguliert und kontrolliert und biete
kaum Spielraum für eine Preisgestaltung bei den Netzentgelten. Ziel der
Anreizregulierung sei eine Entflechtung, d.h. der Betrieb des Versorgungsnetzes
und die Lieferung von Energie sind strikt voneinander zu trennen, ebenso vom
Energieerzeuger. Es sind jeweils getrennte Betriebe notwendig. Der Energievertrieb erfolge durch Unternehmen mit direktem
Kontakt zum Kunden. Der Kunde habe hier die Möglichkeit zu entscheiden, wer ihm
welchen Strom und zu welchem Preis liefert. Gewollt sei ein Wettbewerb unter
verschiedenen Anbietern zur Preisfindung am Markt. Die Landeszeitung habe
hierzu in einem Artikel vom 27. November einen Preisvergleich angestellt
zwischen Energieversorgern aus der Region. Das Ergebnis sei bekannt,
Preissteigerungen gebe es überall, das Niveau liege durchweg über dem der E.ON.
Es liegen Anträge vor, das Versorgungsnetz zu erwerben. Im
Rahmen des Erwerbs entstünden zunächst einmal Kosten für Beratung und
Begleitung, da vor allem der Wert des Netzes durch Gutachter ermittelt werden
müsse. Niemand wisse, wie viel das Netz genau wert sei, sie selbst arbeite mit
einem Schätzwert von 30 – 40 Millionen Euro als absolutem Minimum. Ein
Überblick über die von verschiedenen Gutachtern angesetzten Beratungskosten
laufen auf einen Betrag von etwa 350.000 Euro für die Begleitung des Verfahrens
hinaus. Der Kaufpreis für das Netz müsse, wie bereits verschiedentlich
vorgetragen, unzweifelhaft durch Kredite finanziert werden. Dafür benötige die
Stadt die Genehmigung der Kommunalaufsicht, deren Stellungnahme die Stadt
– um nicht von vornherein auf Ablehnung zu stoßen nur mit dem geringsten
geschätzten Kaufpreis von 40 Millionen Euro – eingeholt habe. Danach würde
die Kreditaufnahme auf das gesamte Kreditvolumen der Stadt angerechnet, was zur
Folge hätte, dass praktisch kein Spielraum für andere Investitionen mehr
bestehe. Durch die Übernahme des Netzes fielen zudem laufende Kosten an für den
Schuldendienst, Personal- und Sachaufwand sowie Abschreibungen. Zur
Instandhaltung werde man auch durch die Bundesnetzagentur gezwungen, der
Aufwand liege nach Erfahrungswerten von Netzbetreibern zwischen einem und
zwanzig Prozent des Netzwertes. Die Einnahme aus der Konzessionsabgabe, also
sozusagen die Gebühr für das Wegerecht, falle weg, stattdessen müsse sich die
Stadt mit dem Thema Netznutzungsentgelte befassen. Dabei sei die Stadt wiederum
der Bundesnetzagentur unterstellt. Zudem werde die von der E.ON Avacon gezahlte
Gewerbesteuer im Falle der Standortaufgabe entfallen. Wolle man den Kauf ernsthaft in Erwägung ziehen, brauche die
Stadt einen strategischen Partner. Die Stadt unterscheide von allen genannten
Kommunen das fehlende know-how, da die Stadt schon seit langer Zeit selbst
keine Stadtwerke mehr besitze. Die Suche nach einem solchen Partner erfordere
eine europaweite Ausschreibung, was weitere Kosten verursache. Die Erweiterung
der Begleitung durch Gutachter um den Punkt ‚Ausschreibung eines
strategischen Partners’ verdoppele nach Ermittlungen bei seriösen
Beratungsunternehmen in etwa die zuvor genannten Kosten von 350.000 Euro.
Gründe man Stadtwerke oder kaufe sich bei solchen ein, müsse man Stammkapital,
bzw. eine Stammeinlage einbringen, deren Höhe erst durch konkrete Verhandlungen
festgelegt würde. Diese kämen aber auf jeden Fall zusätzlich zu den Kosten für
den Kauf und für die Beratungsleistungen. Eine Konzessionsabgabe sei dann
wieder zu zahlen, da das Netz an einen Dritten weitergehe, sofern es sich um
ein Stadtwerk handle, an dem die Stadt beteiligt sei, vermindere sich die
Konzessionsabgabe durch eine Besteuerung, um keine verdeckte Gewinnausschüttung
zu verursachen. Ein neu zu errichtender Betrieb müsse zudem Gewerbesteuer
zahlen, das sei für die Stadt selbst zwar von Vorteil, die Höhe dürfte jedoch
geringer sein als die jetzige Zahlung durch die E.ON. Beim Kauf des Netzes müsse man stets bedenken, dass man auch
weiterhin keinerlei Einfluss auf die Höhe der Strompreise der Energieerzeuger
habe, also derjenigen, die den Strom produzieren, da die Preise an der
Strombörse in Leipzig gehandelt werden. Ebenso bestünden keine
Einflussmöglichkeiten auf die Art, bzw. Herkunft des Stromes, der durch das
Netz fließt und auf die Preiskalkulation der verschiedenen Energieversorger. Daher schlage die Verwaltung vor, über einen
Konzessionsvertrag zu verhandeln. Darin habe man bestimmte Ziele für die Stadt
erreichen können: Man habe den Höchstsatz für die Konzessionsabgabe vereinbart.
Es sei durchaus ein Grund für Kommunen, das Netz zu erwerben, wenn man es in Verhandlungen nicht geschafft habe,
diesen Höchstsatz auszuhandeln. Die Stadt habe außerdem einen Preisnachlass von
10 % aus Nutzungsentgelten für alle städtischen Unternehmen erreicht. Aufgrund
der Gegebenheiten der historischen Altstadt mache sich die Stadt oftmals
Gedanken über einen höherwertigen Ausbau von Straßen, etwa durch die Verwendung
einer besonderen Pflasterung. Im Vertrag habe die E.ON zugesagt, sich an den
Kosten für einen solchen höherwertigen Ausbau zu beteiligen, wenn dort
Leitungen neu zu verlegen sind. Sehr wichtig für die Region seien auch die
Zusage der Standortsicherung durch die E.ON – gerade im Hinblick auf die
Gewerbesteuereinnahme – und die Anhebung der Zahl der Ausbildungsplätze. Der aus heutiger Sicht relativ frühe Beginn der Zeitschiene
bereits im Jahre 2005 liege begründet in der Notwendigkeit der Fristwahrung
beim Ablauf von Konzessionsverträgen. Die Aufforderung zur Abgabe eines
Angebotes an die E.ON Avacon sei, darauf wolle sie hinweisen, erst ergangen,
nachdem im April die Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat
beantwortet wurde, nämlich am 26. Juni. Die E.ON sei im übrigen das einzige
Unternehmen gewesen, das eine Interessenbekundung abgegeben habe. Ratsherr RIECHEY erklärt, dass man Dinge sicherlich politisch
unterschiedlich bewerten könne, er finde die Darstellung der Stadtkämmerin
jedoch höchst unanständig, da sie immer nur die Nachteile und Probleme
dargestellt habe. Er bitte um eine sachliche Darstellung. Sie habe ausgeführt,
dass die Konzessionsabgabe ebenso wegfallen würde wie die Gewerbesteuer, das
sei zwar richtig, es sei aber mit keinem Wort darauf eingegangen worden, dass,
wie von ihm ausgeführt, die Netznutzungsentgelte mit 26 % des Strompreises
deutlich höher liegen, als die Konzessionsabgabe mit sechs Prozent. Das bedeute
eine um das fünffache höhere Einnahme, das werde einfach unterschlagen. Das
gehöre jedoch zur Debatte dazu, man könne bei diesen Zahlen nicht von einem
unkalkulierbaren Risiko sprechen. Ebenso habe er die Einnahme von 21 Milliarden
Euro an Netznutzungsentgelten genannt, von denen nur ein Bruchteil investiert
worden sei. Natürlich wisse er von der Trennung der Sparten
Stromerzeugung, Vertrieb und so weiter, er habe sich, unter anderem durch eine
Akteneinsicht, intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt. Daher sage er, dass
der Erwerb der Netze das Fundament für die angestrebte Gründung von Stadtwerken
bilde. Es sei dann selbstverständlich möglich, mit den Mitarbeitern der E.ON
über eine Übernahme zum Aufbau neuer Strukturen zu sprechen. Ebenso
selbstverständlich könne man dann Sozialtarife einführen oder auf Ökostrom
setzen, das sei aber erst der zweite Schritt, für den erst einmal ein Anfang
gemacht werden müsse mit dem Erwerb des Netzes. Nicht alle Kommunen, die
Stadtwerke errichtet haben, hatten zuvor bereits Stadtwerke oder strategische
Partner. Ein Beispiel sei die Gemeinde Nümbrecht, die es geschafft habe und
heute bereits Netzleitungen von anderen Städten hinzukaufe. Frau Lukoschek habe dargestellt, dass es kaum Spielraum in
diesem Konzessionsvertrag gebe, genau das sei der Grund, warum er ihn für ein
ungeeignetes Instrument halte. Mit dem Betrieb des Netzes habe man bessere
Aussichten als die paar Brotkrumen, die einem über die Aushandlung des
Vertrages schmackhaft gemacht werden sollen. Oberbürgermeister MÄDGE weist den Vorwurf, die Stadtkämmerin habe sich
unanständig verhalten, entschieden zurück. Dieser Vorwurf sei eine Zumutung und
ihm in seiner Zeit im Rat bisher nicht untergekommen. Stadtkämmerin LUKOSCHEK betont nochmals die unbedingte Notwendigkeit, in den
Ausführungen und in den Presseberichten darauf zu achten, welche Netze mit
welchen Prozentzahlen genannt werden. Netznutzungsentgelte seien ein Teil des
Strompreises, sie seien aber der Teil, der am schwersten zu kalkulieren ist.
Durch die enorme Regulierung sei er auch am wenigsten zu beeinflussen. Genau
das sei der Sinn und Zweck der Anreizregulierung, die dafür sorge, dass die
Netzentgelte möglichst auf einem Niveau gehalten werden. Beigeordneter BLANCK würde sich etwas mehr Ruhe in der Debatte wünschen. Es sei
der Anschein entstanden, als ob Grüne und Linke eine heilige Kuh schlachten
wollten, da doch alles unternommen werde, den Eindruck zu erwecken, dass es
einen Zwang gebe, die Konzessionsverträge heute abzuschließen. Der Rat sei
jedoch frei in seiner Entscheidung und sollte erkennen, dass es offensichtlich
noch einen erheblichen Diskussionsbedarf – auch in der Bevölkerung
– gebe. Es gebe die Möglichkeit, den Vertragsabschluss zu verschieben, um
sich nochmals sachlich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Verwaltung
könnte der Politik dann noch einmal ausführlicher, emotionsfrei und in Ruhe
darstellen, was sie erreicht habe und die Politik könne noch einmal ihre
Anregungen einbringen. Aus diesem Grund schlage seine Fraktion eine
Arbeitsgruppe vor, die ganz konkret die vorhandene Zeit nutzen und an dem Thema
arbeiten könne. Frau HOBRO stellt klar, dass man sich über die Aufgaben einer solchen
Arbeitsgruppe klar sein müsse. Eine Arbeitsgruppe im Zusammenhang mit den
Verhandlungen über die Konzessionsverträge könne wenig bewirken, da man durch
die Konzessionsabgabenverordnung sehr streng begrenzt sei in den
Regelungsmöglichkeiten. Hier müsse man sich an enge gesetzliche Vorgaben
halten, innerhalb derer bereits jetzt der größtmögliche Erfolg erzielt werden
konnte. Oberbürgermeister MÄDGE unterstreicht, dass mit dem neuen Konzessionsvertrag
in der jetzigen Form das – im Rahmen der gesetzlichen Grenzen –
Optimale durch die Verwaltung ausgehandelt worden sei. Die anderen Fragen müsse
man über den Energiebeirat und über die kommunalen Anteile an der E.ON Avacon
auf dem sehr mühsamen politischen Weg über die Energiepolitik in Landtag und
Bundestag voranbringen. Hier habe man durchaus schon einiges erreicht und werde
weiter Druck ausüben. Im Konzessionsvertrag habe man vereinbart, dass sich die
E.ON Avacon im Rahmen des rechtlich möglichen an kommunalen
Klimaschutzprogrammen wie der Klimaleitstelle beteilige. Gutachterkosten würden vielfach als Totschlagargument
dargestellt, er bitte jedoch zu bedenken, dass jeder private Hauskäufer sich
ein Wertgutachten einhole. Das gelte umso mehr bei einem Objekt dieser
Größenordnung. Das Leitungsnetz sei seit 1930 kontinuierlich auf- und ausgebaut
worden und befinde sich in einem guten Zustand. Dennoch müsste man den Wert
genau feststellen für den Fall des Kaufes und für eine eventuelle
Eröffnungsbilanz. Um ein Gutachten dafür komme man nicht herum, daher müsse man
die Kosten auch ehrlich aufzeigen. Für den Aufbau eines Stadtwerkes fordere die
Kommunalaufsicht zudem ein weiteres Fachgutachten, welches belege, ob die
Gründung nachhaltig sei, ob also die finanziellen Verpflichtungen aus der
Kreditaufnahme erfüllt werden könnten und der laufende Betrieb einschließlich
Rücklagenbildung gewährleistet sei. Gutachterkosten würden daher nicht als
Totschlagargument benutzt, sondern seien zwingend erforderlich. Diese
Gutachterkosten müssten zunächst einmal auf jeden Fall aufgewendet werden, da
auch eine Arbeitsgruppe diese Leistung nicht erbringen könne. Hinzu kämen die
Kosten einer europaweiten Ausschreibung, alles zusammen betrage rund eine
Million Euro. Hier müsse zunächst einmal aufgezeigt werden, wo im Haushalt man
einen solchen Betrag einsparen wolle, da die Kommunalaufsicht eine solche Summe
als zusätzliche Ausgabe nicht genehmigen würde. Nicht unterschätzen dürfe man die Eigenkapitalausstattung
eines solchen Betriebes durch die Stadt, damit Investitionen getätigt werden
können. Selbst wenn man es denn schaffe, Stadtwerke aufzubauen, müsse man sich
dem Risiko des Wettbewerbs mit den anderen Anbietern am Markt stellen. Die
Verwaltung sei verpflichtet, diese Risiken für den Rat zu definieren und
aufzuzeigen, die sich im Falle eines durchaus möglichen Misserfolges nicht nur
auf die Stadt selbst auswirken, sondern auch den Bestand der anderen
städtischen Unternehmen wie etwa des Klinikums gefährden würden. Daher komme
die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass ein Kauf zum jetzigen Zeitpunkt nicht
realisierbar sei. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der
FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der
Fraktion DIE LINKE ab. Der
Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag der Fraktion DIE LINKE mehrheitlich
mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion bei 2 Ja-Stimmen der Fraktion
DIE LINKE und 4 Ja-Stimmen aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
sowie 2 Enthaltungen aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. (14,
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