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Auszug - Impulsreferat Frau Honey Deihimi (Integrationsbeauftragte des Landes Niedersachsen)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Integrationsbeirates
TOP: Ö 4
Gremium: Integrationsbeirat für Hansestadt und Landkreis Lüneburg Beschlussart: (offen)
Datum: Mo, 02.06.2008    
Zeit: 16:00 - 18:45 Anlass: Sitzung
Raum: Glockenhaus (Erdgeschoss)
Ort: Glockenstraße, 21335 Lüneburg
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Frau Deihimi bedankt sich für die Einladung und geht zunächst auf den neu gebildeten Integrationsbeirat ein. Als besonders positiv bewerte sie die große Bandbreite in der Zusammensetzung der Mitglieder des neuen Integrationsbeirates IB. Neben der Präsenz der Verwaltungsspitze sei er insbesondere in dieser Hinsicht im Vergleich mit anderen Regionen durchaus „privilegiert“.

 

In ihren weiteren Ausführungen geht die Integrationsbeauftragte insbesondere auf zwei Lebensbereiche ein, die für eine erfolgreiche Integration von besonderer Bedeutung seien: Bildung und Arbeit.

 

Für den Zugang zur Bildung als wesentlicher Faktor für eine gelingende Integration sei die Beherrschung der deutschen Sprache von entscheidender Bedeutung. Dabei komme es sowohl auf die Sprachförderung in der Schule als auch auf die außerschulische Begleitung an. In diesem Zusammenhang spiele die Familie eine besondere Rolle, weil hier die notwendige Unterstützung für Kinder im Bildungsprozess stattfindet. Wie dies funktionieren kann, macht sie anhand einiger Beispiele in Niedersachsen deutlich. Darüber hinaus sei aber auch wichtig, dass zukünftig mehr Lehrer mit Migrationshintergrund eingestellt würden.

 

Integration in den Arbeitsmarkt stellt den zweiten wichtigen Bereich dar, in dem Maßnahmen zur Förderung der Integration vor Ort stattfinden müssten. Frau Deihimi bezeichnet es als gesellschaftspolitische Verpflichtung, Menschen mit Migrationshintergrund den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die niedersächsische Polizei werbe zum Beispiel aktuell gezielt junge Menschen mit Migrationshintergrund für eine Ausbildung.

Es  gehe auf der einen Seite darum, insbesondere die interkulturelle Kompetenz zu fördern, um Einstellungsbarrieren abzubauen. Andererseits gelte es, im Sinne des „Diversity Managements“ die kulturelle Vielfalt als Ressource zu begreifen. Die interkulturelle Kompetenz müsse im Hinblick auf den Servicegedanken in vielen Wirtschaftszweigen zum Standard in der Aus- und Fortbildung werden. Der Verwaltung kommt in dieser Hinsicht eine Schlüsselrolle zu, weshalb die Niedersächsische Landesregierung entsprechende Fortbildungsmodule z. B. in der Ausländerbehörde besonders fördert. Sie begrüße, dass die Stadt Lüneburg hierbei zu den Vorreitern gehöre.

 

Zusammenfassend kommt Frau Deihimi zu dem Schluss, dass der Übergang von der Schule in die Ausbildung in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden sei. Als Reaktion hierauf beabsichtige die Niedersächsische Landesregierung gemeinsam mit den Berufsbildenden Schulen, gezielte Hilfen zum Übergang insbesondere in den Berufsbildenden Schulen anzubieten, die bereits in der Schule und nicht erst, wie bisher üblich, danach ansetzen. Gezielte Sprachförderung, Berufscoaching, und berufliche Qualifizierung stellen wesentliche Bausteine dieses Programms dar. Sie empfiehlt, zukünftig stärker von Migranten geführte Unternehmen in diese Aufgabe einzubeziehen, da sie als Ausbildungsbetriebe wichtige Stützen im Integrationsprozess darstellen.

 

Integration geschieht vor Ort. Um die Kommunen in dieser Aufgabe zu unterstützen, finanziert das Land Niedersachsen die Migrationsberatung, Netzwerke wie die Kooperative Migrationsarbeit Niedersachsen und die Leitstellen für Integration. Der neu gegründete Integrationsbeirat nehme eine wichtige Funktion wahr als Ort der Rückkoppelung und als Forum des Meinungsaustausches. Frau Deihimi appelliert an die Mitglieder des Beirates, diesen Austausch im Hinblick auf die damit verbundenen Synergieeffekte zu nutzen und wünscht dem Integrationsbeirat viel Erfolg.

 

 

In der anschließenden Aussprache wird nochmals betont, wie wichtig es sei, Migrantenkinder bereits so früh wie möglich zu fördern. Vielfach müssten die Eltern jedoch erst von der Bedeutung des Schulbesuchs und der Teilnahme auch an außerunterrichtlichen Angeboten überzeugt werden. Hingewiesen wir auf Modellprojekte, deren Ziel es sei, Eltern in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken und sie zu befähigen, Verantwortung für den Bildungserfolg ihrer Kinder zu übernehmen.

Kritisch wird angemerkt, dass der Bildungserfolg nur dann garantiert sei, wenn eine Vermittlung in eine den Lebensunterhalt sichernde Beschäftigung möglich sei. Dies sei aufgrund der Situation auf dem Arbeitsmarkt früher erheblich einfacher gewesen. Selbst der Zugang zum Arbeitsmarkt für hochqualifizierte Migranten wie z. B. Ärzte sei häufig durch hohe Anforderungen und fehlende Nachqualifizierungsangebote verbaut.

 

Von Migrantenvertretern im Beirat wird hervorgehoben, wie wichtig die Einbeziehung der ausländischen Mitbürger sei. Man wünsche sich daher ein noch viel stärkeres Interesse ihrer Mitbürger an der Aufgabe der Integration. Es wird aber auch mehr Toleranz gegenüber Migranten eingefordert, wenn z. B. Schulkinder in einer ihrem kulturellen Hintergrund entsprechenden Kleidung an schulischen Angeboten teilnehmen wollten. Selbstkritisch wird auch der häufig nicht ausreichende Schulabschluss ihrer Kinder bemängelt. Vor diesem Hintergrund müsse die Wahrnehmung der schulischen Angebote der Mitwirkung durch die Eltern unbedingt verbessert werden. Wenn Integration gelingen solle, müssten Eltern sich darüber hinaus stärker für die einheimische Kultur interessieren. Eine Forderung geht dahin, dass Migranten insgesamt sehr viel stärker selbst aktiv werden und nicht warten, bis ihnen entsprechende Angebote gemacht werden.

Auf die Vielfalt kultureller und religiöser Hintergründe bezugnehmend, warnt die Integrationsbeauftragte davor, in der Auseinandersetzung mit religiösen Fragen allein auf den muslimischen Glauben zu reflektieren. In diesem Zusammenhang macht Herr Erdogan in seiner Funktion als Vorsitzender des Moscheevereins allen Anwesenden das Angebot, sich in der Moschee selbst ein Bild von wichtigen Aspekten des muslimischen Glaubens zu machen. Es gäbe bereits einige Schulen, die von diesem Angebot Gebrauch gemacht hätten.

 

Kontrovers wird die Frage diskutiert, ob Integration nicht viel eher hätte beginnen müssen. Angesichts der in Redebeiträgen immer wieder angesprochenen Defizite in der Umsetzung der Integration in der Vergangenheit greift die Integrationsbeauftragte die überwiegend formulierte Aufforderung, nach vorn zu schauen, auf und appelliert daran, nicht „klassisch deutsch“ immer nur auf die Mängel hinzuweisen sondern „angelsächsisch modern“ Lösungsvorschläge zu machen und sich aktiv an der Aufgabe der Integration zu beteiligen. Eine sachliche Auseinandersetzung werde aber nur dann möglich sein, wenn sich jeder von seiner eigenen Lebensgeschichte trenne und das gemeinsame Interesse in den Vordergrund stelle. Der Vorschlag, diesen Prozess mit einer gemeinsamen Teilnahme an einem interkulturellen Training zu unterstützen, findet breite Zustimmung. Der Hinweis von Frau Salig auf ein entsprechendes Angebot der AWOSOZIALe Dienste, das einen Zeitaufwand von zweimal 4 Stunden benötigt,  wird mit Interesse zur Kenntnis genommen.

 

Landrat Nahrstedt als Vorsitzender des Beirates hält daran anknüpfend auch gemütliche Beisammensein zum näheren Kennen lernen für hilfreich, damit die zukünftige Zusammenarbeit nicht durch Vorurteile belastet werde.

 

Abschließend bedankt sich der Vorsitzende bei Frau Deihimi für ihren informativen Vortrag und die Bereitschaft, den zahlreichen Fragen der Mitglieder Rede und Antwort zu stehen.

 

Beschluss: