Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsherr MEIHSIES erläutert, dass der Nordlandautobahnverein gemäß seiner
Satzung das Ziel habe, den Ausbau des überregionalen Straßennetzes zu forcieren
und zu beschleunigen. In Zeiten, in denen über Klimaschutz gesprochen werde,
seien die Argumente seiner Fraktion für einen Austritt aus dem Verein sehr
einleuchtend. Eine Stadt, die sich dem Klimaschutz verpflichtet habe, könne
nicht Mitglied sein in einer Institution, die mehr Zerstörung der Umwelt zum
Ziel habe. Zum Thema Klimaschutz habe man in den letzten zwei Wochen zwei neue
gravierende Nachrichten erhalten: Zum einen eine Neuauflage des IPCC-Berichtes,
der in nochmals verschärfter Form auf die Beschleunigung des Klimawandels durch
die CO2-Problematik hinweise. Die zweite Meldung sei im SPIEGEL nachzulesen,
wonach die Erdölförderung spätestens im Jahre 2020 zurückgehen werde. In beiden
Fällen habe man rund zehn bis fünfzehn Jahre Zeit, um klimapolitisch
gegenzusteuern. Es sei ein Anachronismus, überhaupt noch über eine Autobahn zu
reden. Wenn in einigen Jahren die Benzinpreise in’s Unermessliche
gestiegen seien, werde man sich umorientieren und der ÖPNV als Daseinsvorsorge stärker
ausgebaut werden müssen. Mit einer Kündigung der Mitgliedschaft setze man ein
Signal, dass man eine andere Verkehrspolitik und nicht die Fortsetzung der
rückwärtsgewandten alten Politik aus den sechziger Jahren wolle. Seine Fraktion
fordere an dieser Stelle Nachhaltigkeit ein aus der Konsequenz des
Vereinsaustrittes, bezogen auf die Beitritte zum Klimaschutzbündnis und als
Agenda21-Stadt. Das Licht auszuschalten, wie es eine Aktion in den nächsten
Tagen vorsehe, sei nichts im Vergleich dazu, was durch die Autobahn an
Klimaveränderung mit produziert werde. Mit der Unterstützung dieser Aktion bei
gleichzeitiger Forcierung der Autobahn widerspreche sich der Oberbürgermeister.
Ohnehin widerspreche sich die SPD in der Frage des Umweltschutzes ständig
selbst, der Bundesumweltminister als oberster Klimaschützer habe beim
Bundesparteitag der SPD gesagt, Umweltschutz sei ‚ursozialdemokratisches
Thema’. Das müsse man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Seine
Fraktion bitte um Unterstützung bei der Kündigung der Mitgliedschaft im
Nordlandautobahnverein im Sinne des Klimaschutzes in der Region und für
künftige Generationen. Beigeordnete BAUMGARTEN würde viele der von Ratsherrn Meihsies gesagten
Dinge als gut und nachahmenswert empfinden, wenn denn die Hansestadt Lüneburg
alleine auf diesem Planeten wäre und alleine entscheiden könnte. Als sozusagen
kleine Stadt Lüneburg im großen Gesamtgefüge werde man mit der Umsetzung von
Klima- und Umweltschutz alleine nicht weit kommen. Die Mitgliedschaft im
Nordlandautobahnverein sei wichtig, um bei Planungen und bei Ausbauten bereits
im Vorfeld über das zu diskutieren, was man nicht wolle und um Klima- und
Umweltschutzbelange mit einbringen zu können. Für einen Jahresbeitrag von 102
Euro sitze die Stadt Lüneburg mit am Tisch und erhalte Informationen, die sie
sonst nirgendwo für diesen Betrag bekommen würde. Daher müsse die Stadt
Lüneburg Mitglied des Vereins bleiben und ihre Fraktion werde den Antrag
ablehnen. Ratsherr SOLDAN schließt sich den Ausführungen von Beigeordneter Baumgarten
an. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen versuche einmal mehr den Mythos als
einzige Partei, die sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetze, aufrecht zu
erhalten. Mit dem großen Schild in der Hand, auf dem immer nur
‚dagegen’ stehe, komme man jedoch nicht weiter. Beigeordneter DÖRBAUM bekräftigt, dass das Thema Umweltschutz in der Tat ein
ureigenes Thema der SPD sei, daran werde sich auch künftig nichts ändern. Zum
Plädoyer für den Austritt aus dem Autobahnverein stelle er fest, dass ihm nicht
bekannt sei, dass dieser Verein jemals eine Autobahn beschlossen habe. Der
Verein sei kein Beschlussgremium, in ihm werde vielmehr über Fragen der
überregionalen Verkehrsführung gesprochen und beraten. Es sei sinnvoll und
richtig, dort mit am Tisch zu sitzen und mitreden zu können. Es gebe derzeit
eine sehr intensive und dennoch redliche und aufrichtige Diskussion zur A39.
Diese Autobahn sei notwendig, er wünsche aber derzeit auch keine Debatte über
weitere Autobahnen. Aus dem Autobahnverein auszutreten, nur um eine Debatte zu
vermeiden, sei der falsche Weg. Richtig sei es, dem Verein weiterhin
anzugehören und sich dort konstruktiv einzubringen, wo es möglich sei. Ohne das
überregionale Verkehrskonzept der letzten dreißig Jahre gäbe es die Stadt in
ihrer heutigen Größe nicht, die Entwicklung spreche deutlich dafür, dass man
damit auf dem richtigen Weg sei. Ratsherr RIECHEY merkt an, dass Autobahnbefürworter genügend
Lobbyvereinigungen haben, in denen sie ihre Stellungnahmen austauschen könnten.
Man benötige den Autobahnverein nicht, um die Interessen der Hansestadt
Lüneburg zu vertreten, daher könne man dem Antrag zustimmen. Wenn man über
Klimaschutz rede, würde man mit dem Austritt endlich einmal Konsequenzen
ergreifen. Beigeordneter BLANCK ist erstaunt, dass dem Beigeordneten Dörbaum angesichts
seiner langjährigen Mitgliedschaft in der SPD gewisse Entwicklungen offenbar
nicht aufgefallen seien. Neue Parteien entstünden aus den Reihen der SPD, weil
Themen dort eben nicht so bearbeitet würden, wie die SPD es für sich in
Anspruch nehme. Die ursprüngliche Aufgabe des Nordlandautobahnvereins, die
Diskussion zu fördern, sei doch erfüllt, da man die gewünschte Autobahn doch
nun habe. Mit der Trasse durch die Stadt werde man jedoch die Geister nicht
mehr los, die man gerufen habe. Nun habe man die Probleme, die sich mit
offenkundig nicht umsetzbaren Vorschlägen, wie der Deckelung der Trasse, nicht
beheben ließen. Konsequent wäre es, heute dem Antrag zuzustimmen. Ratsherr MEIHSIES begrüßt es, dass den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl
im Januar nochmals eine umweltpolitische Orientierung gegeben werde. Ihm sei
wichtig, deutlich zu machen, welche Partei in Lüneburg für Umweltschutz stehe.
Angesichts der vielfältigen Probleme müsse man wegkommen vom Straßenbau und
Geld in andere Bereiche hineingeben, wie für Bildungspolitik und für die
Finanzierung von sozial und wirtschaftlich schlechter gestellten Menschen. Beigeordnete LOTZE spricht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die
Interpretationshoheit über die Umweltpolitik der SPD-Fraktion ebenso ab wie
über die Aussagen des Bundesumweltministers. Fakt sei, dass jedermann Mobilität
wolle, dies gelte auch für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einem Land
wie Niedersachsen, in dem Autos unverzichtbar seien, müsse man auf zukunftsorientierte
und moderne Antriebstechnologie setzen, die einen von der Abhängigkeit von Öl
wegbringe. Dies sei die richtige Vision, sie könne nur empfehlen, sich an der
Umweltpolitik der SPD zu orientieren. Oberbürgermeister MÄDGE verweist auf einen kürzlich erschienenen Artikel in
der taz, in der die hervorragende Umweltpolitik der Stadt Lüneburg gelobt
worden sei. Die Parteien dürften einander nicht den Willen zum Umweltschutz
absprechen, vielmehr müsse man versuchen, die Gesellschaft in dieser Frage
gemeinsam nach vorne zu bringen. Er erinnere an die heutige Einwohnerfrage, in
welcher nach der Linderung der materiellen Not der Menschen gefragt wurde.
Diese könne man nicht lindern, indem man die Wirtschaft blockiere. Er werde in
Lüneburg die Politik der kleinen Schritte fortsetzen, wie zuvor mit dem
erfolgreichen Verkehrsentwicklungsplan und der Umgestaltung des Bahnhofes. Hier
habe man, beispielsweise beim Bau der Brücken, bereits mit weiser Voraussicht
auf die Förderung und Steigerung des Busverkehrs geachtet. Im Haushalt seien viele Umweltprojekte wie die Förderung der
Solarenergie verankert. Der Haushaltsplan für das Jahr 2007 sei jedoch von der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt worden, hier klafften Anspruch und
Wirklichkeit weit auseinander. Man müsse aber gemeinsam für die Stadt Schritt
für Schritt vorangehen. Betrachte man die Folgen, wenn sich die Grünen mit der
Ablehnung der Autobahn durchsetzten, käme man zu dem Ergebnis, dass angesichts
der Prognosen künftig bis zu 60.000 PKW und LKW über die Umgehungsstraße
geführt würden und zwar ohne Lärmschutzmaßnahmen. Er hätte die Trasse lieber im
Westen gehabt, wenn der Bund aber die Trassenführung über die Umgehungsstraße
fordere, müsse man eben für die Bewohner Lärmschutzmaßnahmen erkämpfen. Man
könne sich nicht hinstellen und sagen, die Verkehrszunahme komme nicht, wenn
die A39 nicht komme. Es gehöre zur Wahrheit und Glaubwürdigkeit, dies den
Menschen auch zu sagen. Ratsherr ALTHUSMANN möchte nicht der Versuchung erliegen, in einem Landtagswahlkampf
auf Provokationen der Grünen zu antworten. Er wolle jedoch an den früheren
Bundesumweltminister Töpfer erinnern, der gesagt habe, dass die Themen Energie,
Ernährung und Klima die alles entscheidenden Themen für die Zukunft sein
würden. Dieser Meinung schließe er sich an. Er halte es für eine heuchlerische
Position, auf kommunaler Ebene den Eindruck zu erwecken, man sei gegen eine
Autobahn, wenn man gleichzeitig auf allen anderen Ebenen, auf denen die Grünen
auch Verantwortung trügen, dafür gestimmt habe. Dies sei unglaubwürdig, man
solle den Menschen nicht weismachen, dass die Grünen die Entscheidung für die
Autobahn nicht mitgetragen haben. Umweltschutz sei kein grundsätzliches Thema
einer einzelnen Partei, sondern ein lebenswichtiges Thema aller demokratischen
Parteien in Deutschland, mit dem man sich ernsthaft und nicht ideologisch
auseinander setzen müsse. Beigeordnete
SCHELLMANN erinnert
daran, dass Umweltschutz nur realisiert werden könne, wenn man die
wirtschaftlichen Mittel dazu habe. Sie weise darauf hin, dass die heutigen
Wahlkampfdiskussionen bereits wieder fünfundzwanzig Minuten gekostet haben, das
sei in diesem Zusammenhang lächerlich. Beschluss: Der
Rat der Stadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich bei 8 Ja-Stimmen der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE gegen die Stimmen der
Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion ab. (3) |
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