Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsherr RIECHEY erklärt, keineswegs gegen den Bau eines Kindergartens oder
einer Sporthalle zu sein, dennoch könne seine Fraktion den Bebauungsplan nicht
mittragen, mehrere Dinge bei der Planung seien nicht akzeptabel. Mit der
St.Ursula-Schule solle dort aus öffentlichen Geldern eine katholische
Bekenntnisschule errichtet werden, das sei angesichts der verfassungsmäßigen
Trennung von Staat und Religion nicht richtig. Wenn sich die katholische Kirche
unbedingt eine solche Schule leisten wolle, solle sie diese auch privat
finanzieren. Seine Fraktion wünsche sich an diesem Standort eine Grundschule
für alle Kinder, gleich welcher Konfession. Man könne doch nicht ernsthaft
glauben, dass beispielsweise islamische Eltern ihre Kinder auf eine katholische
Bekenntnisschule schicken würden. Er kritisiere nicht den Neubau einer Musikschule, er diene
in diesem Falle jedoch einzig und allein dem Zeck, das historische Gebäude An
der Münze verkaufen zu können. Betroffen seien von einem solchen Verkauf aber
auch das Jugendzentrum, sowie weitere soziale und politische Gruppen, die dort
Räume nutzten. Diesen werde auf dem neuen Gelände kein Ersatz bereitgestellt,
sie stünden künftig ohne Räume da. Auch aus diesem Grunde habe er
Bauchschmerzen bei diesem Bebauungsplan. Sicherlich komme nun das Argument,
dies später noch diskutieren zu könne. Das sei sicher richtig, er bemerke aber
eine Scheibchentaktik: Vorhaben würden kurz vorgestellt – wie auch die
Frommestraße – und man denke, sie kämen dann noch einmal in den Rat und
erkenne dann, dass sie doch nicht wiederkommen und dann stehe man da. Daher
sage seine Fraktion bei dem Bebauungsplan gleich, dass sie das Ganze so nicht
mittragen werde. Das wichtigste Argument sei jedoch das Verfahren, mit dem
das Gelände bebaut werden solle, nämlich als PPP-Verfahren. Diese unschöne und
altbackene Praxis sei in vielen Gemeinden Anfang der neunziger Jahre in Mode
gekommen, in Lüneburg habe sich anscheinend noch nicht herumgesprochen, dass
dieses Modell langfristig meistens teuer sei als ein Eigenbau. Ein solches
Modell könne für denjenigen etwas weniger nachteilig ausgehen, der ein
lediglich kurzzeitiges Übergangsinteresse an einem Objekt habe und nach wenigen
Jahren wieder hinaus wolle. Hier solle doch aber eine langfristige
Stadtentwicklung betrieben werden, wofür habe man denn dann eine LüWoBau und
einen Eigenbetrieb Gebäudewirtschaft ? Die Stadt sollte die Maßnahme in
Eigenregie durchführen und sich nicht von anderen Investoren an der Nase
herumführen und immer teurere Mieten andrehen lassen. Damit belaste man seinen
Ergebnishaushalt durch Mieten und schaffe kein Eigenkapital für die Bilanz. Er
wolle betonen, dass allein dies die Gründe seien, warum seine Fraktion den
Bebauungsplan nicht mittrage. Oberbürgermeister MÄDGE unterstreicht, dass das Planungsrecht eines der
höchsten Rechte des Rates darstelle. Wer den Bebauungsplan ablehne, müsse
gleichzeitig ganz klar sagen, was dann dort mit der Fläche passieren solle. Die
vorgetragenen Argumente hätten mit dem Bebauungsplan im übrigen nichts zu tun.
Ob man die Fläche mit einer Schule, einer Sporthalle oder was auch immer
bebaue, sei der Verwaltung durch einen grundsätzlichen Ratsbeschluss zur
Vorbereitung übertragen worden. Was dort gebaut werde, habe am Ende wiederum
der Rat zu entscheiden. Man sei in der glücklichen Lage, eine so große Anzahl an
Grundschülerinnen und –schülern in Lüneburg zu haben, dass es an den
Schulen keinen Leerstand gebe. Im Schulausschuss habe man besprochen, dass es
aufgrund der Enge am jetzigen Standort nicht in Frage komme, die
St.Ursula-Schule als Ganztagsschule – wie es eigentlich für jede
Grundschule gefordert werde – auszubauen. Damit auch diese mehr als
zweihundert Schülerinnen und Schüler die gleichen Bildungschancen wie alle
anderen haben – was von allen Seiten, auch von den Linken, gefordert
werde – müsse man die Schule an einen anderen Standort verlegen, wenn man
nicht wolle, dass die Schüler auf andere Grundschulen verteilt werden, die dann
aber zunächst einmal ausgebaut werden müssten. Es sei wichtig, einen
innenstadtnahen Standort zu erhalten. Anzumerken sei noch, dass bereits seit
vielen Jahren eine Quote von vierzig Prozent der Kinder an der St.Ursula-Schule
nicht katholischen Glaubens ist. Am
neuen Standort wolle man die Ganztagsbetreuung für Innenstadtkinder noch
– mit einem anderen Quorum als in der katholischen Schule –
erweitern, auch das sei im Schulausschuss vorgetragen worden. Die katholische
Schule sei im übrigen durch vier Verfassungsregelungen, nämlich Grundgesetz,
Staatsvertrag, niedersächsische Landesverfassung und Konkordat abgesichert,
diese Grundlagen könne man nicht vor Ort außer Kraft setzen, ohne sich
rechtswidrig zu verhalten. Man könne geteilter Meinung sein, ob die
Finanzierung aus staatlichen Geldern bei Bekenntniskirchen richtig sei, die
Regelungen seien aber für alle gleich, egal welcher Konfession. Der Standort der Grundschule auf dem Gelände an der
Sülztorstraße biete mit dem benachbarten Kinder- und Jugendtheater und der
Musikschule nicht zu unterschätzende Synergieeffekte, da die musikalische
Bildung bei Kindern bekanntlich ganz erhebliche Mängel aufweise. Die LüWoBau wäre sicherlich in der Lage, die Neubauten zu
errichten, jedoch müsse die Stadt dann die LüWoBau mit entsprechenden Zins- und
Tilgungsleistungen bedienen, sowie eine gewisse Gewinnbeteiligung zahlen
– ähnlich wie bei einem PPP-Verfahren, welches man auf verschiedene Arten
abwickeln könne. Die Stadt untersuche laufend die verschiedenen in Frage
kommenden Varianten einer Finanzierung. In Betracht kommen eigene
Kreditaufnahmen, sofern sie von der Kommunalaufsicht genehmigt würden, Bau
durch einen Dritten – was eine Ausschreibung erfordere – und
PPP-Verfahren, bei denen man die Sicherheit gleich bleibender Leasingraten über
einen langen Zeitraum und kein Finanzierungsrisiko habe. Mit der alten
Musikschule habe man ein Gebäude, dessen Räume weder behindertengerecht
gestaltet und erreichbar, noch unter energetischen Gesichtspunkten gedämmt
seien. Der Sanierungsbedarf sei mit rund fünf Millionen Euro zu beziffern. Ein
Neubau sei eine wirtschaftliche Lösung, allein aufgrund der Verringerung der
Energiekosten um mindestens zwanzig Prozent. Im jetzigen Musikschulgebäude
solle Wohnen in der Innenstadt ermöglicht werden, um Menschen wieder in den
Stadtkern zu bringen, nicht zuletzt mit dem gemeinsamen Ziel aller Fraktionen,
weniger Autoverkehr und mehr Radfahrer und Fußgänger in den Innenstadtbereich
zu bekommen. Die Verwaltung habe, zuletzt vor dem Jugendhilfeausschuss,
wiederholt eine Garantie abgegeben für ein Jugendzentrum Stadtmitte, da man
einen Jugendtreff unmittelbar in der Innenstadt brauche. Bei den anderen
sozialen und politischen Gruppen, genannt wurde beispielsweise amnesty
international, sei die Standortfrage nicht von derart elementarer Bedeutung, so
dass sich hier Lösungen finden lassen. Eine Bestandsaufnahme sei erfolgt, die
Gruppen würden auf dem Weg mitgenommen. Herr Riechey solle endlich aufhören mit
der Verleumdung, dass die Verwaltung das Jugendzentrum Stadtmitte kaputt machen
wolle. Nicht umsonst werde Lüneburg überall in Niedersachsen für seine gute
Jugendarbeit gelobt. Ratsherr MEIHSIES kann sich den Ausführungen des Ratsherrn Riechey nicht
anschließen, seine Fraktion führe keine Religionskämpfe und sei auch offen für
ein PPP-Verfahren, welches zur Zeit ergebnisoffen von der Verwaltung geprüft
werde. Privatisierung sei nicht immer Teufelswerk. Man habe ein Ganztagsangebot
im Stadtkern erreicht. Im Jugendhilfeausschuss sei diskutiert worden, dass man
erstens ein Jugendzentrum in der Stadtmitte brauche, zweitens die in der
Musikschule ansässigen Gruppen nicht von heute auf morgen vertrieben würden,
sondern nach geeigneten Räumlichkeiten für eine neue Heimat gesucht werde und
drittens die Nachnutzung der Gebäude offen sei. Das sei ein offener und länger
andauernder Prozess und er gehe davon aus, dass man zu einer vernünftigen
Entscheidung kommen werde. Hier sei nicht der richtige Platz für eine
Panikmache durch die Linke. Das Verfahren sei sauber abgelaufen, Herr Koch habe
deutlich gemacht, dass er mit den Gruppen im Gespräch sei. Die SPD habe
seinerzeit das Jugendzentrum etabliert, daher glaube er nicht, dass die
Mehrheitsfraktion ihre eigene Institution jetzt einfach so abschaffen wolle. Beigeordnete BAUMGARTEN geht ebenfalls auf die letzte Sitzung des
Jugendausschusses ein, Herr Kunath habe an der Sitzung teilgenommen, habe sich
dort aber überhaupt nicht am Prozess und an der Diskussion beteiligt. Es sei
ein umfangreicher Fragenkatalog aufgestellt und der Auftrag an die Verwaltung
gegeben worden, gemeinsam mit dem Jugendzentrum nach adäquaten Räumen in der
Innenstadt zu suchen. Das Jugendzentrum werde zusammen mit dem Jugendpfleger,
Herrn Heinrich, aufstellen, welche Veranstaltungen es ausrichten wolle und
welche Räume es brauche. Die Linke habe in den Ausschüssen nicht mitgearbeitet
und versuche nun im Rat, Stimmung gegen das Projekt zu machen, das könne es
nicht sein. Ratsvorsitzende THIELBÖRGER bittet zu beachten, dass das Thema
dieses Tagesordnungspunktes der Bebauungsplan Sülztorstraße / An den
Reeperbahnen sei, nicht das Jugendzentrum. Beigeordnete SCHELLMANN bekräftigt, dass in der Tat der Eindruck entstanden
sei, dass man einen Plan fasse, ehe man wisse, was mit den anderen Beteiligten,
u.a. „Neue Musik“ geschehe. Es wurde im Vorfeld gesagt, dass das
Jugendzentrum auch einen anderen Standort haben könne, das habe sie nicht als
sehr günstig empfunden, daher habe sie seinerzeit nicht zugestimmt. Der
Jugendhilfeausschuss, an dessen letzter Sitzung sie nicht selbst teilgenommen
habe, habe hier nun glücklicherweise eine andere Regelung beschlossen. Der
Prozess sei etwas holprig verlaufen und solange viele Dinge nicht geklärt
seien, werde sie sich weiterhin der Stimme enthalten. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe
SPD/CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei 5 Enthaltungen der
FDP-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE: 1.
Der
Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt, die im Rahmen zur Aufstellung des
Bebauungsplanes Nr. 120 „Sülztorstraße/An den Reeperbahnen“ gemäß §
3 Abs. 2 BauGB vorgebrachten Anregungen und Stellungnahmen in der mit
anliegendem Vermerk vorgeschlagenen Art und Weise zu behandeln. 2. Der Bebauungsplan Nr. 120
„Sülztorstraße/An den Reeperbahnen“
wird gem. § 10 BauGB als Satzung beschlossen. Die Begründung wird
beschlossen. 3. Die Anpassung des Flächennutzungsplanes
wird zur Kenntnis genommen. (06,
6, 61, 63) |
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